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Der Zarewitsch
14.10.03, 19:56
Ich eröffne mit der wohl berühmtesten Belagerung:


Troja
Das Ende

Zehn Jahre dauerte nun schon der Krieg und ein Ende war immer noch nicht abzusehen. Nach Achilleus mussten die Griechen auch Ajax betrauern, der sich von Pallas Athene mit Wahnsinn beschlagen selber das Leben nahm. Und so schwand bei ihnen die Hoffnung, die feindliche Stadt jemals zu erstürmen. Doch auch die Troer hatten Verluste zu beklagen. Paris fand getroffen von einem Giftpfeil des Philoktetes den Tod. Neue Kämpfer traten an ihre Stelle. Neoptolemos, der Sohn des Achilleus, nahm den Platz des Vaters ein. Die Trojaner wurden nun an Hektors Stelle von Aeneas geführt. Und so wogte der Kampf hin und her.

Da rief Kalchas, der Seher, das Heer zusammen und riet ihnen davon ab, die Stadt mit Gewalt zu nehmen. Stattdessen sollten sie zu einer List greifen. Im Traum hatte er gesehen, wie ein Habicht eine Taube verfolgt hatte. Als die Taube in einem Felsspalt Schutz fand, verbarg sich der Raubvogel in einem Gebüsch, bis das Täubchen wieder hervorgekrochen kam. Nun war es für ihn ein leichtes die Taube zu packen. „Lasst uns diesen Vogel als Vorbild nehmen!", schloss Kalchas seine Rede.

Der schlaue Odysseus hatte schließlich einen listenreichen Einfall. Ein großes hölzernes Pferd sollten sie bauen, in dessen Inneren sich die edelsten Krieger verbergen sollten. Durch einen scheinbaren Abzug des Heeres sollten sich dann die Troer aus ihrer Stadt locken lassen. Sofort waren alle von dem Plan begeistert und der Gott Zeus selbst gab mit einem Donnerschlag seine Zustimmung dazu.

Mit Erstaunen sahen dann die Troer den Aufbruch des feindlichen Heeres von den Zinnen ihrer Stadt aus. Voller ungläubiger Freude stürmten sie aus der Stadt und schritten den Platz ab, wo einst das Lager der Griechen gestanden hatte. Und verblüfft standen sie vor dem riesigen hölzernen Pferd. Während man noch unschlüssig war, was damit anzustellen sei, trat Laokoon, der Priester des Apollon, unter sie. „Welch ein Wahnsinn treibt euch?", sprach er zu ihnen, „Glaubt Ihr wirklich, die Griechen seien abgereist und ihre Gabe ehrlich gemeint? Traut ihnen nicht und ihrem Geschenk!" Er schleuderte einen Speer gegen das Pferd, der zitternd im Holz stecken blieb. Aus der Tiefe des Bauches erklang ein Widerhall wie von Waffengeklirr. Doch die Troer bemerkten es nicht in ihrer Verblendung.

In diesem Augenblick brachten die Hirten einen Griechen namens Sonon herbei und schleppten ihn vor den König Priamos. Flehend hob er seine Hände zum König und erzählte ihm von seinem Schicksal. Die Griechen hätten beschlossen, ihn zu opfern, um sich eine glückliche Heimkehr von den Göttern zu sichern. Doch es sei ihm gelungen zu fliehen. Sein Schluchzen fand bei dem König Gehör und so gewährte er ihm Asyl, nichtsahnend, dass Sinons Geschichte eine Lüge war, um ihr Vertrauen zu erschleichen. Und so beteuerte er sogleich, dass dies Pferd ein Weihegeschenk für die Göttin Athene sei. Es sei deshalb so groß, damit die Troer es nicht in ihre Stadt schaffen könnten, um dann den Schutz der Göttin zu erhalten. Würde man dem Pferd Gewalt antun, so sei ihnen alle die Rache der Göttin gewiss. So geschickt trug Sinon seine Worte vor, dass die Troer ihm schließlich glaubten.

Um auch den letzten Zweifel zu verstreuen, griff die Göttin Athene selber in das Geschehen ein. Zwei riesige Schlangen kamen von der Insel Tenedos herüber und eilten auf den Uferaltar des Poseidon zu, an dem gerade Laokoon mit seinen beiden Söhnen ein Opfer vorbereitete. Sie schossen auf die Knaben zu, wanden sich um ihre Leiber und schlugen ihre giftigen Zähne in ihr Fleisch. Laokoon eilte ihnen zu Hilfe, doch wurde er ebenso von ihnen umschlungen und sie starben alle auf schreckliche Weise. Die Schlangen selber verschwanden in den Tempel der Pallas Athene und so bestand für die Troer kein Zweifel mehr, unter welchem Schutz des Pferd stand.

Sie rissen die Stadtmauer ein und zogen es im Triumph in die Stadt hinein. Überall feierten die Einwohner ein Freudenfest. Wein floss in Strömen und niemand hörte auf die Warnungen Kassandras, die das kommende Unheil gesehen hatte. Bald sanken die Letzten ermattet von dem rauschenden Fest in einen tiefen Schlaf. Sinon jedoch erhob sich von seinem Lager und gab mit einer Fackel den Griechen das verabredete Zeichen. Dann schlich er zum Pferd und gab Odysseus das vereinbarte Klopfzeichen. Lautlos kletterten die Griechen aus dem Pferd und eilten in die unbewachte Stadt.

Grässlich war das Gemetzel, dass nun unter den Troern angerichtet wurde. Die Griechen schonten weder Mann noch Frau, weder Kind noch Greis. Flammen loderten schon bald aus den Häusern. Der König Priamos wurde von Neoptolemos getötet. Krieger rissen Hektors Sohn Astyanax aus den Armen der Mutter und schleuderten ihn von den Zinnen des Turmes hinunter. Nur wenige entrannen dem Morden. Unter diesen befand sich Aeneas, dem mit seinem greisen Vater Anchises auf der Schulter und seinem Sohn Askanios an der Hand die Flucht gelang.

Endlich befand sich der König Menelaos am Ziel seiner Wünsche, der Raub Helenas war gerächt. Als er sie in ihrer strahlenden Schönheit vor sich stehen sah, entbrannte er erneut in Liebe zu ihr und nahm sie aufs neue als seine Ehegattin auf.

Hoch schlugen die Flammensäulen in den Äther und verkündeten allen ringsum den Untergang der einst so prächtigen Stadt Troja.

Rekonstruktion
http://www.zvrk.co.yu/Mskola/Istorija/troja/homerska-troja.jpg

Der Untergang
http://www.calliope.free-online.co.uk/troy/troy16.jpg

LINK 1 (http://www.mythentor.de/griechen/troja1.htm)

LINK 2 (http://www.calliope.free-online.co.uk/homer.htm)

Virtueller Rundgang (http://www.uni-tuebingen.de/troia/vr/vr0201.html)

Der Zarewitsch
16.10.03, 12:27
Quebec 1759


1759 bahnte sich mit dem englischen Vorstoß gegen Kanada, das Herzstück des französischen Kolonialgebiets in Nordamerika, eine Entscheidung an. Von Süden her näherten sich englische Truppen entlang dem Hudson und über Fort Ticonderoga Kanada. Die Hauptgefahr für die französische Kolonialarmee stellte die englisch-amerikanische Streitmacht im Raum Louisbourg dar. Auf 49 Kriegs‑ und 119 Transportschiffen und -booten kamen knapp 9 000 Mann englische Truppen und amerikanische Milizen den St.-Lorenz‑Strom herauf. Sie standen unter dem Befehl des jungen, aber kampferprobten und fähigen Generals James Wolfe (1727‑1759), der sich bereits bei der Belagerung von Louisbourg einen Namen erworben hatte. Sein Gegner war General Montcalm, der über etwa 16 000 Mann verfügte, darunter jedoch nur 5 Bataillone reguläre Infanterie, die Mehrzahl seiner Truppen bildeten kanadische Milizen. Die als Festung ausgebaute Stadt Quebec besaß genügend Artillerie, Munition und Vorräte, allerdings konnte Montcalm nicht auf Nachschub aus Frankreich hoffen; denn die Verbindungen zur Küste waren abgeschnitten.

General Wolfe landete Ende Juni 1759 mit seinen Truppen vor Quebec und ließ die Stadt beschießen. Aber die französische Stellung war so stark, daß die Engländer weder durch einige zögernd vorgetragene Angriffe noch durch das Artilleriebombardement ihrem Ziel näher kamen. Nach mehreren Wochen mahnte der englische Admiral, der die Flotte befehligte, General Wolfe, eine Entscheidung zu suchen, da der Sommer dem Ende entgegenging und im Oktober bereits Schnee und Eis der Belagerung ein Ende setzen würden. Dann müßte der Rückzug angetreten werden.

