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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Scramble for Africa - Herausgeber GMT zieht sich zurück



Al. I. Cuza
10.04.19, 09:42
GMT hatte neulich vor ein Spiel herauszugeben, was sich mit der Kolonisierung Afrikas Ende des 19. Jh. befasste, Scramble for Afrika (Link zu der Beschreibung (http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:Da333zLgcIsJ:www.insidegmt.com/2019/03/scramble-for-africa-developers-notes/)). Das Spiel scheint ein sehr eurozentrisches Design zu haben, Afrikaner kann man nicht spielen, die ganze Idee des Spiels ist so viel wie möglich auch Afrika herauszupressen, das Land auszubeuten und die Einheimischen anzustacheln gegen andere europäische Kolonisatoren zu revoltieren. Das Land ist quasi no man's land, baut man was, bekommt man es, usw. Das Design ist definitiv nicht, was man subtil, differenziert oder respektvoll im Umgang mit der Vergangenheit nennen würde und hat somit Leute irritiert. Daraufhin hat der Herausgeber seine Unterstützung zurückgezogen (Link (https://mailchi.mp/a9c2643ed89c/p500-update-removing-scramble-for-africa?fbclid=IwAR2jiEepoPhXQDWi4UAoxbjJypfqomTAnFNu3KVuwcTI0hev9Y2tFMUJqb0)).

Obwohl ich diese Entscheidung verstehen kann, und die Kritiken durchaus legitim sind, frage ich mich, inwiefern Spiele gegenüber solchen Kritiken immun sein sollten. Einerseits ist es offensichtlich, dass das historische Material in der Tradition eines Geschichtsverständnisses des 19. Jh. steht, andererseits, passt das doch genau zur Athmosphäre, welche diese Zeit evoziert. Auch können Spiele nicht alle möglichen Aspekte darstellen, es wird eine Selektion vorgenommen, es wird abstrahiert. Hearts of Iron stellt den Holokaust beispielsweise nicht dar, obwohl es klar ist, dass es solch einen vorrangigen Charakter hatte, dass man militärische Einbußen explizit akzeptiert hat, um KZs auch nur einen Tag länger betreiben zu können.

Ich habe auf boardgamegeek (thread 1 (https://boardgamegeek.com/thread/2174984/scramble-africa-i-thought-we-were-past/) und thread 2 (https://boardgamegeek.com/thread/2182291/scramble-africa-designer-did-nothing-wrong) )Argumente gelesen, die von "die Mechaniken des Spiels sind zu oberflächlich" und "das Spiel ist durch die Ausblendung ganzer Kulturkreise schödlich" bis zu "es ist mir egal, ob ich hölzerne Figuren in einer Fantasiewelt ausbeute und "die verdammten Feministen" (von mir paraphrasiert).

Ich würde gerne eure Meinungen dazu hören. Es hört sich für mich nämlich tatsächlich so an, als ob die Hauptkritik am Spiel die Oberflächlichkeit der Mechaniken ist, welche schwierige Themen darstellen sollen, deren eingehendere Behandlung auch zur Atmosphäre der Zeit beitragen würde. Wenn man schon auf Kärtchen Sklavenmärkte schließen kann sollte dies in die restliche Wirtschaftssimulation eingebunden werden. Wenn Einheimische revoltieren können, sollten diese auch ihre eigene Agency haben, und als Subjekte der Geschichte, nicht als einfache Objekte dargestellt werden.

Das Spiel hätte ruhig ein Fantasy oder Sci-Fi Szenarion sein können, in dem man einen Planeten besiedelt, der nicht von empfindungsfähigen (was ist ein gutes deutsches Wort für sentient) Wesen bewohnt ist. In einem historischen Szenario sind diese Mechaniken nicht so gut aufgehoben.

Koenigsmoerder
10.04.19, 14:13
"Die verdammten Feministen..." Danke, made my day. :lach:

Zum Thema:


frage ich mich, inwiefern Spiele gegenüber solchen Kritiken immun sein sollten. Einerseits ist es offensichtlich, dass das historische Material in der Tradition eines Geschichtsverständnisses des 19. Jh. steht, andererseits, passt das doch genau zur Athmosphäre, welche diese Zeit evoziert. Auch können Spiele nicht alle möglichen Aspekte darstellen, es wird eine Selektion vorgenommen, es wird abstrahiert. Hearts of Iron stellt den Holokaust beispielsweise nicht dar, obwohl es klar ist, dass es solch einen vorrangigen Charakter hatte, dass man militärische Einbußen explizit akzeptiert hat, um KZs auch nur einen Tag länger betreiben zu können.

Aber wird hier denn abstrahiert?
Unserem Eindruck nach ist es genau umgekehrt, dass Kern des Spiels das verbrecherische, unmenschliche Treiben jener Zeit war.
Zitat:


...die ganze Idee des Spiels ist so viel wie möglich auch Afrika herauszupressen, das Land auszubeuten...

Man muss Unserer Meinung nach nicht alles spielbar machen.

