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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Tagebuch der Grafen von Eskens-Kalpenbach - Teil II (Ein SHIII GWX AAR)



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Hohenlohe
09.11.18, 03:50
Ein guter Erfolg und das kurz nach der Beinaheversenkung. Wir haben uns bislang nie grossartig Gedanken um die maximale Tauchtiefe eines U-Bootes gemacht, daher würde uns sehr interessieren wie dies bei deutschen U-Booten damals und heute so war und ist...?!?

herzlichste grüsse

Hohenlohe, der Neugierige...:top:

DerGraf
09.11.18, 05:00
Werter Hohenlohe !

Aufgrund unserer oberflächlichen (!) Recherche gibt es verschiedene Angaben, was so etwas angeht:

Ein modernes Boot der Klasse 212A soll wohl eine konventionelle Tauchtiefe von 400 Metern haben, die Zerstörungstiefe ist mit etwa 700 angegeben. Zumindest die Zerstörungstiefe wurde, wie wir annehmen, eher theoretisch berechnet als wirklich erprobt und auch was die Tauchtiefe angeht, behalten wir uns vor, bei öffentlich zugänglichen Quellen zu momentan im Einsatz befindlicher Militärtechnologie eher skeptisch zu sein.

Was die damaligen Boote angeht, so kann man durch Aussagen von Ehemaligen Eindrücke gewinnen. Auch hier sollte man bedenken, daß Werftgarantien konservativ gesetzt worden sind und auch die Druckfestigkeitsprüfung in der Regel nicht im Wasser, sondern im Drucktank stattfand (wobei wohl keiner in der Haut der Leute stecken wollte, die mit einem Telefon im Inneren des Bootes saßen, um Meldung zu erstatten, was Auswirkungen des Druckes anging). Auch hier gilt, daß die Zerstörungstiefe der Boote ein theoretisch errechneter Wert war, der je nach Zustand und Lage überschritten werden konnte, oder eben nicht. Die Marke zu passieren reichte immerhin nicht aus, man mußte auch wieder hochkommen !

Für die Boote der Klasse VII A und B war eine Maximaltauchtiefe von 150 Meter veranschlagt, die danach beginnend beim Muster VII C auf 180 Meter anstieg. Die Zerstörungstiefe wurde mit 280 Metern beziffert. Die Einbäume des Typs II waren noch auf 120 Meter gedeckelt gewesen. Der Typ IX wird mit 150 Metern Normaltauchtiefe und 200 Metern Maximaltauchtiefe angegeben, das Modell XIV mit einer Maximaltiefe von 240 Metern, für den Typ XXI finden sich 133 Meter Gebrauchstauchtiefe, 220 Meter Gefechtstauchtiefe und 330 Meter Zerstörungstiefe.

Diesen Werten sollte aus genannten Gründen unter Vorbehalt begegnet werden. Was hat man aus den Berichten von Ehemaligen herausziehen können ?

- Erich Topp hat in Interviews behauptet, Tiefen von 250 Metern erreicht zu haben (U-552 war ein Typ VII Boot)
- Wolfgang Hirschfeld hat von Tiefen über 260 Metern geschrieben, die U-109 (IX B) wenn auch nicht absichtlich erreicht haben soll
- Eberhard Rößler schreibt von der größten Tauchtiefe eines Typ XXI, die von Kapitänleutnant Horst von Schröter auf U-2506 bei einem Tieftauchversuch erreicht wurde. Der Versuch wurde bei 220 Metern wegen der Implosion eines Schlauchbootbehälters auf Deck abgebrochen.
- Kapitänleutnant Freiherr von Tiesenhausen soll auf U-331 nach der Versenkung der 'Barham' eine Tiefe von 265 Metern erreicht haben.
- Ein nicht namentlich bekannter Veteran soll dabeigewesen sein, als U-703 (VIIC) während einer Wasserbombenverfolgung auf 290 Meter abgesackt sei. Derselbe sagte angeblich aus, mehr als 300 Meter hätte damals kein militärisches Uboot gepackt.
- Eine weitere Quelle, die kritisch zu hinterfragen ist, behauptet, U-432 (KL Hermann Eckardt) habe vor seiner Versenkung am 11. März 1943 laut Wasserdruckmessung die 300 Meter-Marke erreicht.
- Ebenso schreibt John F. White, daß U-488 (Typ XIV) unter Oblt. z.S. Erwin Bartke am 24.10.1943 bei der Wabo-Verfolgung durch USS Paul Jones und USS Parrott laut KTB 235 Meter erreicht habe. Allerdings findet man immer wieder gerne Fehler in White's Werk, so daß diese Angabe nur unter Vorbehalt zulässig ist.
- Die tiefste Tauchtiefe eines Typ XXIII auf Feindfahrt wird mit 70 Metern angegeben (KL Emil Klusmeyer auf U-2336), ein Tieftauchversuch im Januar 1945 (Oblt. z.S. Hans-Heinrich Haß auf U-2324) wurde auf 150 Metern abgebrochen.

Gerade unter Gefechtsbedingungen wurde die Maximaltauchtiefe durchaus unterschritten. Inwieweit die Zerstörungstiefe zuverlässig berechnet wurde,läßt sich nur schwer sagen, da die meisten, die in solche Tiefen kamen, nicht mehr darüber reden konnten. Zumindest im Rahmen des Spiels haben wir daher dem Protagonisten unsere eigenen Überlegungen in den Mund gelegt, da ein Abfangen des Bootes unter 250 Metern nur in wenigen Fällen gelang. Den momentanen Tiefenrekord hält Kapitänleutnant Becker (Er war 1939 der IIWO auf KL Kölmels Boot, vielleicht erinnern sich einige werte Leser dunkel an ihn ?) mit 260 Metern auf U-122 (IX B). Die meisten Boote, die die 250 Meter unterschritten waren in der Regel bereits beschädigt und wurden zwischen 270 und 290 Metern vom Wasserdruck zerstört, wobei wir hier sagen müssen, daß wir im SH-Commander sowohl Sabotageeffekte eingestellt, als auch die Zerstörungstiefe randomisiert haben. Wir haben noch keine Tauchtests gemacht, aber eine Zerstörungstiefe von etwa 280 Metern scheint uns soweit stimmig implementiert.

In jedem Fall sind die 250 Meter für uns eine recht gute Richtschnur, weshalb wir es nach Möglichkeit vermeiden, ohne Not tiefer als 160 Meter zu gehen und bei spätestens 200 die Reißleine ziehen, gerade, wenn das Boot Wassereinbrüche hat und auch anderweitig beschädigt ist.

Hohenlohe
09.11.18, 06:53
Danke vielmals für diese umfassende und ausführliche Antwort...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:gluck:

edit: können euch derzeit leider nicht reppen, daher nur ein "DANKE!"

Azrael
09.11.18, 17:41
Also wenn ihr euch für modernere U-Boot-Kampfszenarien interessiert, empfehle ich euch Cold Waters, dank Mods kann man da auch in einem 212A rumfahren ;)

DerGraf
12.12.18, 16:18
*wischt Staub und hüstelt etwas*

Das letzte Update scheint etwas her zu sein, wir hoffen, die werten Regenten bis zum Neuen Jahr noch mit einem oder zwei neuen Posts erfreuen zu können.
Insofern: Vorerst nichts neues an der Front, aber das könnte sich ändern !

Witold Pilecki
12.12.18, 17:07
*Funkstille brech* Wir lesen hier begeistert mit, hängen aber mächtig hinterher.

Komischer Kunde
12.12.18, 17:14
Wir würden uns hocherfreut zeigen, sollte sich ein weiteres Kapitel diesem AAR in Bälde anfügen.

Euer treuer und begeisteter Leser
KK

Starbuck
12.12.18, 17:42
Da wird sich der BdU hoch erfreut zeigen, wollte Lorient doch bereits bei U-94 "Totalverlust/auf der Feindfahrt verschollen" ins Bootsregister eintragen.

DerGraf
12.01.19, 20:01
Die Hurricanes waren ebenso schnell verschwundenwie sie gekommen waren, also ließ ich recht schnell wieder auftauchen, um die Fahrt ins Zielgebiet fortsetzen zu können. Tatsächlich waren die Jagdflugzeuge kein problem mehr und wir konnten eine Statusmeldung nach Hause schicken. Sicher, unter unseren Torpedos war es gemessen an den Ergebnissen ein ziemliches Massaker gewesen, aber so hatten wir immerhin noch 6 Aale an Bord: fünf in den Bugrohren und einen im Heckrohr. Dem standen unsere Versenkungen gegenüber, insgesamt 3 Frachtschiffe unter britischer Flagge mit insgesamt 28.000 Bruttoregistertonnen. Damit hatten wir laut meiner vorsichtigen Schätzung bisher etwa 255.000 Tonnen feindlichen Schiffraumes zerstört. Die Alarmglocke riß mich vom KTB weg, als ich hörte, wie draußen Alarmtauchen befohlen wurde. Anscheinend hatte ein weiteres Flugzeug es geschafft, die Seewache auf dem falschen Fuß zu erwischen und sich an das Boot heranzuschleichen. Im Kugelhagel verschwand das Boot unter der Wasseroberfläche, aber auch hier fiel keine Wasserbombe oder anderweitige böse Überraschungen...

https://up.picr.de/34824566pq.png

Der Rundfunk vermeldete weitere deutsche Erfolge, so etwa Massenkapitulationen in Minsk, wo 20.000 Rotarmisten ihre Politoffiziere getötet und sich der Wehrmacht ergeben hatten. Ebenso seien vereinzelte Sprengbomben auf Westdeutschland abgeworfen worden, allerdings ohne signifikante Schäden... Fähnrich Unterhorst ließ die These vernehmen, daß die Russen wohl bald fertig seien, wenn es so weiterginge. Damit mochte er an sich Recht haben, aber die Frage war, ob es die ganze Zeit so weitergehen würde. Ich glaubte das nicht, immerhin hatten die Russen die Weite des Raumes und auch der Überraschungseffekt hätte sich wohl bald abgenutzt und dann hing alles von der Strategie der hohen Herren ab. Immerhin, so hatte es mein Onkel mir einmal erzählt, hatten sie zwar 1914/15 den Russen bei Tannenberg und an den masurischen Seen Niederlagen beigebracht, aber die Offensivkraft des Gegners war niemals zerstört. 300.000 Männer tot oder gefangen ? Was waren 300.000 Männer für die riesigen Weiten Rußlands ? 300.000 neue Männer her ! So wohl auch hier, wie ich annahm. Ich wollte es nicht einmal ausschließen, daß man in Moskau gezielt Männer und Land opferte, um Zeit zu erkaufen, frische Verbände aufzustellen oder heranzuführen. Aber mit solchen Überlegungen mochte ich mich nicht zu lange aufhalten, immerhin war meine infanteristische Ausbildung eher rudimentär gewesen und was ich von meinen Verwandten mitbekommen hatte, reichte nicht aus, um mich zu einem profunden Kenner des Landkampfes zu machen.

https://up.picr.de/34824743ef.png
Am 7. Juli 1941 passiert U-94 die Kanarischen Inseln.

Das Wetter blieb durchwachsen und in den nächsten tagen gab es nichts als den Gammel und die hereinkleckernden Meldungen des Rundfunks. Planmäßiger Vormarsch an der Ostfront und besondere Auszeichnungen von Teileinheitsführern, Gefechte mit Sowjetzerstörern in der Ostsee und auch Luftkämpfe ebendort. Weitere Bomben fielen auf Westdeutschland, die Luftwaffe und die Flak schossen 8 Angreifer ab, vereinzelte Tote in der Zivilbevölkerung. So hieß es jedenfalls. Keiner von uns ahnte, wie sich der Luftkrieg in den folgenden Jahren entwickeln würde und wir nahmen die Meldungen hin, wenn auch bereits etwas verunsichert, denn wenn jetzt schon Bomben fielen, bedrohte das nicht auch unsere Angehörigen ? Sicher nicht, so sagte sich jeder, aber eine unterschwellige Angst blieb demnoch ! Am 18. Juli wurde die Eroberung von Smolensk bekanntgegeben, deutsche und finnische Verbände erreichten den Ladoga-See. Am 20. Juli hatten wir den Weg von Patrouillengebiet wieder hinter uns und Gibraltar fast wieder erreicht. Kein Schiff war uns begegnet und so bestimmten Rußland und der Luftkrieg der Tommies meist die Gespräche an Bord.

Am 21. Juli entdeckte die Seewache trotz des Dreckswetters etwas, das man für ein Schiff hielt. Schnell war das Jagdfieber an Bord wieder entfacht, während Offiziere und Mannschaft auf Beute hofften... Das Schiff entpuppte sich allerdings nur als eine Kohlenschute. Keine herausragende Versenkung, aber besser als nichts, auch wenn ich mich fragte, was zum Teufel diese Leute mit ihrem Äppelkahn bei diesem Wetter heraustrieb ???

'Horchkontakt, Herr Oberleutnant ! Frachter, kommt näher !'

Diese Meldung rettete die Herren auf ihrer Schute, denn auf die hätte ich nur im Notfall einen Torpedo verschwendet. Ich ließ Gegenkurs setzen und schon bald kam in der diesigen Gischt das Schiff in Sicht.

https://up.picr.de/34824913tq.png

Der Großfrachter war ein deutlich dankbareres Ziel und dazu auch noch wie eine Fügung des Himmels gegen unsere Flaute. Wer hätte da nicht beherzt zugegriffen ? Eilig befahl ich Sehrohrtiefe und leise näherte unser grauer Wolf sich dem ahnungslosen Briten, der weiter seinen Kurs fuhr und sich in Sicherheit wog. Ein Fehler ! Umso erfreuter waren wir, als sich zeigte, daß der Großfrachter einen kleineren Küstenfrachter dabeihatte... Der Entschluß zum Angriff war schnell und leicht gefaßt und die Umsetzung ging ebenso flott von der Hand.

https://up.picr.de/34824938xk.png
https://up.picr.de/34824939eb.png

"Zuerst auf den Großen, danach den Kleinen. Torpedos in Rohr 1 und 2 auf 6,5 Meter einstellen. Aufschlagzünder, 36 Knoten."
'Eingestellt !'

Der erste Schuß war auf den hinteren Brennstoffbunker gezielt und verließ das Rohr auf 950 Meter. ich wartete und wartete, aber nichts geschah, bis Kühne lakonisch vermeldete, daß die Zeit um war. Also der zweite Versuch !

"Rohr 2 bewässern."
'Mündungsklappe für Rohr 2 geöffnet !'
"Entfernung zum Ziel... 770 Meter. Lage 114 Grad, Feindfahrt 5 Knoten."
'Steht !'
"Rohr 2... los !"
'Abgefeuert !'


https://up.picr.de/34824978qe.png

35 Sekunden Laufzeit, rechnet Plate und sieht auf die Stoppuhr, während der Torpedo seine vorgesehene Bahn läuft, dem Ziel entgegen... Bis das charakteristische Grollen ertönt, das nicht vom draußen tobenden Gewitter stammt, sondern von der Detonation des Torpedos, wie die in den Himmel greifende Wasserfontäne verrät !

https://up.picr.de/34824993gx.png

'Torpedotreffer !'

Doch noch schwimmt der Brite und beide Schiffe beginnen zu zacken, auch wenn sie mit den beiden schweren Dieseln im Rumpf des Bootes gerade bei diesem Wetter nicht mithalten können ! So dauert es nicht lange, bis das Boot erneut in Angriffsposition ist und der dritte Torpedo dem Großfrachter entgegenzieht und schließlich wie sein Vorgänger in diesen einschlägt.

https://up.picr.de/34825082gu.png

Dann ist zunächst der Küstenfrachter dran ! Auch hier ging der erste Schuß zunächst vorbei, aber der zweite mußte sitzen !

"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Entfernung 340 Meter, Lage 129, Feindfahrt 6 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"

https://up.picr.de/34825103ld.png

Noch während der Vorbereitungen verkündete Herrmann Sinkgeräusche. Der große Frachter war beinahe unbemerkt am Rande des Gefechtsfeldes gesunken !

Am 21. Juli 1941 um 11 Uhr 19 versenkt U-94 den Grossfrachter 'SS City of Bombay' mit 10.621 BRT.

https://up.picr.de/34825176gc.png

'Torpedotreffer, Schiff sinkt, Herr Oberleutnant !'

Am 21. Juli 1941 um 11 Uhr 22 versenkt U-94 den Küstenfrachter 'SS Bassethound' mit 1.873 BRT.

Die Rückfahrt verlief ereignislos und wir trafen am 27.7. 1941 wieder in St. Nazaire ein. Dort verlieh ich das Unterseebootkriegsabzeichen an den Gefreiten Mertens, den Gefreiten Cohausz, den Gefreiten Schendel, den Gefreiten Ganzer, den Gefreiten Hauber, unserem Schmutt, dem Gefreiten Urban sowie dem Gefreiten Sander. Den Wachoffizieren, Leutnant Plate und Leutnant Korecky, durfte ich das EK II aushändigen, das sie voller Stolz entgegennahmen. Auch wenn ich mir die Entscheidung nicht leichtgemacht hatte, weil es einige verdiente Männer auf dem Boot gab, entschied ich mich letzten Endes, Leutnant Plate auch das EK I zu verleihen. Meiner Meinung nach hatte er (wie eben einige andere Männer auch) mit seinen Leistungen auf dieser und den vorangegangenen Feindfahrten die Verleihung des Ordens mehr als gerechtfertigt. Egon Foppen wurde für seine Führung der Torpedomannschaft zum Obermaat befördert.

Im Anschluß wurden die Männer entlassen und ich konnte mir Gedanken machen, was ich mit der folgenden Zeit anfangen wollte. Der nächste Auslauftermin von U-94 wurde auf den 15. August 1941 festgelegt. Aber zunächst galt es, die Verleihungsfeier im Kasino zu überstehen...

Hohenlohe
12.01.19, 21:08
Eine insgesamt gute Erfolgsquote von U-94...!!:top: Nur weiter so...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:smoke:

Azrael
12.01.19, 21:39
Juhu, es geht weiter :)

DerGraf
13.01.19, 03:22
Anders als erwartet, gab es diesmal trotz des guten Patrouillenergebnisses keinen Heimaturlaub. Günther Schröder hatte nur gelacht, als er davon gehört hatte.