Mitte September beschloß Wolfe, am linken Flußufer weiter vorzurücken, oberhalb von Quebec den St.-Lorenz-Strom zu überschreiten und von Westen her die Stadt anzugreifen. Er rechnete damit, den Feind zu überraschen; denn die Franzosen kannten das schwierige Gelände am Steilufer und erwarteten daher keinen Angriff aus dieser Richtung.

In der Nacht vom 12. zum 13. September 1759 überschritten 4 500 Engländer ohne Artillerie den Fluß und kletterten zu den Abrahamhöhen westlich von Quebec empor. Schwache französische Sicherungsposten alarmierten General Montcalm, der unverzüglich einen Teil seiner Truppen auf die Höhen in Marsch setzte. Das eigentliche Gefecht am 13. September dauerte nur kurze Zeit und endete mit einem englischen Sieg. Die Franzosen verloren mehr als 1 000 Mann an Toten und Verwundeten, die Engländer über 650, beide Generale wurden verwundet und starben am Tag nach dem Gefecht. Am 18. September 1759 kapitulierte Quebec vor den Siegern, die Franzosen erhielten freien Abzug und rückten in Richtung auf Montreal ab.

Quelle (http://www.jop-kriegskunst.de/quebec.htm)

http://www.canadianheritage.org/images/large/20266.jpg

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Der Zarewitsch
16.10.03, 12:39
Neuss 1474 - 1475

Karl der Kühne schickt einen Herold nach Neuss mit dem Auftrag, die Neusser dazu zu bewegen, ihm die Stadt widerstandslos zu übergeben
29.07.1474 Karl der Kühne zieht vor der Stadt Neuss auf
Die Neusser stürmen gegen das aufziehende Burgunderheer an und fügen ihm erste empfindliche Verluste zu
Ein Versuch der Lombarden, die Waidt - eine Neuss vorgelagerte Insel - ohne Schiffe zu besetzen, mißlingt
06.08.1474 Die Lombarden nehmen die Waidt ein
06.08.1474 Die Waidt wird von den Neussern zurückerobert
09.08.1474 Die Neusser machen einen Ausfall aus dem Zolltor
11.08.1474 Die Belagerer besetzen erneut die Waidt und schliessen den Belagerungsring
Karl der Kühne versucht vergeblich, alle Wasserflüsse zur Stadt zu sperren oder abzuleiten
Die Burgunder bauen zwei Brücken über die Erft
Die Burgunder bringen ihre Artillerie in Stellung und beginnen mit der systematischen Beschießung der Stadt
Die Artillerie zerstört die Vorbauten des Niedertors
Die Vorbauten des Rheintores werden ebenfalls zerstört
10.09.1474 Die Burgunder bestürmen das Rheintor
10.09.1474 Das Obertor wird von den Burgundern angegriffen
14.09.1474 Die Neusser halten eine Bittprozession durch die Stadt ab, bei der sie den Schrein des Stadtpatrons St. Quirin durch die Strassen tragen
29.09.1474 Die Neusser machen einen weiteren Ausfall aus dem Niedertor und dem Rheintor, bei dem sie dem Feind empfindliche Verluste beibringen und viele Waffen und Schießpulver erbeuten
Die Burgunder versuchen die Außenbollwerke vor Rhein- und Obertor durch Gräben und Stollen zu zerstören
02.10.1474 Durch ständigen Brandpfeilbeschuß bricht in der Stadt Feuer aus
02.10.1474 Wahrscheinlich durch Funkenflug bricht im Lager der Feinde ebenfalls ein großes Feuer aus
14.10.1474 Die Neusser machen einen Ausfall gegen die Geldrer, bei dem sie zwar gute Beute machen, aber auch zwei Bürger und einen Kriegsknecht in den Händen der Burgunder lassen müssen
03.11.1474 300 Neusser machen einen Ausfall gegen die Genter, bei dem fünf Männer, ein "Fräulein" und Waffen erbeutet werden
09.11.1474 Die Neusser nehmen nach genauer Vorplanung den Kampf um die Gräben und Stollen am Obertor auf
Die Vorräte an Schießpulver und Pfeilen gehen zur Neige
10.11.1474 Neuss entsendet zwei Boten mit einem dringenden Hilfegesuch nach Köln
19.11.1474 Ungefähr 550 Kriegsknechte, die die Stadt Köln mit neuen Pulvervorräten schickt, kommen unbehelligt in die Stadt
Es werden ca. 30.000 neue Pfeile geschnitzt
24.11.1474 Die Neusser machen erneut Ausfälle aus dem Rhein- und aus dem Niedertor, bei dem sich erbitterte Kämpfe mit hohen Verlusten entwickeln
27.11.1474 Auch am Obertor entwickelt sich ein verbitterter Kampf
Es wird damit begonnen, Gebäude und Scheunen abzubrechen, um Material für Bollwerke und Brandlegungen zu erhalten
Vieh und Lebensmittel werden in der Stadt beschlagnahmt und diese Güter dann zugeteilt
Trotz der Entbehrungen lehnen die Neusser weiterhin Übergabeverhandlungen ab
Einer grossen Anzahl der burgundischen Gefangenen gelingt der Ausbruch und die Flucht aus der Stadt
06.01.1475 Ein Abschnitt der äußeren Stadtmauer am Rheintor stürzt in den Stadtgraben
20.01.1475 Hochwasser zwingt die Feinde, das Werd zu räumen
Die Lombarden errichten Bollwerke und zerstören die die Stadttore deckenden Bollwerke der Neusser
Die Lütticher, die sich in Neuss befinden, machen sich sehr nützlich, da sie den Feinden Stollen entgegentreiben und so deren Absicht vereiteln,die Stadtbefestigungen zu untergraben
07.02.1475 In Neuss werden trotz der prekären Situation Ritterspiele abgehalten
Die Versorgungssituation in Neuss ist bereits so katastrophal, daß in den Stadtgräben nach Kräutern und Muscheln gesucht wird; von Weihnachten bis Fastnacht wurde kein Fleisch mehr zugeteilt
14.02.1475 vierundzwanzig Kriegsknechten, die von einem Neusser angeführt werden, gelingt es am Zolltor in die Stadt zu gelangen; sie bringen die Nachricht des Kaisers, daß dieser beabsichtigt, für Entsatz der Stadt zu sorgen
18.02.1475 Kölner Truppen erscheinen zur Freude der Neusser auf der anderen Rheinseite und greifen sofort die Burgunder an
07.03.1475 Zwei Boten der Neusser, die eine Nachricht an die Kölner Truppen überbringen sollten, ertrinken im Rhein
16.03.1475 Die Lombarden treiben einen Stollen vor
19.03.1475 Diesmal gelingt es neun Neussern, in einem Boot die andere Rheinseite zu erreichen; sie schildern den Kölnern die Not der Neusser
21.03.1475 200 Neusser setzen mit Booten bei hohem Wasserstand auf die Neuss vorgelagerte Insel über und greifen die dort stationierten englischen Truppen an
24.03.1475 Die Lombarden greifen am Rheintor, das die Neusser nun Quirinstor nennen, an
Den Burgundern gelingt es (wahrscheinlich unter Zuhilfenahme der ortskenntnisse eines der geflohenen Gefangenen), in der Nähe des Obertors den äußeren Graben trockenzulegen
Die Burgunder füllen am Rheintor den Stadtgraben auf und errichten Angriffstürme, die sich in gleicher Höhe wie die Stadtbefestigung selbst befinden; gleichzeitig arbeiten sie an einem Stollen
In der Stadt entsteht große Uneinigkeit
Es wird beschlossen, den Stollen, den die Lombarden errichten, zu erstürmen
08.04.1475 Die Neusser nehmen den Lombardenstollen ohne eigene Verluste ein
09.04.1475 In Neuss erhebt sich Aufruhr und Streit
09.04.1475 Dem Landgrafen Hermann von Hessen gelingt es durch einen Trick, den Aufruhr zu zerstreuen
Neuss wird durch massive Angriffe weiter hart attakiert; es kommt zu erbitterten Kämpfen um Wälle und Bollwerke mit hohen Verlusten
21.04.1475 In ihrer großen Not halten die Neusser eine Prozession zum Obertor ab, geloben, in der dortigen Kapelle jeden Samstag eine Messe zu lesen und benennen das Obertor in "Unser Lieben Frau Tor" um
21.04.1475 Die Kölner schiessen von der anderen Rheinseite her Kanonenkugeln in die Stadt; diese Kugeln sind hohl und enthalten einen Brief
21.04.1475 Der in der Kanonenkugel befindliche Brief enthält die Nachricht, daß Neuss in Kürze befreit werden soll
27.04.1475 Die Feinde versuchen erneut am Obertor in die Stadt einzudringen
27.04.1475 Die Neusser versuchen vergeblich ebenfalls eine "Kanonenkugelpost" über den Rhein an die Kölner zu "senden"
02.05.1475 In Neuss schlägt mitten auf dem Markt eine weitere Kanonekugel mit Briefinhalt der Kölner ein
04.05.1475 Eine weitere Kugelpost schlägt auf dem Freithof ein
07.05.1475 Auch an diesem Tage erhalten die Neusser "Post" in Form einer Kanonenkugel von den Kölnern
08.05.1475 Den Neussern gelingt es, per Kanonenkugelpost eine Nachricht an die Kölner zu übermitteln
11.05.1475 Die Neusser erhalten weitere Kanonenkugelpost, in der sie davon unterrichtet werden, daß das kaiserliche Entsatzheer im Anmarsch ist
11.05.1475 Von Neuss aus ist das kaiserliche Heer, das bei Zons lagert, nun zu sehen
12.05.1475 Die Burgunder zerstören die Kirche in Grimlinghausen
15.05.1475 Die Burgunder stellen vorübergehend ihre Belagerungsarbeiten ein
20.05.1475 Die Neusser übermitteln eine weitere Kanonenkugelpost an die Kölner
21.05.1475 Auch die Kölner senden erneut Post per Kugel
22.05.1475 Wieder landet eine Kanonenkugel mit Briefinhalt in Neuss, die sofort beantwortet wird
23.05.1475 Das Heer des Kaisers rückt nahe an Neuss heran
Die Neusser wehren sich - sehr zum Unmut der Feinde - durch Übergiessen derselben mit heißer Fäkalienbrühe
Es kommt zu Kampfhandlungen zwischen dem burgundischen und dem kaiserlichen Heer
28.05.1475 Ein kaiserlicher Herold überbringt am Obertor den Neussern die Nachricht, daß ein zweitägiger Waffenstillstand vereinbart wurde
30.05.1475 Ein Legat des Papstes kommt in die Stadt um den zwischen Karl dem Kühnen und Kaiser Friedrich ausgehandelten Frieden bekanntzugeben
31.05.1475 Die Neusser öffnen die Stadt und lassen Freund und Feind in die Stadt herein
05.06.1475 Unter Anwesenheit des päpstlichen Legaten sowie Vertretern des Kaisers und der Burgunder unterstellen sich die Neusser dem Papst und dem Kaiser und geloben diesen Treue
10.06.1475 Karl der Kühne verlagert sein Heer an die Erft
11.06.1475 Die Neusser wollen burgundische Grafen, die sich in der Stadt aufhalten, gefangen nehmen, da es erneut zu ernsten Kampfhandlungen kommt
11.06.1475 Die Neusser bemächtigen sich burgundischer Schiffe, deren Ladung auf 100.000,- Gulden geschätzt wird
16.06.1475 Es kommt noch einmal zu heftigen Gefechten zwischen den beiden Heeren
26.06.1475 Karl der Kühne zieht ab
27.06.1475 Auch der Kaiser zieht sein Heer ab
02.09.1475 Der Kaiser kommt nach Neuss, schlägt 11 Männer zu Rittern und verleiht der Stadt Neuss besondere Rechte