Polykrates
10.04.19, 20:02
So eine Sache ist immer differenziert zu betrachten.

Die historische Wirklichkeit des Kolonialismus war auch komplex und nicht nur (schwarz und) weiß.

Das Spiel klingt durchaus schlicht und spaßig und in einem gewissen Sinne auch nicht schlimmer als z.B. Imperialism oder Victoria 1 bzw. 2. Die Entwickler waren wohl auch eher unbedarft und waren sich der potenziellen Sprengkraft ihres Stoffes und Treatments gar nicht bewußt. Mit einem solchen Mangel an Sensibilität triggert man aber Gefühle, fällt aber daraufhin aus allen Wolken, versteht nicht was man falsch gemacht hat und gräbt sich beim Versuch sich zu erklären (und vielleicht gar zu entschuldigen) nur immer tiefer ins Loch. :facepalm:

Es gibt immer ein Spektrum und eine Vielzahl vielfältiger und widerstrebender Persönlichkeiten, Ideologien und Lebenserfahrungen bzw. Lebenswirklichkeiten. Dinge, die einen persönlich oder die eigene Gruppe treffen, sieht man immer etwas anders als die, die nur andere betreffen.;)

Mit dem Rückzug setzt man sich von anderer Seite auch wieder der Kritik der Zensur aus. Ein satirisches Treatment wie beim Film The Producers hätte das Spiel weniger verletzend und langweilig gemacht und wäre auch eine gute Möglichtkeit gewesen das Spiel zu retten. Ein Springtime for Colonialism hätte wenigstens die Möglichkeit für ein befreiendes Lachen gegeben.:)

Im gewissen Sinn sind Kunstwerke (auch Spiele) immer immun, man kann es nicht jedem Recht machen. Manchmal möchte man auch kontrovers sein und manchmal ziehlt man von vornherein auf eine Nische.

123
10.04.19, 21:04
GMT scheint in letzter Zeit sowieso extrem vorsichtig geworden zu sein mit möglicher "political incorrectness". Indianer werden nicht mehr als "Indians" bezeichnet sondern als "Natives". Auf einigen Gamemaps musste ich das vormals übliche "A.D." (= n.Chr.) gegen ein "C.E." (https://en.wikipedia.org/wiki/Common_Era) austauschen. Und jetzt das... Das liegt wohl vor allem daran, dass sich der Publisher verstärkt von der klassischen Wargame-Sparte - wo der bisherige Kundenstamm allmählich wegaltert und kaum nachwächst - weg mehr auf die Familienspiel-Sparte verlegt. Sprich: die sogenannten "Euros" (= die sogenannten Autorenspiele aus dem europäischen Weltkreis) sollen es jetzt retten. Und deswegen vermeidet man jetzt Spiele mit Themen, die größere Kundenkreise vergraulen könnten, wie der Teufel das Weihwasser. Vermutlich hat GMT deswegen auch das lang erwartete Remake von Age of Conquistadors (https://boardgamegeek.com/boardgame/36404/age-conquistadors-1492-1612) wieder aus dem Programm genommen.

Andere Publisher sind da nicht so übervorsichtig: Legion Wargames hat gerade The Great Game (https://boardgamegeek.com/boardgame/94375/great-game) herausgebracht, Heart of Darkness (https://boardgamegeek.com/boardgame/183780/heart-darkness) wird noch folgen. Und wir arbeiten zur Zeit für Compass Games an The Conquistadors (https://boardgamegeek.com/boardgame/267243/conquistadors-spanish-conquest-americas-1518-1548). Sind alles Spiele aus vielleicht verschiedenen Weltregionen, aber alle mit Kolonialismus-Thema.

Polykrates
10.04.19, 22:29
Die Frage ist auch immer, was die Leser, Zuschauer, Hörer oder Spieler schon kennen. Irgendwann ist man vom Bekannten übersättigt und will Neues, Tieferes, Komplexeres. Oder es geht zurück zur Schlichtheit. Oder Nastalgie. Aber auch Neulinge und Kinder wollen bedient werden. Ein schwieriger Spagat.

Gerade in den USA ist das politische und soziale Klima ohnehin sehr angespannt, die Gräben tief und political correctness sicherlich nicht die Lösung aller Probleme. Die einen werden trotz political correctness weiter ausgegrenzt und gedemütigt, die anderen fühlen von sich von political correctness gegängelt und ihrer Redefreiheit braubt. Viele sind aus dem einen oder dem anderen Grund wütend oder angespannt. Das eine sind verletzte Gefühle, das andere sind aber auch rassistische Morde oder Terror, die eben auch Opfer fordern.
Traumata werden oft ja erst von den nachfolgenden Generationen aufgegriffen. Man denke an die nationalen Demütigungen Chinas im 19./20. Jahrhundert oder die Churchill-WK2-Romantik der Briten. Was eint eine Nation, was die Menschheit? Will man als Mensch aber wachsen, muss man sich seinen Vorurteilen, Traumata und Verletzungen stellen. Immer nur getriggert zu werden, bringt nichts.