'3 Wochen draußen, zwei Tage hier und dann zwei Wochen in der Heimat, bevor es wieder rausgeht, und das bis der Krieg vorbei ist ? So funktioniert der Barras nicht, die müssen doch klarstellen können, daß sie das Sagen haben und jeden im modischen Grau herumschicken können wie es ihnen paßt. Nicht, daß so ein Oberleutnant denkt, sein Privatleben wäre wichtiger als der Schicksalskampf der Nation.' Sprachs und bestellte noch ein Bier. Auch bei der Werftdivision war im Moment nicht allzu viel los und Günther schob ja ohnehin gern eine ruhige Kugel, wenn er konnte. 'Hektik überlaß ich den jungen Quäcksen. Die brauchen das um frisch zu bleiben.' meinte er dazu immer nur.

Viel geschah nicht, gerade außerhalb des Stützpunktes. Aus Rußland flatterten weiterhin die Siegesmeldungen ein und auch in Afrika schien es gut voranzugehen. Aber es gab auch andere Nachrichten, die teilweise auch nur aus der Gerüchteküche ans Ohr derer drangen, die geneigt waren hinzuhören... Oberleutnant Johann Dreier auf U-108 war seit Mitte Mai vermißt und man nahm gemeinhin an, daß es ihn wohl draußen erwischt hatte. Oberleutnant Reinhard Suhren war ebenfalls seit Mai unerreichbar, auch hier war die Dreisternemeldung mittlerweile herausgegeben worden. An diese Informationen war recht leicht heranzukommen, aber was wirklich wie eine Bombe eingeschlagen hatte, war eine andere Meldung, die man oben wohl nur hinter vorgehaltener Hand weitergab und auch so fast mehr als ein Gerücht. Aber gerade auf so etwas stürzten sich die Seeleute natürlich und so wußte es bald fast jeder, auch wenn es natürlich jedem selber überlassen blieb, ob er dem Gehörten Glauben schenken wollte.

Ich blickte über mein Bier in die Runde... Leutnant Plate mit dem blanken EK I, daneben Leutnant Korecky. Auf der anderen Seite Günther Schröder, dessen Uniformjacke über der Lehne seines Stuhls hing. Dazwischen mein ehemaliger IWO, Georg Hupperich, der inzwischen sein eigenes Boot bei uns hatte, mit seinem Sanitätsdienstgrad, Oberfähnrich Emmrich. Wie Verschwörer waren wir zusammengerückt und unterhielten uns nur halblaut.

'Angeblich haben die Tommies es selber per Radio bestätigt. Wie um sicherzugehen, daß sie es nicht vertuschen.' meinte Hupperich und zog an der Zigarette.
'Wann ?' wollte Korecky wissen. 'Ich meine, kann ja noch nicht so lange zurückliegen, oder ?'
'Wohl Anfang Juli. Das OKM hat den Deckel draufgehalten, so lange es ging, aber irgendwann ist durchgesickert, daß Dönitz wohl einen Brief geschrieben hat und den haben die falschen Leute gesehen.' erläuterte Georg weiter. 'oder die richtigen, je nachdem, wen man fragt.'
'Und so kam es unter die Leute.' ergänzte Oberfähnrich Emmrich eifrig und rückte seine Nickelbrille zurecht.
'Ob die uns verladen ?' fragte Plate.
'Möglich.' gab Hupperich zu. 'Andererseits kennen wir ja die genaue Meldung nicht. Sie würzen die ja gerne mit Details wie der Mützengröße der Kommandanten, um zu beweisen, daß sie die Leute haben.'
'Was nicht viel nützt, wenn alles, was man nehmen könnte bei den Fischen liegt...' warf Günther ein.

Ich war nicht sicher, was ich von der ganzen Sache halten sollte. U-123 vor über einem Monat versenkt ? Ich hatte gehört, daß das Boot beim letzten bekannten Kontakt an einem Geleit gestanden hatte, aber daß der schon so lange zurücklag... Ich sah an die Wand, an der die Tonnagetafel hing und folgte den Eintragungen von unten bis ganz nach oben. Sicher, es hatte schon einige gute Kommandanten und Boote erwischt, aber ich hatte trotzdem Schwierigkeiten, mir das wirklich vorzustellen. Winterstein tot ? Viele hatten gewettet, er würde der erste sein, der die Million schaffte. Wenn einer, dann er, hatte es geheißen. Und jetzt ? Welche der eher unkonventionellen Kommandanten blieben denn jetzt noch übrig ? Voetmann war noch draußen, aber man rechnete bald mit seiner Rückkehr. Wolfgang Peters fiel mir ein, und die beiden Paulsens, die lustigerweise nicht miteinander verwandt waren. Ansonsten ? Egal. Zu lange durfte man über so etwas nicht nachdenken, sonst wurde man nur daran erinnert, wie schnell man selber der nächste sein konnte...

Ich erhob mich.

"Auf die Kameraden, die jetzt draußen sind, meine Herren ! Die, die wiederkommen werden genauso wie die, die es nicht mehr tun."

Dabei dachte ich natürlich auch an die, die etwas mehr Glück gehabt hatten und den Ausgang des Krieges hinter Stacheldraht erwarten mußten. Kretschmer fiel spontan ein, ebenso wie Fabian Hardorff, der ja ebenfalls in einem Gefangenenlager seine Zeit zubringen mußte. ich leerte das Bier und setzte mich wieder, genauso wie die anderen auch. nach einer kurzen Stille begannen die unterhaltungen wieder langsam Fahrt aufzunehmen und der Abend ging weiter seinen gewohnten Gang. Trotzdem erwischte ich mich immer wieder dabei, verstohlen nach dem Namen Winterstein zu sehen, so als ob ich Angst hätte, daß ihn einer wegwischte, wenn ich nicht aufpaßte...

DerGraf
13.01.19, 17:47
Die Zeit im Stützpunkt ging schnell herum. Gerne hätte ich wieder etwas Zeit daheim verbracht, aber das war ja nun zunächst nichts geworden. Nach der nächsten Feindfahrt vielleicht. Vorbereitungen und Ausrüstung des Bootes gingen gut voran und auch die Männer ließen wenig Grund zur Kritik. Sie kamen zwar auch nicht nach Hause, aber wozu war man denn in Frankreich stationiert ? Auch Kapitänleutnant Kölmel traf ich wieder. Er hatte seit seiner Feindfahrt im Mai Landkommando gehabt, laut eigener Aussage weil die Aliierten ihm sein Boot gründlich zu Klump geschmissen hatten. Schröder pflichtete ihm da bei, von dem Eimer wäre wirklich nicht mehr viel übrig gewesen, aber pünktlich zum 4. August konnte der Kaleun wohl wieder raus. 'Eigentlich müßte ich mich selber für ne Medaille einreichen, so schnell kriegt nicht mal Blohm und Voss ein Boot gebaut, und die müssen nicht um den ganzen Schrott rumarbeiten sondern können frisch bei Null anfangen.' Der Kapitänleutnant ließ sich noch ein Bier kommen und zündete sich eine Zigarette an.

'Das Boot fast komplett kaputtgeschmissen und fünf Mann tot, aber fürs Eichenlaub hat's gereicht...' murmelte er erbittert in die Schaumkrone seines Getränks. 'Wir schenken den Lords drüben gut ein, aber die Herren verstehen sich gut darauf, mit gleicher Münze zurückzuzahlen und sie bleiben in der Tat wenig schuldig. Die britischen Verluste übersteigen unsere eigenen enorm, aber die Atlantikschlacht ist noch lange nicht gewonnen, soviel ist klar.'

Er zog an seiner Zigarette und lehnte sich etwas im Stuhl zurück.

'Ich werde langsam zu alt für diesen Krieg, Oberleutnant... Ich habe mich entschlossen, mit dem Ganzen Schluß zu machen. Das Gesuch ist auch schon durch und bewilligt.' Wie zur Bestätigung hielt er mir seine Hand vors Gesicht. Sie zitterte, man sah es kaum, aber sie tat es. Ein wenig erschrak ich schon, als ich mir vorstellte, daß gerade der Kapitänleutnant nch der letzten Feindfahrt derart mit den Nerven herunter war. Er grinste schief und leerte sein Bier. 'Einmal fahre ich noch raus, danach gebe ich mein Boot ab und werde bei der Fünften Ausbilder. Oberleutnant Vowe wird den Laden schmeißen, und die Männer werden tun, was sie können. Börner geht auch von Bord, das wird ein Loch reißen, aber Branig ist seit zwei Fahrten als II. LI mitgefahren. Er wird zurechtkommen.'

Ich dachte noch lange an dieses Gespräch, auch, als U-74 schlußendlich auslief. Ich ließ mir nicht nehmen, am Anleger zu stehen, als das Boot den Hafen verließ und in der Ferne immer kleiner wurde. Auch wir mußten wohl bald wieder raus, aber ich machte mir was uns anging weniger Sorgen, auch wenn die Verluste an hervorragenden Kommandanten immer noch in der Luft standen. Trotzdem hoffte ich, daß der Kaleun seinen Posten würde antreten können, das hatte er sich klar verdient. Andererseits, hatte irgendein Kommandant mit seinen Männern nicht verdient, wieder nach Hause zu kommen ? Letztenendes blieb mir nichts, als zu hoffen, daß ich ebenfalls wie der Kaleun und mein Vater vor über 20 Jahren wissen würde, wann ich die Linie ziehen und mich an Land zurückziehen mußte. Als ich ich umdrehte, um zurück zu den Dienstgebäuden zurückzukehren, blinkte etwas vor meinen Füßen am Boden. ich hob es auf, und betrachtete es genauer. Es war ein nicht mehr ganz neues 50 Pfennig Stück, das dort gelegen hatte, ganz so, als hätte es einer verloren... Einige Momente lang blickten der Reichsadler und ich uns stumm an, dann beförderte ich die Münze mit weitem Schwung ins Hafenbecken.

Viel Glück, Herr Kaleun !

DerGraf
13.01.19, 21:37
Freitag, 15. August 1941 - St. Nazaire, Frankreich



Wie üblich hatte es eine große Diskussion an Bord und auch einige Auseinandersetzungen darüber gegeben, welche Mitglieder der Mannschaft jetzt genau der ersten Seewache angehören würden, die sich beim Auslaufen neben den Offizieren auf der Brücke aufhalten würden. Ich nahm für mich in Anspruch, diese Angelegenheit einigermaßen sauber gelöst zu haben, aber natürlich wollte jeder sich draußen geraade bei den Damen profilieren können... Aber das war nunmal keine Butterfahrt, wo man nach Lust und Laune herumwursteln konnte. Während unten Leutnant Korecky die Kommandos weitergab, die Leutnant Plate zum Auslaufen erteilte, stand ich am Schanzkleid und winkte brav der Menge zu, während die Kapelle ihr übliches Auslauflied erschallen ließ. Zielgebiet war diesmal CG 11, ein Planquadrat im Atlantik, abseits der spanischen Küste. Kühne sah kurz verstohlen zu mir herüber.

'Also mal wieder Gibraltar, Herr Oberleutnant ?' "Warum nicht ? Bislang gab es da immer etwas zum Schießen, oder ? Wenn ansonsten Flaute ist, sollten wir da ja wohl etwas finden, um nicht mit leerem Sack und Pack wieder zuhause auftauchen zu müssen." 'Stimmt schon, aber der krug geht zum Brunnen, bis er bricht. gerade mit den Fliegern soll es da unten übel zugenommen haben.' "Nun, bislang haben die Herren sich aber dieses Jahr recht zahm gezeigt."

Zwar wußte ich nicht, warum die letzten Angriffe immer nur mit Bordwaffen erfolgt waren, aber ich würde mich nicht beschweren. Wasserbomben waren ja immer eine Möglichkeit, und die Hudsons warfen nach dem, was man hörte, auch gerne einmal mit Torpedos nach Unterseebooten !

'Hoffen wir mal, daß es so bleibt !'

In der Tat, das hofften wir doch alle !

https://up.picr.de/34835372ie.png

Also lief U-94 zu seiner neuesten Unternehmung aus. Die fünfte Feindfahrt mit dem Boot. Schon jetzt hatten wir auf diesen fünf Fahrten doppelt so viel versenkt wie auf den Sieben zuvor mit dem Einbaum... Wie würde es uns heute dort draußen ergehen ? Wittenberg lieferte unseren Beitrag zur Hochseeversicherung ab und das Boot stampfte auf den Horizont zu, wo die Biskaya auf uns wartete und dahinter nur noch der weite Atlantik. Hinter uns wurde der Hafen von St. Nazaire immer kleiner und mit ihm ließen wir auch das französische festland hinter uns zurück.

https://up.picr.de/34836060hh.png

https://up.picr.de/34836067fl.png

Hohenlohe
13.01.19, 22:45
Wir wünschen eurem Alter Ego eine erfolgreiche Fahrt und eine glückliche Heimkehr...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND GUTE FAHRT!!*

Azrael
14.01.19, 03:11
Auf eine weitere, hoffentlich erfolgreiche und möglichst reibungslose Heimfahrt!

Das mit der Hochseeversicherung, habt ihr euch das eigentlich ausgedacht oder hat man nach dem Krieg tatsächlich alte Reichsmarkmünzen in Kriegshafenbecken gefunden? :D

Hohenlohe
14.01.19, 12:38
Es gibt der Story eigentlich einen besonderen Touch...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
19.01.19, 22:53
Eine sehr gute Frage, werter Azrael ! So ganz können wir uns da gar nicht mehr erinnern, wir glauben aber nicht, daß es da einen Präzedenzfall gab. Wir meinen, wir haben da was von einem Seefahrtsaberglauben gelesen und das auf die 1940er angepaßt, aber beschwören würden wir es nicht...

Bigfish
11.02.19, 20:27
Auch hier weisen Wir mal auf dieses Großereignis hin: http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=29954

DerGraf
14.02.19, 04:45
Mittwoch, 20. August 1941 - Planquadrat CG 14

U-94 hatte einen ereignislosen Marsch ins Zielgebiet hinter sich und auch die befohlene Patrouille dort hatte wenig Ergebnisse gezeitigt. Ich hatte befohlen, Kurs Gibraltar zu setzen, wo ich ja bereits mehrfach durchaus erfolgreich gegenerische Schiffe bekämpft hatte. Wieder hoffte ich, dort neue Beute finden zu können. Tatsächlich meldete Funkmaat Kettner bald einen interessanten Funkspruch.

'Fühlungsmeldung von Berthold's Boot, Herr Oberleutnant ! Meldet großen Geleitzug in CG 12, bewegt sich mit 8 Knoten nach SSW.'

Das sah vielversprechend aus ! Ich überschlug grob die Distanz, während Kühne den Abfangkurs berechnete.

'Dicht dran und kommen gut auf und zu, Herr Oberleutnant ! Rechne mit Sichtkontakt in 8 bis 10 Stunden, wenn sie den Kurs nicht ändern.' meinte er, nachdem er den Kurs grob eingeschätzt und den Abfangkurs in die Karte eingezeichnet hatte.

"Gut, Kühne. Beide Diesel volle Kraft voraus, Herr Marbach ! Wollen wir doch mal sehen, ob wir da nicht rankommen, hm ?"

https://up.picr.de/35063256hp.png

Gerade die Seewachen waren in den nächsten Stunden besonders aufmerksam, keiner wollte der sein, der die Zeichen übersah und damit für ein Entkommen des Geleitzuges verantwortlich zeichnete ! In der Zentrale machte einmal mehr das OKW von sich reden, als der Deutsche Rundfunk weitere Siegesmeldungen vom Djnepr brachte, wo man Gefangene eingebracht und 65 Panzer abgeschossen hatte. Um 1/2 1 Uhr nachts meldete die Seewache einen Sichtkontakt in kurzer Entfernung. Schnell enterte ich auf den Turm. Es dauerte etwas, bis ich im dunklen und nassen Wetter ein Schiff ausmachen konnte, das wie ein leichter Tanker aussah und keine 400 Meter hinter und durch die See pflügte...

https://up.picr.de/35063272cg.png

"Kurs 157, volle Fahrt voraus !"

Das Boot drehte, bis ein kurz vor uns aufgetauchter Tanker ins Visier wanderte...

https://up.picr.de/35063277xg.png

"Entfernung zum Ziel 300 Meter. Lagewinkel 76 Grad, Zielgeschwindigkeit 6 Knoten."
'Eingestellt !'
"Lage laufend folgen... Mündungsklappe für Rohr 5 öffnen, Rohr bewässern für Überwassertorpedoschuß."
'Deckung !'
"Rohr 5... los !"

Trotz des Dreckswetters hoffte ich, daß die Kurze Distanz etwaigen Torpedoversatz durch die unruhige See kompensieren würde und hoffte auf das Beste. Der Torpedorechner ergab eine geschätzte Laufzeit von 19 Sekunden, also spähte ich weiter zum Schiff hinüber. Der einzige Vorteil war, daß wir bei diesem Wetter nicht leicht zu entdecken waren. Trotzdem schaffte es einer der Männer drüben ! Beide Scheinwerfer des Tankers leuchteten das Boot an... Doch gleich darauf rollte die Detonation des Torpedos durch das Wasser !

https://up.picr.de/35063278ka.png

Keine Minute später verloschen auch die Lichter an Bord wieder und das Schiff begann zu sinken !

https://up.picr.de/35063279wi.png
Am 21. August um 1:33 Uhr versenkt U-94 den Tanker 'MV British Energy' mit 10.761 Bruttoregistertonnen.

Ich richtete das Boot aus, um den leichten Tanker von vorhin zu verfolgen und anzugreifen, als es plötzlich knallte und dicht neben dem Boot eine Reihe von kleinen Fontänen wie eine Perlenschnur auf das Boot zulief.

'Wir werden angegriffen, Herr Oberleutnant !'
"Verdammt ! Seerohrtiefe, alles einsteigen !"

Ein dumpferer Knall, ein Nahtreffer schüttelte das Boot durch, als die ersten Männer im Luk verschwanden. Drinnen wurden trotz des Sturmgetöses Stimmen hörbar. Schließlich rutschte ich selbst die Leiter herunter, das Luk hinter mir mit dem Körpergewicht zuziehend. Unten war bereits geschäftiges Treiben entbrannt, Männer liefen hin und her, von Marbach und Wittenberg in Aktion versetzt. Draußen klapperte es immer noch gegen das Boot, das langsam im Wasser verschwand. Von einigen Leitungen sprühte Wasser in die Zentrale, auch im Funkschapp wurde geflucht.

