Sir H. Dowding
02.08.04, 13:32
Ich mache mir hier mal die Mühe die wichtigsten Daten aus diesen Tagen zusammenzutragen und die Epoche zu beleuchten, die bis jetzt Nachwehen trägt (etwa dass die Karpato-Ukraine auch heute noch nicht zur Slowakei gehört, aber dazu später.
Erster Weltkrieg und der Ruf nach einem Staat:
1916 gründen Benes, Masaryk und Stéfanik den tschechischen Nationalrat, der noch vor Kriegsende von der Entente als provisorische tschechische Regierung anerkannt wird. Kurz darauf erfolgt die Gründung der tschechischen Legion, die auf Seiten Russlands gegen Österreich und nach dem Sturz des Regierung Kerenski gegen die Bolschewisten kämpft. Am 30.Mai 1918 schließlich einigte sich Masaryk mit slowakischen Exilorganisationen in Pittsburgh über die Bildung eines Staates aus den Gebieten Böhmen, Mähren, Slowakei. Die deutschsprachigen Gebiete Böhmen und Mährens waren als Teil des Staates vorgesehen, da es bis dahin auch keine eigene Provinz Sudetenland oder ähnliches war.
1918 bis 1938
Am 28. Oktober wird in Prag die Tschechoslowakische Republik offiziell ausgerufen.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/tschechoslowakische%20Republik.jpg
Masaryk wird von der Nationalversammlung zum Staatspräsidenten gewählt. Er behält dieses Amt bis 1935, dem Jahr, in dem er zurücktrat.
Sofort nach der Gründung des Staates kam es zu Problemen bezüglich des Grenzverlaufs. Die österreichische Nationalversammlung erklärt die deutschsprachigen Gebiete des Tschechoslowakischen Staates als Bestandteil Österreichs. Lange Zeit waren die Grenzen umstritten und erst das Verbot des Anschlusses Österreichs an Deutschland machte die österreichischen Forderungen nutzlos, die die Sudetengebiete nun von Wien aus nicht mehr regierbar gewesen wären. Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich: Das Sudetengebiet, hätte nur mit einem Anschluss an Deutschland einen günstigen Grenzverlauf gebracht, ein Anschluss an die Republik Österreich würde dem Staat Österreich ein Gebiet übergeben, dass nicht zu verteidigen gewesen wäre und sich wie ein langer Wurm um die Tschechoslowakei gewunden hätte.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/deutschsprachige%20Gebiete.jpg
1920 dann sprachen die Siegermächte ein Machtwort und erklärten die Sudetengebiete als Bestandteil der Tschechoslowakischen Republik. Es blieb ein gespanntes Verhältnis CSR-Österreich und CSR-Deutschland.
Wie alle Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns, litt auch die CSR unter dem Zusammenbruch des großen Wirtschaftsraumes der Donaumonarchie. Die CSR verfügte über einen Gutteil der Monarchie der Habsburgermonarchie, gemeinsam mit Österreich, während die rohstoffquellen allerdings weiter im Osten lagen. Die Zerstückelung dieses gewachsenen Wirtschaftsraumes und die nun bestehenden Zollschranken zwischen den einzelnen Absatzmärkten führten zu enormen wirtschaftlichen Problemen.
Die schwerste Hypothek des Staates war aber sicherlich die multinationale Gesellschaft, in denen die Tschechen zwar die Mehrheit stellten, aber bei weitem nicht die absolute Mehrheit.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/Bev%F6lkerungsgruppen%20in%20der%20Ersten%20Repulik.jpg
Das Verbot des Anschlusses und die damit verbundene Ablehnung des Tschechoslowakischen Staates war die Ursache für das von vielen sudetendeutschen Politikern praktizierte demonstrative Nicht-Engagement im Parlament. Bis 1926 verweigerten die meisten gewählten deutschsprachigen Politiker jegliche konstruktive Mitarbeit im Parlament, um ihre Ablehnung gegen den Staate zum Ausdruck zu bringen. Dies änderte sich erst mit den Faktum, dass die meisten Sudetendeutschen ab 1926 fast ausschließlich sudetendeutschen Parteien wählten und so von 1926 bis 1938 an jeder Regierung beteiligt waren. In der Regierung vertreten konnten die sudetendeutschen Politiker nicht anders als konstruktive Politik zu betreiben.