Quelle - ausführliche Beschreibung (http://home.t-online.de/home/sticker/wierstraet/index.htm)

http://home.t-online.de/home/sticker/wierstraet/abb10.jpg

Der Zarewitsch
16.10.03, 12:51
Konstantinopel 1453

Konstantinopel war der Rest des einstmals mächtigen byzantinischen Reiches. Die Stadt war eine blühende Handelsmetropole in Mitten des Osmanischen Reiches. Die Handelsrepubliken Venedig und Genua besaßen hier Niederlassungen und die Stadtteile Pera und Galata.

Kaiser Konstantin XI Palaelogos mußte Sultan Mehmed II als Oberlehnsherren anerkennen. Die Bevölkerung der Stadt war durch häufige Pestepidemien stark dezimiert und darüber hinaus wurde das Staatsgefüge durch Aufstände erschüttert.

Durch das Schisma der Ost- und Weströmischen Kirche bedingt, konnte der byzantinische Kaiser keine Unterstützung im Falle eines osmanischen Angriffes erwarten. Die katholischen Kirchenfürsten des Westens deuteten die türkische Bedrohung als Strafe Gottes für jene, die das wahre Christentum ablehnten. Genua und Venedig waren nicht bereit, Hilfstruppen zur Unterstützung der Byzantiner zu entsenden, da sie mit den Osmanen gute Handels- beziehungen pflegten.

Sultan Mehmed II versicherte zwar bei seiner Machtübernahme im Jahre 1451 den Frieden mit Byzanz zu waren, doch insgeheim plante er schon seit langem die Eroberung der Stadt.

Innerhalb von 5 Monaten ließ der Sultan in der Nähe Konstantinopels die Festung Rumeli Hisar im Jahre 1452 auf der europäischen Seite des Bosporus erbauen. Mehmed II war fest davon überzeugt, daß man die Stadt nur mit Hilfe der ausgezeichneten osmanischen Artillerie einnehmen konnte. Ein ungarischer Kanonengießer namens Urban wollte zunächst in den Dienst des byzantinischen Kaisers treten, doch konnte ihn dieser nicht bezahlen. Also versuchte er sein Glück beim Sultan und baute ihm eine Musterkanone. Beim Probeschießen gelang ihm ein Volltreffer, der ein venezianischen Schiff versenkte. Davon begeistert ließ der Sultan weitere Kanonen gießen, die über 8 Meter lang waren und 600 kg schwere Kugeln abschießen konnten.

Die 26 km langen Stadtmauern Konstantinopels waren in einem ausgezeichneten Zustand und hielten dem tägliche Beschuß sechs Wochen lang stand. Der Genuese Goivanni Giustiniani Longo, der die Stadt verteidigte, ließ die Mauern sofort ausbessern und vernichtete die Stollen, die von den osmanischen Mineuren gegraben wurden. Den Byzantinern standen nur 7000 Mann zur see- und landseitigen Verteidigung der Stadt zur Verfügung. 26 Handelsschiffe wurden zu Kriegsschiffen umgerüstet und eine Kette versperrte die Zufahrt zum Goldenen Horn.

Zum Ärger des Sultans konnte die osmanische Flotte nicht in den Hafen von Byzanz eindringen. Er ließ eine Fahrrinne graben und auf eingefetteten Holzbolen wurden die 70 Schiffe mit Ochsengespannen über Land ins Goldene Horn gezogen. Trotz dieser List konnte kein Erfolg zur See erzielt werden.

Das 100.000 Mann starke Heer des Sultans setzte sich aus Vasallen- und Söldnertruppen sowie dem Janitscharenkorps und den türkischen Reitereien zusammen. Am Ostermontag des Jahres 1453 sichteten die Byzantiner das gewaltige Heer, das bald einen Belagerungsring um die Stadt geschlossen hatte. Am 29. Mai ließ der Sultan zum Angriff blasen. Zuerst stürmten die christlichen Söldner und anatolische Truppen vor. Die Byzantiner konnten sie abwehren. Auch den Janitscharen gelang es zunächst nicht in die Stadt einzudringen, bis sie die offene Kerkoporta entdeckten. Die Verteidiger hatten es verabsäumt dieses Ausfallstor zu verschließen. Nunmehr war das Schicksal der Stadt besiegelt. Die Byzantiner stellten sich den vorstürmenden Osmanen mit Todesmut entgegen. Der Genuese Giustiniani Longo und Kaiser Konstantin XI fielen im Kampf.

Drei Tage lang wurde in der Stadt geplündert, gemordet und vergewaltigt. Der Sultan verhinderte, daß die Hagia Sophia zerstört wurde und ließ sie zu einer Moschee umbauen. Nach der Einnahme Konstantinopels gab man Sultan Mehmed II den Beinamen Fatih (Der Eroberer).

