Gasparius
01.07.05, 01:32
Bericht des italienischen Premierministers Giuliano Rossi (Moderate Partei [konservativ]) an das Oberhaus zur Lage der Nation, September 1869
mit der Bitte um Stellungnahme
- streng vertraulich -
Hohe verehrte Herren, Barone, Signori,
als ich vor gut eineinhalb Jahren dieses Amt von meinem liberalen Vorgänger Alvezzano (Reformisten, [liberal]) übernahm, hätte ich nicht geglaubt, dass ich so bald dazu genötigt werden würde, einen Krisenstab zu bilden. Doch heute erfordert es die nationale Sicherheit Italiens, dass wir zusammenstehen und alle an einem Strang ziehen, um das Schicksal unserer glorreichen Nation [... pathetisches Geschwafel, bla bla bla ...] zum Guten zu wenden.
Gewiss, rein äußerlich steht unser Land glänzend dar. Wir sind führend auf militärischem und industriellen Gebiet, und unser Ruf ist international unübertroffen. Dennoch - oder gerade deshalb - ist die Lage Ernst, meine Herren !
Die vergangenen Monate seit der Wahl habe ich genutzt, um den gewaltigen Schuldenberg der Vorgängerregierung abzutragen. Ich gebe erstens zu, dass die voreilige Wahlrechtsreform (Allgemeines Wahlrecht, Kostenpunkt 236 Mrd £yre) der Königin Giovanna I. nicht unwesentlich zur Verschärfung der Finazlage und die gewaltigen Außenstände beigetragen hat. Ich gebe desweiteren zu, dass die Wahl meiner Mittel, erhöhte Steuern bei gleichzeitiger Anhebung der Zölle und Reduzierung der Ausgaben zur Bekämpfung der Kriminalität anzusetzen, sicher diskussionswürdig sind. Doch nun ist es geschehen, und hatte ich denn je eine andere Wahl ?
Fakt ist jedenfalls, dass wir nunmehr wieder frei von Schulden sind, darauf lege ich gesteigerten Wert.
Dieses ist auch nicht Gegenstand meiner Einberufung dieses Krisengipfels. Vielmehr stehen wir vor der großen Frage, quo vadis, Italia ? Genauer gesagt stecken wir
I. (vorwiegend finanziell) in dem Dilemma, uns strategisch zwischen mehreren Übeln entscheiden zu müssen:
a) erhöhte Bekämpfung der Kriminalität auf Kosten der Alphabetisierungskampagne und technologischen Forschung
b) weiterhin hohe Steuern und Zölle, verbunden mit erhöhtem inneren Sicherheitsrisiko
c) Vernachlässigung der Kriminalität zugunsten intensiver Forschung
d) Neue Schulden, um sowohl Kriminalität als auch Analphabetentum zu bekämpfen
e) Ein Kompromiss zwischen allen vorher genannten Lösungen, wodurch wir in allen Bereichen nur mäßig vorankämen oder gar rückwärts schreiten
f) Eine drastische Rückbesinnung auf nationale Werte, das heißt Aufgabe der meisten außeritalienischen Territorien und Konzentration auf Europa und Kernitalien, jedoch zugunsten effizienterer Forschung und Kriminalitätsbekämpfung
g) Nur teilweise Aufgabe von Territorien und eine Mischlösung
h) andere Vorschläge
II. (und hier liegt wohl der nähere Grund unserer finanziellen Zwickmühle) in einer wirtschaftlichen Krise
a) unsere Industrie erwirtschaftet zunehmend schlechtere Profite
b) die kombinierte Zoll- und Steuerpolitik der liberalen Vorgängerregierung (hohe Zölle, Steuern Reich 20% Mittel 20 % Arm 50 %) ist gescheitert
c) der Versuch, Marktpreise bestimmter Güter durch Verknappung der Produktion zu beeinflussen (Gold, Tabak, Kaffee, Opium, Papier) ist gescheitert bzw. im Ansatz stecken geblieben und hat zahlreichen Arbeitern, Angestellten und Fabrik- bzw. Landbesitzern die Existenzgrundlage entzogen
d) Mangels wirtschaftlich kompetenter Ansätze (der Wirtschafts- Handels- und Industrieminister wird zum letzten des Monats das Kabinett verlassen) ist der Außenhandel und die Zollpolitik Italiens zum jetzigen Zeitpunkt - ich muss es leider so drastisch formulieren - das reinste Chaos. Was fehlt ist eine klare Richtungsvorgabe: auf welche Güter muss sich Italien jetzt konzentrieren ?
e) Zahlreiche Fachkräfte sind in die USA ausgewandert bzw. verarmt (auch wegen der Steuern).
Um eine ausreichende Diskussionsgrundlage zu erreichen, bitte ich um Beachtung des beigefügten Karten- und Zahlenmaterials
Hohe Herren während es unseren Feinden nicht gelungen ist, uns äußerlichen Schaden zuzufügen, scheint es jetzt uns selbst zu gelingen, unsere Nation zu Fall zu bringen.