Es würde mich nicht überraschen, wenn der Entwickler oder Publischer nicht nur konstruktive Kritik, sondern auch wüste Beschimpfungen und Morddrohungen über sich ergehen lassen mußten. Es wäre schön, wenn GMT nach kreativen Lösungen wie z.B. Humor oder verbesserter Mechanik suchen würde und nicht nur Projekte wie eine heiße Kartoffel fallen lassen würde. Wie wäre es mit einem Brettspiel über die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Kommunikation? Oder eines, wo Spieler Entwickler, Publisher, nicht zufriedendezustellende Fans, empörte Bevölkerungsgruppen, etc nachspielen?

Al. I. Cuza
12.04.19, 09:47
Die beste Reaktion kam von einem Prof, Experte für Eingeborenenrechte. Nachdem ich erklärt habe, was die Gründe für die Kritik am Spiel sind (vor allem die fehlende Agency der Eingeborenen) meinte er, dass es aber wirklich so war. Und dass man Geschichte nicht immer dem Willen der political correctness unterwerfen müsse. Um ehrlich zu sein, hätte ich von ihm nicht diese Antwort erwartet, aber es macht mich schon glücklich. :D

Koenigsmoerder
12.04.19, 10:54
Das nennen Wir mal eine extrem schwachsinnige Antwort. Hat der Prof seinen Lehrstuhl aus der Chipstüte?

Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Niemand unterwirft bei dieser Sache Geschichte dem Willen der PC. Im Gegenteil. Eben weil man sich der Geschichte bewusst ist, sollte man sich die Frage stellen, ob man aus der brutalen Ausbeutung Afrikas wirklich unbedingt ein Spiel machen muss.

Wenn Ihr nochmal Gelegenheit habt, fragt ihn doch mal, ob das auch seine Antwort auf Aufregung um ein Spiel namens KZ-Simulator wäre.
Goodwins Law ist ja mit dem Ausgangsposting schon erfüllt, von daher kann man das Ganze ja entsprechend auf die Spitze treiben.

Was'n Schwachkopf, echt...:rolleyes:

Al. I. Cuza
12.04.19, 11:32
Es gibt Spiele, die sich auch mit dem Holocaust auseinandersetzen, welche auch durchaus positiv bewertet werden. Kennt ihr Train (https://boardgamegeek.com/boardgame/63933/train)? Auch gibt es andere Spiele vom selben Herausgeber, welche sich mit schwierigen kolonialen Themen auseinandersetzen, wie Navajo Wars (https://boardgamegeek.com/boardgame/102435/navajo-wars) oder Comancheria (https://boardgamegeek.com/boardgame/159692/comancheria-rise-and-fall-comanche-empire).

Ich finde euer Argument, um die gleiche Sprache zu verwenden, schwachsinniger. Müssen muss man gar nichts, aber kontroverse Themen werden auf laufendem Band für Medien benutzt. Die Kritik ist ja nicht das Thema selbst, sondern die Behandlung davon. Der Professor meinte bloß, dass die fehlende Agency der Einheimischen durchaus historisch vertretbar sei, wenn Historizität das Ziel ist.

Polykrates
12.04.19, 17:48
Werter Cuza, was genau versteht Ihr unter Agency?

Um mal ein Beispiel aus einer anderen Epoche zu nehmen: ich hatte Schulkameraden im Gymansium, die durch Spiele wie Panzer General und die Literatur, die sie so gelesen haben, in ihrer Nazisymapathie und dem Glauben, der Krieg wäre für Deutschland durchaus zu gewinnen gewesen und ein deutscher Sieg hätte zu einer besseren Welt geführt, nur bestärkt wurden. "Man muss den Menschen nur etwas Besseres bieten." Aber wäre das den Nazis in der Sowjetunion wirklich so leicht gefallen? Man braucht immer ein gewisses Maß an Unterdrückung oder zumindest dem Potenzial dazu (hard power) und kultureller Strahlkraft und Legitimität (soft power), um Herschaft ausüben zu können. Außerdem sollte die Wirtschaft nicht ganz außer Acht gelassen werden. Selbst wenn die Russen und anderen Völker keinen eigenen Staat mehr gehabt hätten, heißt das nicht zwangsläufig, dass sie kein Faktor mehr und auf ewig besiegt und befriedet gewesen wären.

Es gibt eine rassistische Deutung des Scramble for Africa - schwarz gegen weiß. Und die ist in Gesallschaften wie die der USA nicht ganz außer Acht zu lassen, dafür ist dort der Rassismus noch zu lebendig.
Man kann und sollte den Scramble for Africa aber auch in die kapitalistische und politische Enwicklung des 19. Jahrhunderts einordnen. Kapitalismus ist oft ein expansives System: man kann Erfahrungen, die man im Heimatland oder woanders gesammelt hat, in einem noch nicht so weit entwickelten Gebiet zur Entfaltung bringen. Da geht es auch um Fragen des Know-How: nicht ohne Grund sind es heute Chinesen, die in Afrika den primären und sekundären Sektor sowie Infrastruktur entwickeln. Und wie im 19. Jahrhundert verbinden sich persönliche Profitinteressen mit den geostrategischen des Herkunftslandes.

