Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Machtergreifung - friedlich oder gewalttätig
Seid gegrüßt werte Regenten!
Da sich meine Donnerstägliche Geschichtsklausur unter anderem diesem Thema widmen wird, habe ich einige Fragen zu diesem Abschnitt in der Geschichte des Nationalsozialismus, der ja auch nicht eindeutig definiert ist.
Er startet zweifelsohne am 30.Januar 1933 mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, und endet je nach Definition am 23. März (Ermächtigungsgesetz) oder am 2. August 1934 (Hitler wird auch Reichspräsident).
Die Frage bezeiht sich hauptsächlich darauf, inwieweit das Zitat von der "unblutigsten Revolution der Weltgeschichte" stimmt. Joachim Fest schreibt: "Diese Formel enthält einen wahren Kern", geht aber nur kurz darauf ein.
In dieser Zeit, welche Ausschreitungen/Gewalttaten gab es da überhaupt? Der Zeitabschnitt ist für mich immernoch ein recht graues Kapitel, welches ich nicht genau einordnen kann.
Fests Text ("Das System psychologischer Überwältigung" aus "Das Gesicht des dritten Reiches") argumentiert weiter, dass die Machtergreifung hauptsächlich nicht auf der Gewaltausübung sondern auf der psychologischen Überwältigung beruhe, was ja auch zweifellos richtig ist (oder kann einer der werten Regenten hier Kritik anbringen?). Laut Fest steigere sich durch die Verfügungsmacht über die Medien die Glorifizierung Hitlers immer weiter bis dieser zu einem Mythos wird, und durch sein "geschicktes Taktieren" und seinen "massensicheren Instinkt" für die NSDAP nicht nur die Macht gewinnt, sondern auch die Mehrheit des deutschen Volkes in Erregung versetzt. Und dies alles innerhalb eines Jahres.
Sehen die geneigten Regenten das ähnlich wie der gute Herr Fest, oder regt sich Widerstand? Fallen euch irgendwelche aktuellen Bezüge auf?
General Wallenstein
08.03.05, 00:07
Halte ich für totalen Schwachsinn.
Es wurde sehr viel Gewalt ausgeübt, nur geschah dies eben unter dem Deckmantel der Legalität. Als "Regierungspartei" konnte die NSDAP ja schalten und walten wie sie wollte, so wurden ja schon im Frühahr ´33 weit über 20.000 politische Gegner (Kommunisten, Sozialisten usw.) in "Schutzhaft" genommen und auch die ersten Konzentrationslager wurden bereits in diesen Tagen errichtet. In der Öffentlichkeit wurde Hitler wirklich als der "große Mann" hingestellt, die Massen wurden mit prächtigen Paraden in den Bann gezogen und natürlich wurde viel Propaganda betrieben. Aber Terror und Verfolgung waren schon zu dieser Zeit an der Tagesordnung, von einer rein pychologischen Überwältigung kann man nicht reden. Die Mehrheit wurde in den Bann gezogen, doch all jene welche gegen Hitler und seine Ideen waren wurden rücksichtlos eingeschüchtert, verfolgt, verhaftet, misshandelt und viele sicherlich auch ermordet. Die Medien wurden regelrecht "übernommen", Leute die gegen Hitler propagierten wie angesprochen aus dem Weg geräumt und das mit allen Mitteln wenn es sein musste.
Soweit ich weiß wurden von Göring sog. Hilfspolizeiverbände in Preußen aufgestellt, 50.000 ungefähr und allesamt Angehörige der SA, SS usw., und diese Vertreter der Demokratie gingen dann ohne Rücksicht auf die Feinde eben dieser Demokratie, nämlich die Demokraten (Ironie des Schicksals) vor.
unblutigsten Revolution der Weltgeschichte
dürfte wohl 1989 im sogenannten Ostblock stattgefunden haben.
Die Machtergreifung der Nazies jedenfalls war weder eine Revolution noch unblutig.
Erstens geschah sie durch Wahlen,war also nach demokratischer Auffassung ein "normaler" Machtwechsel und wurde zweitens durch Gewalt bzw Gegengewalt auf der Strasse begleitet.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzeler wurden jegliche politisch anders denkente Partei verfolgt,deren Mitglieder verhaftet oder gar umgebracht.
Friedlich kann man dies wohl nicht nennen.