Der Anfang vom Ende begann mit der Weltwirtschaftskrise, die fast großteils Sudetendeutsche traf, da diese Bevölkerungsgruppe besonders vom Export lebte (Kontakte nach Deutschland, Österreich). So stellten Sudetendeutsche 1932/33 2/3 der 920.000 Arbeitslosen der CSR.
Dies war nur schwer zu akzeptieren, stellten die deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen doch in der Monarchie die Oberschicht des Reiches. Sie waren als Beamte oder durchwegs bürgerliche Geschäftsleute wirtschaftlich und sozial abgesichert und mussten sich nun damit abfinden, dass sie die neue Unterschicht der CSR darstellten.
Die 1933 von Konrad Henlein gegründete Sudetendeutsche Heimatfront wurde schrittweise zur Einheitspartei der Sudetendeutschen, der sich bis 1938 fast alle sudetendeutschen Parteien anschlossen. Die Verbitterung der Sudetendeutschen über ihre wirtschaftliche und soziale Stellung, sowie der noch immer flammende Nationalismus mitsamt dem Willen zum Anschluss, führten zwangsläufig dazu, dass die SHF immer mehr Richtung Hitler abdriftete.
Die Slowaken wiederum sahen sich von den Tschechen übervorteilt und bevormundet. Dies lang einerseits an der wirtschaftlich schwächeren Stellung der Slowakei, andererseits auch an den großteils tschechischen Beamten, die die Administration stellten. Dies führte zu Sympathiebezeugungen für Parteien, die sich für eine Loslösung von den tschechischen Teilen einsetzten, etwa die klerikal-authoritäre Hlinka-Partei, die auch 1939 Eiheitspartei des neugegründeten Staates Slowakei wurde.
Die Tschechen selbst sahen diese Bestrebungen als Anschlag auf ihren Staat, der zu unterdrücken ist. Nach Jahrhunderten existierte erstmals ein tschechischer Staat, den es mit allen Mitteln zu erhalten galt. Dass die deutschsprachigen in der Monarchie als Beamte die Vertreter des Kaisers waren, der den tschechischen Nationalismus unterdrückte und erst zu Zugständnissen bereit war, als es zu spät war, führte auch zu einer Gleichsetzung Deutscher=Unterdrücker. Es erstaunt, dass es der CSR gelungen war, bis 1938 als einziger Staat Mitteleuropas eine funktionierende Demokratie zu erhalten.
Die schwelenden innenpolitischen Konflikte verschärften sich drastisch, als Hitler 1938 die Vereinigung aller Deutschen in einem Staat forderte und mit dem Anschluss Österreichs die Umschließung der CSR gelang. Die SHF (damals wieder SdP benannt) forderte die vollständige Autonomie der Sudetengebiete, sowie die Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts. Die SdP forderte auch die Anerkennung ihres Bekenntnisses zur nationalsozialistischen Weltanschauung. Im September 1938 war es soweit, die Regierung akzeptierte die Forderungen der Sudetendeutschen. Die radikalen Teile der SdP wollten jedoch mehr und provozierten bewaffnete Überfälle, auf die die Regierung in Prag mit dem Verbot der SdP sowie der Verhängung des Standrechts in den Sudetengebieten reagierte. Von Hitler angeregte "Sudetendeutsche Freikorps" machten sich bereit für die Besetzung der Sudetengebiete.
In dieser Situation griff die Appeasement-Politik von chamberlain und Daladier. In der Konferenz von München wurde ohne Beisein von Politikern der CSR entschieden, dass die sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich abgetreten werden sollten. Im Oktober besetzte die deutsche Wehrmacht die zugesprochenen Gebiete.
Die Slowaken der CSR sahen nun ihre Chance gekommen ihre Interessen durchzusetzen und forderten die vollständige Autonomie. Der neue Staatspräsident Emil Hacha akzeptierte und fortan hieß der Staat nicht mehr Tschechoslowakei, sondern Tschecho-Slowakei.