Wie in Europa und dem Rest der Welt gingen wirtschaftliche, sowie gesallschaftliche und politische Transformationsprozesse miteinander einher und bedingten sich gegenseitig. Lokale Arbeitskräfte wurden gebraucht und Dinge wie ein Polizeiapparat und ein Schulsystem aufgebaut. Aufstände aus wirtschaftlichen, kulturellen oder politischen Gründen gab es in Europa wie in Afrika und meistens wurden sie blutig niedergeschlagen. Die Schwachen sind eben meist im Nachteil. Jedoch bauen selbst Terrorregime auch auf Kollaboration und nicht nur Terror. Der Libaralismus basiert auch auf Menschenwürde aber gleichzeitig auch auf Profitstreben und damit oft auch Ausbeutung. Ein System möchte sich immer behaupten und muss sich auch behaupten können. Schon damals wurde die Ausbeutung Belgisch-Kongos oder der Genozid an den Herero als zu hart und brutal kritisiert. Machtfülle zieht oft auch brutale Gemüter an, die ihre Brutalität auch in voller Härte ausleben - sofern sich dazu Chancen bieten und solange man sie lässt.

Im 19. Jahrhundert war ein Land entweder Hammer oder Amboss, Wolf oder Schaf. Japan schaffte es als eines der wenigen unterentwickelten Länder vom Club der Schafe dem Club der Wölfe beizutreten. Wie Augustinus schon sagte, beginnen Reiche oft als Räuberbanden. Um das Reich dauerhaft zu etablieren, muss man den militärischen und polizeilichen Druck auftrecht erhalten können, aber auch ausreichend große oder einflussreiche Teile der Bevölkerung(en) für sich und das Reich gewinnen. Daran sind die europäischen Reiche gescheitert. So wie auch der Liberalismus eben auch in Frage gestellt wird, wenn sich sein Versprechen auf Wohlstand und Würde nicht erfüllt.

Dass man als Spieler, der schon viel gespielt hat, sich eben auch wünscht, dass Schwierigkeiten der Herrschaft repräsentiert werden, finde ich nicht nur schlecht und durchaus verständlich. Immer nur den selben alten Wein in neue Schläuche zu gießen, ist doch langweilig. Scramble for Africa klingt doch schon sehr stark nach einem Siedler von Catan oder ähnlichen Spielen. Star Wars war beispielsweise eben auch so erfolgreich, weil es damals mit seiner naiven Heldenreise anders als der Mainstream war. Wenn Kunst nur immer gleichförmiger wird, macht sie sich damit nur selbst obsolet - irgendwann haben sich die meisten dran sattgefressen und die Mode ist einfach vorbei.

Es ist doch schön, wenn Kunst viele Perspektiven bietet und einen damit zum Nachdenken anregt. Entweder in einem Kunstwerk oder einem breiten Spektrum an verschiedenartiger Kunst. Jack-o-nine-tails (https://wiki.anime-sharing.com/hgames/index.php?title=Jack-o-nine) und Everlasting Summer (https://store.steampowered.com/app/331470/Everlasting_Summer/) sind z.B. beides Spiele, die aus Russland stammen und auch u.a. die Beziehung zwischen den Geschlechtern behandeln, jedoch auf sehr verschiedene Art und Weise.:)

KIWI
12.04.19, 19:24
. Auf einigen Gamemaps musste ich das vormals übliche "A.D." (= n.Chr.) gegen ein "C.E." austauschen.
Werter greenhorn, was ist der Grund für diese Veränderung? Die bösen Christen, was sagen die Designer?

Polykrates
12.04.19, 21:12
Den Kulturkampf um die Common Era gibt's schon länger. Die Bezeichnung geht wohl schon bis auf Kepler zurück. Die Frage ist zum einen, wann Jesus wirklich geboren wurde und zum anderen, ob er auch der eigene Gott ist. Juden nutzten schon im 18. Jahrhundert die Bezeichnung, wenn sie sich auf den christlichen und nicht den jüdischen bezogen. Die Nazis fanden das duffte und taten's ihnen nach.:^^:

In akademischen Kreisen in den USA wurde die Praxis auch aufgegriffen und im Laufe des 20. Jahrunderts immer populärer. Irgendwann wurde es dann auch Teil der Textbücher und zum Politikum.