Da würde ich doch gerne in ein paar Punkten widersprechen werterJoseph:
Erstens geschah sie durch Wahlen
Nein. Am Tag der Machtergreifung hatten die Nazis (nicht mal mit Koalitionspartner DNVP) eine Mehrheit im Parlament.
unblutigsten Revolution der Weltgeschichte
dürfte wohl 1989 im sogenannten Ostblock stattgefunden haben.
Kommt darauf an welchen Zeitraum man betrachtet: Fängt man 1953, 1980, 1989, 1990 oder 1992 an? "Blutig" im Sinne von Bürgerkriegen oder der franz. Revolution war es sicher nicht, aber insgesamt gesehen alles andere als unblutig.
V.a. sollte man aber meiner Meinung nach beide "Revolutionen" nicht miteinander vergleichen.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzeler wurden jegliche politisch anders denkente Partei verfolgt,deren Mitglieder verhaftet oder gar umgebracht.
Friedlich kann man dies wohl nicht nennen.
Wie ihr sofort geschrieben hattet: Nach der Ernennung, nicht kurz davor oder gleichzeitig.
Da würde ich doch gerne in ein paar Punkten widersprechen werterJoseph:
Nein. Am Tag der Machtergreifung hatten die Nazis (nicht mal mit Koalitionspartner DNVP) eine Mehrheit im Parlament.
Ergebniss der Reichstagswahlen 1932 und 1933
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl
Trotz allen fragwürdigen Umständen waren es letztlich die Wahlerfolge der NSDAP (siehe: Reichstagswahl), die die Grundlage zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 waren – immerhin war er zu diesem Zeitpunkt der Führer der mit Abstand stärksten Partei im Reichstag. Insofern handelte es sich zunächst um eine legale Machtübernahme, wenn auch kräftig unterstützt durch die Einschüchterungsmethoden und den Straßenterror von Hitlers paramilitärischen Hilfstruppen der SA (= Sturmabteilung) und von finanziellen Zuwendungen einflussreicher Großunternehmen, darunter auch dem mächtigen Medienmogul Alfred Hugenberg und anderen
Quelle :http://de.wikipedia.org/wiki/Machtergreifung
Desweitern kann man auf dieser Seite sich den Verlauf der Machtergreifung sehr gut nachvollziehe
Joachim Murat
08.03.05, 04:47
Fests Text ("Das System psychologischer Überwältigung" aus "Das Gesicht des dritten Reiches") argumentiert weiter, dass die Machtergreifung hauptsächlich nicht auf der Gewaltausübung sondern auf der psychologischen Überwältigung beruhe
Du hast die These mit der Nennung des Autoren direkt richtig angefangen :D
Fest gilt nicht zu Unrecht schließlich als die große Vaterfigur der konservativen Geschichtswissenschaft in Deutschland. Sehr lange war er der Meinungsführer über das Thema weil er einige sehr bequeme Thesen auf Lager hat. Die "Verführung des deutschen Volkes" welche ja auch Knopp so gerne bedient, hat den Vorteil das quasi die Mehrheit der Bevölkerung als "berauscht" "und unzufrechnungsfähig" beschrieben wird. Wenn es denn nur so schön einfach wäre.. :heul:
Das Problem ist, das sich mit dieser Interpretation ganz bequem ein Schlußstrich ziehen lässt. Einer von J. Fests ausgesucht guten Freunden war der ehrenwerte Hr. Speer. In Fests Biographie kommt dieser sehr gentlemanmäßig gut weg. Das dieselbe Person nachweislich am Holocaust als Täter beteiligt war, wird von Fest einfach ausgeblendet. Speer war nachher in konservativen Kreisen der 60ér noch gern gesehener Gast. "Die Geschichte der großen Männer" stößt hier an ihre Grenzen, nur Hitler war nicht das gesamte 3. Reich. Da stecken viele Dinge drin die erst spät aufgeklärt wurden.
Deswegen war das ganze, wie die Beiträge hier ja auch schön dargestellt hat eben kein Zufallsprodukt.