Für das Christentum hatte der Verlust Byzanz tiefgreifende geistige und politische Veränderungen zur Folge. Die zerstrittene Staatenwelt Europas war nun gezwungen sich einem gemeinsamen Feind entgegenzustellen. Durch den Verlust des Landweges nach Indien mußten die Europäer nun einen Seeweg finden. Während dieser Suche wurde die "Neue Welt" im Jahre 1492 entdeckt. Viele byzantinische Gelehrte flohen nach Italien, wo sie in Kontakt mit der dortigen Kultur kamen. Eine Folge daraus war die Epoche des Humanismus und der Renaissance.

In der türkischen Geschichtsschreibung endet das Mittelalter im Jahre 1453 mit der Eroberung von Byzanz.

Quelle (http://www.unet.univie.ac.at/~a9801394/)

http://perso.wanadoo.fr/herodote/Images/Constantinopleconquete.jpg

http://www.space.noa.gr/hellinomnimon/constantinople.jpg

Faultierasai
14.01.05, 12:28
Der Krieg der Maulwürfe oder die Belagerung Candias
Venedigs Kampf um Kreta.
Während sich der Dreißigjährige Krieg im Reich sozusagen mit letzten Zuckungen ganz langsam seinem Ende näherte, entbrannte im Mittelmeerraum nach einer verhältnismäßig friedlichen Periode ein neuer Konflikt, als 1645 eine riesige türkische Flotte das venezianischen Kreta überfiel und kurz darauf ein Heer Dalmatien bedrohte. Der Krieg weitete sich schnell aus und Venedig benötigte viel mehr Söldner, als es im eigenen Hinterland und auf dem Balkan anwerben konnte. Es fand sie unter den Veteranen des Dreißigjährigen Krieges. Arbeitslose Obristen hielten den Rest ihrer alten Regimenter zusammen oder stellten neue auf. Landesfürsten und Reichsstädte sahen es nicht ungern, wenn das marodierende Gesindel in neuen Kriegen verschwand.

Die ersten deutschen Regimenter kamen schon in der Endphase des Dreißigjährigen Krieges unter den Obristen Colloredo, Gil de Hase, Sperreuther und Degenfeld. Der bekannteste unter ihnen war Christoph Martin von Degenfeld, der vorher schon Bayern, Spanien, Schweden und Frankreich gedient hatte. Degenfeld war bereits 1642 in den Dienst Venedigs getreten und wurde nach dem türkischen Angriff zum Gouverneur von Dalmatien und Albanien ernannt. Unter seinem Kommando kämpften zahlreiche Deutsche. Es gelang ihm die bosnische Stadt Sebrenico gegen eine erdrückende Übermacht zu halten und anschließend die Türken in einem verlustreichen Kleinkrieg aus Albanien zurückzudrängen. Obwohl man ihn in Venedig mit Auszeichnungen überhäufte, nahm er seinen Abschied und setzte sich in Deutschland zur Ruhe. Drei seiner Regimenter blieben allerdings bis 1698 im Sold Venedigs. Man weiß nicht wieviele tausend Mann allein der Unterhalt dieser drei Regimenter über ein halbes Jahrhundert verschlang. Mehrmals waren sie auf Kompaniestärke zusammengeschmolzen, wurden wieder aufgefüllt und erneut ins Feuer geworfen. Aber auch der Zoll, den die Kommandeure bezahlten, war außergewöhnlich. Von Degenfelds sechs Söhnen hatte der älteste bei den Kämpfen in Albanien beide Augen verloren; einer fiel auf Kreta; ein anderer erlag später seinen Wunden, der vierte starb am Fieber; der fünfte, der ausnahmsweise in schwedische Dienste getreten war, fiel vor Kopenhagen; lediglich einer, der sich mehr der Diplomatie widmete, setzte die Familie fort.

Zum großen Söldnerfresser wurde Kreta. Da sich die Venezianer über Jahrhunderte durch Willkür und Unterdrückung mehr als unbeliebt gemacht hatten, setzte die Bevölkerung den Türken nur wenig Widerstand entgegen, und Venedig hielt bald nur noch die schwer befestigte Hauptstadt Candia. Zur ersten großen Belagerung kam es bereits 1648. Aber Venedig hatte die überlegene Flotte und konnte damit den türkischen Nachschub behindern und eigene Verstärkungen nach Candia bringen. Und so zog sich der Krieg über 24 Jahre in die Länge. Gelang es der venezianischen Flotte in einem Jahr die Dardanellen zu blockieren und ausreichend Truppen auf Kreta zu landen, wurden die Türken zurückgedrängt. Kamen die türkischen Schiffe aber nach Kreta durch, und waren Geld und Söldner in Venedig wieder einmal knapp, wurde dagegen Candia belagert. Im Winter ruhte der Kampf, die Galeeren blieben in den Häfen und die Garnisonen mußten zusehen, wie sie mit ihren mageren Vorräten zurecht kamen. Alle paar Jahre wütete die Pest auf der verwüsteten und ausgebrannten Insel. Beide Seiten hatten schwere Verluste und mußten ständig für Nachschub an Menschen und Material sorgen. Frankreich, Malta, der Papst, der Kaiser, deutsche und italienische Fürstentümer schickten Freiwillige und Söldner; ein wenig Land wurde erobert und wieder verloren, und nach einigen Monaten oder Jahren beschäftigte sich jeder wieder mit seinen eigenen Problemen. Nur auf Kreta ging der Krieg erbarmungslos weiter.

Da begannen die Türken 1666 mit dem Großangriff auf Candia. Candia war eine eindrucksvolle Festung und wurde von sieben Hauptforts, einem Labyrinth an gedeckten Gängen, unterirdischen Galerien, Kasematten, Gräben, Kontereskarpen und zahllosen Schanzen, Wällen, Hornwerken, Bastionen und Ravelins geschützt. Bei vergeblichen Sturmangriffen verloren die Türken allein bis zum Herbst an die 20.000 Mann. Doch nach und nach machte sich der Einsatz des Riesenheeres von Sklaven und Schanzarbeitern bemerkbar. Hinter aufgeworfenen Hügeln wälzten sich Batterien auf die Wälle zu, Sappen wurden vorgetrieben und Minenstollen gegraben. Angesichts der gewaltigen Befestigungsanlagen verlagerte sich der Kampf immer mehr unter die Erde.



Der Minenkrieg erreichte bis dahin unbekannte Dimensionen. Die Belagerten gruben Stollen als Horchposten, Gegenminen und Gänge zu abgeschnittenen Vorposten. Ständig wühlten sich tausende von Arbeitern und Sklaven immer tiefer in die Erde. Eindringendes Grundwasser mußte abgepumpt werden und riesige Blasebälge dienten zu Belüftung der tiefen Schächte. In den Labyrinth fanden sich die Ingenieure nur noch mit dem Kompaß zurecht. Die Minenarbeiter starben wie die Fliegen. Bei den Verteidigern trieb man die Einwohner Candias in die Stollen und schließlich Galeerensklaven. Minensprengungen mit 50-170 Tonnen Pulver brachten ganze Mauerabschnitte und Bastionen zum Einsturz. Als Gegenmaßnahme versuchte man die Minen anzugraben und das Pulver auszuräumen, die feindlichen Stollen zu sprengen oder unter Wasser zu setzen. Die meisten Forts waren unterirdisch verbunden. In den bedrohten Abschnitten war das System der Gänge, Galerien und Kasematten mehrstöckig. Immer wieder kam es in der Tiefe zu Gefechten und viele fanden einen grauenhaften Tod, erstickten in abgeschnittenen Stollen, wurden verschüttet, zerquetscht, verbrannten oder ertranken. Immer neue Angriffsmethoden und Gegenmittel wurden ersonnen und machten diesen Krieg der Maulwürfe zu einem Höhepunkt der abendländischen Militäringenieurskunst. Unter der Führung des Hugenotten St. André lernten Abenteurer aus vielen Ländern ihr Handwerk. Die deutschen Ingenieure Georg Rimpler und Johann Bernhard Scheither verarbeiteten später ihre Erfahrungen zu viel beachteten Büchern über die Belagerungskunst.