Das Ende der Tschecho-Slowakei und die Protektoratszeit
Im April 1939 schließlich wurde Emil Hacha zusammen mit seinem Außenminister nach Berlin geladen, um über das zukünftige Verhältnis der beiden Staaten zu sprechen. In Berlin drohte Hitler mit der Bombardierung Prags, sollte Hacha keine erklärung unterschreiben, in der geschrieben stand: "lege ich das Schicksal meines Landes vertrauensvoll in die Hände des deutschen Führers Adolf Hitler."
Josef tiso, Vorsitzender der Hlincka-Partei wurde angewiesen den Staat Slowakei zu proklamieren, anderenfalls würde das Deutsche Reich nicht mehr garantieren können, dass die Slowakei nicht wieder Bestandteil Ungarns würde.
Tiso rief daraufhin die Slowakei aus und die Gebiete Böhmen und Mähren wurden zu einem deutschen Protektorat. Das Gebiet der Karpato-Ukraine wird von ungarischen Truppen besetzt, obwohl sich auch dort eine unabhänige republik "Karpato-Ukraine" ausgerufen hat. Polen erhält kleine Randgebiete der CSR. Offizielles Staatsoberhaupt blieb Emil Hacha und es gab auch weiterhin eine tschechische Regierung, der allerdings ein Reichsprotektor zur Seite gestellt war, der jederzeit eingreifen konnte und umfassende Macht ausübte.
Während des ganzen Krieges kam es immer wieder zu Demonstrationen und Aufmärschen am tschechischen Nationalfeiertag, die jedesmal blutig niedergeschlagen wurden. Die seit Kriegbeginn geschlossenen Hochschulen und Universitäten führten zu Studentenkrawallen und der blutigen Niederschlagung derselben. Höhepunkt war sicherlich die Ermordung Heydrichs durch Exiltschechen, die mit Fallschirmen angelandet wurden. Die auf den Tod Heydrichs folgenden "Vergeltungsmaßnahmen" umfassten die Ermordung der Einwohner des Dorfes Lidice sowie eine neue Welle an Verhaftungen. Das schon oft zu lesende Behauptung, der tschechische Widerstand sei bis kurz vor Kriegsende nicht existent gewesen, ist eindeutig falsch. Vielmehr war der tschechische Widerstand bereits 1939 am Höhepunkt und nahm aufgrund der von der Protektoratsleitung getroffenen Maßnahmen immer mehr ab, war aber nie ganz ausgeschalten. Auch die Behauptung: "Die wurden wenigstens nicht bombardiert" ist nicht zutreffend. Der schwerste Luftangriff traf Prag am 14. Februar 1945, mit über 700 Toten, von 1943 bis Kriegende flogen die Amerikaner und Briten immer wieder Angriffe gegen die großen Industriestädte Pilsen, Prag oder Litvinov.
Am 5. Mai brach in Prag der Aufstand aus. Sowjetische Soldaten, tschechische Parisanen und Vlassov-Russen, die die Seite gewechselt hatten, befreiten die Hauptstadt. Das bemerkenswerteste ist sicherlich die Mithilfe der Vlassov-Russen.
http://img.radio.cz/pictures/historie/2_sv_valka_nemecti_vojaci_prazane1.jpg
Besetzung Prags durch die deutsche Wehrmacht 1939
http://img.radio.cz/pictures/historie/unor45_nalet_praha.jpg
Nach dem schwersten Bombenangriff gegen Prag 14.2.1945
http://img.radio.cz/pictures/historie/kveten45_rusky_tank_nd.jpg
Rote Armee rückt in Prag ein
Nachkriegszeit und kommunistische Machtübernahme
Sofort mit Ausbruch des Aufstandesentluden sich die angestauten Aggressionen gegen Deutsche. Es kommt zu Übergriffen gegen deutsche Zivilpersonen und gleichzeitig zu Aktionen gegen Kollaborateure (wie in Frankreich oder Italien), die großteils deutschsprachig waren. Eduard Benes, Leiter der tschechoslowakischen Exilregierung kehrt noch im Mai zurück, gleichzeitig kommt es zur Verhaftung Emil Hachas. Emil Hacha verstirbt kurz nach seiner Verhaftung im Gefängis (geboren 1872). Die Umstände sind unklar. Da Hacha bereits 1939 einen Herzinfarkt hatte und damals schon als gesundheitlich schwach galt, wäre ein Tod verursacht durch die enorme Aufregung dieser Tage und vor allem seiner Verhaftung durchaus logisch. Andere sprechen von Misshandlungen und den darauf eintretenden Tod.