Zum Teil ist sowas ja auch immer wie ein Kindergartenstreit: "Wir würgen Euch die Common Era rein." "Wir würgen Euch Intelligent Design rein.":facepalm:

Dadurch das Common Era neutraler ist (und auch ursprünglich ja von christlicher Richtung kommt) tun sich christliche Kreise auch keinen Gefallen, wenn sie zu vehement und dämlich auf anno domini pochen. (Habt Ihr schon mal einen Televangelisten gesehen oder so manche Sendung auf Bibel TV oder ERF gesehen/gehört? Da könnte man manchmal meinen, die sind von Atheisten unterwandert, die den christlichen Glauben durch maßlose Übertreibung völlig ins Lächerliche ziehen wollen.:wirr:)
Denn je gereizter die Stimmung, desto mehr wird auf Nichtigkeiten herumgeritten und desto größer ist der Anreiz zur Beschwichtigung und zur "bloß keinem wehtun" Feigheit auf Seiten von Firmen wie GMT. Irgendwem zeigt man jedoch immer sein Hinterteil, wenn man sich verbeugt.:teufel:

Bassewitz
15.04.19, 16:02
Naja, dass den Europäern die örtlichen kulturellen Grenzen und überhaupt die Wünsche der Einheimischen komplett egal waren, ist durchaus schon korrekt. Wieso sollte das in einem "Kolonialismussimulator" eine Rolle spielen? Das zeigt doch erst gerade die SKruzpellosigkeit dieser Ära. Das führt doch noch heute zu hierzulande den eher weniger beachteten Problemen, dass die Staatsgrenzen in Afrika noch heute auf den ehemaligen Kolonien beruhen und nicht entlang ethnischer, sprachlicher oder kultureller Grenzen. Ist da teilweise schlimmer als auf dem Balkan.

Man könnte das Spiel ja schon fast als Selbsterfahrung vermarkten. Wenn man merkt, dass man im Spiel wirklich so rücksichtslos und profitgierig und alle ehischen Überlegungen ignorierend vorgeht wie die meisten Kolonialisatoren damals, kann das schon zu einer Selbsterkenntnis verhelfen. Man ist dann wahrscheinlich sehr erschrocken über sich selbst. Das wäre doch erst Recht Kunst. :D

Polykrates
15.04.19, 20:21
Ein wüstes Geschachere mit Ländereien und ihren Bewohnern war den Europäern nicht fremd. Man denke an die dynastische Aufteilung Europas - ein Gebiet viele Herren und ein Herr viele nicht miteinander verbundene Territorien war ja keine Seltenheit. Von daher hat der Berliner Kongress auch nicht weniger Rücksicht auf lokale Bevölkerungen genommen als der Wiener. Nicht immer konnte jedoch erfolgreich über lokale Befindlichkeiten hinwegregiert werden. Bayern erging es 1809 mit Tirol so, Italien 1896 mit Äthiopien.
Eine Grenzziehung, die auf ethnische bzw. kulturelle Grenzen mehr Rücksicht genommen hätte, hätte langfristig einige Vorteile geschaffen und einige zukünftige Konflikte entschärft, wäre aber wie auch in Europa nicht einfach gewesen. In Österreich z.B. gab es die Italiener, die zu einem eigenen Nationalstaat wollten und dies auch 1848 und später unter Beweis gestellt haben, aber auch Völkergemische wie in Galizien, die man nur schwer hätte entwirren können. Und selbst in Nationalstaaten, mußten Nationen erst geformt werden - man denke an Italien mit seinen vielen lokalen Kulturen und sprachlichen Unterschieden.

Werter Bassewitz ein Erschrecken über sich selbst, ist immer eine lehrreiche Erfahrung, aber eine die nicht jeder macht und machen kann. Viele denken entlang von Gruppenzugehörigkeiten und Ideologien oder moralischen Vorstellungen, nach denen es Individuen oder Gruppen gibt, auf die oder deren Wünsche keine Rücksicht zu nehmen ist. "Die haben's ja auch nicht besser verdient und sind selbst schuld." Oder die eigene Kultur ist so überlegen im eigenen Empfinden, dass man sie Anderen aufzwingt. Je nachdem mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Weder in Europa noch in Afrika war vor der Industrialisierung oder dem Scramble for Africa alles schön. Leibeigenschaft und Sklaverei wurden abgeschafft, aber das schützt bis heute nicht vor Ausbeutung, Armut oder Missbrauch.
Jeder Kapitalismussimulator oder allgemeiner Wirtschaftssimulator wird ein gewisses Maß an Profitgier und/oder Rücksichtslosigkeit vom Spieler fordern - egal ob ich Afrika ausquetsche, in den USA oder Europa ein Industrieimperium oder vielleicht nur eine Fabrik führe, im alten Rom landwirtschaftliche Großbetriebe leite, ein KZ führe, stalinistische Zwangarbeit manage, ein Sklaventreiber, Zuhälter oder Sexsklavenhändler und -ausbilder bin. Mal kann man sich mehr Güte leisten, mal muss man einfach - je nach Sichtweise - ein ziemliches Monster oder eben ein "echter Kerl" (oder eben das weibliche Pendant) sein. Immer geht man aber auch direkt oder indirekt mit Menschen um und muss sie locken, einschüchtern oder sonstwie managen. Wie im echten Leben auch.:)