"Meldung, Herr Plate ?"

'Kleinere Schäden an Steuerborddiesel und Hauptlenzpumpe, leichter Wassereinbruch in Zentrale, Funkschapp und Dieselmaschinenraum, Herr Oberleutnant.' Er tippte gegen eine Anzeige und beobachtete den Zeiger. 'Der LI meint, sie könnten auch die Brennstofftanks erwischt haben, aber das wird gerade überprüft. Hätte deutlich schlimmer kommen können, aber jetzt wissen sie schonmal, daß wir da sind.'

Hinter dem IWO steckte barthold seinen Kopf durch das Schapp. 'Dieselmaschinenraum wieder trocken, Herr Oberleutnant. Steuerborddiesel wieder einsatzbereit !' Im Funkschapp warf einer ein abgekniffenes Stück Draht durch den Durchgang. 'Funkschapp wieder klar, Herr Oberleutnant, müssen nur noch ein paar Scherben auffegen.'

'Kriegsschiff auf 130, Herr Oberleutnant !' meldete Herrmann. 'Langsam, kommt näher !'

"Kurs 282, 1/3 Fahrt voraus !"

Ich spähte mit dem Spargel durch die Oberfläche und konnte die Schemen eines Schiffes ausmachen.

https://up.picr.de/35063294di.png

"Kurs 184, beide E-Maschinen AK."

https://up.picr.de/35063296tx.png

Durch das Sehrohr visierte ich ein Frachtschiff in der Nähe an, das sich in geeigneter Position darbot.

https://up.picr.de/35063324nw.png

"Entfernung 360 Meter. Lagewinkel 125, Geschwindigkeit 3 Knoten."
'Steht.'
"Mündungsklappe für Rohr 1 öffnen."

Der Torpedo lief zu und 25 Sekunden später knallte es ! 'Torpedotreffer !'

https://up.picr.de/35063325ev.png

"Achtung bei Rohr 2 ! Entfernung 330, Lage 124, Fahrt 4 Knoten."
'Mündungsklappe geöffnet !'
"Rohr 2... los !"

https://up.picr.de/35063326xu.png

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Am 21. August 1941 um 1 Uhr 45 versenkt U-94 das Frachtschiff 'SS City of Bristol' mit 10.615 BRT.

Der zweite Torpedo traf ebenfalls ! Obwohl ich weiter die Oberfläche absuchte und das Schiff nicht beobachtete, verrieten die Sinkgeräusche alles, was wir wissen mußten...

'Rohr 5 nachgeladen, Herr Oberleutnant !'

Gerade rechtzeitig ! Mit dem Heckrohr wieder einsatzbereit ließ ich das Sehrohr weiter schweifen und fand ein Schiff, das ich als Munitionsfrachter ansprach und hernach anvisierte.

https://up.picr.de/35063339lt.png

"Klar bei Rohr 5 ! Entfernung zum Ziel 2060 Meter. Lage 25, Geschwindigkeit 8 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 5... los !"
'Rohr 5 abgefeuert !'

Auch dieser Torpedo traf !

Am 21. August 1941 um 2 Uhr 03 versenkt U-94 den Munitionsfrachter 'Nitro' mit 7.062 BRT.

Zwei weitere Torpedos, auf einen Küstenfrachter abgefeuert, erwiesen sich als Frühdetonierer. Ich befahl auf 100 Meter zu gehen und ordnete Schleichfahrt an, um das Boot vom Geleit zu lösen und die Torpedos in Ruhe nachzuladen.

https://up.picr.de/35063352ao.png

Um 3 Uhr ließ ich auftauchen und sendete die Erfolgsmeldung an den BdU... 3 Schiffe mit 28.438 BRT versenkt. Die Antwort kam prompt 20 Minuten später. 'Machen Sie weiter so. Der Führer wird erfreut sein.' Nun, wir würden sehen... Ich übergab das Boot an Leutnant Korecky und legte mich erst einmal schlafen, während das Boot wieder auf Kurs ging.

Hohenlohe
14.02.19, 05:09
Da kann ja der Dönitz beim nächsten Rapport wieder Erfreuliches mitteilen...:D

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
14.02.19, 09:39
Donnerstag, 21. August 1941 - Planquadrat CG 81

Seemannssonntag ! Unser Schmutt, der Gefreite Urban, hatte sich selbst übertroffen, gerade auch wegen der Erfolge des gestrigen Tages. So ließ ich auch den Dienst, soweit er nicht die Seewache und die generelle Einsatzbereitschaft des Bootes betraf, heute etwas lockerer angehen. Das hob die Laune an Bord natürlich beträchtlich und auch die Offiziere machten ihrer Zufriedenheit Luft. So konnte es klar weitergehen, wenn man von den kleineren Schäden absah, war ja bis jetzt auch alles im grünen Bereich.

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'Schiff gesichtet, Herr Oberleutnant !' rief der Obergefreite Hornbostel aus und deutete in die entsprechende Richtung. ich folgte dem Arm und legte das Fernglas an. Obwohl es ziemlich diesig war, schälte sich ein Frachtschiff aus dem Nebel und konnte klar identifiziert werden.

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Sofort befahl ich Sehrohrtiefe und gab die ersten Kurskorrekturen durch, um das Boot in eine geeignete Schußposition zu bringen. Sobald das Boot eingependelt und in die Richtige Position laviert war, hieß es nur noch warten, bis das Schiff in das Fadenkreuz lief. Der Frachter hatte begonnen, Ausweichbewegungen zu fahren, also befahl ich, die E-Maschinen anzuwerfen, um die Distanz zu verringern. Dann war es soweit !

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"Mündungsklappen für Rohr 1 öffnen. Entfernung 860 Meter. Lage 91, Gegnerfahrt 5 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 1... los !"

47 Sekunden lief der Aal zielstrebig auf den Frachter zu. Gerade wollte Plate verkünden, daß die Zeit um war, als es drüben knallte.

'Torpedotreffer !'

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"Achtung bei Rohr 2 ! Entfernung 875, Lage 88, Geschwindigkeit 5 Knoten."
'Steht !'
"Rohr 2... los !"

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'Zeit um für zweiten Torpedo, Herr Oberleutnant.' meinte Plate mit Blick auf die Uhr. 'Torpedo ist 5 Sekunden drüber... 10 Sekunden... 15...'

Ich sah durch das Sehrohr, und bereitete den Abschuß des 3. Torpedos vor, als plötzlich...

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20 Sekunden über die Zeit, aber immerhin hatte er sauber getroffen ! Da sich im Seegebiet nichts tat, beschloß ich, keinen weiteren Torpedo zu verschießen, sondern abzuwarten. Von vorn meldete sich Kettner.

'Schiff funkt, Herr Oberleutnant ! Identifiziert als 'SS City of Colchester'.'

Oberfähnrich Unterhorst schlug im Schiffsregister nach und fand das Schiff rasch: City of Colchester, Heimathafen Bristol, 10.619 BRT. Eine lohnende Beute ! Die City of Colchester quälte sich noch etwa eine halbe Stunde, bevor sie nicht mehr weiterkam und die Mannschaft in die Boote ging. Schlußendlich versank das Schiff über das Heck in der Tiefsee, umgeben von den überlebenden Mannschaftsmitgliedern.

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Am 22. August um 15 Uhr 48 versenkt U-94 den Frachter 'SS City of Colchester' mit 10.619 BRT.

39.000 Tonnen... Die Feindfahrt entwickelte sich klar zu unserem Vorteil ! Auch Plate neben mir grinste zuversichtlich, als er das Fernglas absetzte. 'Ganz schöner Fischzug bis hierher ! So kann das gerne weitergehen, oder ?'
"Ich beschwere mich nicht, Plate ! Mit etwas Glück wird es also doch eine recht kurze Feindfahrt, dann sind wir schnell wieder zuhause." 'Hätte ich kein Problem mit, Herr Oberleutnant !'

Immerhin waren wir erst eine Woche auf See und wenn es so weiterging, würde es keine zweite dauern, bis wir wieder in St. Nazaire anlegten. Das Boot ging wieder auf Kurs und wir malten uns noch eine Weile lang aus, wie die Feindfahrt möglichst optimal für uns ausgehen würde...

Freitag, 23. August 1941 - Planquadrat CG 95

Nacht und nächster Morgen verliefen einigermaßen ruhig. Je dichter wir an Gibraltar heranreichten, desto nervöser, aber auch aufgekratzter wurde die Mannschaft. Sicher, die Fliegergefahr wuchs, aber wir alle kannten Gibraltar vor allem als ertragreiches Jagdgebiet. Wenn es schon so oft geklappt hatte, warum sollten wir jetzt scheitern ? Also hieß es für die Seewache, besonders aufmerksam zu sein, während die Freiwachen ihrem jeweiligen Tagwerk nachgingen. Es wurde langsam Zeit für das Mittagessen, und ich saß gerade auf meiner Koje und regidierte einige Dinge, bevor ich die endgültige Eintragung ins KTB vornehmen wollte. In der Zentrale saßen Plate und Unterhorst und spielten Skat mit dem Zentralemaat. Korecky schlief und Kühne hatte Seewache. Marbach war hinten beim Diesel, etwas mit dem Maschinisten besprechen, wenn ich mich richtig erinnerte...

'Funkspruch, Herr Oberleutnant ! Großer Geleitzug im Planquadrat. Kommt mit 4 Knoten auf Westkurs auf uns zu.' kam es aus dem Funkschapp. Noch ein Geleit ? Wie groß war diese Wahrscheinlichkeit ? Kühne war nicht an der Karte, aber sein Steuermannsgast, Schäfer, hatte die Sachen schon bereitgelegt. Ich trug die letzte gemeldete Position des Geleits in die Karte ein, ebenso den gemeldeten Generalkurs...

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https://up.picr.de/35063499wp.png

Ich betätigte die Bordsprechanlage.

"Hier spricht der Kommandant. U-94 operiert auf Geleitzug, Zusammentreffen in wenigen Stunden erwartet. Gefechtsbereitschaft ist vorzubereiten. Kommandant Ende."

Aus dem Bugraum konnte man Jubelrufe erahnen, von hinen war weniger zu hören, vermutlich auch wegen der Diesel. Ich schob die Mütze in den Nacken und enterte auf den Turm, um Kühne die gute Nachricht zu bringen. Hinter mir machten sich der jüngst aufgestandene Korecky mit der Seewache fertig, um Kühne und die anderen abzulösen. Eine Stunde später war es soweit:

'Schiff voraus, 004 Grad, Herr Oberleutnant !'

Korecky spähte ebenfalls dem Schiff entgegen.

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'Begleitzerstörer... Abschrägung an der Brücke, flaches Dach... Vermutlich M oder L-Klasse.' meinte er.

"Alle Mann einsteigen. Kleine Fahrt, auf 60 Meter gehen !" befahl ich. Wenn ich konnte, wollte ich eine Sichtung durch den Zerstörer vermeiden. "Beide Maschinen 50 Umdrehungen, Ruhe im Boot !"
'Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant ! Geleitzug auf NNO, näherkommend !'
"Kurs 137 !"

Wir liefen schließlich auf 80 Meter auf das Geleit zu. Alle horchten gespannt nach dem ekligen 'Ping' des Sonars, aber trotz aller Nervosität blieb es ruhig. Der Zerstörer bemerkte uns nicht, während oben der ahnungslose Geleitzug weiter seinem Kurs folgte. Das Boot hatte nur noch 5 Torpedos, aber die wollte ich so gewinnbringend wie möglich einsetzen.

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Sobald der Abstand groß genug war, ließ ich auf Sehrohrtiefe gehen und spähte in die Runde. Eine Menge kleinere und mittlere Schiffe in Sicht, aber mein Blick blieb an einem bestimmten Exemplar hängen, das in der Mitte des Geleits fuhr. Ich mußte unwillkürlich grinsen, denn um dieses Modell zu identifizieren brauchte ich kein Schiffsregister... Pro forma ließ ich Unterhorst nachschlagen, aber er kam zum gleichen Ergebnis wie ich...

'Leichter Kreuzer der Town-Klasse, Herr Oberleutnant.'

https://up.picr.de/35063627vn.png

Ich erinnerte mich natürlich. Ein Schwesternschiff dieses Typs hatten wir damals, als ich noch IWO bei Kapitänleutnant Kölmel war, im Oktober 1939 versenkt... Die 'Gloucester', wenn ich mich richtig erinnerte ! Nun, wenn alles gut lief, würden wir bald genug wissen, welches wir hier vor der Nase hatten. jetzt galt es nur noch, den Schußwinkel zu verbessern und die Distanz etwas zu verringern.

"Schleichfahrt aufheben. Halbe Kraft voraus !" Dann justierte ich etwas nach und zog das Sehrohr ein. "Kurs 282, beide Diesel AK !"

Stück für Stück schoben wir uns an das große Schiff heran. Dann schob ich das Sehrohr wieder durch die Wasseroberfläche.

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"Rohr 2 und 4 fertigmachen zum Unterwasserabschuß ! Mündungsklappen öffnen und Rohre bewässern."

Ich entschied mich, die beiden letzten Elektrotorpedos zu benutzen, da diese keine Blasenspur hinterließen. Auch weil der Kreuzer derart dahinschlich, war er ein leichtes Ziel.

"Entfernung zum Ziel 600 Meter. Lagewinkel 108, Zielfahrt 2 Knoten."
'Eingestellt !'
"Rohr 2 und 4... los !"
'Rohre 2 und 4 abgefeuert !'
"Auf 17 Meter gehen."

'Der Feind hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant !'

Draußen hatten beide Torpedos ihre Laufzeit überschritten, doch schließlich knallte es draußen dumpf. Wir konnten nicht sehen, was wir getroffen hatten, doch die Distanz ließ nur wenige Ziele zu, vermutlich war es der Kreuzer.

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Die Pings kamen in langsam kürzer werdenden Abständen, aber noch war Zeit, also wollte ich die anderen Torpedos auch noch loswerden.

"Sehrohrtiefe, Herr Marbach !"
'Herr Oberleutnant-'
"Bringen sie uns auf Sehrohrtiefe, LI."

"Fertig bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'

Ich gab die neuen Daten weiter und ließ das Rohr auch noch auf den Kreuzer abfeuern. Damit blieben nur noch zwei Torpedos ! Langsam sah ich weiter in die Runde.

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Ein kleiner Frachter bot sich an, aber ich wollte sehen, ob es noch etwas Größeres gab...

Als ich das Periskop etwas weiterdrehte, lief es mir eiskalt den Rücken herunter !
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Die Korvette schloß schnell auf und war auch schon zu dicht heran, um sie noch mit dem Heckrohr bekämpfen zu können... Das konnte böse ins Auge gehen ! Was tun ? Lange Zeit zum Überlegen hatte ich nicht.

"Auf 20 Meter gehen !"

'Zerstörer läuft an !'

Wir waren tief genug, damit der Zerstörer uns nicht rammen konnte. Wasserbomben warf er nicht, hatten die Lords Angst, sich selber zu sprengen ? Mir war das egal, ich wußte, uns würde nicht viel Zeit bleiben, bis der Zerstörer gedreht hatte, also war schnelles und entschlossenes Handeln gefragt !

"Sehrohrtiefe, Herr Marbach ! Die beiden Torpedos machen wir noch los !"

Marbach sagte nichts, man sah ihm seine Nervosität an, aber das Boot fing an zu steigen, als er die Ruderkommandos gab.

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"Achtung bei Rohr 3 ! Entfernung zum Ziel 530 Meter, Lage 113, Fahrt 2 Knoten."
'Eingestellt !'
Rohr 3... los !"
'Abgefeuert !'

Ohne groß auf die Detonation zu warten, drehte ich das Periskop weiter, um ein Ziel für das Heckrohr zu suchen, und das keinen Moment zu früh ! Hinter uns kam eine weitere Korvette angerauscht, die aber ebenfalls mit 290 Metern zu dicht war, um sie mit einem Torpedo anzugreifen. Also peilte ich am Zerstörer vorbei einen kleinen Frachter an... Auf fast 1400 Meter kein besonders versenkungsträchtiger Schuß, aber besser als nichts !

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"Das war's, Marbach ! Sofort Alarmtauchen ! Schleichfahrt, Ruder hart Steuerbord !"

'ALLE MANN VORAAAAAAAAAUS !' kommandierte der LI, während wir uns so dünn wie möglich machten, damit uns keiner über den Haufen trampelte !

Auf 50 Meter dröhnte eine weitere Detonation durch das Wasser. Korecky lachte kurz laut auf.
'Soll mich doch der Teufel holen, wir haben ihn tatsächlich erwischt !'

Am 23. August 1941 um 14 Uhr 10 versenkt U-94 den Frachter 'SS Astra' mit 2.398 BRT.

'60 Meter gehen durch... 70 Meter...'

"Kurs 90 !"
'Kurs 90 liegt an !'

Das alte Manöver klappte erneut ! Die Zerstörer blieben wohl am Geleit und verfolgten uns nicht. Nun, gut für uns !

Um 16 Uhr 17 ließ ich auftauchen und einen Bericht absetzen.

'U-94 in Planquadrat CG 95
1 Tanker und 4 Frachter mit 41.455 BRT versenkt
Verbliebene Torpedos: 0
Erbitte neue Befehle !'

Die Antwort war klar: Rückmarsch nach St. Nazaire.

Um 17 Uhr 30 unterbrach Kettner die ausgelassene Stimmung an Bord mit einem abgefangenen Funkspruch der Royal Navy. Die Southampton, der leichte Kreuzer, den wir beschädigt hatten, hatte es doch nicht mehr geschafft und war gesunken, während wir bereits die spanische Küste hochkrebsten ! Unterhorst rechnete alles auf Kühnes Wasserbombentafel zusammen: 55.180 BRT... Nicht schlecht, wie Kühne meinte. Das war es in der Tat nicht, aber wie immer war mir das dann doch eine Spur zu einfach gewesen... Ob das dicke Ende wohl bald kommen würde ? Zumindest ging ich davon aus, daß es bald nicht mehr so leicht werden würde, gerade, wenn die Tommies ihre Verluste ernst nahmen !

Am 23. August 1941 um 17 Uhr 30 versenkt U-94 den leichten Kreuzer 'Southampton' mit 10.725 BRT

Am 26. August um 15 Uhr liefen wir wieder in St. Nazaire ein.