@ Wilhelm: Allerdings muss ich sagen, bei der Klausur hätte ich echt Respekt.. heikles Thema, wüsste nicht so genau was ich schreiben würde.. Würde mich an die Zahlen halten :D da ist man nicht so schnell auf dem Glateis :engel:
1. Die NSDAP war eigentlich auf dem Absteigenden Ast. Sie hat bei den Wahlen vor dem 30.Januar viele Stimmen verloren.
2. Reichskanzler heisst nicht, dass sich seine Schergen nicht an Gesetze halten müssten.
3. Warum konnte die SA also Terror ausüben? Sagen Dir die Stichworte Preussenschlag und Reichstagsbrandverordnung was ?
4. Trotzdem hat Hitler bei den bereits fragwürdigen Neuwahlen zwar Gewinne der NSDAP verbuchen können, aber die 2/3 Mehrheit verfehlt.
5. Deshalb konnte er nicht mit seiner Partei alleine im Reichstag die VErfassung ändern und brauchte dafür ein anderes Gesetz.
6. Dadurch gab es überhaupt erst ein Ermächtigungsgesetz. Viele stimmten dem nur unter Gewaltandrohung zu. Sie wussten ja, was mit den Kommunisten passiert war.
3. und 6. als wichtige Schritte kamen NUR mit Gewalt zu Stande. Hitler hatte es durch Verfolgung der Kommunisten, Einschüchterung der Wähler und Propaganda ja nicht geschafft, eine 2/3-Mehrheit im Reichstag zu bekommen, was sein Ziel war.
Gettysburg
08.03.05, 10:40
@Joseph I
Die stärkste Fraktion in einem Parlament zu haben bedeutet nicht zwangsläufig, über die Mehrheit zu verfügen. Die hat man wohl gerade in einem Parlament ohne 5 %-Klausel, wie der Reichstag in der Weimarer Republik, erst ab ca. 50 %.
Wahlergebnisse der Nazis:
Juli 1932: 37,3% - 196 Sitze von 608
November 1932: 37,9% - 230 Sitze von 584
In beiden Wahlen des Jahres 1932 hätte die NSDAP selbst mit dem Koalitionspartner Deutsch-Nationale Volkspartei (Alfred Hugenberg) keine eigene Mehrheit im Reichstag gehabt. Die aber brauchte Hitler, um nach Regierungsbildung die faktische Vernichtung der Weimarer Republik zum Abschluß zu bringen.
Hitlers "Machtergreifung" - übrigens ein von den Nazis selbst eingeführter Begriff - war vielmehr ein Zusammenspiel von politischen Intrigen und Straßenterror durch die SA. Um das zu verstehen, darf man nicht erst am 30. Januar 1933 ansetzen. Zwar findet die eigentliche Machtergreifung i.S.d. der Einsetzung des nationalsozialistischen Führerstaates erst unter Verabschiedung des sogenannten "Ermächtigungsgesetzes" ("Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat") am 28. Februar 1933 ihre Grundlage. Die Ereignisse die vorausgehen sind jedoch wiederum Ursprung all dessen.
Kurze Anmerkung: Es ist jetzt schon ein paar Jährchen her, dass ich mich mit der Machtergreifung beschäftigt habe, daher wird mir mit Sicherheit der eine oder andere Fehler passieren. Wenn einem was auffällt, einfach laut schreien. ;)
Die zentralen Personen um die Einsetzung Hitlers als Reichskanzler am 30. Januar 1933 sind der Zentrumspolitiker Franz von Papen und der General Kurt von Schleicher. Die politische Intrige, die zwischen diesen beiden Personen stattfand war - natürlich neben der hohen Wahlergebnisse der NSDAP und dem Druck den diese auf die politische Klasse ausübten - letztlich Hauptursache für die Ereignisse des 30. Januar 1933.
Am 1. Juni 1932 löste von Papen das letzte wirklich funktionierende Kabinett der Weimarer Republik (Brüning) ab. Seine Ernennung erfolgte auf Bestreben des Generals Kurt von Schleicher, der Hindenburg (Reichspräsident) darauf drängte, von Papen zu ernennen, dies aber nicht, weil er diesen für den Fähigsten hielt, sondern da eine Absprache bestand, dass von Schleicher dann den Posten des Reichswehrministers erhalten würde und er somit den bisherigen Minister Groener, mit dem ein tiefes Zerwürfnis bestand, ablösen könne. Es war aber nicht etwa so, dass Brüning abgewählt wurde, er wurde einfach unter dem großen Druck der Verelendung großer Teile des deutschen Volkes und dem Vortrag von Schleichers bei Hindenburg, die Armee gehorche dem Reichsregierung nicht mehr und man brauche eine stärkere Führungsperson, von Hindenburg abgesetzt worden.