Andere - bewußt oder nicht - als reine Objekte und Mittel zum Zweck oder auch nur Menschen 2., 3. oder niederer Klasse zu behandeln oder zu übergehen ist das Eine; selbst jedoch in sehr schmerzvoller Weise so behandelt zu werden das Andere. Leider waren sich die Macher des Spiels und GMT dieser Binsenweisheit nicht bewußt und daher hatten sie eben auch keine Antworten parat - sei es ein "Das Spiel ist komplexer als es auf den ersten Blick wirkt.", ein "Wir bauen auf die Selbsterkenntnis der Spieler und wollten ein schlichtes Spiel.", ein "Keine Panik, wir haben so dick aufgetragen, dass es selbst Brigadier Gerard (https://en.wikipedia.org/wiki/Brigadier_Gerard) zu viel des Guten gewesen wäre." oder ein "Wir sind eben unsensible Egomanen.". Man kann es nicht Jedem recht machen - gerade deshalb sollte man sein eigenes Profil kennen und vertreten, sonst macht man es am Ende keinem Recht, nichtmal sich selbst.

Al. I. Cuza
15.04.19, 22:12
Werter Cuza, was genau versteht Ihr unter Agency?

Agency im Sinne der Möglichkeit zu agieren.


Dass man als Spieler, der schon viel gespielt hat, sich eben auch wünscht, dass Schwierigkeiten der Herrschaft repräsentiert werden, finde ich nicht nur schlecht und durchaus verständlich. Immer nur den selben alten Wein in neue Schläuche zu gießen, ist doch langweilig. Scramble for Africa klingt doch schon sehr stark nach einem Siedler von Catan oder ähnlichen Spielen. Star Wars war beispielsweise eben auch so erfolgreich, weil es damals mit seiner naiven Heldenreise anders als der Mainstream war. Wenn Kunst nur immer gleichförmiger wird, macht sie sich damit nur selbst obsolet - irgendwann haben sich die meisten dran sattgefressen und die Mode ist einfach vorbei.

Das ist ein Game Design Argument, dem ich nicht widersprechen kann. Dieser Trend ist doch vor allem in den Paradoxspielen sichtbar, wo die Spieler mit fast jedem Patch vermehrt Kontrolle über ihr Land verloren haben und immer mehr Faktoren auftauchen, die ihnen die Herrschaft erschweren.

Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass Leute sich darüber beschwert haben, dass die Mechaniken, an sich, schlecht sind, sondern, dass ein ihnen wichtiger Aspekt ausgeblendet wurde.

Polykrates
16.04.19, 14:31
Das Spiel erinnert schon sehr stark an klassisches 4X (explore, expand, exploit, exterminate), wobei der Schwerpunkt auf den ertsen drei X liegt. Exterminate geht wohl nur in der Anfangsphase, am besten wenn der Explorer des Spielers ersatzlos zu Tode gestürzt ist und man ihm das wenige bereits aufgebaute wegrevoltiert...:teufel:

Dadurch, dass der Schwerpunkt mehr auf Entdecken, Prospektion, Aufbau der Wirtschaft, Umgang mit Geld (Darlehen, Extradividende) und weniger auf militärischen Aspekten wie Kriegsführung liegt, ist es auch nicht ganz einfach die Eingeboren ins Spiel zu bekommen, da sie als gleichwertige Akteure ausfallen. Selbst Äthiopien war anders organisiert als die Europäer, von Stammeskulturen oder integrierbaren Königreichen ganz zu schweigen. In Civ sind die Eingeborenen ja oft als umherwandernde Barbaren, Dörfer oder Minizivilisationen modelliert. Meistens geht man dann militärisch mit denen um. In Scramble for Africa wäre eine weitergehende Repräsentation der Einheimischen wohl nur über Ereigniskarten gegangen.

Man kann das mit einem Lied über das schmerzliche Ende einer Beziehung vergleichen. Wenn da mit dem Partner abgerechnet wird, ist man vom Vorwurf der Frauen- oder Männerfeindlichkeit oder der Selbststilisierung nie weit entfernt. Dabei geht es dabei auch authentischerweise nur um eine subjektive Sicht der Dinge, die auch nachvollziehbar ist.

Um Scramble for Africa vom Rassismusvorwurf zu befreien, hätte das Spiel und seine Mechaniken oder die Präsentation aber anders sein müssen. Vielleicht hätte es das Spiel sogar besser und attraktiver gemacht.

Zum Teil sind das auch Kleinigkeiten, die einem beim ersten Blick nicht auffallen: aber warum sind auf dem Foto vom Testspiel nur Weiße mittleren Alters?
Mich erinnert das ein bißchen an einen Blog, den ich vor ein paar Jahen las und der sich mit japanischer Polulärkunst (Mangas, etc) beschäftigte. Unter anderem gab's da auch einen Beitrag zu Covern von Kinderpornomangas ("Man sieht ihnen ihren Zweck garnicht an"): für sich betrachtet erinnerte jedes Cover an schöne Kindheitsmomente - aber nach ein paar Bildern merkt man, dass nur Mädchen abgebildet werden...:eek:

Al. I. Cuza
17.04.19, 22:55
Ich denke, dass es genau wegen diesem Fokus auf nicht-militärische Aspekte doch möglich gewesen wäre die Eingeborenen interessant einzubinden, das hat man aber nicht gemacht. So Sachen wie die Delegation der Tswana-Häuptlinge, um sich der Queen selbst zu unterstellen und Autonomie beizubehalten.