DerGraf
14.02.19, 10:35
Dienstag, 26. August 1941 - St. Nazaire

Das Boot wurde von einer begeisterten Menge an Soldaten, Marinehelfern und anderem Personal empfangen. Natürlich hatte ich auch das Boot selber ein wenig präsentabler machen lassen. Sicher, ein paar Beulen oder abgerissenes Kleinzeug schälerten den Eindruck etwas, aber ansonsten hatten wir unser Bestes getan. Vorne am Schanzkleid hatte einer einen Besen befestigt, über uns flatterten die fünf weißen Versenkungswimpel, nur knapp hinter dem roten rangierend, der den Kreuzer repräsentierte. Offiziere und ausgewählte Mannschaften soviele die Brücke und das Deck hergaben winkten der Menge zu, während U-94 einlief und am Anleger festmachte. Ich erkannte eine Gruppe Offiziere mit PK und allem, was dazugehörte und ich fragte mich, was es diesmal wohl geben würde...

Tatsächlich war es aber dann doch 'nur' der Kommandeur, Korvettenkapitän Sohler, der uns willkommen hieß und uns zu unseren Erfolgen gratulierte. Da ich bereits zuvor heimlich einen entsprechenden Funkspruch abgesetzt hatte, übernahm er es dann auch, verdiente Männer des Bootes persönlich auszuzeichnen. ich hatte mich entschieden, Leutnant Korecky nach seinen Leistungen auf dieser Feindfahrt für das EK I einzureichen, das er nun auch bekam. Funkmaat Kettner erhielt das EK II, das auch der freudestrahlende Oberfähnrich Unterhorst stolz in Empfang nahm. Bootsmann Wittenberg wurde zum Oberbootsmannsmaat befördert. Obwohl ich wußte, daß ihm das möglicherweise einen ziemlichen Karriereknick verpassen würde, bekam Leutnant Plate ebenfalls eine Überraschung... Ich hatte mich entschlossen, ihn ebenfalls für eine bevorzugte Beförderung einzureichen, der anscheinend stattgegeben worden war, da der Korvettenkapitän ihm die freudige Nachricht gleich überbrachte und auch ihm noch einmal herzlich gratulierte. Das würde ihn nicht über die Regeln erhaben machen, war aber trotzdem ein Zeichen der Anerkennung, als das er es wohl auch als solches verstand.

Für mich hatte Sohler tatsächlich keinen Orden (nicht, daß mich das störte), gratulierte aber auch mir herzlich. Andere Leute waren weniger erfreut, gerade Günther Schröder wirkte nicht besonders angetan, als er unser Boot zu sehen bekam.

'Geht aber noch...' meinte er. 'Deinen Kaleu hat's weit schlimmer erwischt.'

In der sich entspinnenden Unterhaltung nach dem Verlassen des Bootes erfuhr ich, wie die letzte Feindfahrt des Kaleuns abgelaufen war. Er hatte anscheinend weit weniger Glück gehabt mit dem Geleit, an das er geraten war ! Einen Frachter hatte er nur erwischt und zwei Korvetten hatte er ebenfalls erledigt, aber der Rest hatte ihn bluten lassen. Aber den Rest seiner Räuberpistole würde der kaleun mir schon selber erzählen, immerhin waren seine Marschpapiere erst für Anfang September und auch die Mannschaft war noch bis mindestens dahin auf dem Stützpunkt. Er selber war wegen einiger Gesundheitsprobleme wohl gerade beim Standortarzt, aber er würde mir noch früh genug über den Weg laufen ! Also machte ich mich auf den Weg, um Karten, KTBs und die anderen Papiere zum Stab zu bringen und mich für die Nachbesprechung vorzubereiten !

Komischer Kunde
14.02.19, 12:27
Erfolg auf ganzer Linie! Weiter so! =]

Azrael
14.02.19, 12:42
Mensch, da wart ihr aber von Fortuna und Poseidon gesegnet, so rund wie das lief :D

Hjalfnar
15.02.19, 14:43
Hui, die Briten habt Ihr aber weggefegt!

Hohenlohe
15.02.19, 15:53
Wegfegen triffts, da alle Pötte incl. der Southhampton kaum ne Chance hatten...:D Wieviel Tonnage habt ihr denn nun insgesamt versenkt bislang...??:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe, der Neugierige...:top:

DerGraf
15.02.19, 21:51
Werter Hohenlohe !

Wir haben eben nachgesehen, insgesamt liegt unser Kommandant inzwischen bei 309.917 BRT. Andere Regfenten haben ebenfalls gut vorgelegt, aber wir sind wohl ganz gut dabei !

Hohenlohe
15.02.19, 23:04
Gratuliere...!!:top: Ist ja schon sehr beachtlich...:)

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:)

DerGraf
20.02.19, 16:05
Sonntag, 1. September 1941 - St. Nazaire

Nachdem ich die Besprechungen und weiteren Dienstgespräche hinter mich gebracht hatte, blieb ich noch ein paar Tage im Stützpunkt. Der nächste Auslauftermin war auf den 7. Oktober festgesetzt worden, was bedeutete, daß wir dieses Jahr noch eine, vieleicht sogar zwei Feindfahrten schaffen würden, was vermutlich darauf hinauslaufen würde, Weihnachten und den Jahreswechsel dieses Jahr auf See zu verbringen. Keine Aussicht, auf die man sich freute, aber Dienst war nunmal Dienst ! Zunächst galt es aber, sich dem Naheliegenden zu widmen, und das war mein Termin bei Korvettenkapitän Sohler. Dieser hatte nicht wirklich offen kommuniziert, worum es ging, aber wer Vorschriften, Richtlinien und andere Paragraphen gut kannte, der wußte das natürlich. Und ein paar paragraphen kannte ich immerhin auch. Dazu kam, daß es bestimmte Daten, Fristen und Stichtage gab, auf die man selber in seinem eigenen Interesse achtete, und dieser gehörte dazu.

Der Korvettenkapitän machte es kurz und schmerzlos.

'Hiermit teile ich ihnen mit, daß sie mit sofortiger Wirking mit Rangdienstalter zum 1.9.1941 zum Kapitänleutnant befördert worden sind. Meinen Glückwunsch !'
"Danke, Herr Korvettenkapitän !"
'Schon ein bißchen seltsam, daß man damit bis zum Stichtag wartet, nicht ? Ich hätte erwartet, daß man sie ob ihrer Leistungen schon früher befördert.'
"Die Wege der Kriegsmarine sind unergründlich, Herr Korvettenkapitän. Die werden ihre Gründe gehabt haben. Vielleicht denkt man, Orden sind kleidsamer als eine Solderhöhung ?"
'Hahahaha, schon möglich ! Naja, wie gesagt, herzlichen Glückwunsch, sie haben es sich verdient ! Was werden sie jetzt machen ?'
"Erstmal in die Heimat, Herr Korvettenkapitän. Ich muß mal sehen, wie es dort aussieht, und meine Zukünftige will auch, daß ich langsam ernst mache. Das muß auch angegangen werden !"
'Teufel auch, das stimmt ! Mast und Schotbruch damit !'

Damit war ich entlassen und konnte mich wieder auf den Weg machen. Zunächst mußte ich natürlich meine Uniformen ändern lassen, aber diesen Auftrag hatte ich schnell erteilt und begab mich ins Kasino. Dort holte ich mir ein Bier und einen Korn und schlängelte mich zwischen Tischen und offizieren durch, bis ich an dem Tisch anlangte, an dem der Kapitänleutnant und einige andere bekannte Gesichter saßen... Der Kapitänleutnant (der jetzt ja eigentlich Korvettenkapitän war, aber immer noch Schulterstücke und Ärmelstreifen eines Kapitänleutnants spazierentrug), sein IWO, Oberleutnant Vowe, sowie der LI, Börner, der allerdings bereits die Abzeichen eines Kaleuns hatte, also anscheinend bereits vorher befördert worden war. Anscheinend war gerade eine Runde ausgegeben worden, denn ich wurde mit großem Hallo begrüßt. Als ich mich erkundigte, woran das läge, grinste der Kaleun etwas schief.

'Jeder, der nicht seinem Rang entsprechend angezogen ist, muß einen ausgeben... Ich bin so ziemlich durch damit, aber diese Leute wirken durstig und sie nicht besonders vorschriftskonform angekleidet, Kapitänleutnant !'

An der Argumentation gab es wenig zu rütteln, also begann mein Sold in die Kasse des Etablissements zu fließen. Die leute waren bereits gut in Stimmung, denn der Korvettenkapitän hatte schon einiges ausgeben müssen, und auch Börner hatte die eine oder andere Runde bezahlt. In der Tat bemerkte ich erst jetzt das Ritterkreuz an seinem Hals. Kölmel folgte meinem Blick.

'Auf der letzten Fahrt haben uns die Lords drüben so richtig zur Sau gemacht. Also so richtig. Zielgenau und beängstigend präzise, sag ich ihnen ! Das Boot war also nur noch ein Haufen Schrott und wegtauchen half nicht mehr viel. Auf 90 Meter haben wir einen Nahtreffer bekommen und das Boot war kaum noch zu halten. 150 Meter waren ruck-zuck durch. Dann 160. Dann 170. Als die 180 näherkamen, wurde es allmählich kritisch, gerade bei dem Zustand. Bis auf 183 Meter sind wir runter, aber ohne Börner wären wir nicht mehr hochgekommen, und selbst wenn, hätten wir es nicht mehr zurück nach Frankreich geschafft. Sobald wir wieder oben waren und eine provisorische Antenne gesetzt hatten, hab ich ihn eingereicht, und der BdU hat's genehmigt.'
"Klingt nach einer nervenzerfetzenden Fahrt, Herr Korvettenkapitän !"
'War es auch. Wenig genug haben wir ja geschossen, aber das hätte denen so passen können, daß ich auf meiner letzten Fahrt noch absaufe. Aber wenn man gute Leute hat, geht das alles, man muß nur den richtigen Zeitpunkt erwischen.'
"Den richtigen Zeitpunkt, an Land zu gehen, meinen Sie ?"
'Genau das. Klingt zunächst kontraintiutiv, aber wenn man sich mal ansieht, wie es da draußen aussieht... Fliegerdeckung gibt es kaum, der B-Dienst... Ich will mich nicht wieder aufregen, lasen wir den B-Dienst da raus. Sicher, die neue generation von Kommandanten ausbilden ist wichtig und die See wird mir fehlen, aber ganz ehrlich, ein bißchen bin ich froh, daß ich nicht mehr raus muß. Muß der Endsieg da draußen halt ohne mich stattfinden, ist mir auch recht.'

Eine Argumentation, der man folgen konnte. Wenn man sich ansah, welche Tonnagezahlen die Kommandanten meldeten, dann fragte man sich irgendwann tatsächlich, wie lange die Briten diesen Aderlaß noch durchhalten würden ! Auch ansonsten sah es einigermaßen aus. In Rußland ging es immer noch vorwärts, In Afrika war man immer noch mit Tobruk beschäftigt, stand aber weiterhin an der ägyptischen Grenze. Im Westen blieb es ruhig, auch wenn der Luftkrieg wieder einmal zeigte, daß man die Schlacht um England nicht hätte im Sande verlaufen lassen sollen. Aber alles in allem stand es nicht schlecht für das Reich und seine Verbündeten. Ich war mir noch nicht darüber klar, wie lange es der Korvettenkapitän hinter seinem Schreibtisch aushalten würde, aber glaubte nicht, daß er langfristig an Land glücklich werden würde. Man konnte den Seemann aus der See entfernen aber niemals die See aus dem Seemann, so hatte ich es immer gesehen. Aber er hatte schon recht, immerhin hatte mein Vater damals auch den richtigen Absprung gefunden und hatte so den Krieg überlebt... Aber ob das zur Zeit wirklich ein Problem werden würde ? ich war nicht sicher, aber die Sicherheit zu haben, nicht abzusaufen war für einen selbst und vor allem die Familie eben auch schon etwas wert !

So aber ließen wir den Kriegbald wieder Krieg sein und schwelgten in Erinnerungen, während wir den Abschied der beiden Offiziere feierten. Vowe war klar, daß er einschweres Erbe antrat, aber er wirkte zuversichtlich genug, das Kind schon zu schaukeln. Kölmel entschuldigte sich nach einiger Zeit und Börner war, wenn man ihn kannte wenig überraschend, irgendwann einfach verschwunden. Auch ich verschwand bald, um nicht völlig abzustürzen. Am 4. September verließen die beiden St. Nazaire und am 5. fuhr auch ich in die Heimat.

Komischer Kunde
20.02.19, 16:55
Herzlichen Glückwunsch Herr Kapitänleutnant!

Kurze Frage Unsererseits: Nutzt Ihr den GWX oder den LSH Mod? Wir sind derzeit am LSH dran, sind in unserer Karriere dort irgendwo im Frühjahr 1940 nach der Weserübung angelangt. Bislang hatten wir mit den Tommies noch keine engeren Gefechte. Im Gegenteil wir konnten sogar mit einem 4'er Fächer ein größeres Schiff vor Narvik in einem Fjord versenken. Irgendwie erscheint uns der GWX-Mod als intensivere Erfahrung in Erinnnerung zu sein.

DerGraf
20.02.19, 17:21
Vielen Dank, werter KK !

Wir sind auf GWX 3.0 unterwegs und emfinden den als recht gelungen. Von LSH haben wir Abstand genommen, weil unser Rechenknecht diesen Mod nicht packt.

Ja, bislang war es bis auf ein paar close calls recht angenehm, aber das gibt sich ja mit fortschreitender Zeit. Wir sind gespannt, was noch kommt und wann es gefühlt Zeit wird, das Boot zu wechseln, um weiter erfolgreich sein zu können (Sind ein großer Fan des Modells VII, das IXer Boot ist in Ordnung, aber nicht unser All-Time favourite...)

Bigfish
18.03.19, 23:34
Auch hier: Dank für die Teilnahme an der Wahl!


http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=29954


Dieser Langläufer hat zum Glück weitere Chancen auf den verdienten Titel!

DerGraf
20.03.19, 03:52
Dienstag, 10. September 1941 - Unterseebootsschulflottille, Pillau

Otto von Eskens-Kalpenbach, seines Zeichens Leutnant zur See, ließ sich in seinen Stuhl fallen und griff zum Feierabendbier. Er hatte ausnehmend gute Laune, immerhin hatte man ihn schlußendlich nicht nur wie er sich das erhofft hatte, zur U-Schule geschickt, nein, er stellte sich dabei, wie von ihm selbst vorhergesagt, auch nicht besonders mies an. Ganz im Gegenteil ! Mehrfach hatte man sich in den 5 Wochen, die er jetzt schon hier war von Seiten der Vorgesetzten lobend über ihn geäußert und auch seine Beurteilungen waren soweit durchweg gut. Wie die Dinge standen, war er sich recht sicher, daß er den Lehrgang als einer der Besten abschließen würde, und dann würden sie ja sehen, ob er nicht doch schneller zu seinem Kommando kommen würde... Zumindest für ihn war glasklar, daß er sich auf der Überholspur befand und aller Wahrscheinlichkeit nach in einer Position war, schnell Karriere zu machen. Hauptsache war, daß der Krieg noch lange genug dauerte, aber da sich im Moment alles im Osten konzentrierte und der Seekrieg eher nebenbei lief, rechnete er sich da gerade bei bevorzugter Beförderung gute Chancen aus, wenn der Russe denn noch bis Mitte '42 durchhielt. Innerlich rieb er sich die Hände, als er daran dachte. Ein eigenes Kommando, natürlich auf einem der moderneren Boote, für die Elite nur das Beste, und dann würde er den Zweiflern und Paragraphenreitern schon zeigen, wie man einen Seekrieg erfolgreich führte ! Aber bis dahin war es eben noch etwas, also hieß es, Zähne zusammenbeißen und sich durch herausragende Leistung weiter anbieten. Das war gerade deshalb wichtig, weil man von ihnen, die sie die Waffengattung gewechselt hatten, natürlich mehr erwarten konnte und auch erwartete, als von den Männern, die direkt zu den Unterseebooten gekommen waren und deshalb jünger aber eben auch weniger erfahren waren.

Mit ihm am Tisch saßen weitere Teilnehmer der Ausbildung, die wie er bereits Kampferfahrung auf anderen Einheiten gesammelt hatten und sich damit in derselben Lage befanden wie er: Leutnant Hans-Hinrich Baumgart, der sich bereits beide Eisernen Kreuze auf einem Schnellboot im Kanal verdient hatte und den es jetzt zu den U-Booten gezogen hatte. Daneben Wilhelm Wolff, dessen Flottenabzeichen ebenso von seiner Fahrtzeit auf der 'Gneisenau' zeugte wie das von Leutnant Martin Eberhardt von dessen Dienst auf der 'Admiral Scheer'. Beide trugen ebenfalls das EK II. Neben diesen Offizieren stach Leutnant Jan Blau durch sein KVK II heraus. Er war bisher auf Z 14 'Friedrich Ihn' gefahren und hatte weit weniger Gelegenheit gehabt, sich auszuzeichnen, als die anderen. Allen fünf war hingegen gemein, daß sie kaum erwarten konnten, endlich wieder an die Front zu kommen, dann aber natürlich auf einem Unterseeboot !

Dienstag, 10. September 1941 - Danzig

Wieder einmal hatte ich mich in Danzig eingefunden und wieder einmal hatte man mich mehr als bereitwillig in einem Gästezimmer aufgenommen, so daß ich kein Gasthaus bemühen mußte. Wie üblich schlug ich die Zeit, bis Anna von der Arbeit kam tot, indem ich mich der Hausbibliothek widmete oder mich in der Stadt herumtrieb. Inzwischen war ich zumindest in Langfuhr bekannt genug, daß meine übliche Maskerade (Mütze ohne weißen Überzug, kein Ritterkreuz, kein Unterseebootabzeichen) hier niemanden mehr täuschen konnte, also mußte ich wohl oder Übel darauf verzichten. An diesem speziellen Nachmittag war ich gerade einmal wieder unterwegs, als eine kleine Personengruppe meine Aufmerksamkeit erregte. Beim Näherkommen erkannte ich einen Schutzpolizisten, der einen Aushang in einem Schaukasten anbrachte, während er sich mit zwei Männern in den Uniformen der SS unterhielt. Auf die Entfernung war nicht auszumachen, ob es sich um Angehörige der Dolmetscherschule handelte. Persönlich hoffte ich das, denn die Alternative wäre Personal vom Strafvollzugslager in Matzkau... Aber soviel Glück sollte ich nicht haben, denn es handelte sich tatsächlich um zwei Männer der Wachmannschaft des SS-Lagers handelte, wie ich erkennen konnte, als der erste sich zu mir umdrehte, sobald ich an den Kasten trat. Mit einer schnellen, aber anscheinend geübten Handbewegung ließ der Ältere eilig eine halb aufgerauchte Zigarette in der hohlen Hand verschwinden und nahm Haltung an. Ich winkte ab.