Von Papen versicherte sich über von Schleicher dabei der "Neutralität" der Nazis seiner Regierung gegenüber. Ein Versprechen, welches Hitler nichts kostete...
Nach seiner Ernennung musste von Papen einen Termin für Neuwahlen ansetzen. Er wählte nachdem die NSDAP sich gegen einen späteren Termin zur Wehr gesetzt hatte den 31. Juli 1932.
Trotz massiver Gewalttaten der SA, insbesondere der Strassenschlachten zwischen Kommunisten und Nazis in Berlin, gelang es nicht, über das oben genannte Ergebnis hinaus zu kommen.
Nach Wochen voller Intrigen, auf deren genaue Darstellung ich verzichte, da dies meinen zeitlichen Rahmen sprengen würden, fand am 12. September 1932 die erste Plenarsitzung seit den Juli-Wahlen statt - mit Göring als Reichstagspräsidenten.
Von Papen hatte aufgrund der letzten Wochen Schwierigkeiten erwartet und einen Erlaß zur Auflösung des Reichstages in der Tasche. Hätte er diesen eingebracht, hätte er ohne den Reichstag mit Billigung des Reichspräsidenten weiterregieren können.
Ein kommunistischer Abgeordneter sprach jedoch direkt nach Beginn der Sitzung das Mißtrauen gegen die gegenwärtige Regierung aus. Dem Bitten nach Aufschub von einer halben Stunde durch einen anderen Abgeordneten wurde stattgegegeben. In dieser halben Stunde berieten Hitler, Strasser, Göring und Frick - die inzwischen von dem Gerücht, von Papen plane die Auflösung des Reichstages erfahren hatten - und kamen zu dem Ergebnis, man wolle mit den Kommunisten stimmen und von Papen so zuvor kommen.
Als die Abgeordneten wieder Platz genommen hatten verkündete Göring die sofortige Abstimmung. Der empörte von Papen legte Widerspruch ein und warf, als Göring einfach über ihn hinweg sah, den Brief, der die Auflösungserklärung enthielt, auf Görings Schreibtisch und verließ mit seinen Ministern den Saal. Die Abstimmung endete mit einer überragenden Mehrheit für das Misstrauensvotum und Göring erklärte die Urkunde von Papens für ungültig, da sie von einem inzwischen gestürzten Kanzler eingereicht worden sei. Der Reichstag wurde also wieder aufgelöst und Neuwahlen für den 17. November angesetzt. Eine einzige Farce!
[Ich muß hier leider unterbrechen, da ich jetzt los muß. Ich setze das Ganze heute abend fort, wenn mir nicht jemand zuvor kommt. Der wichtigste Teil kommt noch...]
Wahlergebnisse der Nazis:
Juli 1932: 37,3% - 196 Sitze von 608
November 1932: 37,9% - 230 Sitze von 584
Woher nimmst Du diese Zahlen?
LeMO (www.dhm.de/lemo) etwa sagt: November '32 nur 33.1% für die NSDAP.
Fests Text ("Das System psychologischer Überwältigung" aus "Das Gesicht des dritten Reiches") argumentiert weiter, dass die Machtergreifung hauptsächlich nicht auf der Gewaltausübung sondern auf der psychologischen Überwältigung beruhe, was ja auch zweifellos richtig ist (oder kann einer der werten Regenten hier Kritik anbringen?). Laut Fest steigere sich durch die Verfügungsmacht über die Medien die Glorifizierung Hitlers immer weiter bis dieser zu einem Mythos wird, und durch sein "geschicktes Taktieren" und seinen "massensicheren Instinkt" für die NSDAP nicht nur die Macht gewinnt, sondern auch die Mehrheit des deutschen Volkes in Erregung versetzt. Und dies alles innerhalb eines Jahres.Ich geh mal nur auf diesen Teil ein, beim Lesen der anderen Posts hab ich doch gemerkt, wie wenig ich über das Thema doch weiß.
So wie ich Euern Text deute, überschätz Fest ganz eindeutig den Willen des Volks in der Demokratie. Hilter mußte sich nicht der Massenpsychologie widmen, um die Macht zu ergreifen. Um sie zu festigen und später einen Weltkrieg über 5 Jahre zu führen, um ein ganzes Volk auszurotten und sein eigenes in die totale Kapitulation zu treiben, ja, dafür hat er sich sicherlich Mittel der Massenpsycholgie (aka Propaganda) bedient. Aber nicht, wenn es um die Machtergreifung geht.