Aber auch an der Oberfläche erreichten die Kämpfe neue Ausmaße. Zahlreiche verschiedene Geländeminen, Sprengkästen, Wurfbomben, Handgranaten, Brand- und Sprengfässer wurden entwickelt oder verbessert. Oft waren die türkischen Sappen bis auf Pistolenschußweite an die zerschossenen und gesprengten Wälle herangerückt. Die zerwühlte Trümmerlandschaft war von schwefeldampfenden Kratern zerrissen. Der deutsche Oberst von Bürhen schreibt: "die Festung ist wie die Destruktion von Jerusalem so von Minen, Bomben und Steinkugeln zugerichtet, daß sie wie ein Maulwurfshaufen aussieht." In das pausenlose Dröhnen der Geschütze mischte sich mit dem Lärm der Flatterminen, Mörser- und Handgranaten, ab und zu unterbrochen von den gewaltigen Detonationen einer Mine. Scharfschützen lauerten auf Ziele und überraschende Sturmangriffe wechselten sich ab mit Ausfällen, mit denen die Belagerten versuchten einzelne Batterien und Stolleneingänge zu zerstören. Sandsäcke waren so begehrt, daß ein halber Taler für sie bezahlt wurde. In den Breschen versuchten sich die Kämpfenden mit Hellebarden die erbeuteten Sandsäcke wieder zu entreißen. Fanatische Derwische stürmten bis die Kartätschengeschütze vor Überhitzung zersprangen.

Die Söldner vegetierten in Erdlöchern und zerschossenen Ruinen. Wie auf den Schiffen der VOC war in der eingeschlossenen Garnison Homosexualität anscheinend recht verbreitet. Zumindest in einigen Quellen wird erwähnt, daß die Söldner in Candia "erschröcklich der Sodomiterey ergeben seien." Doch die erzwungene Frauenlosigkeit war eines ihrer geringeren Probleme. Viel schlimmer war der Hunger. Mit ihrem Sold, den die Venezianer durch Rechentricks auf einen Bruchteil minderten, konnten sie sich kaum die überteuerten Nahrungsmittel leisten. Sie hungerten, litten an Skorbut und oft war sogar das Trinkwasser knapp. Mangelkrankheiten, die Pest und andere Seuchen grassierten. Wer im Lazarett landete, dessen Überlebenschancen waren gering. Hitze, Kälte, Dreck und Wundstarrkrampf führten fast sicher zum Tod. "Die Luft war so hitzig und stark, daß welcher nur ein wenig an seinem Leib oder Finger beschädigt worden, er an solcher liederlicher Wunden sein Leben verlieren und aufgeben müssen und die wenigsten es überwunden haben," schreibt Scheither. Einige Verzweifelte iefen zu den Türken über und sicher wären die meisten gefolgt, wenn dort die Not und die Verluste nicht noch erschreckender gewesen wären. Sogar Brennholz war unerschwinglich, da es zum Abstützen der Stollen gebraucht wurde. Ein deutscher Söldner wurde wegen Diebstahl eines Brettes zum Tod verurteilt und nur zur Galeere begnadigt, da er nach Aussage seiner Offiziere ein tapferer Kerl war. Ratten und Mäuse waren Leckerbissen. Aber damit nicht genug. Mehrmals mußte der Verzehr von Menschenfleisch bei Todesstrafe verboten werden. Aber solche Befehle waren reine Kosmetik, die an der grauenhaften Realität völlig vorbei gingen. In den Unterständen und Gräben lagen Tote und Leichenteile; und der Geruch nach Verwesung war allgegenwärtig.

Vom Elend der einfachen Söldner und der damit untrennbar verknüpften Verrohung berichtet der Lindauer Bürgersohn Michael Cramer. Wie viele geriet er als Einzelner in die Mühlen der großen Politik. Auf Arbeitsuche war er mit 17 Jahren nach Italien aufgebrochen, aber bereits in der Schweiz Werbern in die Hände gefallen, die ihn gegen seinen Willen in ein an den Herzog von Modena vermietetes Regiment steckten. Er diente in dem wechsel*vollen Krieg gegen das spanische Mailand, kam in Gefangenschaft und wurde mit einigen Leidensgenossen an Venedig verkauft. "Wie die Bestien in vergitterten Käfigen" wurden die aus allen Ländern gekauften, gepreßten und geworbenen Söldner auf dem Lido in Venedig zusammengepfercht, bis ein neuer Transport nach Candia zusammengestellt war. Dort erlebte Cramer zwar nur die Phase der ersten Belagerungen, aber selbst das war mehr als genug. Es war für ihn so alltäglich, Ratten und Mäuse zu verzehren, daß er einen Fähnrich lobte, der diese so trefflich zubereiten konnte, daß sie wie die leckersten Vögel schmeckten. Er hatte auch keine Schwierigkeiten, das Fett toter Türken auszulassen, um sich damit seine schmerzenden Füße einzureiben. Der schon von den Landsknechten geschätzte Schmeer galt immer noch als Allheilmittel. Viele Söldner machten sich Schnüre aus Türkenhaut, und Cramer selbst nahm ein großes Stück als Andenken mit nach Hause. Ein Constabel schnitt zwei Türken die Herzen heraus, briet und aß sie. Cramer fand dies weniger verwerflich als die angeblich nur unter den Griechen verbreitete "Sodomiterey". Diese perversen Exzesse hatten sicher zum Teil den Rang von Mutproben und Ritualen mit denen die Söldner auf das alltägliche Grauen reagierten. Cramer entkam dieser Hölle nur, weil ihn ein Offizier als persönlichen Diener wieder mit nach Venedig nahm.

Während die Gemeinen verroht, hungrig und krank in Löchern aushielten, feierten die hohen Offiziere in der Stadt bei jeder Gelegenheit große Gelage. Die Regimentsmusiker spielten zu Wein und Braten auf, und die Generäle und Admirale waren mit ihren verletzten Eitelkeiten und Intrigen beschäftigt. Es fehlte an nichts. Die Galeeren brachten die erlesensten Weine und Speisen aus Venedig, und die hungernden Bürger der Stadt waren froh, wenn sie ihre Frauen und Töchter an einen Offizier verkuppeln konnten. Kein Krieg im Barock war ohne diesen Prunk möglich, und Venedig förderte ihn, da immer wieder Adlige auf ihren Cavalierstouren in Candia Lorbeeren ernten wollten. Die ausdauernde Verteidigung Candias führte in adligen Kreisen zu einer regelrechten Kreuzfahrerstimmung. Doch diese fahrenden Ritter kamen um einige hundert Jahre zu spät. Der Grabenkrieg ließ keinen Platz für individuelles Heldentum.

Aus Frankreich kam unter der Führung eines Herzogs sogar ein ganzes Hilfskorps von 600 kreuzzugsbegeisterten Adligen, jeder mit mehreren Dienern und Pagen. Sie waren in Candia genauso fehl am Platz wie Kavallerie 1916 in der Kraterlandschaft der Westfront. Ein alter Offizier nannte sie die "sechshundert Narren". Aber die jungen Abenteurer wollten die Türken in einem kühnem Ausfall schlagen. Er wurde zu einem Desaster im Labyrinth der türkischen Gräben und Palisaden. Nur die Hälfte kam zum Teil schwer verwundet in die Festung zurück; die Begleittruppen wurden völlig aufgerieben. Als der türkische Kommandeur um den Leichnam des gefallenen Herzogs gebeten wurde, schickte er zum Hohn fünf Säcke mit Köpfen, die bereits zum Transport nach Konstantinopel eingesalzen worden waren, und empfahl den des Herzogs herauszusuchen - man fand ihn nicht. Die Kreuzfahrer schifften sich kurz darauf völlig desillusioniert wieder ein.

In Candia brauchte man abgehärtete Festungstruppen, die sich trotz Hunger und Durst zäh an jedes Stück Mauer klammerten. Venedig leerte seine Schatzkammern und kaufte Menschen, wo es sie bekommen konnte. Spielhöllen und Freudenhäuser wurden zur Aufbesserung der Kriegskasse eröffnet; Adlige, die Venedig besuchten, zahlten gigantische Summen um ins goldene Buch aufgenommen zu werden. Dank des Nachschubs zur See ging der Kampf um den qualmenden Trümmerhaufen weiter. Savoyarden, Franzosen, Italiener, Schweizer und Deutsche wurden in die Festung gebracht und verschwanden in ihren Ruinen. Vor allem deutsche Fürsten waren anfangs dankbar, ihre überschüssigen Truppen gegen gute Bezahlung abzutreten. Drei Regimenter aus Lüneburg-Celle waren nach wenigen Monaten auf ein Viertel zusammengeschmolzen; ihr Kommandeur Josias von Waldeck bei einem Ausfall gefallen. Von dem kaiserlichen Regiment von Kielmannsegg blieben zwei Kompanien; von einem Bataillon Hannoveraner überlebten von 375 Mann ganze 87. Wenn ein Oberst begraben wurde, marschierten hinter den zehn Kompaniefahnen oft nur noch ein Dutzend Söldner; es kam sogar vor, daß ein einzelner mehrere Fahnen tragen mußte. So lange Geld vorhanden war, schienen Verluste keine Rolle zu spielen. Der Ingenieur Rimpler klagte später in seinem Buch: "wie schwer es doch die Generalität lerne, mit ihrem kostbarsten Material, nämlich dem Soldatenblut umzugehen. Es ist unverantwortlich, daß man das unschuldige und redliche Volk so auf die Schlachtbank führt. Die Infanterie als die Seele und das Leben der Festung so vorsetzlich in den Tod zu schicken, ist ein großes Versehen."