'Guten Tag, Herr Kapitänleutnant !'
"Guten Tag, Oberscharführer. Darf ich mal ?"
'Natürlich. Willi, geh dem Kaleun mal aus dem Weg !' forderte der Oberscharführer den Unterscharführer neben sich auf.

Auf dem Plakat war die 'Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden' vom 1.9.1941 abgedruckt, die in wenigen Tagen in Kraft treten würde. In Frankreich war von solchen Dingen wenig mitzubekommen, daher las ich die Verordnung, die ich zum ersten Mal sah, gleich zweimal durch. Anscheinend wurde ein Judenstern eingeführt, mit dem Juden gekennzeichnet wurden, der von allen über 6 Jahren getragen werden mußte. Weiterhin wurden einige Ausnahmen aufgelistet und die Strafen für Zuwiderhandlungen aufgeführt. Weiterhin durften Juden keine Auszeichnungen mehr tragen und ihre Wohnorte nicht mehr ohne schriftliche Erlaubnis verlassen...

'Nicht schlecht, oder ? Jetzt können die sich nicht mehr unbehelligt unter uns verstecken. Zigarette, Herr Kaleun ?' fragte der Unterscharführer, den der andere Willi genannt hatte.

Ich nahm die Zigarette an, der Oberscharführer gab mir Feuer.

'Danzig ist ja jetzt schon fast judenfrei, aber im Reich werden sie von der neuen Vorlage sehr profitieren. Sagen sie, was sie wollen, aber halbe Sachen machen die in Berlin nicht.'
"Kann man so sagen... Was passiert denn mit denen, die man abtransportiert ?" Anna hatte mir viel über die schweren Konflikte zwischen den deutschen und den polnischen Juden in der Vorkriegszeit erzählt und auch von den Transporten nach Osten, die dazu geführt hatten, daß es gegenwärtig nur noch etwa 200 Juden in Danzig gab. Der Oberscharführer hatte seine Zigarette wieder in den Mund gesteckt und zuckte mit den Schultern.
'Werden umgesiedelt oder so... Raus aus dem Reich und raus aus dem Volkskörper. Keine Ahnung, man hört mal dieses und mal jenes.'
Wirklich tiefschürfende Erkenntnisse hatte ich von diesem glorifizierten Gefängniswärter aber auch nicht erwartet. Zumindest deckte sich das mit dem, was man auf der Straße so hörte.

'Sagen Sie mal, Herr Kaleun... Wie sieht es da draußen eigentlich aus ?' platzte es nach einer kurzen Stille aus Willi heraus.
"An der Front, meinen Sie ?"
'Nunja, auf See eben, Herr Kaleun.'
"Von den großen Einheiten hört man nicht viel, aber zumindest bei uns läuft der Tonnagekrieg wohl ausnehmend gut, denke ich."

Das schien ihn aber eher weniger zu interessieren, auch wenn er das sicher mit Genugtuung zur Kenntnis nahm.

'Und allgemein, Herr Kapitänleutnant ? In dieser kleinen Röhre mitten auf hoher See, ich stelle mir das ziemlich einsam vor. Tage um einen herum nur Wasser und dann mit so vielen Männern auf engem Raum...'
"Es ist schon gewöhnungsbedürftig, aber nichts, das man als Seeoffizier nicht in den Griff bekommt. Immerhin sind wir dafür ausgebildet und unsere Boote unbeschädigt so gut wie unsinkbar."

Ich grinste ein bißchen in mich hinein, als ich derart auf die Argumentation zurückgriff, die wir damals Leutnant Möller um die Ohren gehauen hatten.

'Klingst ja selber schon wie ein halber Mariner ! Vielleicht läßt dich der Kaleun ja auf seinem Boot anheuern.' lachte der Oberscharführer.
'Mir würde es schon reichen, wenn ich endlich an die Front käme... Ich bewundere die Heldentaten unserer U-Bootfahrer, Herr Kapitänleutnant, aber die See wäre nichts für mich !'

Beim Verweis auf die Front zuckte es um das Auge des Oberscharführers etwas, aber ich tat, als hätte ich es nicht bemerkt.

'Mach mal halblang, Willi ! Die Gefangenen bewachen sich nicht von alleine und Danzig ist auch besser als irgendeine Klitsche am Arsch der Welt, oder nicht ?'
'Schon, Oberscharführer, aber hier ist ja nichts los und immer nur Posten ist nichts, mit dem man...' er unterbrach sich kurz, als ob er überlegte, was er sagen wollte, 'die Karriereleiter raufkommt.'

Ich grinste.
"Raufkommen paßt schon, Untersturmführer, aber 'Karriereleiter' hat das noch keiner genannt." Ich sah auf die Uhr. "Wo wir gerade davon sprechen, ich glaube, meine Verabredung hat bald Feierabend. Sie entschuldigen mich ?"

Beide salutierten kurz und blieben zurück, als ich mich auf den Weg machte. Noch immer war ich nicht sicher, was ich von dem Polizeierlaß halten sollte. Mein Vater würde ihn mittelalterlich nennen, das wußte ich. Günther Schröder würde wahrscheinlich noch drastischere Worte finden. Ich selber war von der Idee wenig genug begeistert und das mulmige Gefühl begleitete mich noch lange, bis Anna es überstrahlte.

Hohenlohe
20.03.19, 12:51
Werter DerGraf, eure Geschichten über eure Protagonisten gehen einem so wie dieser unter die Haut. Aber genau dies macht ja auch eine gewisse Würze zum eigentlichen AAR aus. Daher bitte weiter so...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

DerGraf
07.04.19, 16:14
So, wir entschuldigen uns für die längere Pause, wir sind derzeit wieder mit der Uni im Clinch, aber ein Update wird folgen !

Azrael
07.04.19, 22:47
Das ist doch kein Ding, RL geht immer vor, ansonsten, Herr Kaleu, in Laboe steht noch ein U-Boot, das müssen wir nur zu See bringen und dann jagen wir der Yacht des Dekans einen Torpedo rein, wenn er nicht will wie ihr ;)

Hohenlohe
08.04.19, 04:36
Das ist doch kein Ding, RL geht immer vor, ansonsten, Herr Kaleu, in Laboe steht noch ein U-Boot, das müssen wir nur zu See bringen und dann jagen wir der Yacht des Dekans einen Torpedo rein, wenn er nicht will wie ihr ;)

Dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach besser funktionieren als der neumodische Kram. Zum Bedienen genügen die Marine-Pfadfinder von der Marineschule...:D

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:prost: *MAST- UND SCHOTBRUCH!!*

DerGraf
18.04.19, 02:02
Donnerstag, 12. September 1941 - Brest, Frankreich

'Wie im Mittelalter ! Jetzt fehlt nur noch eine einheitliche Kleiderordnung für Prostitiuerte...'
'Glaube nicht, daß man da so weit gehen wird, bei denen ist es in einigen Kontexten wohl ganz gut, wenn Unbeteiligte sie nicht sofort als Gewerbetreibende erkennen.'

Die Wachen am Tor nahmen Haltung an, als die beiden Offiziere sich näherten und den Posten passierten, immer noch ins Gespräch vertieft.

'Der Witz ist, wer sein Buch gelesen hat, hätte das kommen sehen können. Zumindest, wenn man gewillt ist, die Absichtserklärungen des Führers ernster zu nehmen als die der Politiker zuvor.'
'Hrm, das hätte man ja schon in der Neuauflage des Kirchenkampfes sehen können, wenn man denn gewollt hätte.'
'Rückwirkend sehen zu können, wie sich etwas abzeichnet, ist in der Regel nicht nur billig, sondern auch ziemlich witzlos, Theodor. Bei den ganzen Berufsverbrechern und Ringvereinen habe ich nichts gesagt, weil es ziemlich befriedigend war, die Hunde endlich dranzukriegen, aber jetzt ?'
'Bei dir klingt das fast so, als wenn sie wenn die Juden raus sind, gleich mit den nächsten weitermachen.'
'Ich hoffe das nicht, aber es wäre zumindest rein von der Lage her möglich. Aber das ist sowieso erstmal Zukunftsmusik, erstmal muß der Krieg gewonnen werden.'
'Stimmt wohl.'

Aber zumindest was das anging, sah es ja gar nicht so schlecht aus. Leningrad war eingeschlossen und die Briten hatten es nicht geschafft. Tobruk zu entsetzen. Die Wehrmacht eilte von Sieg zu Sieg und doch war es gerade die Kriegsmarine, in der man langsam anfangen konnte, sich Sorgen zu machen. Zumindest Theodor und Paul wußten, daß man sich durchaus Gedanken machen konnte, wie eine Aufsplitterung der Kriegsmarine gerade in der momentanen Kriegslage sich auswirken konnte. Solange Leningrad gehalten wurde, blieb ein Bedrohungsszenario durch die Baltische Flotte, egal wie klein dies erscheinen mochte, und bedachte man, daß die Marine bereits an mehreren Kriegsschauplätzen zugleich aufgestellt war (Atlantik, Nordsee, Ostsee, Mittelmeer), da konnte man durchaus Bedenken hegen, gerade wenn man verglich, wie die Italiener und andere Verbündete gegen gegnerische Einheiten abzuschneiden pflegten.

Sonntag, 15. September 1941 - Tschaplinka, Rußland

'Rußland ist ja an sich nicht schlecht, aber seien wir mal ehrlich... Die Tommies waren deutlich bessere Gegner. Hier ist ein Luftsieg keine Kunst, die kriegt man ja förmlich nachgeschmissen.' Oberleutnant von Eskens-Kalpenbach rieb sich am Kinn und grinste. 'Ich sag mal... keine 6.'
'Für dich ist das leicht zu sagen, Rudi, du hast ja auch von den letzten Feindflügen einiges an Abschüssen mitgebracht.' versetzte Feldwebel Bermann und sah auf das, was er in der Hand hielt. Der Anblick rief keine Freudenstürme aus. 'So einen Lauf hat aber eben nicht jeder. Gerade im Hinblick auf die Neuen, denen man die ganzen Jabo-Einsätze anhängt.'
'Der Auftrag ist die Unterstützung der 11. Armee, Peterchen, da kann man nicht wählerisch sein.'
'Keine 6 ist ja fast schon sträflich großkotzig, Herr Oberleutnant. Das fordert ein Re ja fast schon heraus.' mischte sich Leutnant Thrumm ein. Er war einer der Neuen, von denen Bermann gesprochen hatte, schien aber an der Aussage an sich erstmal keinen Anstoß zu nehmen. Sein Kaczmarek, der ebenfalls frisch von der Ergänzungsstaffel versetzte Unteroffizier Meier 4, wirkte etwas sauertöpfischer, sagte aber nichts dazu.
'Also, Leutnant Thrumm, Re oder nicht ?' hakte Rudolf nach.
'Natürlich Re.'

Komischer Kunde
18.04.19, 12:01
Hach Doppelkopf. Ich wünschte ich hätte das Spiel früher gelernt und wüsste mehr um die Feinheiten des Reizens.

DerGraf
18.04.19, 12:43
Oh, das ist beim Doppelkopf nicht mal das Problem, werter KK, wir finden das Reizen beim Skat deutlich komplizierter (auch wenn wir das wegen deutlich mehr Übung auch weitaus besser können... Man finde heutzutage mal vier Leute, die Doppelkopf können).

Hohenlohe
18.04.19, 22:57
Skat ist zwar bei mir irgendwo noch in petto, aber Doppelkopf habe ich nie richtig gelernt. Aber ihr pflegt so was einfach so nebenbei einzubringen...touché…:D Meinen Respekt habt ihr...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:smoke:

DerGraf
17.05.19, 01:59
Freitag, 3. Oktober 1941 - Rußland

Der Panzer IIIH stand unter seinem Tarnnetz. Unteroffizier Haller war am Motor zugange und der OG Ulrich prüfte die Einzelteile der Funkanlage, die teilweise im Innenraum verteilt waren. Unteroffizier Miersch und der Gefreite Jokisch waren unterwegs, um sich um die Aufmunitionierung zu kümmern. Oberfeldwebel Kornelius stand vor einem Treibstofffaß in der Nähe des Chefpanzers, auf dem ein Meßtischblatt lag. Neben ihm stand Leutnant Conrad, ebenso die Führer der beiden anderen Züge der Kompanie, Leutnant Faber und Leutnant Indorf mit ihren Halbzugführern, Oberfeldwebel Roth und Oberfeldwebel Eberhard. Hauptmann Oehlkers, der 'Alte', fuhr gerade mit dem Finger eine dünn eingezeichnete Linie entlang.

'Die Generalstoßrichtung zielt direkt auf Moskau, meine Herren ! Unsere Aufgabe wird sein, den Abwehrschirm der Bolschewisten zu zerschlagen, damit die Stadt noch in diesem Jahr eingenommen werden kann. Ich würde sogar sagen, daß wir die Speerspitze der Offensive sein werden, die den Krieg entscheidet. Nach den bisherigen Verlusten und ohne Moskau und Leningrad sowie die weiteren territorialen Verluste wird der Widerstand des Iwans erlahmen und sobald sie kapituliert haben, geht es nach Hause.'

Eigentlich konnte Kornelius den Alten gut leiden und hatte wenig für den Kommunismus übrig, trotzdem war er froh, daß der Hauptmann sich kurz hielt, denn manchmal ging dessen Temperament bei Ansprachen mit ihm durch. Während der Hauptmann einige Detailfragen mit Leutnant Indorf besprach, studierte der Oberfeldwebel die Karte. In der Tat war es im Vergleich zum Anmarsch gar nicht mehr so weit nach Moskau und die Distanz war rein technisch und an der Luftlinie gemessen gut zu schaffen. Tatsächlich war das einzige Problem die Nachschublinie, ganz zu schweigen davon, daß Stalin ihnen jetzt ales entgegenwerfen würde, was er noch hatte. Wie viel das war, war schlecht abzuschätzen, aber viel war von den Westverbänden wohl nicht mehr übrig. Die Frage war, wieviel aus dem Osten herankam und wie gut die Versorgungslinie hielt... genau wie dem Alten auch machte ihm dann höchstens noch das Wetter Sorgen, das entscheidend mitbestimmen würde, wie weit sie kommen konnten, bevor es nicht mehr weiter ging. Zumindest würde es bei einsetzender Kälte wieder besser, was Staub und Schlamm anging !

Als der Alte die Führerbesprechung beendete, zündete der Oberfeldwebel sich eine Zigarette an, und strebte wieder seiner Mannschaft zu.

Freitag, 3. Oktober 1941 - Danzig-Langfuhr

Der Siegeslauf der Wehrmacht im Osten ging weiter. Die Zeitungen waren voll der Erfolgsmeldungen, aber auch andere Geschehnisse konnte man registrieren, wenn man wußte, wo man lesen mußte. Russen und Briten hatten den Iran invadiert und Reza Pahlevi zur Abdankung gezwungen. Das Abhören von Feindsendern war seit dem 17. September potentiell mit der Todesstrafe belegt. Groß zu lesen war selbstverständlich die Einnahme Kievs die mit über einer halben Million Gefangener einherging. Schwerer Bombardierungen in Kronstadt und die Versenkung des Schlachtschiffes Marat durch Stukas. Auch auf der Krim ging es vorwärts und nun wurde also der entscheidende Vorstoß auf Moskau geführt.

Ich saß an jenem Nachmittag mit Frau Kornelius beim Kaffee. Sie machte mir den Aufenthalt dort sehr angenehm, denn ähnlich wie ich, zog sie es vor, nicht groß vom Krieg zu reden. Sicher, ab und an kam man über Umwege auf das Thema, etwa wegen der Rationierung oder anderer Einschränkungen, aber im Großen und Ganzen hielten wir uns von dem Thema fern. Trotzdem konnten wir über Seefahrt gut anknüpfen, denn wie ich inzwischen wußte, war Frau Kornelius' Vater ein Marineenthusiast gewesen, der auch eine kleine Yacht besessen hatte. Daher fand ich sie nicht völlig unkundig, was maritime Theman anging, und ebenso durchaus interessiert. Gerade auch, weil sie ja inzwischen auch ein Kind bei der Marine hatte. Gottfried mußte, so meine Überlegung, die Grundausbildung hinter sich haben und war, wenn ich mich richtig erinnerte, jetzt seit ein paar Tagen auf der Marinenachrichtenschule in Flensburg-Mürwik.

Ebenso erzählte sie mir von dem Brief, den Annas Bruder Eugen ihr geschrieben hatte. In diesem typischen Brief nach Hause ging es dabei sehr wenig um Kämpfe und Verluste, eigentlich gar nicht. Eugen ließ sich sehr über Landschaft, Menschen und die Kameradschaft in seiner Gruppe aus und stellte einige Anekdoten bereit, die sich auf Geschehnisse bezogen, die mir nichts sagten, aber ihr vermutlich schon. Nachfragen wollte ich nicht. In jedem Fall plätscherte unsere Unterhaltung noch etwas dahin, denn es würde noch etwas an zeit vergehen, bis Anna von der arbeit kommen würde. Da der Auslaufbefehl vorlag, mußte ich morgen abreisen und hatte daher für den letzten Abend noch einmal alle Register gezogen. Ich war gespannt, wie sie das Programm aufnehmen würde...

Hohenlohe
17.05.19, 02:16
Eure Geschichten kommen mir manchmal wie eine kleine Zeitreise vor, daher schätze ich sie sehr...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top:

Komischer Kunde
17.05.19, 15:56
Ich schließe mich dem Hohenlohe vollumfänglich an.

Eure Beschreibungen der jeweiligen Umstände verbildlicht höchst deutlich die Szenerien. Ich erfreue mich an jedem Eurer Updates und möchte mich für Eure liebevoll und detailsreich ausgestalteten Beiträge ausdrücklichst bedanken.