Kein feindlicher Soldat hat je unsere Hauptstadt von als Eroberer betreten.
Kein Bündnis war je stark genug, uns zu brechen.
Wir waren stets Pioniere, sei es in militärischer Hinsicht, bei der Marine, im Industriebereich oder auch in kulturellen Errungenschaften - Italien war immer auf dem letzten Stand.
Diese Position ist jetzt gefährdet, und wir müssen uns fragen, ob wir sie verteidigen wollen/können, selbst wenn wir uns dafür wieder auf unsere Wurzeln besinnen müssen, oder ob uns ein großes Weltreich, das technologisch und wirtschaftlich hinterherhinkt, auf Dauer wohl bekommt. In den heutigen, von immer rasanteren Entwicklungen geprägten Zeiten (man hörte aus Griechenland bereits von stählernen Dampfschiffen) ist man von heute auf morgen nicht mehr auf dem Laufenden, und ob sich ein Heer oder eine Marine, die mit stumpfen Waffen kämpfen müssen, auf Dauer gegen die Welt behaupten können, ist fraglich.
Natürlich gäbe es die Möglichkeit (wie bereits einmal ausprobiert), Technologien gegen Land, Geld, Technologien oder Handelsposten bzw. Missionen zu tauschen. Das letzte Mal fielen wir so allerdings um 4-5 Jahre in der Entwicklung neuer Technologie zurück. Man könnte natürlich versuchen, Technologie nur noch auf diese Weise zu erlangen, ja quasi zu importieren. Ob das aber auf Dauer praktikabel ist, wage ich an dieser Stelle einmal zu bezweifeln, ganz zu schweigen davon dass wir auf dem jetzigen kulturellen Stand verharren müssten. Wir wären überdies immer auf das Wohl unserer jeweils aktuellen "Freunde" angewiesen. Was aber, wenn alle Diplomatie versagt ?
Ich habe von der Königin volle Rückendeckung erhalten (auch der Thronfolger ist informiert) , jegliche Maßnahmen zu ergreifen, die für das Wohl Italiens von Nutzen sein mögen. Es ist nun an uns, und hier hoffe ich auf ein paar Anregungen, das Schiff wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Möge uns die große Macht über alles was ist die richtige Eingebung bringen.
Quod erat dictandum. Gott schütze die Königin, VIVA ITALIA !
Der Premierminister des Königreiches Italien
Dr. Giuliano Rossi
Rom, den 22. September, 1869
Anhänge:
A - politische und Infrastruktur-Karten
B - Außenpolitik
C - Militär
D - Innenpolitik
E - Handel, Wirtschaft und Finanzen
F - Forschung und Wissenschaft
mit der Bitte um Stellungnahme
- streng vertraulich -
Hohe verehrte Herren, Barone, Signori,
als ich vor gut eineinhalb Jahren dieses Amt von meinem liberalen Vorgänger Alvezzano (Reformisten, [liberal]) übernahm, hätte ich nicht geglaubt, dass ich so bald dazu genötigt werden würde, einen Krisenstab zu bilden. Doch heute erfordert es die nationale Sicherheit Italiens, dass wir zusammenstehen und alle an einem Strang ziehen, um das Schicksal unserer glorreichen Nation [... pathetisches Geschwafel, bla bla bla ...] zum Guten zu wenden.
Gewiss, rein äußerlich steht unser Land glänzend dar. Wir sind führend auf militärischem und industriellen Gebiet, und unser Ruf ist international unübertroffen. Dennoch - oder gerade deshalb - ist die Lage Ernst, meine Herren !
Die vergangenen Monate seit der Wahl habe ich genutzt, um den gewaltigen Schuldenberg der Vorgängerregierung abzutragen. Ich gebe erstens zu, dass die voreilige Wahlrechtsreform (Allgemeines Wahlrecht, Kostenpunkt 236 Mrd £yre) der Königin Giovanna I. nicht unwesentlich zur Verschärfung der Finazlage und die gewaltigen Außenstände beigetragen hat. Ich gebe desweiteren zu, dass die Wahl meiner Mittel, erhöhte Steuern bei gleichzeitiger Anhebung der Zölle und Reduzierung der Ausgaben zur Bekämpfung der Kriminalität anzusetzen, sicher diskussionswürdig sind. Doch nun ist es geschehen, und hatte ich denn je eine andere Wahl ?
Fakt ist jedenfalls, dass wir nunmehr wieder frei von Schulden sind, darauf lege ich gesteigerten Wert.