Polykrates
18.04.19, 00:23
Ein Reiz des Spiels - wenn ich's richtig verstehe - ist ja eine gewisse Zufälligkeit der Welt im geographischen Sinn: die Geographie wird ausgewürfelt oder Dinge wie ein Flussverlauf sogar vom Spieler bestimmt. Für afrikanische Reiche wie Äthiopien ist es schon irgendwie sehr unplausibel ihr Gebiet gar nicht zu kennen, von daher kann man die nicht gleich wie die Europäer modelliern. In klassischer 4X-Manier könnte man Eingeborene als Dörfer wie bei Civ modellieren: wenn ein Explorer ein Gebiet erkundet, wird immer oder zumindest ab und zu ein Würfel gewürfelt oder eine Karte gezogen, um zu ermitteln, wie die Einheimischen zu einem stehen. Und je nachdem verliert man einen Aktionspunkt, bekommt eine Revolte oder es wird ein Aktionspunkt, eine Plantage oder eine Gebietsaufdeckung geschenkt oder man gewinnt oder verliert Geld. Eine Option seine Kolonie besonders hart auszupressen (Belgisch Kongo) oder die Eingeboren besonders hart zu bestrafen (Herero) oder eben nicht sieht das Spiel nicht vor. Von daher ist es ja kein reines Rassistenfutter, sondern eben unsensibel und wohl auch langweiliger als wenn man die Eingeborenen stärker eingebunden hätte.

Ich finde Kritik gut, wenn sie konstruktiv oder zumindest nötig und hilfreich ist ein Produkt besser zu machen oder einem Kreativen neue Perspektiven zu vermitteln. Wenn Kritik nur zerstört, dann bleibt das Produkt schlecht(er) oder unveröffentlicht, die Menschen bleiben empört oder verletzt oder werden gar erst körperlich und/oder seelisch verletzt.:(

123
18.04.19, 02:04
Ihr kennt das Spiel nicht und seit niemals Testplayer davon gewesen, kommt aber mit solch detailierter Kritik an?
Es hindert euch nichts daran, euch selbst als Spieldesigner an einem eigenen Spiel versuchen und so eure Ideen einbringen.

Al. I. Cuza
18.04.19, 11:40
@Polykrates: eure Designideen sind aber genauso problematisch, wie die des Entwicklers.

Ich schlage nicht vor, dass das Spiel repariert werden muss, und wir uns darüber Gedanken machen wie. Wie langweilig es ist oder nicht, können wir wenig einschätzen, und da GMT es im P500 Programm hatte, nehme ich an, dass es schon durchaus lustig gewesen sein muss.

Ich frage nur, ob die ausgewählte Perspektive des Entwicklers nicht durchaus legitim ist. Eurozentrisch, ja, es blendet die Agency eines ganzen Kontinents aus, aber ist das nicht egal? Es ist ja nicht der Anspruch des Spiels (soweit ich gelesen habe) edukativ zu sein, oder überhaupt Geschichte darzustellen. Die reine Tatsache, dass Afrika zufällig generiert wird, sollte doch Andeutung genug sein.

Polykrates
18.04.19, 22:52
Gibt es überhaupt eine Möglichkeit einer eurozentristischen Spielperspektive in dieser Epoche, die nicht irgendwie problematisch ist? So oder so blendet man zwangsweise das Leid der Afrikaner aus.
Viele fiktive Werke sind einseitig, nur haben die fiktiven Bösen oder anderweitigen Opfer der Helden eben keine Lobby.:)

Für mich ist das Ganze nur ein Gedankenspiel. Sicher war das Spiel lustig, man kann auch argumentieren, dass die Perspektive des Entwicklers legitim ist. Nur ist das eine ethische, juristische oder philosophische Frage. Das Dumme ist nur die wirklich entscheidende Frage ist die wirtschaftliche: läßt sich das Spiel gut verkaufen oder vergrault man sich mit einer Kontroverse - egal wie ungerechtfertigt sie sein mag - Kundschaft. GMT hat sich dafür entschieden, das Spiel fallen zu lassen. Dass mag aus juristischer, ethischer, philosophischer und/oder ökonomischer Sicht falsch sein, trotzdem hat der entscheidende Akteur damit seine Entscheidung getroffen. Der werte Greenhorn hat ja durchaus plausible Bewegründe für das Verhalten von GMT ins Feld geführt.