DerGraf
17.05.19, 22:10
Montag, 6. Oktober 1941 - St. Nazaire

St. Nazaire hatte sich während meiner Abwesenheit nicht groß verändert, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Oberleutnant Plate wartete bereits vor meinem Arbeitszimmer und lieferte den Bericht ab. Alles in allem hatten die Männer sich manierlich geführt, ein paar, die etwas ausschweifender ihren Dienstschluß begangen hatten, hatten sich ihr Mütchen im Cafe Caree kühlen dürfen und waren danach noch einmal von Wittenberg durch die Mangel genommen worden. Sicher, die Männer waren hart rangenommen worden, aber wer über die Strenge schlug, mußte das abkönnen. Die Berichte waren nicht zu beanstanden und Oberleutnant Plates Art und Weise, mit den Männern umzugehen, fand meine Zustimmung. Das sagte ich ihm auch. Immerhin gab es, wenn er das beibehielt, wenig Zweifel, daß Plate ein guter Kommandant werden würde. Für die Männer war es noch etwas ungewohnt, daß ich nicht mehr der Oberleutnant und Plate nicht mehr der Leutnant war, aber das würde auch mit der Zeit kommen, erlaubte ich mir anzunehmen.

Trotzdem hatten die Offiziere gute Arbeit geleistet: Obwohl ich erst spät wieder im Hafen angekommen war, liefen die Vorbereitungen für die bevorstehende Feindfahrt bereits. Das Boot war fast fertig ausgerüstet, ich fand nichts zu beanstanden und konnte nach kurzer Prüfung die entsprechenden Klarmeldungen entgegennehmen und die passenden Bestätigungen quittieren. Am 7. Oktober um 12 Uhr mittags war der Auslauftermin angesetzt. U-94 würde bereit sein !

Als ich am Anleger stand und auf den Hafen hinaussah, riß mich die Stimme von Günther Schröder aus meinen Gedanken.

'Alles im Lack, Herr Kaleun ?'
"Ich denke schon, auch wenn ich lieber in Danzig wäre..."
'Wer wäre das nicht ? Obwohl es hier auch ziemlich ruhig und friedlich ist, nur an Orden kommt man leichter.'
"Wenn einem das wichtig ist."
'In der Tat...' er kicherte. 'Du warst nicht der, der tatsächlich auf mich gehört und mich eingereicht hat, oder ?'
"Eingereicht ?" Ich verstand nicht gleich. Günther hielt mir einen Orden unter die Nase.
'KVK II, mit den besten Grüßen von Sohler und meinem Alten von der Werftdivision. Irgendwer von eurem Haufen wollte mir schnell noch etwas Blech anhängen.'
"Sieh es als Anerkennung deiner guten Arbeit !"
'Pffff, ich brauche kein Blech, um zu wissen, daß ich gute Arbeit leiste. Also morgen wieder raus ?'
"Schlag 12 morgen Mittag. Mit Glück eine kurze Sache, raus, rein, fertig."
'Keine Lust, wegen zu vielen Orden irgendwann abzusaufen ?'
"Keine Lust, Weihnachten und Neujahr auf See zu verbringen, das ist alles."
'Das ist wahr, Hauptsache du fängst nicht wie dein Herr Vater an, der ist seinerzeit extra auf eine Mine gefahren, damit er Weihnachten '17 zuhause sein konnte...'

Schröder lachte hinterhältig und knuffte mich in die Seite.

'Aber solche Touren stehen nur verheirateten Offizieren zu. Schon einen Plan, wann es soweit ist ?'
"Mal sehen, was die Urlaubslage bringt. Entweder Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres. Womit wir wieder bei Weihnachten und Neujahr wären. Bist eingeladen, wenn es zeitlich paßt."
'Krebst da auch dein Großonkel herum ?'
"Vermutlich schon."
'Soviel also dazu.'

DerGraf
19.05.19, 18:45
Dienstag, 7. Oktober 1941 - Auf dem Weg nach Moskau

Langsam schob sich die Marschkolonne über die Rollbahn dem Tagesziel entgegen. Die Stimmung war durchwachsen. Kampf gegen den Kommunismus war eine Sache, aber im Moment schien der Kampf allein den Tageszielvorgaben zu entsprechen, die die Männer auf Schusters Rappen herunterrissen.

'Hätte ich auch gleich beim RAD bleiben können, so'ne Scheiße !' fluchte Ellis, der am Rand der Straße lief.
'He, Kapo, Ellis will wieder zum BDM, dem laufen wir hier zu viel !' machte sich sein Hintermann, der Obergefreite Müller, bemerkbar. 'Was ist mit dir, Heine ? Findest du wir laufen zuviel ?'
Kleine, Gefreiter seines Zeichens, lachte. 'Bißchen entsetzt bin ich schon. Als ich zur Infanterie gekommen bin, hatte ich noch auf die Motorisierung gehofft. Eigentlich sind meine Füße viel zu schade, um sie hier bis an die Knie abzunutzen.'
'Fahren ist nur was für Offiziere und Funktioner. Da wir für beides zu blöde sind, und jeder, der es nicht im Kopf hat, es besser in den Beinen hat, wird gelaufen. Fragen dazu ?' schaltete sich der Kapo, Unteroffizier Kornelius, ein. Sein Blick traf dabei vor allem Ellis, aber auch dessen Nebenmann, den Gefreiten Brunwald, der alleine schon deshalb gerne etwas abbekam, weil er Reserveoffiziersanwärter war.
'Keine, ich mein ja bloß.'
'Spaß macht mir das Marschieren auch nicht Ellis. Wenn ich kein Mehl abkann, werde ich nicht Bäcker, wenn ich nicht marschieren kann, werde ich kein Infanterist. Du bist Infanterist, also marschierst du auch. Ganz einfach.'

'Mach deinem Sauhaufen Beine, Eugen, ihr hängt hinterher !' schallte es von vorne her. 'Weniger Kaffeekränzchen, mehr aufschließen !'
Der Unteroffizier winkte nach vorne, um Feldwebel Vogt zu signalisieren, daß er verstanden hatte.
'Da haben wir's.' Er sah auf die Uhr. 'Marschpause ist in einer halben Stunde oder so, also bewegt nochmal euren Arsch, dann haben wir es bald geschafft.'

Er steckte sich seine Pfeife in den Mund, und war gerade dabei, sie anzuzünden, als er einen Wassertropfen ins Gesicht bekam. Auch das noch... Dachte er. Dann traf ihn der nächste, und als sein Finger ebenfalls getroffen wurde, sah er, daß es kein Regen war, der da herunterkam. Langsam und vereinzelt fielen Schneeflocken auf die marschierenden Soldaten herunter. Jetzt würden sie also tatsächlich mit dem Winter um die Wette laufen müssen... Im Hintergrund konnte er hören, wie der Gefreite Henne sich halblaut echauffierte.

'Scheiß Russen, zu blöd, nen Kalender zu lesen. Schnee im Oktober, ich glaub es hackt !'

Der Unteroffizier beschleunigte seine Schritte etwas, um weiter nach vorne zu kommen, wo Feldwebel Vogt unterwegs war. So war er schon etwas entfernt, als hinter ihm Müller und Kleine anfingen, zu singen. zunächst alleine und so, daß man den Text nicht verstand, aber als immer mehr die Melodie aufnahmen, wurde es verständlicher.

'Durch den Schnee, der leise fällt, wandern wir, wandern wir, durch die weite, weiße Welt...'

Er hatte schon einiges mitgemacht, aber diese kerle überraschten ihn immer wieder... Wie einige andere in der Marschkolonne konnte er sich das Lachen nicht verkneifen. Erst als er Feldwebel Vogt auf sich zukommen sah, bemühte er sich wieder um einen etwas ernsteren Ausdruck.

DerGraf
19.05.19, 23:00
Dienstag, 7. Oktober 1941 - Kriegshafen St. Nazaire

'U-94 beladen, getrimmt und fertig zum Auslaufen, Herr Kaleun !' meldete Oberleutnant Plate. Auch Wittenberg, Korecky, Kühne und Marbach hatten ihre Abteilungen klar gemeldet. Ich nickte, damit war das Boot aufgeklart und einsatzbereit.

"Danke, meine Herren. Klar Schiff zum Ablegen. Herr Korecky, bringen Sie uns raus !"

Unter den Blicken des versammelten Verabschiedungskommandos ließ ich den IIWO machen. Seinen nautischen Fähigkeiten traute ich diese Aufgabe zu und so war er heute an der Reihe. Er füllte seine Rolle souverän aus und ich fand nichts zu beanstanden. An der Hafenausfahrt turnte Wiottenberg mit der Pütz in der Rechten an mir vorbei, blieb aber stehen und händigte mir etwas aus.

'Hat ein Offizier mir vorhin in die Hand gedrückt, Herr Kaleun. Für die Versicherung meinte er.'

Das Band hing nicht daran, aber ich erkannte Günthers KVK natürlich trotzdem. Kurz überlegte ich, ob ich es behalten sollte, aber es war ja nicht meins, und Günther konnte mit seinem Blech immer noch machen, was er wollte. Ich warf den Orden zurück in den Eimer.

"Schon recht, Wittenberg. bringt uns vielleicht noch ein bißchen mehr Glück."

Der Bootsmann wirkte kurz irritiert, nickte aber und machte sich wieder auf den Weg zum Bug.

https://up.picr.de/35793825hi.png

'Erste Seewache sich klarmachen !' kommandierte Unterhorst unten in der Zentrale. Hinter uns verschwand St. Nazaire langsam in der Ferne. Ich kletterte in die Zentrale, wo ich mit Kühne den Kurs besprach. Unser zugewiesenes Patrouillengebiet war das Planquadrat ET 55, es ging also vor die afrikanische Küste, genauer: nach Sierra Leone. Eine längere Patrouille also ! Nun, mir sollte es recht sein, es gab schlimmeres als im Oktober in afrikanischen Gewässern zuzubringen. Den Nordatlantik etwa. Es würde sich erweisen, was die 13. Feindfahrt für uns bereithalten würde.

Mittwoch, 8. Oktober 1941 - vor der portugiesischen Küste

'Schiff gesichtet, Herr Kaleun ! Etwa 8000 Meter voraus, Peilung 009 !'

Ich enterte auf und sah durch das Fernglas. Langer Rumpf, klotzige Aufbauten, mehrere Ladebäume... vermutlich ein Großfrachter, ich schätzte ihn auf etwa 9.000 Tonnen. Nun, das war an sich ein guter Fang, auch wenn ich mich wunderte, was der hier oben zu suchen hatte. Ein Neutraler vielleicht ? Auf diese Entfernung schwer zu sagen, also ließ ich dichter heranlaufen.

https://up.picr.de/35793990ct.png

"Gefechtsbereitschaft herstellen ! Klar bei Torpedowache. Wittenberg, treffen sie Vorkehrungen für das Deckgeschütz, nur für alle Fälle !"

Im Boot brach geschäftiges Treiben aus, während der Frachter langsam näherkam. Noch schien er uns nicht bemerkt zu haben. Ein Geschütz war nicht auszumachen, vielleicht ein geeignetes Ziel für das Deckgeschütz ? Wir würden sehen, zunächst mußten wir den Kasten sauber identifizieren...

DerGraf
20.05.19, 01:02
Das Schiff näherte sich weiter. An Bord kann man das Boot mittlerweile unmöglich nicht gesehen haben, aber man bleibt auf Kurs. Keine Ausweichbewegungen, keine verdächtigen Aktivitäten an Deck. Nichts ! Dann ließ sich der Bugposten vernehmen.

'Mensch, das ist ein Japaner, Herr Kaleun ! Was machen die denn hier ?'

Ich nahm noch einmal das Fernglas an die Augen, nachdem das Schiff ja nun deutlich dichter herangekommen war. Tatsächlich !

https://up.picr.de/35794451qo.png

Sauber war das Fahnentuch nicht zu erkennen, aber wenn das keine verflucht ausgeblichene Flagge war, war das deutlich zu viel weiß für die meisten Neutralen. Also tatsächlich ein Japaner ! Kriegswichtige Rohstoffe aus Asien für Frankreich wohl... Viele andere Begründungen für deren Anwesenheit fielen mir nicht ein. Dann wurde drüben die Flagge auf Halbmast heruntergezogen.

"Wittenberg, Flagge dippen." Dieser nickte und verschwand nach hinten, wo die Reichskriegsflagge hing. "VARTA auf Brücke !" rief ich das Turmluk hinunter, wo Plate bereits Entwarnung gegeben hatte. Der Steuermannsgast, Schäfer, reichte die Leuchte durch das Luk. Ich nahm das Gerät entgegen und richtete es auf den Frachter. Drüben stieg die Flagge wieder auf Vollmast.

W-I-L-L-K-O-M-M-E-N I-N E-U-R-O-P-A W-E-I-T-E-R-H-I-N G-U-T-E F-A-H-R-T

blinkte ich hinüber, wartete noch etwas und wiederholte dann noch zweimal. Schließlich blinkte es drüben zurück, wenn auch etwas langsamer.

V-E-R-B-I-N-D-L-I-C-H-S-T-E-N D-A-N-K V-I-E-L E-R-F-O-L-G H-E-I-L H-I-T-L-E-R

Sicher, man konnte kein flüssiges Deutsch voraussetzen, aber zumindest einer drüben schien es brauchbar zu beherrschen und höflich waren die Herren auch. Eine gelungene Überraschung ! Langsam liefen die Besucher ab und wir kehrten wieder auf unseren Kurs zurück. Ich machte einen Vermerk im KTB, um diese Begegnung festzuhalten.

Kurz oder nicht, zumindest für den Rest des Tages war diese Begegnung mit den Verbündeten Hauptgespräch im Boot...

DerGraf
09.07.19, 22:15
Freitag, 10. Oktober 1941, Atlantik

Nach Kühnes Berechnungen befand sich U 94 mittlerweile etwa auf der Höhe Lissabons. Es war mittlerwile 11 Uhr durch und ging langsam auf Mittag zu. Unten schmurgelte der Gefreite Urban bereits seit geraumer Zeit am Mittagessen. Oberfähnrich Marbach und Oberfähnrich Unterhorst waren im Oberfeldwebelraum, wo Oberleutnant Plate Fähnrichsunterricht erteilte und immer wieder verstohlen auf die Uhr sah. Keine Stunde mehr, dann würde er mit der Seewache aufziehen und Kühne ablösen. Leutnant Korecky hatte Freiwache und las in einem abgegriffenen Buch. Ich saß auf dem mittlerweile deutlich kleineren Kartoffelsack und schrieb einen Brief nach Hause. Oben auf der Brücke entstand Unruhe. Jemand rief durch das Luk.

'Schiff gesichtet, Herr Kaleun !'

"Entfernung ?"

'Knapp 15 Kilometer, kommt näher !'

"Komme !"

So schnell ich konnte enterte ich auf. Kühne zeigte die Zielrichtung an, und ich spähte hinüber, aber wirklich viel war nicht zu erkennen. Nur, daß dort ein Schiff unterwegs war, konnte man feststellen.

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'Klein und schnell, Herr Kaleun ! Mindestens 8 Knoten, aber eher 10 oder 12.' meinte Kühne. 'Kurs ist schwer zu bestimmen. Erster guter Fang der Fahrt, oder wieder ein Neutraler ?'

"Finden wir es raus, Kühne... Finden wir es raus !" Ich öffnete das Sprachrohr zum Maschinenraum. "Kurs 150, halbe Fahrt voraus !"

Langsam drehte sich der Bug weiter auf das Ziel zu. Die Witterung war aufgenommen. Nach nur neun Minuten, knallte es dann plötzlich und irgendwo hinter uns hieb eine Granate ins Wasser.

'Ich nehme alles zurück, Herr Kaleun, ist möglicherweise doch kein Neutraler !'
"Meinen Sie ?"
'Ja, gerade auch, weil sie schon schießen, die sind doch noch was... 9000 Meter entfernt ?'
"Kommt hin, aber sehen wir es positiv, je mehr sie jetzt abschießen, desto weniger haben sie, wenns drauf ankommt ! Kurs halten."

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'3000 Meter, Herr Kaleun !'
"Flak besetzen, Geschützmannschaft klar bei Deckgeschütz !"

'Deckgeschütz besetzten ! Flak besetzen !' rief Klingenbach, der Maat der Wache ins Bootsinnere und wenig später kletterten die Männer an Deck und klarten die Waffen auf.

'Flak klar, Herr Kaleun !'
'Deckgeschütz klar, Herr Kaleun !'

"Feuer nach eigenem Ermessen !"

Unten kommandierte Wittenberg seine Leute.
'Entfernung 2950 Meter. Auf Wasserlinie zielen ! Achtung... Feuer !'

Die erste Granate verließ das Rohr und flog dem Briten entgegen, zumindest war ich zuversichtlich, daß es ein solcher war. Recht zügig beantwortete man drüben den Artilleriebeschuß mit einem Flakgeschütz. Wittenberg lieferte wie gewohnt hervorragende Arbeit. Die Treffer lagen gut, wenn auch etwas hoch, und deckend. Deutlich mehr, als man vom Feindfeuer sagen konnte !

"Langsame Fahrt voraus !"

Die Kanonade ging weiter, bis Wittenberg entweder mit einem Glückstreffer oder einem gelungenen Kunstschuß die Flak von der Heckplattform schoß, daß wir einige Männer und das verbogene Geschütz durch die Luft wirbeln sahen !

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"Guter Schuß, Wittenberg !"

'Danke Herr Kaleun !'

Zehn weitere Granaten fraß das Schiff noch, dann war es vorbei !

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Am 10.10.1941 um 11:35 Uhr versenkt U 94 den Küstenfrachter 'SS Thelma' mit 1.869 BRT

Bigfish
09.07.19, 22:21
Prächtig!

Hohenlohe
09.07.19, 23:29
Klein, aber fein...!!:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *HIPPHIPPHURRAH!!*

DerGraf
09.07.19, 23:38
Sonnabend, 11. Oktober 1941 - Atlantik

Das Boot bleibt auf Kurs. Die Routine hat sich wieder eingeschliffen. Keine weiteren Schiffssichtungen seit der Versenkung der 'SS Thelma'. Das Aufregendste in diesen Tagen ist ein Funkspruch des BdU. Ich schärfe der Seewache besondere Vorsicht ein, mal sehen, ob wir einer Ubootfalle begegnen. Verzichten könnte ich darauf sehr wohl ! Da wir aber nicht sehr dich an Madeira herankommen, sondern uns trotz der Fliegergefahr an der Küste halten, sehe ich wenig Gefahr, außer das Q-Schiff zieht mit und wir treffen uns bei den Kanaren...