Im August nahte das Ende. Zuerst rückten die Franzosen ab, dann die Malteser. Die Minengräber meuterten, und die Söldner auf den Schanzen drohten ihre Offiziere zu erschlagen, wenn nicht kapituliert würde. Die erschöpften Verteidiger erhielten freien Abzug. Als letzter verließ Christoph von Degenfeld die Festung. In den drei Jahren der Belagerung waren über 60 Sturmangriffe, 90 Ausfälle, 5000 Minensprengungen und 45 größere unterirdische Gefechte gemacht worden; 30.000 Christen und 120.000 Türken waren gefallen. Auf dem Rücktransport forderten dann Pest, Schiffbruch und Korsaren noch einmal zahlreiche Opfer. Die letzen Bayern ertranken fast alle. Nur vier Offiziere kamen wieder nach München.

Falke
14.01.05, 13:24
ich hätte da noch was,
leider nur Bruchstückhaft:

Die Römer belagerten doch mal einer Bergfestung in Palestina.
War irgendwas mit M. Als die Niederlage absehbar war, brachten sich die Verteidiger um.
Aber ich komm nicht mehr auf den Namen

Preussenhusar
14.01.05, 13:40
Massada

Massada
= Bergfestung im Osten der Wüste von Judäa, in der Nähe des Toten Meeres

Die geschichtlichen Hintergründe:

Die Felsenfestung erlangte Berühmtheit, als die Römer 73 n.Chr. nach siebenjährigem Unterwerfungsfeldzug hier auf den letzten jüdischen Widerstand trafen.
Nach dem Fall Jerusalems, der Heiligen Stadt, zogen sich jüdische Patrioten in die geographisch sehr gut gelegene Festung Massada zurück. Sie lag auf einem riesigen Felsen in einem verlassenen Ort in der Wüste. Für Durchziehende lag dort eine große Herausforderung, da sie in ihrer Größe und Ausmaß nicht einzusehen war. Durch die überragende, technische Begabung der Römer gelang es ihnen, eine Strategie zu entwerfen, welche das umliegende Gebirge mit einschloss. Nach langen Vorbereitungen kam es zum 16-tägigen Angriff, welcher den Höhepunkt am 15. Tag erreicht hatte.
Am frühen Morgen trafen die Römer auf übermüdete und verzweifelte Zeloten. Der zehnfach überlegene Feind schleuderte zuerst mit Steine und rammte später die Schutzmauer. Zehn hoffnungslose und mutige Männer stiegen auf den Mauerrand um mit brennenden Pfeilen auf die übermächtigen Gegner zu schießen. Alle jungen Männer, die diesen Opfermut zeigten, mussten mit dem Tod bezahlen. Auf den Ausruf eines Einzelnen, die Juden wollen die römische Herrschaft akzeptieren, reagierten die eigenen Landsleute sehr empört und töteten ihn.
Die zweite Befestigungsanlage, die von den Zeloten errichtet wurde, legten die Römer in Brand. Der letzte Hoffnungsschimmer war der Nordwind. Dieser drückte nämlich die Flammen nach unten in der Richtung der Römer. Die Freude dauerte nicht lange an, denn als der Wind drehte, wurden die Flammen gen Massada gedrückt. Die Juden waren sich bewusst, dass die Schlacht verloren war. Am letzten Tag kehrten die Römer mit Sturmleitern und anfeuerndem Geschrei zurück. Sie trafen jedoch nicht auf Gegner, sondern nur auf Trümmer und Leichen. Der Grund dafür lag im Massenselbstmord der Juden. Sie waren sich alle einig, dass sich niemand der römischen Herrschaft unterwerfen wollte. Nachdem der "Auserwählte" alle anwesenden Juden umgebracht und sich davon überzeugt hatte, dass niemand mehr am Leben war, tötete er sich selbst.


http://schule.judentum.de/projekt/massada1.JPG

http://schule.judentum.de/projekt/massada3.GIF



PH

Preussenhusar
14.01.05, 13:44
Belagerung von Leningrad (September 1941 bis Januar 1944)

Mit der Einnahme von Schlüsselburg (heute: Petrokrepost/Rußland) am Ladoga-See durch die Wehrmacht war Leningrad (heute: St. Petersburg/Rußland) Anfang September 1941 von sämtlichen Landverbindungen abgeschnitten. Während 42 deutsche Divisionen von Süden und Osten vorrückten, stießen verbündete finnische Truppen von Norden vor. Die Erstürmung Leningrads - das ausgegebene strategische Ziel für die Heeresgruppe Nord unter Wilhelm Ritter von Leeb zu Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion - wurde jedoch von Adolf Hitler abgebrochen. Statt zäher und verlustreicher Straßenkämpfe befahl er die Belagerung der zweitgrößten sowjetischen Stadt, um die Bevölkerung auszuhungern.
Nahezu ununterbrochen war Leningrad in den folgenden Wochen dem Beschuß deutscher Artillerie und der Bombardierung der Luftwaffe ausgesetzt. Verteidigt wurde die Stadt von 30 Divisionen der Roten Armee, die unter Beteiligung von nahezu einer halben Million Einwohner stark befestigte Stellungen, Barrikaden und Panzersperren errichtet hatten. Bei der Verteidigung Leningrads setzte die Rote Armee erstmals im Zweiten Weltkrieg den gefürchteten Geschoßwerfer "Stalinorgel" ein. Die 900 Tage anhaltende Belagerung wurde für die Sowjets zum Symbol ihres verbissenen Widerstandswillens.

Mangelerscheinungen, Seuchen und Krankheiten bestimmten den Alltag der eingeschlossenen Leningrader. 450 Gramm Brot täglich erhielt ein Arbeiter zu Beginn der Blockade für seine Lebensmittelkarte, zwei Monate später nur noch die Hälfte. Katzen, Hunde und Ratten dienten ebenso als Nahrung wie Rinden oder eßbares Sägemehl. Viele versuchten durch Überfälle und Raub von Lebensmitteln oder Kannibalismus dem qualvollen Hungertod zu entgehen, den Zehntausende monatlich starben. Zu den Entbehrungen gesellten sich in den Wintermonaten eisige Temperaturen von minus 40 Grad. Die Leichen der Erfrorenen, an Hunger und Erschöpfung Gestorbenen oder an der Front Gefallenen türmten sich an den Stadträndern. Erst mit Beginn des Tauwetters erlaubte der gefrorene Boden die Bestattung in Massengräbern. Der Frost ermöglichte im Winter aber auch die notdürftige Versorgung der Stadt von Lednewo über die Eisflächen des zugefrorenen Ladoga-Sees. Gleichzeitig konnten auf diesem Weg Hunderttausende Menschen aus der Stadt evakuiert werden.

Dem täglichen Überlebenskampf fielen bis Ende Januar 1944 zwischen 800.000 und eine Million Einwohner zum Opfer. Erst mit der Winteroffensive von 1943/44 gelang es der Roten Armee, die Belagerung des zur "Heldenstadt" erklärten Leningrad zu beenden.

PH

Joseph I
22.01.05, 18:39
Hintergrund

Seit die turkstämmigen Osmanen 1354 mit Gallipoli ihren ersten Stützpunkt auf europäischen Boden besetzt hatten, dehnten sie bis zum Ende des 15. Jahrhunderts das Osmanische Reich auf große Teile von Südosteuropa aus. Dabei vernichteten die Osmanen das Byzantinische Reich und unterwarfen einen Großteil von Griechenland, darüber hinaus Makedonien, Albanien, Bulgarien, Serbien und die Herzegowina. Zugleich wurden große Teile Kleinasiens dem Osmanischen Reich angegliedert. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts folgte eine weitere, massive Ausdehnung durch die Eroberung von Kurdistan, Syrien und Ägypten.