Es ist extrem schwierig genaue Opferzahlen aus der Protektoratszeit zu erhalten, Sudetendeutsche Gruppierungen sprechen von 38.000 Tschechen, die fdj beispielsweise von 215.000.
In den ersten Tagen der gewaltaktionen gegen Sudetendeutsche kommt es zu Willküraktionen lokaler Milizen und Behörden. 15.000 Menschen kommen in diesen Tagen nach Schätzungen ums Leben. Erst mit der Etablierung einer staatlichen Ordnung beruhigt sich die Lage und die wüsten Mordaktionen hören auf. Durch die beschlüsse der Konferenz von Potsdam wird die Abschiebung von 2,5 Millionen Deutscher durch den alliierten Kontrollrat genehmigt. Bis 1947 verlassen 3 Millionen Deutsche die CSR. Bis Mitte der 50er Jahren wurde von 20.000 toten Deutschen ausgegangen, doch auch hier ist sind Opferzahlen breit gefächert, Sudetendeutsche Landsmannschaften sprechen von 250.000 Toten.
Die eher neutral wirkende Internetseite www.tschechien-portal.info gibt 20 000 und 30 000 Tote an, die glaubwürdigsten Zahlen, die ich finden konnte.
Die Benes Dekrete, 143 Stück, befassen sich zum überwiegenden Teil mit der Aufhebung des Abkommens von München, der wiederherstellung des tschechoslowakischen staates und der Errichtung eines funktionsfähigen staates, 10 Dekrete regeln den Umgang mit den deutschsprachigen und ungarischen Minderheiten des Landes. Die benes-Dekrete sind auch heute noch der Grundstock der Verfassung.
Eduard Benes starb am 3.9.1948, bereits am 7.Juni verweigerte er die Unterschrift unter eine neue Verfassung der "Volksdemokratischen Republik", am 14. wird der Kommunist Klement Gottwald neuer Präsident. Bereits am 30.Mai, kandidierte die einheitspartei "Nationale front", die sich aus Kommunisten und sozialdemokratischen bzw. christdemokratischen Alibipolitikern zusammensetzte. Die CSR wurde zur CSSR.
Erster Weltkrieg und der Ruf nach einem Staat:
1916 gründen Benes, Masaryk und Stéfanik den tschechischen Nationalrat, der noch vor Kriegsende von der Entente als provisorische tschechische Regierung anerkannt wird. Kurz darauf erfolgt die Gründung der tschechischen Legion, die auf Seiten Russlands gegen Österreich und nach dem Sturz des Regierung Kerenski gegen die Bolschewisten kämpft. Am 30.Mai 1918 schließlich einigte sich Masaryk mit slowakischen Exilorganisationen in Pittsburgh über die Bildung eines Staates aus den Gebieten Böhmen, Mähren, Slowakei. Die deutschsprachigen Gebiete Böhmen und Mährens waren als Teil des Staates vorgesehen, da es bis dahin auch keine eigene Provinz Sudetenland oder ähnliches war.
1918 bis 1938
Am 28. Oktober wird in Prag die Tschechoslowakische Republik offiziell ausgerufen.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/tschechoslowakische%20Republik.jpg
Masaryk wird von der Nationalversammlung zum Staatspräsidenten gewählt. Er behält dieses Amt bis 1935, dem Jahr, in dem er zurücktrat.
Sofort nach der Gründung des Staates kam es zu Problemen bezüglich des Grenzverlaufs. Die österreichische Nationalversammlung erklärt die deutschsprachigen Gebiete des Tschechoslowakischen Staates als Bestandteil Österreichs. Lange Zeit waren die Grenzen umstritten und erst das Verbot des Anschlusses Österreichs an Deutschland machte die österreichischen Forderungen nutzlos, die die Sudetengebiete nun von Wien aus nicht mehr regierbar gewesen wären. Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich: Das Sudetengebiet, hätte nur mit einem Anschluss an Deutschland einen günstigen Grenzverlauf gebracht, ein Anschluss an die Republik Österreich würde dem Staat Österreich ein Gebiet übergeben, dass nicht zu verteidigen gewesen wäre und sich wie ein langer Wurm um die Tschechoslowakei gewunden hätte.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/deutschsprachige%20Gebiete.jpg
1920 dann sprachen die Siegermächte ein Machtwort und erklärten die Sudetengebiete als Bestandteil der Tschechoslowakischen Republik. Es blieb ein gespanntes Verhältnis CSR-Österreich und CSR-Deutschland.