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Das Boot hat inzwischen Europa hinter sich gelassen und folgt der afrikanischen Küste.

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Montag, 13. Oktober 1941 - Südlich der Kanarischen Inseln

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U 94 begegnet keinem Q-Schiff, aber das Wetter ist seit der Passage schlecht. Verhangener Himmel und stürmische Winde machen Navigation schwierig, das Boot wird ständig versetzt und krängt. Lasse trotzdem über Wasser weiterlaufen. Immerhin kein Fliegerwetter !

Freitag, 17. Oktober 1941 - Kapverden

U 94 hat die Kapverdischen Inseln erreicht. Das Wetter hat aufgeklart. Wieder nur ein Funkspruch zur allgemeinen Kenntnisnahme: Odessa ist gefallen, die Sowjets sind auf dem Rückzug, auch wenn einige eher von einer Flucht ausgehen.

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https://up.picr.de/36216762eo.png

Die Gewässer sind immer noch wie leergefegt, aber wenigstens ist das Meer ruhig !

Sonnabend, 18. Oktober 1941 - Atlantik

Noch ein Funkspruch erreicht das Boot und sorgt vordergründig für einige Erheiterung.

https://up.picr.de/36216846ee.png

'Im Verbund mit der Luftwaffe ? Die bleiben doch alle über der Biskaya hängen, damit sie nicht übern Kanal müssen, höhö !'
'Wieviele mächtigste Luftwaffen der Welt hat unsere Luftwaffe denn schon erledigt ? Kann ich überhaupt so weit zählen ?' 'Nein !' 'Halt's Maul, dich fragt keiner !'
'Ob die führenden Asse der Luftwaffe auch schon 300.000 Tonnen zusammen haben ?'
'Pah, wenn man alle zusammennimmt vielleicht die Hälfte !'

Immerhin hatte Werner Mölders im Juli als erster Flugzeugführer der Luftwaffe 100 feindliche Flugzeuge abgeschossen und war dafür hoch dekoriert worden. Und Startverbot hatte er auch bekommen, natürlich. Trotzdem waren natürlich auch andere Töne zu hören. Gerade auch Oberfähnrich Unterhorst legte dem OKW gegenüber ein gewisses Unverständnis an den Tag.

'Die tun ja fast so, als würden wir den ganzen Tag herumsitzen und nichts tun, Herr Kaleun !'
"Tun wir ja im Moment auch, Herr Unterhorst. Aber zumindest Dönitz weiß schon, was er an uns hat."

Ja, das OKW machte sich dieser Tage an Bord von U 94 nicht viele Freunde. Wir Offiziere sahen gelassener darüber hinweg, aber gerade von denen, deren Tagewerk nicht sichtbar in der Tagesschau auftauchte, fühlten sich einige nicht ausreichend gewürdigt, egal ob sie schon in Norwegen dabeigewesen waren, oder nicht.

Montag, 20. Oktober 1941 - vor Afrika

Die Schlacht von Wjasma und Brjansk ist beendet ! Mehrere sowjetische Armeen wurden vernichtet. 5.400 Geschütze wurden erbeutet oder zerstört, ebenso 1.200 Panzer. 673.000 Rotarmisten gehen in Gefangenschaft. Ein unglaublicher Aderlaß, der die Stimmung an Bord steigen läßt. Siegeszuversicht erfaßt die Männer. Ob man diese Verluste einfach so kompensieren kann ? Das Reservoir Sowjetrußlands ist tief, aber wie lange wird man brauchen, daraus zu schöpfen und vor allem, wie lange, das Material zu ersetzen, das verlorengegangen ist ? Ob die Wehrmacht es tatsächlich noch in diesem Jahr nach Moskau schafft ?

Mittwoch 22. Oktober 1941 - Planquadrat ET 55

U 94 hat das Zielgebiet erreicht. Patrouille beginnt planmäßig, keine Auffälligkeiten. Die Männer brennen auf einen Kampf.

Hjalfnar
10.07.19, 01:02
Ah, ein Duell! Gewagt, gewagt. Wir haben Uns in UBOAT bisher zwei Mal auf Duelle eingelassen. Beide Male war es für Uns verdammt knapp. Ein Libertyschiff verpasste Uns einen bösen Treffer am Turmansatz, der das Boot beinahe absaufen ließ, und ein Geschützgefecht mit einer Korvette kostete Uns den Flakschützen und einige kleinere Schäden. Chapeau für Euren Mut, Uns wäre das zu riskant.

DerGraf
10.07.19, 01:55
Sonnabend, 1. November 1941 - Kriegshafen Brest

Es war 10 Uhr, als der Lastwagen kurz vor dem Tor des Kriegshafens anhielt und seine beiden Passagiere in den neuen Dienstort entließ. Mit den gültigen Marschpapieren kamen die beiden Leutnants ohne weitere Probleme an der Wache vorbei. Der Wachhabende verwies sie an ein Personalbüro, wo sie sich ihre ersten vagen Instruktionen abholten und schließlich ein wenig verloren auf dem Gelände umherirrten.

'Sauladen, wie soll man sich hier bloß zurechtfinden ?' schimpfte Leutnant zur See Jan Blau. 'Fast so als wollte man den Neuen am ersten Tag zeigen, daß sie keine Ahnung haben !'
Leutnant zur See Otto von Eskens Kalpenbach war ähnlich verärgert, machte dem aber nicht so vehement Luft. Er hatte den Verdacht, daß man die Neuen beobachtete, nur um zu schauen, wie sie sich so machten, ganz auf sich allein gestellt... Er fand, daß er es mit Brest recht gut getroffen hatte. Trotzdem beneidete er Baumgart und Wolff ein wenig. Die beiden Leutnants waren nach Salamis zur 23. gekommen. Im Mittelmeer war, wie man hörte, einiges los und das mit weniger An- und Abreise als im Atlantik, zumal das Mittelmeer auch deutlich übersichtlicher, aber eben auch gefährlicher war. Eberhardt war in Lorient gelandet und er mit Blau eben in Brest.

Nun standen sie also auf dem Platz wie Pik-Sieben, während sich um sie herum der morgendliche Trubel langsam entfaltete. Es dauerte eine Weile, bis sie jemanden fanden, der ein wenig hilfreich wirkte. Ein Oberleutnant zur See, der statt der Mütze ein Schiffchen auf dem Kopf trug, erbarmte sich ihrer schließlich.

'Morgen, die Herren ! Was suchen Sie denn hier auf dem Exerzierplatz ? Den Appell haben Sie knapp verpaßt.'
'Morgen, Herr Oberleutnant !' antworteten beide fast unisono. 'Wir suchen unsere Boote, aber in dem Urwald hier finden wir die alleine wohl nicht vor morgen.'
'Klar, haben die Säue euch hier einfach stehen lassen, hm ?' fragte er und steckte sich eine Zigarette an. 'Ihr seid also von den neuen Wachoffizieren. Zeigt mal her, eure Lappen.'
Keine drei Sekunden später hatte er die Papiere beider Leutnants unter der Nase und überflog sie.
'Oberleutnant Mager, hm ? Nicht schlecht, der ist ganz gut. Bißchen lasch, aber sie werden schon mit ihm klarkommen, Leutnant... Blau.' Er gab Jan seinen Zettel zurück und nahm sich Ottos Befehle vor. 'König ? Puh, mein Beileid, das ist der übelste Schleifer hier in der Ersten, der wird ihnen die Flötentöne vorwärts und rückwärts beibringen, bis ihnen das Wasser im Arsch kocht. Beneide ich sie nicht drum.'
"Mit dem komme ich schon klar, Herr Oberleutnant !"
'Schon recht, sie müssen mit ihm klarkommen, nicht ich. Also, ich beschreibe ihnen den Weg, passen sie gut auf...'

Paul und Jan paßten auf. Sie legten das erste Stück gemeinsam zurück, bis sie sich trennten und mit Handschlag verabschiedeten. Paul klapperte also den Anleger ab, bis er zum vom Oberleutnant benannten Boot kam. Der Offizier der Wache nahm seine Papiere entgegen. Händigte sie ihm aber gleich wieder aus.

'Was wollen Sie denn hier ?'
"Mich zum Dienst melden, ich bin der neue IIWO."
'Das glaube ich kaum. U 238, hm ? Da müssen sie aber noch ein Stück laufen.'
"Der Oberleutnant, der mich eingewiesen hat-"
'Hat sie gründlich verladen, ganz genau. Sie müssen nämlich von hier aus da runter, dann rechts und dann lang durch.'
"Nagut, danke, Herr Kamerad."
'Ist doch kein Problem, wir waren alle mal neu.' meinte der fremde Leutnant gönnerhaft. 'Beeilen sie sich aber, König kanns nicht haben, wenn man sich verspätet meldet. und Leute mit Navigationsschwäche schon gar nicht.'

Paul eilte davon. Das belustigte Grinsen des Leutnants sah er nicht mehr und so wiederholte sich die obige Szene noch an vier Booten, wo er am Ende seinem Ärger erstmals etwas Luft machen konnte, weil dort nur ein Obermaat auf Wache stand. Am sechsten Boot nahm ihm ein Leutnant die Papiere ab und las sie gründlich durch, bevor er sie zurückgab.

'Hat ja lange genug gedauert, Herr Kamerad !' meinte er und gab Otto die Hand. 'Leutnant Zyzik, ich bin der IWO von U 238.'
"Wäre früher da gewesen, aber ein paar Säue haben mich gründlich rumgeschickt. Den halben Hafen kenne ich jetzt."
'Haben sie mit mir damals auch gemacht, ich denke mal, der Alte wird dafür Verständnis haben.'
"Hab gehört, er wäre ein übler Schleifer." meinte Otto.
'Iwo, eigentlich ist er ganz umgänglich, manchmal treibt er es etwas weit, aber sonst ist er ein Bilderbuchkommandant. Ah, da kommt er !'

Otto drehte sich um, baute sein Männchen und ratterte die Meldung herunter. Als der Oberleutnant ihn begrüßte, fiel ihm dann aber doch ein wenig die Kinnlade herunter. Zwar hatte er den Mann wegen der Kommandantenmütze nicht sofort wiedererkannt, aber vor ihm stand der Oberleutnant, der den Spießrutenlauf auf dem Exerzierplatz eingeleitet hatte und grinste ihn mit einer Zigarette im Mundwinkel an.

'Sie sind schnell, das gefällt mir. Oberleutnant Adolf König, Kommandant U 238. Willkommen an Bord, Leutnant !'
"Sie sind... Sie haben... ich meine..."
'Ja, sehen sie es als hafentaufe, nur ohne Wasser.' lachte der andere. 'ich wollte mir mal ein Bild von ihnen machen, die anderen haben gerne geholfen !'
"Kann ich mir vorstellen..." knurrte Otto.
'Ich hab damals eine richtige Taufe im Hafenbecken gekriegt, ich dachte, das wird schnell langweilig. Also, dann kommen sie mal mit !'

Otto folgte dem Kommandanten an Bord.

'U 238 ist eins der neueren Boote vom Typ VIIC, wie sie wissen. Die Mannschaft ist ziemlich neu, wie man es kennt um ein paar erfahrene Männer herum gruppiert. Wir mußten auch ordentlich Offiziere abgeben, aber so ist das halt. Ich stelle sie kurz den anderen Offizieren vor, dann können sie sich erstmal einrichten. Wir laufen in vier Tagen in den Mittelatlantik aus, insofern sind sie ja noch rechtzeitig angekommen, ich dachte schon, ich muß mir noch unter der Hand einen IIWO besorgen. Nun, da wären wir.'

In der Offiziersmesse saßen mehrere Männer, die jetzt aufstanden. Alle waren mehr oder weniger in Ottos Alter.

'Leutnant Zyzik kennen sie ja schon.' Er führte Otto zu einem langen, dünnen Mann mit dunklem Haar, der ein kariertes hemd trug und ihn kurz musterte bevor er ihm dann die Hand hinhielt. Otto schlug ein.
'Oberleutnant Will, unser LI.' Will nickte ihm zu. 'Willkommen an Bord, Leutnant. Bin froh, sie an Bord zu haben. Wenn sie nur die Hälfte von dem draufhaben, was ihr bruder da draußen verbricht, sollten die Tommies sich jetzt schon in Acht nehmen.'
"Danke, Herr Oberleutnant !" Dqas ging natürlich runter wie Öl ! Will's Nebenmann trug keine Jacke, aber die Schulterstücke der Jacke, die neben seinem Platz lag, wies ihn als Offiziersanwärter aus. Er war deutlich kleiner und schmächtiger als Will und wirkte auch deutlich weniger selbstsicher. Auch er gab Otto die Hand.

'Willkommen an Bord, Herr Leutnant !'
"Danke, Oberfähnrich !"

'Oberfähnrich Beckmann ist unser IILI, er geht Oberleutnant Will zur Hand und ist ansonsten für das Vorschiff zuständig. Unser Navigator, Steuermannsmaat Wenke...'

Der vorletzte Mann war blond und hatte sich, was man deswegen nur schlecht sah, einen kleinen Schnurrbart stehen lassen. Er wirkte auf Otto ernst und auch ein wenig verkniffen.
'Herr Leutnant.'

'Und hier unser Bootsmann. Bootsmann Virnau.'
Der vorgestellte nahm Haltung an und grüßte straff militärisch.

'Willkommen an Bord, Herr Leutnant !'
"Danke, Virnau !"

'Bootsmann Virnau zeigt ihnen ihre Koje und wo sie ihr Zeug abladen können. Ruhen sie sich aus und sehen sie sich um. Ab morgen teile ich sie im Dienstplan ein wie alle anderen auch. Machen sie sich mit dem Boot und den Männern bekannt.'
"Verstanden, Herr Oberleutnant !"

'Fein. Wegtreten, IIWO.'

Als Otto sein Geraffel verlud, fiel ihm ein, was ihn bei der Vorstellungsrunde gestört hatte... Außer König hatten nur Wenke und Zyzik ein Ubootkriegsabzeichen getragen. Das hieß daß sowohl der LI als auch der IILI Neulinge an Bord waren... Kein gutes Zeichen ?

"Sagen sie mal, Virnau, ist wirklich die ganze Mannschaft neu ?"
'Die meisten, Herr Leutnant. Ich bin mit Buchheit, Kemke und Decker zusammen gefahren, bevor ich hierher kam. Wenke ist mit Meyer und Fritsch an Bord gekommen... Tja, ein paar andere haben wir noch. Macho, unser Bugraumpräsident ist der dienstälteste hier, hat schon 5 Fahrten auf dem Buckel... Was den Alten angeht, das kann ich ihnen nicht sagen, ich hab erst eine Fahrt unter ihm gemacht, Zyzik auch. Naja, wenn sie ihren Kram verpackt haben, kommen sie in die Zentrale, dann stelle ich ihnen unseren Zentralemaat vor. Unsere Funk- und Horchcrew wird sie besonders interessieren, die beiden lernen sie dann auch kennen. Hincke und Geßlein sind frischlinge, aber patente Leute. Sie werden sie mögen.'

Damit war Otto mit sich und seiner Ausrüstung allein. Nun, so alleine, wie man in einem Uboot eben sein konnte... Wieder ertappte er sich bei dem Gedanken, daß das alles nur noch eine weitere Verlade des Alten war, denn so hatte er sich sein neues Boot nicht vorgestellt ! Wie sollte er auf so einem Äppelkahn wertvolle Erfahrungen sammeln, wenn die halbe Besatzung nichts taugte ??? Ob ihm der Fragattenkapitän das eingebrockt hatte ? Nun, dem würde er es zeigen !

Ob Blau und die anderen ähnliche Schicksale erlitten hatten ?

- - - - - - - - - - AUTOMATISCHE ZUSAMMENFÜHRUNG - - - - - - - - - -

Werter Hjalfnar !

Das ist wahr, manchmal spielen wir auch gern etwas vabanque, aber so wie die herren geschossen haben, dachten wir, das Risiko wäre vertretbar. Immerhin trifft man ja auf 4000 Meter schon kaum noch war, und die Lords haben auf 9000 angefangen zu ballern. Aber ja, Glück war auch dabei.

Hohenlohe
10.07.19, 11:29
Das wird ja eigentlich immer besser mit der Story. Schon zwei aus der derselben Adelsfamilie bei den U-Bootfahrern...:fecht: Wir freuen uns schon auf die Gefechtsfahrten und die dazu gehörigen Geschichten...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe, der gespannt auf die Fortsetzungen wartet...:top:

DerGraf
21.07.19, 02:26
Sonnabend, 1. November 1941 - Brest

An diesem Abend war im Offizierskasino eine recht gute Stimmung, nur an einem Ecktisch ging es etwas gedämpfter zu. Otto und Jan saßen dort beim Feierabendbier und rauchten. Beide hatten die jeweilige Bilanz ihres Bootes gezogen und waren mit dem Ergebnis nicht besonders zufrieden.

"Das Boot ist ja in Ordnung und die Männer sind auf der Höhe, aber es sind eben Neulinge." meinte Otto. "Der Kommandant ist ein erfahrener Mann, aber der Rest ? Der IWO hat schon eine Feindfahrt auf einem Boot auf dem Buckel, ansonsten Fehlanzeige ! Nicht mal die Hälfte der Unteroffiziere und ein Drittel der Mannschaften hat auch nur grundlegende Kampferfahrung... Ich hatte gehofft, auf ein Eliteboot zu kommen, und nicht auf so einen Eimer, wo man beim Tauchtest Angst haben muß." ereiferte er sich. Viel zuversichtlicher wirkte Jan auch nicht, auch wenn dieser ob seiner fehlenden Orden nicht ganz so auftrat wie sein Kollege. 'Da hast du's ja noch gut. Bei uns ist Oberleutnant Mager der einzige Offizier mit Kampferfahrung. Dazu ein Drittel der Unteroffiziere und ein Drittel der Mannschaft.' Er schüttelte den Kopf.

'Irgendwie muß man ja auch erfahrene Leute auf die neuen Boote bekommen, Leutnant. Wäre es ihnen lieber, wenn man neue Boote komplett mit Neulingen bemannt, die dann entweder alles richtig machen oder wegen Lappalien absaufen, solange das kein Boot ist, auf dem Sie sitzen ? Man hat sich bei der Zuteilung zu den Booten schon etwas gedacht.' unterbrach sie eine Stimme. 'Ist bei ihnen am Tisch noch Platz ?'