Das parlamentarische System funktioniert anders. Personalentscheidungen werden in Hinterzimmern getroffen, auch wenn das Knopp groß als Intrige anprangert. Das mag man so sehen, anders herum muß man auch sagen, dass es parlamentarischer Alltag ist. Ebenso wie die Verstrickungen von diversen Industriellen in diesen Alltag, das gehört doch zur Politik unseres Land, seitdem es 1871 ausgerufen wurden.
Es war also größtenteils Kalkül, um da hin zu kommen, wo er am 30.1.33 hinkam. Wahlen mußten gewonnen werden. Wahlen waren in den 20ern/30ern etwas anders geartet, als sie es in der BRD sind. Hier ist die SA vielleicht herrausragend (nicht im Positiven), aber auch nicht unbedingt einzigartig gewesen.
Das deutsche Volk hatte nicht viel mitzureden bei der Machtergreifung Hitlers. Sie haben ihre Stimme abgegeben, der Rest entschied sich in einer schon ziemlich kaputten Weimarer Republik, aber auch nicht stark anders als heute enschieden wird... (Hier soll übrigens niemand entschuldigt werden. Jedes Volk erhält den Führer, den es verdient hat...)
(Hier soll übrigens niemand entschuldigt werden. Jedes Volk erhält den Führer, den es verdient hat...)
Den Satz kann ich schon langsam nicht mehr hören, der macht mich ziemlich übellaunig - was soll das eigentlich heißen? Womit hat allein unser Volk ca. 8 Mio Opfer verdient - kannst Du mir das mal rational erklären? (von den Opfern der Nachbarn will ich gar nicht reden)
Womit und warum hat das russische Volk ca. 20 - 50 Mio Tote durch den Gulag (Zahlen gehen weit auseinander) verdient? (um mal ein anderes Beispiel zu wählen).
Ich halte diesen vielverbreiteten Satz gelinde gesagt schlichtweg für Unsinn (um es mal vorsichtig zu formulieren).
Zur Sache selbst noch:
Man kann den Prozess der sog. "Machtergreifung" m.E. durchaus als Revolution bezeichnen (der Begriff ist schließlich neutral und bezeichnet nicht nur fortschrittliche Umwälzungen). Zwar erfolgte die Ernennung H.s zum Reichskanzler noch auf legalem Wege, spätestens das sog. Ermächtigungsgesetz war aber nicht nur wegen der Umstände seines Zustandekommens sondern vor allem wegen seines Inhaltes klarer Bruch der Reichsverfassung und vom Standpunkt dieser aus gesehen illegal (so wie jede Revolution illegal vom Standpunkt des Vorgängersystemes gesehen ist). Die Phase von Ernennung zum Reichskanzler bis zur Nachfolge des Reichspräsidenten als "Führer" kann daher als revolutionärer Akt gesehen werden, da der verfassungsrechtliche Rahmen des Vorgängesystems letztendlich völlig bei Seite gefegt wurde und nur eine leere Hülle zurüchblieb.
Was die Friedlichkeit angeht, schließe ich mich den Vorrednern an, von Beginn an wütete der braune Terror gegen die Gegner des Systems. Es kommt natürlich drauf an, wann Fest seine Zeilen geschrieben hat, aus der Sicht vor 1989 ist es sicherlich nicht falsch, von einer der friedlichsten Revolutionen der Geschichte zu sprechen, da die Zahl der Opfer trotzdem noch relativ gering war im Verhältnis zu Umstürzen die mit offener Gewaltanwendung durchgeführt wurden. Die Formulierung "friedlich" ist gleichwohl etwas irritierend.
Trotz allen fragwürdigen Umständen waren es letztlich die Wahlerfolge der NSDAP (siehe: Reichstagswahl), die die Grundlage zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 waren – immerhin war er zu diesem Zeitpunkt der Führer der mit Abstand stärksten Partei im Reichstag.
Das mag stimmen, aber er hatte keine Mehrheit (auch nicht mit den Deutschnationalen) im Parlament. Meine Aussage bezog sich auf diese eure Aussage:
Erstens geschah sie durch Wahlen
Deshalb war eine Machtübernahme -vorsichtig ausgedrückt- nicht legal.