Unter dem seit 1520 herrschenden Sultan Süleyman I.("der Prächtige") wurde das Königreich Ungarn zum Ziel der osmanischen Expansionspolitik. 1521 gelang ihm die Eroberung der damals zu Ungarn gehörenden Stadt Belgrad, auf welche 1526 die entscheidende Schlacht von Mohács folgte. Der ungarische König Ludwig II. fiel in der Schlacht, so dass aufgrund eines 1515 mit den Habsburgern geschlossenen Erbvertrages Erzherzog Ferdinand von Österreich zum neuen Regenten von Böhmen und Ungarn gewählt wurde. Ein Teil des ungarischen Adels opponierte gegen diese Entscheidung und erhob den Fürsten von Siebenbürgen, Johann Zápolya, zum Gegenkönig. Zápolya stellte sich unter den Schutz des ihm wohlgesonnenen Osmanischen Reiches. Es kam zum Konflikt zwischen Ferdinand I. und seinem Gegenspieler Zápolya, was von Süleyman I. zu einem Feldzug gegen die österreichischen Erblande der Habsburger genutzt wurde. Die militärischen Kräfte der Habsburger waren zu dieser Zeit zu einem erheblichen Teil in Italien gebunden, wo sie gegen die Franzosen kämpften. Diese Situation stellte nach Süleymans Auffassung eine geeignete Gelegenheit dar, um Mitteleuropa zu erobern.

Verlauf

Beginn der Belagerung
Süleyman I. mobilisierte eine große Streitmacht, die am 10. April 1529 von Konstantinopel aus in Richtung Wien aufbrach. Auf dem Weg durch Südosteuropa wuchs das osmanische Heer durch den Anschluss zahlreicher Garnisonen immer stärker an. Nicht nur osmanische, sondern auch ungarische Kämpfer schlossen sich ihm an. Der osmanische Vormarsch durch Ungarn wurde stark verlangsamt, da ein ungarisches Straßennetz praktisch nicht existent war und schwere Regenfälle den Boden aufgeweicht hatten. Deshalb trafen erst fünf Monate nach dem Aufbruch in Konstantinopel die ersten osmanischen Einheiten in der Umgebung Wiens ein. Eine Truppe von etwa 20.000 Akinçi ("Plünderer") verheerte das Umland der Stadt, wobei die dortige Bevölkerung getötet oder versklavt wurde. Solche Truppen gingen üblicherweise der regulären osmanischen Armee voraus und hatten in der osmanischen Militärstrategie die Funktion, durch ihren Terror den Widerstandswillen der Bevölkerung zu lähmen.

Am 23. September kamen die Osmanen in die Sichtweite der Stadt, die bis zum 27. September komplett eingeschlossen wurde. Die osmanische Streitmacht umfasste möglicherweise über eine Viertel Millionen Menschen, die jedoch mehrheitlich dem Tross angehörten. Der wehrhafte Teil des Heeres umfasste etwa 80.000 osmanische und 6.000 ungarische Kämpfer. Neben zahlreichen anatolischen Reitern ("Sipahis") umfasste das Heer fast 20.000 Janitscharen. Der katastrophale Zustand der ungarischen Straßen hatte verhindert, dass das osmanische Heer seine schwersten Geschütze nach Wien transportieren konnten, so dass es nur 300 leichte Kanonen aufbieten konnte. Auf dem Weg nach Wien setzten die Osmanen etwa 22.000 Kamele als Lasttiere ein.

Wien wurde von der Stadtgarnison, einer städtischen Miliz und mehreren Hundert deutschen und spanischen Söldnern verteidigt. Insgesamt konnten die Verteidiger der Stadt etwa 22.000 Fußsoldaten und 2000 Reiter aufbieten. Insbesondere die Söldnertruppen waren mit Piken und Arkebusen bestens bewaffnet und hatten sich während der Italienkriege mit fortschrittlichen Taktiken vertraut machen können. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Belagerer war jedoch erheblich, zudem war der Schutzwert der im 13. Jahrhundert erbauten Stadtmauer Wiens mangelhaft. Erzherzog Ferdinand hatte das innerlich zerstrittene Heilige Römische Reich um personelle Unterstützung gebeten, die aber größtenteils ausblieb. Auch ein Hilfegesuch an seinen Bruder Karl V. war vergeblich, da Karl mit seinem Heer in Italien gegen französische Streitkräfte operierte.

Die Verteidigung Wiens wurde von Graf Nikolaus zu Salm-Reifferscheidt und Wilhelm von Roggendorff organisiert. Graf zu Salm ließ die Stadtmauern mit Erdbefestigungen verstärken und überwachte die Positionierung der 72 Kanonen, die den Verteidigern der Stadt zur Verfügung standen. Sämtliche Gebäude außerhalb der Stadtmauer wurden auf Befehl des Grafen abgerissen, um ein freies Schussfeld zu ermöglichen und um den Angreifern Möglichkeiten zur Deckung zu nehmen. Außerdem ordnete er die Evakuierung mehrerer Tausend Frauen und Kinder an, die aber auf ihrem Weg in sicheres Territorium osmanischen Truppen zum Opfer fielen und versklavt oder zu Tode gefoltert wurden. Noch am 27. September schickte Süleyman I. eine Delegation in die Stadt, welche den Wienern die Kapitulation nahelegte und ihnen für diesen Fall die Verschonung von Garnison und Bevölkerung garantierte. Bei einer Weigerung, zu kapitulieren, würde das osmanische Heer die Stadt vernichten. Graf zu Salm schickte die Delegation in das türkische Feldlager zurück, ohne auf ihre Forderung einzugehen. Der Kampf um Wien begann.

Unterirdische Gefechte
Die osmanische Artillerie eröffnete ein schweres Feuer, das nahezu ohne Wirkung blieb, da es ihr an schweren Kanonen fehlte. Deshalb ging man auf osmanischer Seite dazu über, die Stadtmauern von Wien zu unterminieren, während die Kanonen zur Ablenkung permanent weiterfeuerten. Die osmanischen Unterminierungsversuche konzentrierten sich auf das so genannte Kärtnertor im Süden der Stadt, welches am stärksten geschützt war. Vereitelt wurde dieses Vorhaben durch einen Überläufer christlichen Glaubens, der die Verteidiger Wiens über die Pläne der Belagerer in Kenntnis setzte. Daraufhin ordnete Graf zu Salm das Ausheben von Gegenminen an, wobei man nach einiger Zeit auf die osmanischen Mineure stieß. Es entbrannten brutale unterirdische Kämpfe, bei denen keine Feuerwaffen eingesetzt werden konnten, da die Mineure zur Durchführung ihres Auftrags Schießpulverfässer mit sich führten. Bei diesen Auseinandersetzungen gewannen die besser gepanzerten Verteidiger nach einiger Zeit die Oberhand, doch konnten nicht alle osmanischen Minen entdeckt werden. Deshalb gelang es den Mineuren, mehrere Breschen in die Wiener Stadtmauer zu sprengen, in denen es zu heftigen Kämpfen kam. Die Verteidiger errichteten Palisaden hinter den Breschen, hoben Gräben aus und bildeten dichte Formationen aus Pikenieren und Arkebusieren, gegen die die türkischen Janitscharen wenig auszurichten vermochten.

Osmanische Sturmangriffe
Am 12. Oktober sprengten die Osmanen eine besonders große Bresche in die Wiener Stadtmauer, worauf der bis dahin größte osmanische Angriff folgte. Auch bei diesen Gefechten konnten sich die osmanischen Truppen nicht durchsetzen und verloren allein 1200 Janitscharen. Am späten Abend des selben Tages berief Süleyman I. einen Kriegsrat in seinem Lager ein. Die Versorgungslage des osmanischen Heeres war zu diesem Zeitpunkt äußerst schlecht, da man das Umland von Wien bereits vollständig geplündert hatte und der Nachschub durch die völlig aufgeweichten Straßen aufgehalten wurde. Zudem stand der Wintereinbruch bevor, so dass eine längere Belagerung ausgeschlossen war. Erstmalig in der Geschichte des Osmanischen Reiches äußerten die Janitscharen dem Sultan gegenüber ihren Unmut, woraufhin sie von Süleyman durch die Zusicherung einer großen Belohnung zu einem letzten Sturmangriff überredet werden konnten, bevor man die Belagerung aufgrund der Wetterverhältnisse abbrechen würde. Am 14. Oktober sprengten die Osmanen eine Bresche in das Kärtnertor, doch fiel der Schutt nach außen, so dass die Erstürmung äußerst gefährlich war. Wieder bildeten die Verteidiger einen dichten Wall aus Piken, gegen den die Janitscharen machtlos waren und sich unter schweren Verlusten zurückziehen mussten
Das Ende der Belagerung
Entgegen der Befehle ihrer Vorgesetzten beendeten die Janitscharen den Sturmangriff auf Wien und kehrten in das osmanische Feldlager zurück. In der Nacht auf den 15. Oktober begann der Abzug des osmanischen Heeres. Die osmanischen Truppen ließen alles zurück, was sie nicht tragen konnten und verbrannten ihre Gefangenen bei lebendigem Leibe. Aufgrund der allgemeinen Unordnung gelang es aber vielen, hinter die sicheren Mauern von Wien zu fliehen. Als die Osmanen ihr Zeltlager abgebaut hatten und am Morgen des 15. Oktober abzogen, begann es zu schneien. Auf dem Rückweg verhungerten Tausende, zudem überließen die Osmanen zahlreiche Verwundete ihrem Schicksal. Hinzu kamen ständige Angriffe von österreichischen Reitern.