Wie alle Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns, litt auch die CSR unter dem Zusammenbruch des großen Wirtschaftsraumes der Donaumonarchie. Die CSR verfügte über einen Gutteil der Monarchie der Habsburgermonarchie, gemeinsam mit Österreich, während die rohstoffquellen allerdings weiter im Osten lagen. Die Zerstückelung dieses gewachsenen Wirtschaftsraumes und die nun bestehenden Zollschranken zwischen den einzelnen Absatzmärkten führten zu enormen wirtschaftlichen Problemen.
Die schwerste Hypothek des Staates war aber sicherlich die multinationale Gesellschaft, in denen die Tschechen zwar die Mehrheit stellten, aber bei weitem nicht die absolute Mehrheit.
http://edu.gbssg.ch/bms/Homepage_Prag/pages/Geschichte/07-Republik%20Masaryk/Bev%F6lkerungsgruppen%20in%20der%20Ersten%20Repulik.jpg
Das Verbot des Anschlusses und die damit verbundene Ablehnung des Tschechoslowakischen Staates war die Ursache für das von vielen sudetendeutschen Politikern praktizierte demonstrative Nicht-Engagement im Parlament. Bis 1926 verweigerten die meisten gewählten deutschsprachigen Politiker jegliche konstruktive Mitarbeit im Parlament, um ihre Ablehnung gegen den Staate zum Ausdruck zu bringen. Dies änderte sich erst mit den Faktum, dass die meisten Sudetendeutschen ab 1926 fast ausschließlich sudetendeutschen Parteien wählten und so von 1926 bis 1938 an jeder Regierung beteiligt waren. In der Regierung vertreten konnten die sudetendeutschen Politiker nicht anders als konstruktive Politik zu betreiben.
Der Anfang vom Ende begann mit der Weltwirtschaftskrise, die fast großteils Sudetendeutsche traf, da diese Bevölkerungsgruppe besonders vom Export lebte (Kontakte nach Deutschland, Österreich). So stellten Sudetendeutsche 1932/33 2/3 der 920.000 Arbeitslosen der CSR.
Dies war nur schwer zu akzeptieren, stellten die deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen doch in der Monarchie die Oberschicht des Reiches. Sie waren als Beamte oder durchwegs bürgerliche Geschäftsleute wirtschaftlich und sozial abgesichert und mussten sich nun damit abfinden, dass sie die neue Unterschicht der CSR darstellten.
Die 1933 von Konrad Henlein gegründete Sudetendeutsche Heimatfront wurde schrittweise zur Einheitspartei der Sudetendeutschen, der sich bis 1938 fast alle sudetendeutschen Parteien anschlossen. Die Verbitterung der Sudetendeutschen über ihre wirtschaftliche und soziale Stellung, sowie der noch immer flammende Nationalismus mitsamt dem Willen zum Anschluss, führten zwangsläufig dazu, dass die SHF immer mehr Richtung Hitler abdriftete.
Die Slowaken wiederum sahen sich von den Tschechen übervorteilt und bevormundet. Dies lang einerseits an der wirtschaftlich schwächeren Stellung der Slowakei, andererseits auch an den großteils tschechischen Beamten, die die Administration stellten. Dies führte zu Sympathiebezeugungen für Parteien, die sich für eine Loslösung von den tschechischen Teilen einsetzten, etwa die klerikal-authoritäre Hlinka-Partei, die auch 1939 Eiheitspartei des neugegründeten Staates Slowakei wurde.
Die Tschechen selbst sahen diese Bestrebungen als Anschlag auf ihren Staat, der zu unterdrücken ist. Nach Jahrhunderten existierte erstmals ein tschechischer Staat, den es mit allen Mitteln zu erhalten galt. Dass die deutschsprachigen in der Monarchie als Beamte die Vertreter des Kaisers waren, der den tschechischen Nationalismus unterdrückte und erst zu Zugständnissen bereit war, als es zu spät war, führte auch zu einer Gleichsetzung Deutscher=Unterdrücker. Es erstaunt, dass es der CSR gelungen war, bis 1938 als einziger Staat Mitteleuropas eine funktionierende Demokratie zu erhalten.