Dieses ist auch nicht Gegenstand meiner Einberufung dieses Krisengipfels. Vielmehr stehen wir vor der großen Frage, quo vadis, Italia ? Genauer gesagt stecken wir
I. (vorwiegend finanziell) in dem Dilemma, uns strategisch zwischen mehreren Übeln entscheiden zu müssen:
a) erhöhte Bekämpfung der Kriminalität auf Kosten der Alphabetisierungskampagne und technologischen Forschung
b) weiterhin hohe Steuern und Zölle, verbunden mit erhöhtem inneren Sicherheitsrisiko
c) Vernachlässigung der Kriminalität zugunsten intensiver Forschung
d) Neue Schulden, um sowohl Kriminalität als auch Analphabetentum zu bekämpfen
e) Ein Kompromiss zwischen allen vorher genannten Lösungen, wodurch wir in allen Bereichen nur mäßig vorankämen oder gar rückwärts schreiten
f) Eine drastische Rückbesinnung auf nationale Werte, das heißt Aufgabe der meisten außeritalienischen Territorien und Konzentration auf Europa und Kernitalien, jedoch zugunsten effizienterer Forschung und Kriminalitätsbekämpfung
g) Nur teilweise Aufgabe von Territorien und eine Mischlösung
h) andere Vorschläge
II. (und hier liegt wohl der nähere Grund unserer finanziellen Zwickmühle) in einer wirtschaftlichen Krise
a) unsere Industrie erwirtschaftet zunehmend schlechtere Profite
b) die kombinierte Zoll- und Steuerpolitik der liberalen Vorgängerregierung (hohe Zölle, Steuern Reich 20% Mittel 20 % Arm 50 %) ist gescheitert
c) der Versuch, Marktpreise bestimmter Güter durch Verknappung der Produktion zu beeinflussen (Gold, Tabak, Kaffee, Opium, Papier) ist gescheitert bzw. im Ansatz stecken geblieben und hat zahlreichen Arbeitern, Angestellten und Fabrik- bzw. Landbesitzern die Existenzgrundlage entzogen
d) Mangels wirtschaftlich kompetenter Ansätze (der Wirtschafts- Handels- und Industrieminister wird zum letzten des Monats das Kabinett verlassen) ist der Außenhandel und die Zollpolitik Italiens zum jetzigen Zeitpunkt - ich muss es leider so drastisch formulieren - das reinste Chaos. Was fehlt ist eine klare Richtungsvorgabe: auf welche Güter muss sich Italien jetzt konzentrieren ?
e) Zahlreiche Fachkräfte sind in die USA ausgewandert bzw. verarmt (auch wegen der Steuern).
Um eine ausreichende Diskussionsgrundlage zu erreichen, bitte ich um Beachtung des beigefügten Karten- und Zahlenmaterials
Hohe Herren während es unseren Feinden nicht gelungen ist, uns äußerlichen Schaden zuzufügen, scheint es jetzt uns selbst zu gelingen, unsere Nation zu Fall zu bringen.
Kein feindlicher Soldat hat je unsere Hauptstadt von als Eroberer betreten.
Kein Bündnis war je stark genug, uns zu brechen.
Wir waren stets Pioniere, sei es in militärischer Hinsicht, bei der Marine, im Industriebereich oder auch in kulturellen Errungenschaften - Italien war immer auf dem letzten Stand.
Diese Position ist jetzt gefährdet, und wir müssen uns fragen, ob wir sie verteidigen wollen/können, selbst wenn wir uns dafür wieder auf unsere Wurzeln besinnen müssen, oder ob uns ein großes Weltreich, das technologisch und wirtschaftlich hinterherhinkt, auf Dauer wohl bekommt. In den heutigen, von immer rasanteren Entwicklungen geprägten Zeiten (man hörte aus Griechenland bereits von stählernen Dampfschiffen) ist man von heute auf morgen nicht mehr auf dem Laufenden, und ob sich ein Heer oder eine Marine, die mit stumpfen Waffen kämpfen müssen, auf Dauer gegen die Welt behaupten können, ist fraglich.
Natürlich gäbe es die Möglichkeit (wie bereits einmal ausprobiert), Technologien gegen Land, Geld, Technologien oder Handelsposten bzw. Missionen zu tauschen. Das letzte Mal fielen wir so allerdings um 4-5 Jahre in der Entwicklung neuer Technologie zurück. Man könnte natürlich versuchen, Technologie nur noch auf diese Weise zu erlangen, ja quasi zu importieren. Ob das aber auf Dauer praktikabel ist, wage ich an dieser Stelle einmal zu bezweifeln, ganz zu schweigen davon dass wir auf dem jetzigen kulturellen Stand verharren müssten. Wir wären überdies immer auf das Wohl unserer jeweils aktuellen "Freunde" angewiesen. Was aber, wenn alle Diplomatie versagt ?
Ich habe von der Königin volle Rückendeckung erhalten (auch der Thronfolger ist informiert) , jegliche Maßnahmen zu ergreifen, die für das Wohl Italiens von Nutzen sein mögen. Es ist nun an uns, und hier hoffe ich auf ein paar Anregungen, das Schiff wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Möge uns die große Macht über alles was ist die richtige Eingebung bringen.
Quod erat dictandum. Gott schütze die Königin, VIVA ITALIA !
Der Premierminister des Königreiches Italien
Dr. Giuliano Rossi
Rom, den 22. September, 1869
Anhänge:
A - politische und Infrastruktur-Karten
B - Außenpolitik
C - Militär
D - Innenpolitik
E - Handel, Wirtschaft und Finanzen
F - Forschung und Wissenschaft