Resultat
Das osmanische Heer hatte fast 20.000 Todesopfer hinnehmen müssen, unter denen sich zahlreiche Janitscharen und Sipahis befanden. Die Verluste der Belagerten waren deutlich geringer, doch aufgrund der hohen Anzahl an Verletzten und Kranken waren die Mauern Wiens zuletzt nur noch von wenigen Tausend Soldaten bemannt worden. Erheblicher waren die Verluste im Umland von Wien, das die Osmanen gewaltsam entvölkert hatten.
Das Osmanische Reich erreichte unter Süleyman I. seinen Zenit. Süleyman wagte nach der gescheiterten Belagerung keinen weiteren Angriff auf die Hauptstadt der österreichischen Erblande mehr. Die erste Belagerung von Wien durch die Türken leitete zudem den militärischen Niedergang der Janitscharen ein, die verlustreiche Kämpfe eigenmächtig abbrachen und dem Sultan Bedingungen diktierten. In der Folgezeit weiteten die Janitscharen ihren Einfluss auf die Sultane stark aus, während ihr Ruf als militärische Elite-Einheit verkam. Die zweite Belagerung Wiens im Jahre 1683 war ein letzter großer Kraftakt der Osmanen, der ebenfalls scheiterte. Die Habsburger hatten Wien nach der ersten Belagerung zu einer zeitgemäßen Artilleriefestung ausgebaut, so dass die Wiener 1683 lange genug standhalten konnten, bis ein Entsatzheer eintraf und das osmanische Heer vertrieb.

Joseph I
22.01.05, 18:41
Die Zweite Türkenbelagerung Wiens fand von Juli bis September 1683 statt.

Schon 1529 im ersten österreichischen Türkenkrieg war es zu einer ähnlichen Situation gekommen, doch hatten sich die Österreicher gegen die knapp 100.000 Mann starke Heeresmacht mit etwas Glück selbst behaupten können. Diesmal jedoch war das Osmanische Reich mit über 300.000 Mann angerückt – so viele Soldaten gab es im gesamten Europa nicht, ganz abgesehen von seiner Uneinigkeit.

Die Reichs- und Residenzstadt Wien galt den Türken in mehrfacher Hinsicht als ideales Ziel des Heereszugs, der 1682 von Edirne nahe der heutigen Grenze Bulgariens begonnen hatte:

Am Schnittpunkt zweier wichtiger Handelswege – Donau und Bernsteinstraße
Vom flachen Ungarn her nur schwer zu verteidigen
Vom Norden – und damit wichtigen Teilen des Reichs – durch die breite Donau militärisch schwierig zu unterstützen; gleichzeitig aber
durch die eigene große Donauflotte günstig für den eigenen Nachschub und den Transport der schweren Artillerie
Als Symbol der Christenheit und Vorposten Richtung Passau und Salzburg von großer Bedeutung –
Insgesamt also Wien als Tor nach Westeuropa

Der militärische Ablauf in Kürze
3. Mai - Die türkische Armee erreicht Belgrad (200.000 Mann, 300 Geschütze) nach Überwinterung in Edirne. Sultan Mehmed IV. überträgt den Oberbefehl seinem Großwesir Kara Mustafa Paşa. Später wird in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár, Ungarn) als Ziel des Feldzuges Wien bekanntgegeben.
7. Juli - Von der Raab aus gelangt die tatarische "Vorhut" nach Petronell, 40 km östlich Wiens. Dieser Truppenteil ist mit 40.000 Mann 2x stärker als sämtliche Verteidiger im Land um Wien. Nach diesen Gefechten verlässt Kaiser Leopold I. mit seiner Familie Wien und flüchtet nach Linz. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg übernimmt die militärische Führung in der Hauptstadt.
15. Juli - Einen Tag nach Eintreffen der Hauptarmee (300.000 Mann) vor Wien lehnt Graf Starhemberg die Kapitulation ab. Er hofft mit 10.000 Verteidigern bis zum Entsatz durchzuhalten. Die Zweite Türkenbelagerung beginnt. Erst spät kommt eine Allianz des Kaisers mit Polen, Bayern und Sachsen zustande.
15. August - Polens König Jan III Sobieski startet mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien.
August - Karl von Lothringen schlägt Thökölys Truppen und ein türkisches Hilfskorps am Bisamberg nördlich Wiens. So kann die Donau vom Entsatzheer überquert werden; die Polen vereinen sich mit den Truppen Sachsens, den Kaiserlichen, den Bayern und den fränkisch-schwäbischen Reichstruppen bei Tulln, 30 km stromaufwärts von Wien.
13. September - das Entsatzheer (70.000 Mann unter Jan III Sobieski) schlägt die Türken durch eine militärische Neuheit: einen Angriff (der Husaren) von den Höhen des Wienerwaldes her (Schlacht am Kahlenberg). Viele Geschichten und Sagen ranken sich um diese Tage. Das Türkenheer flüchtet überstürzt und sammelt sich bei Győr/Raab, Ungarn.
25. Dezember - Der osmanische Feldherr, Großwesir Kara Mustafa wird, auf dem Rückzug in Belgrad angekommen, auf Befehl des Sultans erdrosselt. Er hatte die Schlacht um Wien trotz dreifacher Übermacht verloren

Jorrig
22.01.05, 21:37
Zur Belagerung Konstantinopels (und auch zu anderen schönen Geschichten wie z.B. Napoleons Niederlage bei Waterloo) empfehle ich das Buch von Stefan Zweig, "Sternstunden der Menschheit". Sehr spannend und fesselnd geschrieben!

Zu Troja: http://www.griechische-antike.de/mythologie-trojanischer-krieg.php

Solokow
23.01.05, 14:05
Soviel ich weiß, wurde der türkische Großwesir geköpft, aufgrund seiner schelchten Leistungen. Als die österreichischen Truppen dann die Türken bis nach Belgrad zurückdrängten und in der Folge auch Belgrad einnahmen, wurde der Kopf des Großwesirs erbeutet.
Heute ist der Kopf im Besitz des Staates Österreich und war bis vor ein paar Jahren (20 -30 jahre) noch ausgestellt.

Die Belagerung von Wien war echt Haarscharf an der große nkatastrophe vorbei, da die Stadt gerade vor dem endgültigem Zusammenbruch stand. So wurden vom Stephansdom auch schon die letzten Leuchtraketen abgeschossen, als Zeichen, daß die Stadt nicht mehr lange aushält.

Der Sieg der Verbündeten Truppen, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die Osmanen einfach nicht mit dem Entsatzheer rechneten und der Angriff in ihre Flanke total überraschend kam.

Als Folge des Türkenkrieges gab es aufgrund der hohen Zitronenbeute Limonade für alle *gg* und auch der Kaffee machte die Stadt zu der Kaffeestadt, die sie heute ist (nicht historisch belegt *gg*)

Die Osmanen hatten so gut wie ganz Niederösterreich, Teile von Oberösterreich und das Burgenland verwüstet und entvölkert. Es gab nur einige wenige Städte, die sich verteidigen konnten (Neulengbach).

Dieser Krieg hinterließ nachhaltige Ängste unter der Bevölkerung, die bis heute noch mitschwingen.
"So sprechen heute viele Leute (Kurt Krenn) von der 3. Türkenbelagerung (durch die hohe Türkenanzahl in Wien), die aber erfolgreich sein wird."
--> DIES IST NICHT MEINE MEINUNG, ICH DISTANZIERE MICH VON SOLCHEN POPULISTISCHEN AUSSAGEN!!!!