Den Satz kann ich schon langsam nicht mehr hören, der macht mich ziemlich übellaunig - was soll das eigentlich heißen? Womit hat allein unser Volk ca. 8 Mio Opfer verdient - kannst Du mir das mal rational erklären? (von den Opfern der Nachbarn will ich gar nicht reden)
Womit und warum hat das russische Volk ca. 20 - 50 Mio Tote durch den Gulag (Zahlen gehen weit auseinander) verdient? (um mal ein anderes Beispiel zu wählen).
Ich halte diesen vielverbreiteten Satz gelinde gesagt schlichtweg für Unsinn (um es mal vorsichtig zu formulieren).:( :(
Ich hasse es, aber ich muß Euch wohl recht geben. Die Political Correctness trieb mich wohl dazu, noch etwas anzufügen, und dann schreib ich was, was nun wirklich zu zynisch ist. Also streicht bitte meine Aussage... :o (Vor allem, weil dieser Satz sehr gut zu Stalin passen würde :doh: )
Abgesehen davon widerspricht sie meinen vorherigen Erläuterungen :D, dass nämlich das deutsche Volk wenig mit der Machtergreifung zu tun hatte, da es da wenig mitzureden hatte. Allerdings hat wohl doch ein Großteil das Ende der Weimarer Republik, wenn nicht gefördert, dann aber doch akzeptiert.
Das Problem des Konzepts Schuld ist gerade uns Deutschen bewußt. Denn eigentlich ist Schuld doch etwas, was man einem entscheidungsfähigen Individuum zuteilt. Inwiefern ist also der Begriff Schuld überhaupt auf eine Gruppe von Menschen anwendbar? :???:
Gettysburg
08.03.05, 19:47
Woher nimmst Du diese Zahlen?
LeMO (www.dhm.de/lemo) etwa sagt: November '32 nur 33.1% für die NSDAP.
Meine Quellen sind:
Chronik der Menschheit, Chronik-Verlag
Hitler - Eine Studie über Tyrannei, Alan Bullock
Informationen zur politischen Bildung, Bundeszentrale für politische Bildung
Alle Zahlen übereinstimmend und ich folge hier mit gutem Gewissen dem Grundsatz "Im Zweifel gegen die Internetquelle". ;)
Abgesehen davon muß ich mich für meine wohl etwas großspurige Ankündigung heute morgen entschuldigen. Ich kann den weiteren Teil nicht heute nachreichen, dafür hat mich das allgemeine Verwaltungsrecht jetzt zu sehr geschafft und das was ich noch darstellen muß ist einfach zu komplex für mein jetzt total aufgeschwemmtes Hirn.
Vielleicht morgen... :)
[QUOTE=Gettysburg
Wahlergebnisse der Nazis:
Juli 1932: 37,3% - 196 Sitze von 608
November 1932: 37,9% - 230 Sitze von 584
[/QUOTE]
Wir schließen Uns hier dem Einwand des werten suo an und sind irritiert über die Zahlen.
Da Wir keine obskuren I-net-Quellen anbieten wollen und festsellen mußten, daß die seriöse Literatur zum Thema an der U-Adresse verweilt, Wir jedoch daheim sind, bleibt Uns nur Walther Hofer (Der Nationalsozialismus. Dokumente 1933-1945):
Juli-Wahl: 230 von 608 Mandaten,
November-Wahl: Rückgang auf 196 Sitze.
Hofer schreibt leider (in dieser Zeittafel) nichts über Prozentzahlen/Wahlbeteiligung etc., allerdings sank der Stimmenanteil der NSDAP in der Novemberwahl von ca. 37% auf 33% (fragt nicht nach den Kommawerten). Da sind Wir Uns doch sehr sicher.
Dieser Stimmenrückgang im Laufe des Jahres 1932 bzw. die sehr angespannte finanzielle Situation der NSDAP ließen Hitler und die NSDAP nicht (mehr) unbedingt als den "kommenden Mann/Partei" erscheinen. Daß es für Hitler dann doch noch "reichte", verdankte er nicht zuletzt dem Spiel hinter den Kulissen, der mittlerweile eingetretenen Feindschaft zwischen Papen und Schleicher und einigem anderen mehr.
Wir freuen Uns auf die Fortsetzung, werter G., (und ggf. auf Unsere Kritik).