Ich kenne die Verträge zwischen Entwickler und GMT nicht, vielleicht kann der Entwickler das Spiel ja bei einem anderen Publisher oder im Eigenverlag veröffentlichen oder den Rechtsweg beschreiten, um das Spiel trotzdem noch durchzudrücken, sonst muss er den Haken drunter machen und das nächste Spiel entwickeln. Das ist halt sein Beruf. Andere leben von der Kritik und der Kontroverse oder schützen damit zumindest ihre Interessen. Martin Walser konnte Tod eines Kritikers ja trotz aller Kontroversen veröffentlichen, andere haben da halt mehr Pech oder schlechtere Beziehungen bzw. Verleger. Manche spalten wie der aktuelle US-Präsident und sind damit erfolgreich. Auch finanziell. Man muss halt den Markt und die öffentliche Meinung kennen, beziehungsweise richtig einschätzen und/oder Glück haben. Oder man schaut halt in die Röhre. Und manchmel ist es nur ein schmaler Grat...

https://www.youtube.com/watch?v=TrKqBlZdOTk

Al. I. Cuza
22.04.19, 23:33
Gibt es überhaupt eine Möglichkeit einer eurozentristischen Spielperspektive in dieser Epoche, die nicht irgendwie problematisch ist? So oder so blendet man zwangsweise das Leid der Afrikaner aus.
Viele fiktive Werke sind einseitig, nur haben die fiktiven Bösen oder anderweitigen Opfer der Helden eben keine Lobby.:)

Es wird immer etwas ausgeblendet. Ich finde es aber interessant, dass das Leid der Afrikaner als so wichtig erachtet wird, dass es unbedingt dargestellt werden muss. Leid an sich ist aber kein Wert, wie Zizek sagen würde und Opfer gab es viele auch in Europa selbst.

Polykrates
23.04.19, 19:44
Werter Cuza, geht es wirklich immer nur um Philosophie und Moral oder nicht vielmehr ums ästhetische Empfinden? Man kann Filme dafür kritisieren kitschig zu sein, Gedichte dafür schwülstig zu sein - warum darf man dann aber Spiele nicht für ihre Perspektive kritisieren? Man muss daraus ja kein allgemeines Gesetz ableiten, wie Kunst zu sein hat, begründet damit aber eben sein Mißfallen.:) Nicht jedem Dream Theater Fan hat The Astonishing (http://www.babyblaue-seiten.de/index.php?albumId=15545&content=review) gefallen, nicht jedem Yes Fan Heaven & Earth (http://www.babyblaue-seiten.de/index.php?albumId=14334&content=review). Man muss Dream Theater den Schlager und Yes den lauen Pop nicht übelnehmen, nur wenn es eben nicht das ist, was man von diesen Bands hören möchte, warum darf man das nicht sagen und mit der Bitte nach dem, was man von ihnen gerne gehört hätte verbinden: mehr Prog(metal). Wenn man ein eurozentrisches bzw. chauvinistisches Scramble for Africa Spiel fad und langweilig findet, warum darf man es dann nicht wegen dieses ausgelutschten Eurozentrismus bzw. Chauvinismus und der weitgehend ausgeblendeten Eingeborenen kritisieren? Wieso hat das Spiel und seine Perspektive unbedingt über jeder Kritik zu stehen?

Man muss sich an dem in den USA immer noch existierenden Rassismus nicht stoßen, genauso wenig wie am im Deutschland und Österreich immer noch existierenden Antisemitismus. Manche tun dies jedoch - davon wollen manche den Anfängen wehren, manche sind oder waren traumatisierte Opfer, manche Wichtigtuer. Das kann zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber Rassismus, Antisemitismus oder dem Ausblenden schwarzer oder jüdischer Sichtweisen und Lebenswirklichkeiten führen. Warum ist es weniger legitim, dieser Sichtweise Ausdruck zu verleihen als der eines Zizek oder Cuza?

Wo habe ich oder ein anderer Regent betritten, dass Spiele immer etwas ausblenden? Wo habe ich oder ein anderer Regent behauptet, Leid und Opfer hätte es nur in Afrika nicht aber in Europa gegeben? Wo habe ich oder ein anderer Regent behauptet, dass das Leid der Afrikaner unbedingt im Spiel dargestellt werden muss?

Al. I. Cuza
25.04.19, 11:24
Regenten hier haben nichts derartiges gesagt, aber die Diskussionen auf Boardgamegeek oder Reddit, die ich verfolgt habe, gehen durchaus in diese Richtung.

Ich versuche ja auch nicht Stellung zu nehmen, sondern bin nur interessiert an der Argumentationsweise und der Perspektive dahinter.

Ich kann mich noch erinnern, dass es vor einigen Jahren eine ähnliche Diskussion zu Vergewaltigung in Videospielen gab: sollten Szenen dazu Tabu sein, da man womöglich Opfer triggern könnte oder sind sie eine legitime Darstellung gesellschaftlicher Realitäten?

In diesem Sinne frage ich mich auch, ob die Darstellung einer rücksichtslosen Ausbeutung des afrikanischen Kontinents und die Ausblendung lokaler Agency nicht doch eine legitime Funktion haben, eben diese historischen Missstände hervorzuheben.

Andererseits muss man sich dann die Frage stellen, ob die verwendeten Mechaniken überhaupt dazu geeignet sind. Und ich glaube, dass es in SfA wohl nicht der Fall ist.