Die schwelenden innenpolitischen Konflikte verschärften sich drastisch, als Hitler 1938 die Vereinigung aller Deutschen in einem Staat forderte und mit dem Anschluss Österreichs die Umschließung der CSR gelang. Die SHF (damals wieder SdP benannt) forderte die vollständige Autonomie der Sudetengebiete, sowie die Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts. Die SdP forderte auch die Anerkennung ihres Bekenntnisses zur nationalsozialistischen Weltanschauung. Im September 1938 war es soweit, die Regierung akzeptierte die Forderungen der Sudetendeutschen. Die radikalen Teile der SdP wollten jedoch mehr und provozierten bewaffnete Überfälle, auf die die Regierung in Prag mit dem Verbot der SdP sowie der Verhängung des Standrechts in den Sudetengebieten reagierte. Von Hitler angeregte "Sudetendeutsche Freikorps" machten sich bereit für die Besetzung der Sudetengebiete.
In dieser Situation griff die Appeasement-Politik von chamberlain und Daladier. In der Konferenz von München wurde ohne Beisein von Politikern der CSR entschieden, dass die sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich abgetreten werden sollten. Im Oktober besetzte die deutsche Wehrmacht die zugesprochenen Gebiete.
Die Slowaken der CSR sahen nun ihre Chance gekommen ihre Interessen durchzusetzen und forderten die vollständige Autonomie. Der neue Staatspräsident Emil Hacha akzeptierte und fortan hieß der Staat nicht mehr Tschechoslowakei, sondern Tschecho-Slowakei.
Das Ende der Tschecho-Slowakei und die Protektoratszeit
Im April 1939 schließlich wurde Emil Hacha zusammen mit seinem Außenminister nach Berlin geladen, um über das zukünftige Verhältnis der beiden Staaten zu sprechen. In Berlin drohte Hitler mit der Bombardierung Prags, sollte Hacha keine erklärung unterschreiben, in der geschrieben stand: "lege ich das Schicksal meines Landes vertrauensvoll in die Hände des deutschen Führers Adolf Hitler."
Josef tiso, Vorsitzender der Hlincka-Partei wurde angewiesen den Staat Slowakei zu proklamieren, anderenfalls würde das Deutsche Reich nicht mehr garantieren können, dass die Slowakei nicht wieder Bestandteil Ungarns würde.
Tiso rief daraufhin die Slowakei aus und die Gebiete Böhmen und Mähren wurden zu einem deutschen Protektorat. Das Gebiet der Karpato-Ukraine wird von ungarischen Truppen besetzt, obwohl sich auch dort eine unabhänige republik "Karpato-Ukraine" ausgerufen hat. Polen erhält kleine Randgebiete der CSR. Offizielles Staatsoberhaupt blieb Emil Hacha und es gab auch weiterhin eine tschechische Regierung, der allerdings ein Reichsprotektor zur Seite gestellt war, der jederzeit eingreifen konnte und umfassende Macht ausübte.
Während des ganzen Krieges kam es immer wieder zu Demonstrationen und Aufmärschen am tschechischen Nationalfeiertag, die jedesmal blutig niedergeschlagen wurden. Die seit Kriegbeginn geschlossenen Hochschulen und Universitäten führten zu Studentenkrawallen und der blutigen Niederschlagung derselben. Höhepunkt war sicherlich die Ermordung Heydrichs durch Exiltschechen, die mit Fallschirmen angelandet wurden. Die auf den Tod Heydrichs folgenden "Vergeltungsmaßnahmen" umfassten die Ermordung der Einwohner des Dorfes Lidice sowie eine neue Welle an Verhaftungen. Das schon oft zu lesende Behauptung, der tschechische Widerstand sei bis kurz vor Kriegsende nicht existent gewesen, ist eindeutig falsch. Vielmehr war der tschechische Widerstand bereits 1939 am Höhepunkt und nahm aufgrund der von der Protektoratsleitung getroffenen Maßnahmen immer mehr ab, war aber nie ganz ausgeschalten. Auch die Behauptung: "Die wurden wenigstens nicht bombardiert" ist nicht zutreffend. Der schwerste Luftangriff traf Prag am 14. Februar 1945, mit über 700 Toten, von 1943 bis Kriegende flogen die Amerikaner und Briten immer wieder Angriffe gegen die großen Industriestädte Pilsen, Prag oder Litvinov.
