Ludendorff
21.04.04, 19:14
Hallo,
bei meiner Abiturvorbereitung für Geschichte bin ich über das Thema der Finanzierung gestolpert, dabei auch über die Metallforschungs-GmBH Wechsel.
Ich kann mir unter diesen Wechseln durchaus was vorstellen, nur habe ich auch nach weiterer Inet-Recherche keine leicht verständliche Erklärung auf eine recht simple Frage gefunden:
Wozu die Wechsel? Sprich: Warum hat man nicht alles weiter über die Staatsverschuldung laufen lassen, was für einen Vorteil hatte die Ausgabe dieser Wechsel?
Gruß,
Ludi
Wechsel scheinen mir eine geschicktere Art gewesen zu sein Geld von Privatleuten zu akkumulieren, insbesondere aus dem Ausland. Abgesehen davon gehen diese Wechsel nicht in die offizielle Staatsverschuldung mit ein, was wiederrum die negative Wirkung auf die Reputation und den Zinssatz für Staatsverschuldung lindern hilft. Es mag auch noch weitere politische Gründe gegeben haben, das wahre Ausmaß der Deutschen Staatsverschuldung nicht an die große Glocke hängen zu wollen.
Ich habe nach Texten gesucht, die meine Vermutung stützen sollen und habe folgendes gefunden. Manchmal lohnt sich ein Wirtschaftsstudium halt doch :) (Wichtigstes ist rot markiert):
Finanziert wurden die gewaltigen Ausgaben längst nicht mehr aus dem Steueraufkommen und auch bald nicht mehr aus Mitteln der Arbeitsbeschaffungsprogramme. Die Vorfinanzierung auf Wechselbasis bot sich vielmehr als Verfahren an, um privates Kapital zu mobilisieren. Zunächst arbeitete die Regierung noch mit dem 1932 unter den Regierungen Franz von Papen und Kurt von Schleicher (1882–1934) entwickelten Arbeitsbeschaffungswechseln, die über Vorfinanzierungsinstitute und die Rediskontierung der Wechsel durch die Reichsbank ähnlich funktionierten wie dann später die sogenannten „Mefo-Wechsel“. Damit entwickelte der renommierte Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht (1877–1970) ein System der Finanzwechsel, das eine „geräuschlose“ und „verdeckte“ Form der Finanzierung im Vorgriff erlaubte. Wenn die Wirtschaftskonjunktur wieder auflebte, so Schachts Überlegungen, dann könnten mit den entsprechend sprudelnden Steuereinnahmen die Wechselschulden zurückgezahlt werden.
Auf Veranlassung der Reichsbank und des Reichswehrministeriums gründeten im Mai 1933 vier bedeutende deutsche Unternehmen (Krupp, Siemens, Gutehoffnungshütte und Rheinmetall) eine „Metallurgische Forschungsgemeinschaft“ (Mefo), die mit dem Grundkapital von einer Million Reichsmark ausgestattet wurde. Diejenigen Unternehmen, die vom Staat Rüstungsaufträge erhielten, zogen zur Bezahlung der Aufträge auf diese Firma die sogenannten Mefo-Wechsel, für die das Reich die Bürgschaft übernahm, ohne formell als Wechselschuldner zu erscheinen. Die Reichsbank rediskontierte diese Wechsel und gab ihnen damit den Charakter von Zahlungsmitteln. Die Lieferanten konnten ihre auf fünf Jahre laufenden Wechsel sofort bei den Banken einlösen. Zwischen 1934 und 1936 ließen sich auf diese Weise etwa 50 Prozent der Wehrmachtsaufträge decken.
Politisch war dieses Verfahren dem Regime sehr willkommen, ließ sich doch auf diese Weise der wahre Umfang der Aufrüstung verschleiern. Denn die Wechsel galten als Handelswechsel und tauchten darum nicht unter den staatlichen Rüstungsausgaben auf. Die finanzpolitisch bedenkliche Seite war Schacht sehr bewußt, und er hatte darum die Wechsel auf das Jahr 1938 terminiert. Denn mit dem Verfahren der Mefo-Wechsel war die Gefahr einer großen Inflation unausweichlich. Auch schien ein Konflikt mit Hitler für den Fall vorprogrammiert, daß er von seinen rüstungspolitischen Prioritäten nicht ablassen und eine termingerechte Einlösung der Wechsel mit Haushaltsmitteln verweigerte. Genau das trat 1938 ein. Das Regime tat trotz Drängen Schachts nichts, um den Bestand der Wechsel zu begrenzen, sondern ersetzte das Instrument der Wechsel schließlich durch andere Methoden einer noch geräuschloseren Finanzierung: durch Lieferschatzanweisungen, Steuergutscheine, erzwungene Reichsanleihen bei Sparkassen und durch die Abschöpfung von Spar- und Versicherungsgeldern. Dadurch wurden auch die nichtsahnenden Sparer zu mittelbaren Gläubigern des Reiches.
Das Reichsbankgesetz vom Februar 1937 bzw. vom Juni 1939 beseitigte schließlich alle Möglichkeiten der Reichsbank, weiteren Einfluß auf die Geldversorgung des Staates zu nehmen, der seinen Kreditbedarf nun hemmungslos zum alleinigen Maßstab für die Notenausgabe und die Kreditschöpfung machte. Produziert wurden dafür vor allem Rüstungsgüter (zwischen 1933 und 1939 verschlang das die Riesensumme von etwa 90 Milliarden Reichsmark), was vom „Standpunkt der volkswirtschaftlichen Reproduktion her gesehen einen reinen Verlust bedeutete“ (Willi A. Boelcke).
Der Text ist recht gut. Den gesamten Text findet ihr unter:
http://www.bpb.de/publikationen/01158073712671365731706452990874,1,0,Wirtschaft_und_Gesellschaft_unterm_Hakenkreuz.html
von der Bundeszentrale für politische Bildung
Ludendorff
22.04.04, 20:25
Du hast mir wiedermal sehr geholfen, besten Dank :D
Powered by vBulletin® Version 4.2.5 Copyright ©2024 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.