Gettysburg
08.03.05, 23:53
*schäm*
Erst die I-Net-Quelle runtermachen und dann feststellen müssen, dass es am eigenen Knick in der Optik lag. Der Graph, der in der "Chronik" abgedruckt ist, zeigt nicht, wie üblich, das spätere Wahlergebnis unterhalb, sondern überhalb des November-Ergebnis. Irgendwie habe ich dann die Zahlen durcheinander geworfen. Abgesehen davon nennt Bullock bzgl. der Juli-Wahlen 37,3 %, die Chronik dagegen 37,9 %.
Heute bleibt mir auch nichts erspart... :(
Gut - zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die NSDAP von den Juli zu den November-Wahlen einen deutlichen Stimmen-Verlust hinnehmen musste.
Edit: Überflüssig zu erwähnen, dass die von mir vertauschten Zahlen auch für die Sitzverteilung gelten. Es muss natürlich umgekehrt zum oben Geschriebenen sein. Eigentlich auch logisch... :rolleyes:
Ich brauch Schlaf... :D
:( :(
Ich hasse es, aber ich muß Euch wohl recht geben. Die Political Correctness trieb mich wohl dazu, noch etwas anzufügen, und dann schreib ich was, was nun wirklich zu zynisch ist. Also streicht bitte meine Aussage... :o (Vor allem, weil dieser Satz sehr gut zu Stalin passen würde :doh: )
In meinem jede Ratio übersteigendem Großmut werde ich dies tun :D
Naja, ich war glaub ich heut mittag auch schon vor lesen des Beitrages (also völlig unabhängig davon) etwas übellaunig, nachdem ich das Ganze jetzt nochmal gelesen habe, möchte ich hinsichtlich der von mir verbreiteten Schärfe auch etwas zurückrudern, man hätt's auch freundlicher sagen können...
also ham wir uns hoffentlich alle wieder lieb :tongue:
Was die Friedlichkeit angeht, schließe ich mich den Vorrednern an, von Beginn an wütete der braune Terror gegen die Gegner des Systems. Es kommt natürlich drauf an, wann Fest seine Zeilen geschrieben hat, aus der Sicht vor 1989 ist es sicherlich nicht falsch, von einer der friedlichsten Revolutionen der Geschichte zu sprechen, da die Zahl der Opfer trotzdem noch relativ gering war im Verhältnis zu Umstürzen die mit offener Gewaltanwendung durchgeführt wurden. Die Formulierung "friedlich" ist gleichwohl etwas irritierend.
Naja dafür waren einige hohe Opfer auch dabei . Ausserdem waren es wenn ich mich richtig entsinne auch einige Tausend . Die SS und die SA wüteten ziemlich nach der Machtergreifung . Schleicher wurde z.b. ermordet , ausserdem Mitarbeiter von Papen .
Ziemlich brutal , v.a. wenn man bedenkt dass Papen ja noch Vizekanzler war , also Hitlers Stellvertreter wenn ich mich richtig erinnere .
Kann jetzt leider nicht nachschlagen da das Buch im Schlafzimmer meines Vaters ist und er schon schläft :rolleyes: . Falls also z.b. die Ermordung Schleichers nicht 1933 erfolgte oder anderes unwahr ist Verzeihung bitte :) .
Sir H. Dowding
09.03.05, 01:15
Schleicher wurde im Zuge des "Röhm-Putsches" ermordet, glaub ich.
Korrekt, Schleicher wurde im Zusammenhang mit dem "Röhm-Putsch" samt seiner Frau erschossen.
Es gibt viele obskure Internetquellen.
Lebendiges Museum Online (LeMO) (www.dhm.de/lemo) ist es nicht sondern die Internetpräsenz des Deutschen Historischen Museums und des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Besonders für die Zeit der Weimarer Republik und die NS-Zeit sehr gut als Informationsquelle und um einen Überblick zu bekommen geeignet.
--> Für unsere Schüler:^^:: Das könnt ihr als Internetquelle ganz bestimmt zitieren.
also ham wir uns hoffentlich alle wieder lieb :tongue:Das sowieso. :D
Ich danke all denen, die sich hier in die Diskussionen eingeschaltet haben, für ihre Mühe! Ich glaube meine Geschichtsklausur ist ganz gut geworden!
Jetzt erstmal ´ne Runde zocken :D
Hehe, na also! Sind immerhin 13 Punkte geworden, da kann man doch ganz zufrieden sein! Und daran habt ihr auch alle Anteil dran ;)
Wenn interesse besteht kann ich die Arbeit auch mal schnell abtippeln, aber sonst spar ich mir die Zeit *g*
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