Am 5. Mai brach in Prag der Aufstand aus. Sowjetische Soldaten, tschechische Parisanen und Vlassov-Russen, die die Seite gewechselt hatten, befreiten die Hauptstadt. Das bemerkenswerteste ist sicherlich die Mithilfe der Vlassov-Russen.
http://img.radio.cz/pictures/historie/2_sv_valka_nemecti_vojaci_prazane1.jpg
Besetzung Prags durch die deutsche Wehrmacht 1939
http://img.radio.cz/pictures/historie/unor45_nalet_praha.jpg
Nach dem schwersten Bombenangriff gegen Prag 14.2.1945
http://img.radio.cz/pictures/historie/kveten45_rusky_tank_nd.jpg
Rote Armee rückt in Prag ein
Nachkriegszeit und kommunistische Machtübernahme
Sofort mit Ausbruch des Aufstandesentluden sich die angestauten Aggressionen gegen Deutsche. Es kommt zu Übergriffen gegen deutsche Zivilpersonen und gleichzeitig zu Aktionen gegen Kollaborateure (wie in Frankreich oder Italien), die großteils deutschsprachig waren. Eduard Benes, Leiter der tschechoslowakischen Exilregierung kehrt noch im Mai zurück, gleichzeitig kommt es zur Verhaftung Emil Hachas. Emil Hacha verstirbt kurz nach seiner Verhaftung im Gefängis (geboren 1872). Die Umstände sind unklar. Da Hacha bereits 1939 einen Herzinfarkt hatte und damals schon als gesundheitlich schwach galt, wäre ein Tod verursacht durch die enorme Aufregung dieser Tage und vor allem seiner Verhaftung durchaus logisch. Andere sprechen von Misshandlungen und den darauf eintretenden Tod.
Es ist extrem schwierig genaue Opferzahlen aus der Protektoratszeit zu erhalten, Sudetendeutsche Gruppierungen sprechen von 38.000 Tschechen, die fdj beispielsweise von 215.000.
In den ersten Tagen der gewaltaktionen gegen Sudetendeutsche kommt es zu Willküraktionen lokaler Milizen und Behörden. 15.000 Menschen kommen in diesen Tagen nach Schätzungen ums Leben. Erst mit der Etablierung einer staatlichen Ordnung beruhigt sich die Lage und die wüsten Mordaktionen hören auf. Durch die beschlüsse der Konferenz von Potsdam wird die Abschiebung von 2,5 Millionen Deutscher durch den alliierten Kontrollrat genehmigt. Bis 1947 verlassen 3 Millionen Deutsche die CSR. Bis Mitte der 50er Jahren wurde von 20.000 toten Deutschen ausgegangen, doch auch hier ist sind Opferzahlen breit gefächert, Sudetendeutsche Landsmannschaften sprechen von 250.000 Toten.
Die eher neutral wirkende Internetseite www.tschechien-portal.info gibt 20 000 und 30 000 Tote an, die glaubwürdigsten Zahlen, die ich finden konnte.
Die Benes Dekrete, 143 Stück, befassen sich zum überwiegenden Teil mit der Aufhebung des Abkommens von München, der wiederherstellung des tschechoslowakischen staates und der Errichtung eines funktionsfähigen staates, 10 Dekrete regeln den Umgang mit den deutschsprachigen und ungarischen Minderheiten des Landes. Die benes-Dekrete sind auch heute noch der Grundstock der Verfassung.
Eduard Benes starb am 3.9.1948, bereits am 7.Juni verweigerte er die Unterschrift unter eine neue Verfassung der "Volksdemokratischen Republik", am 14. wird der Kommunist Klement Gottwald neuer Präsident. Bereits am 30.Mai, kandidierte die einheitspartei "Nationale front", die sich aus Kommunisten und sozialdemokratischen bzw. christdemokratischen Alibipolitikern zusammensetzte. Die CSR wurde zur CSSR.