Blau sah zu dem Sprecher hoch und zuckte zusammen. Ehe er Anstalten machen konnte, sich zu erheben, gab ihm wohl jemand hinter Ottos Rücken ein Zeichen, daß das nicht nötig wäre. Otto wußte ja bereits, wer das war, die Stimme erkannte er problemlos jederzeit wieder. Kurz darauf ließ sich neben ihm Korvettenkapitän Schulte am Tisch nieder.

'Dicke Luft, meine Herren ? Man könnte ja meinen, Sie müßten froh sein, endlich auf ein Boot gekommen zu sein, und doch mäkeln Sie über die Besatzungen und ihre Vorgesetzten. Lernt man das jetzt bei der Ausbildungsflottille ?'
'Nein, Herr Korvettenkapitän, es ist nur, daß man natürlich hofft, auf eins der Spitzenboote zu einem bewährten Kommandanten zu kommen und nicht-'
'Zum gewöhnlichen Fußvolk, sicher. Nun, man hat sich schon etwas dabei gedacht, als man sie den Kommandanten zugeteilt hat. Dabei geht es nicht darum, mit welchem Kommandanten und welcher Mannschaft sie am besten zurechtkommen oder wo sie am bequemsten ihre Zeit als Wachoffizier absitzen können. Es geht darum, von welchem Kommandanten Sie beide möglichst viel lernen können, dazu gehört auch, sein Ego runterzuschlucken, meine Herren.'
"Oberleutnant König ist ein Quertreiber, Herr Korvettenkapitän !" warf Otto ein. Schulte schmunzelte.
'Quertreiber ? Ein linker Hund ist er und durchtrieben für drei, aber er ist ein guter Kommandant, von dem du dir ruhig eine große Scheibe abschneiden kannst. Mager... der ist ein Schleifer, aber er hat Schneid und ist will hoch hinaus. Da können Sie sich auch noch was abschauen, Leutnant.'

Blau hatte dazu nichts zu sagen, Schulte hatte nichts anderes erwartet.

'Wann geht es denn raus ? Oberleutnant Mager läuft morgen aus, richtig ?'
'Richtig, Herr Korvettenkapitän.'
'Aufgeregt ?'
'Ist ja schon etwas kurzfristig, Herr Korvettenkapitän... Aber es wird wohl.'
'Ein U-Boot ist kein Zerstörer, das ist wahr. Was ist mit ihnen, Leutnant ?'
"Am 5., Herr Korvettenkapitän, ist also noch etwas Eingewöhnungszeit."
'Gut, nutzen sie die. Die erste Feindfahrt ist immer etwas ganz besonderes. Ich weiß noch, es war wie gestern, als ich von den Kreuzern runter bin und zu den U-Booten kam, das war auf Helgoland vor... gut 24 1/2 Jahren, im März 1917. Wir sind damals auf den Firth of Forth angesetzt worden, danach war freie Jagd, wobei wir uns schließlich für den Kurs Tweedmündung - Lindisfarne - Farn Deeps entschieden. Als Neuer an Bord ist man natürlich besonders dem Blick der Mannschaft ausgesetzt, aber das kenne sie ja schon von den Zerstörern. Allerdings sind sie halt nicht mehr Divisionsoffizier, sondern für einen Großteil der Operationsfähigkeit des Bootes verantwortlich und haben deutlich mehr Kontakt mit dem Kommandanten und der direkten Kampfführung des Bootes. Einschüchternd, aber sie bekommen schnell raus, ob sie ihrer Aufgabe gut oder mindergut nachkommen. Halten Sie sich an ihre Offizierskameraden, den Kommandanten und natürlich ihre Unteroffiziere. Sie sollen ja lernen, also erwartet niemand Wunder von Ihnen, nur Seemannschaft und Führungsqualitäten. Die Lernkurve ist natürlich recht steil, aber sie haben es bis hierher geschafft, da schaffen sie den Rest auch noch...

Ich habe jedenfalls meine erste Feindfahrt gut überstanden, und mein Kommandant damals hatte auch keine Feindfahrt außer seiner Konfirmandenfahrt gemacht. Wir hatten eine neue Crew mit ein paar erfahrenen Deck- und Unteroffizieren und haben trotzdem in vier Tagen 29.000 Tonnen versenkt. Und zwar nicht mit einem VIIer Boot, sondern mit den alten UC II Minenbooten, mit 7 Torpedos in 3 Rohren, einer Werftgarantie von 50 Metern und 26 Mann Besatzung... Nun, der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. Am 15. sind wir also ausgelaufen, es war saukalt...'1

1 Nachzulesen aus der Perspektive des Kommandanten hier: http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=28930&p=1062981#post1062981

Hohenlohe
21.07.19, 07:46
Ach, das ist ja regelrecht nostalgisch...*freu* Jetzt sind wir aber auf Ottos erste Feindfahrt gespannt...:ph:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND GLÜCKLICHE FAHRT!!*

Komischer Kunde
22.07.19, 11:08
Dieses Querverweisen auf andere AAR's ist höchst zeitraubend. Nun, artig wir wir sind, werden wir diesen AAR beizeiten auch durchlesen. :rolleyes: :D

DerGraf
11.08.19, 22:58
Sonntag, 2. November 1941 - Brest

Obwohl Otto genug zu tun hatte, sich mit Boot und Mannschaft vertraut zu machen, nahm er sich trotzdem die Zeit, sich unter die Menge zu mischen, die Oberleutnant Mager und sein Boot zur Feindfahrt verabschiedeten. Jan konnte er auf der brücke nicht ausmachen, dafür ein paar der anderen Offiziere. Den Oberleutnant, dessen Aussehen durchaus seinem Ruf entsprach, daneben wohl der IWO, Schomaker oder so. Unter den Klängen der Kapelle machte das Boot los und drehte langsam in die Fahrrinne. Blau hatte recht gehabt, die Mannschaft sah tatsächlich verflucht grün aus ! Tat seine eigene auch, aber immerhin hatten sie da ein paar mehr alte Fahrensleute. Über den Zustand von Magers Besatzung hatte JAn sich ja breit genug ausgelassen, bevor Theodor Schulte ihn abgewürgt hatte. Nun, Otto wünschte ihm viel Glück, er würde es brauchen können.

Zurück am Boot erwartete ihn bereits der Wachhabende, Steuermannsmaat Wencke. Er salutierte, als der Leutnant an ihm vorbei zurück auf das Boot kam, wo ihn seine Chargen bereits erwarteten. Zumindest die beiden Männer, die normalerweise das Funkschapp besetzen, Maat Hincke und Maat Geßlein. Daneben saß Maat Hermann, der Zentralemaat. Schnell ließen die drei die Karten verschwinden und kehrten zum Tagesgeschäft zurück, das für sie aus weiterem Üben des Umgangs mit Funk, Hydrophon und Enigma-Maschine bestand, aber eben auch Wartung und Reparatur der Geräte umfaßte. Otto war mit den Ergebnissen zufrieden. Trockenübungen, klar, aber trotzdem machten sich die Männer gut. Auch die Männer an Flak und Deckgeschütz, die von Bootsmann Virnau geführt wurden, hatten gute Leistungen gezeigt und gaben keinen Anlaß zu umfassender Kritik. Sie schossen genau und Wartung und Reinigung gingen ebenso flott von der Hand. Insofern fühlte er sich tatsächlich langsam besser, was das Boot anging.

Dienstag, 4. November 1941 - Im Mittelmeer, nahe dem Hafen von Malta

U-421 hatte sich im Schutz eines kleinen Geleitzuges beständig an Malta angenähert, nachdem im Patrouillengebiet nichts zu holen gewesen war. Dreimal hatten sie angegriffen, dreimal waren sie von den beiden Eskorten abgedrängt und mit Wasserbomben belegt worden. Die Schäden waren moderat, das Boot war weiterhin gefechtsklar und der Kommandant, Oberleutnant Lentes, hatte sich jedesmal wieder am Geleit festgebissen. Beim letzten Angriff war es haariger geworden, aber dafür hatten sie es geschafft, eine V&W Klasse und einen Hunt-Zerstörer zu versenken. Auf der Brücke schob der 'Alte' seine Mütze ins Genick und spähte gegen die Kimm, wo die Rauchfahnen schwach auszumachen waren und wo er Malta wußte. Der Wachhabende, Leutnant zur See Hans-Hinrich Baumgart, spähte in dieselbe Richtung. Unterhalb des Turmes ochsten die Torpeder unter Anleitung des Torpedomechanikers Kleine die Aale aus den außenboirdigen Ersatzbehältern und durch die engen Luken in das Innere des Bootes. Dabei wurde viel moniert und noch mehr geflucht, aber es ging voran.

"Meinen Sie, beim nächsten Versuch kriegen wir sie dran, Herr Oberleutnant ?"
'Hoffe ich mal. Ich habe nicht vor, den Hafen von Malta zu stürmen, Herr Baumgart. Wenn Kurs und Geschwindigkeit so bleiben, haben wir in 5 Stunden die nächste Gelegenheit zum Angriff.'
"Wenn keine Flieger kommen." versetzte Baumgart.
'Wenn keine Flieger kommen.' stimmte Lentes zu. 'Aber selbst wenn, dann müssen wir uns eben auf die Lauer legen und abwarten, wer in den nächsten Tagen wieder zu uns herauskommt.'

'Seewache fertigmachen zur Ablösung !' klang es von unten, wo Stabssteuermann Wilhelm bereits mit der dritten Wache aufgezogen war. Nach Einweisung und Ablösung machte Leutnant Baumgart sich erst einmal über den Kaffee und die belegten Brote her. Der IWO, Leutnant Hartnick, sah ihm amüsiert dabei zu. Böhm, der Zentralemaat, werkelte mit den Zentralegasten Beck und Lazarowitz an der Seerohranlage.

"Sehrohr soweit klar, Böhm ?"
'Größtenteils, bißchen Bruch ist immer, aber nichts, was mit Bordmitteln nicht wieder geht, Herr Leutnant ! Bis zum nächsten Anlauf haben wir das wieder. Schaffen wir heute noch einen ?'
"Sieht gut aus." meinte Baumgart. "Der Alte sagt, noch etwa 5 Stunden, dann versuchen wir es wieder."
'Ich hab ein gutes Gefühl dabei, Herr Leutnant !' rief von drüben Johannes Lazarowitz hinein. 'Diesmal packen wir's !'
"Hoffen wir das beste !" schloß Baumgart und beendete langsam die Mahlzeit. Er wollte sich noch etwas hinlegen, bevor es wieder ernst wurde, wer wußte schon, wann es wieder was zu schlafen gab ?

DerGraf
12.08.19, 00:27
Dienstag, 4. November 1941 - Im Mittelmeer, nahe dem Hafen von Malta

Als Baumgart geweckt wurde, war das Boot bereits wieder im Anlauf auf den Geleitzug. Der letzte, einen weiteren würde es wohl vor dem Einlaufen in Malta nicht mehr geben. Da es draußen dunkel war ('Dunkel wie im Bärenarsch', wie Hartnick gerne sagte), hatte sich das Boot aufgetauscht mit dreimal AK in Position gebracht, während die Besatzung oben im Turm mit den großen Nachtgläsern nach den Eskorten Ausschau hielt. Inzwischen lief das Boot in Sehrohrtiefe auf Schleichfahrt dem Geleit entgegen und Oberleutnant Lentes klebte am Periskop und beobachtete die Oberfläche.

'Schnelle Schraubengeräusche in 350, Herr Oberleutnant. Kommen näher !' warnte der Hydrophonposten, der Funkgast Keßler, aus dem Schapp. Jetzt wurde es also wieder psychologisch ! Baumgart kramte bereits dienstbeflissen das Lloyd's Register der Schiffahrt heraus. Hartnick war im Turm zugange und bediente den Torpedorechner. Oberleutnant (Ing.) Kagerer stand bei den Tiefenrudern, bereit, auf Geheiß des Alten die Kommandos zur Tiefenänderung zu geben.

'Mündungsklappen für Rohr 2 und 3 öffnen.' befahl der Oberleutnant. Klar, wenn der Zerstörer muckte, würden sie feuern und in tiefere Wasserschichten verschwinden. 'Zerstörer in 305, Entfernung 8.000 Meter. 12 Knoten.'
Baumgart grinste, soweit, so gut. noch war kein zeichen einer frühzeitigen Erkennung zu bemerken. Wenn das nur so blieb, dann war das Geleit fällig...

Dienstag, 4. November 1941 - Im Mittelmeer, nahe dem Hafen von Malta

Auf der Brücke der 'HMS Pashtun' spähte auch Commander James Francis Conroy auf die Wasseroberfläche vor dem Bug des Schiffes und zog an seiner Pfeife. Dreimal hatten die Eskorten Angriffe abwehren können, aber er zweifelte nicht daran, daß die Deutschen (Wer sollte es sonst sein, Italiener ?) es kurz vor dem Ziel noch einmal versuchen würden. Also war jedem Ausguck doppelte Wachsamkeit eingeschärft worden und er rotierte die Männer in einem kürzeren Schema durch, um sie frisch zu erhalten. Mit 12 Knoten hatte sich der Zerstörer der Tribal-Klasse an die Backbordseite des Geleitzuges gesetzt, während die Kameraden auf der 'HMS Liddesdale' die Backbordseite sicherten und wie ein Schäferhund langsam um ihre Seite der Schiffsherde kreisten.

'Sir, Ausguck Steuerbord voraus meldet einen Lichtreflex im Wasser, möglicherweise ein Periskop.'
"Ist der Mann sicher, Lieutenant ?"
'So sicher man bei den Sichtverhältnissen eben sein kann, Sir ! Beschwören würde er es wohl nicht, aber hält es für einigermaßen wahrscheinlich.'
"Steuerbord etwas zu hören, Mr Owen ?"
'Nein, Sir !' kam es vom Warrant Officer zurück. 'Nichts.'

Sicher konnte der Mann einem Irrtum aufgesessen sein, Conroy hielt das für durchaus möglich. Andererseits wollte er kein Risiko eingehen, hier noch kurz vor dem Ziel nasse Füße zu bekommen, vom Verlust des Geleits ganz zu schweigen. Daher entschied er sich, auf Nummer sicher zu gehen, auch wenn das hieß, die Seite des Geleits kurz zu verlassen.

"Funkspruch an 'Liddesdale': Möglicherweise Unterseeboot am Geleit. Wir klären auf, Liddesdale bleibt auf Position und behält Nahsicherung bei."
'Sofort, Sir !'
"Gut. Kurs 55, 24 Knoten. Klar bei ASDIC und Wasserbombenwerfer."
'Klar bei ASDIC und Wasserbomben. Aye, Sir !'

'Pashtun' beschleunigte schnell. Es war gut, das Schiff nicht nur mit geringer Geschwindigkeit neben den Frachtern laufen zu lassen. Für Conroy war ein Zerstörer wie ein guter Jagdhund... Er mußte ab und an auch einmal seine Stärken ausspielen und mit seiner Geschwindigkeit arbeiten, nur so blieb er scharf und gefährlich. Nun würden sie ja schnell genug sehen, ob ein Fuchs an den Hühnerstall wollte !

DerGraf
24.08.19, 17:23
Dienstag, 4. November 1941 - Im Mittelmeer, nahe dem Hafen von Malta

An Bord von U-421 hatte alles instinktiv den Kopf eingezogen, als das erste PING durchs Wasser hallte. Die Frage war, hatte man sie gesehen, oder suchte der da drüben quasi auf blauen Dunst hin ? Lentes hatte Kagerer angewiesen, das Boot auf 80 Meter zu bringen.

'Jetzt wird es unangenehm, Herr Baumgart. Das Mittelmeer ist nunmal leider deutlich flacher und ruhiger als der Atlantik.' An den Ingenieur gewandt, zischte er nur noch 'Beide Schrauben 50 Umdrehungen, Ruhe im Boot !'

Tatsächlich ging zunächst alles gut, aber 80 Meter und Ruhe im Boot schützten eben nur bedingt vor Sonarerfassung und tiefer hatte Lentes zunächst nicht gehen wollen, um zu viel Lärm zu vermeiden. Der Alte überschlug bereits grob anhand der memorierten Einsatzkarte, ob es hier wohl irgendwo eine Thermokline geben könnte, um das Boot besser in Deckung zu bringen, als durch stumpfes Tieftauchen. Weitere Pings lenkten ihn etwas von diesem Gedankenspiel ab, konnten dieses aber nicht unterbrechen.

'Der Feind hat uns in der Ortung, Herr Oberleutnant ! Zerstörer nimmt Fahrt auf !' 'Auf 100 Meter gehen !'

Auch das noch, dachte Leutnant Baumgart bei sich, während er die Anzeigen und Männer beobachtete.

---------
'Fremdkörper im Wasser geortet, Sir. Vermute U-Boot !' bestätigte Warrant Officer Owen den ersten Bericht der ihm unterstellten Horcher. '7 Meilen voraus, Tiefe etwa 100 Meter.'
'Volle Fahrt voraus !' befahl Commander Conroy. Wenn es ein U-Boot war, würden sie ihm eine volle Breitseite servieren (im übertragenen Sinn natürlich), wenn nicht, nun, Fischschwärme gab es hier auch, dann gab es wenigstens mal wieder frisches Essen auf den Tisch. Er langte nach dem Hörer, und ließ sich mit dem Wasserbombengefechtsstand verbinden. Dort waren alle Vorbereitungen zur Zufriedenheit des Kommandanten bereits getroffen und Einsatzbereitschaft hergestellt. Nun ging es also los !

'Turm B - Leuchtkugel schießen.'
'Turm B, Leuchtkugel, Aye, Sir !'

Mit einem kurzen, trockenen Knallen, feuerte eins der 4,7 Zoll-Geschütze eine Leuchtkugel ab, die die Wasseroberfläche erleuchtete und weit über dem Geschehen am Himmel schwebte.

Der Befehlshaber der Wasserbombenwerfer, Warrant Officer John Willis, ein kleiner vierschrötiger Kerl aus Plymouth, der schon 1918 als Matrose in der Navy gefahren war, hängte ein und ließ die ersten Tiefenzünder einstellen. Er kam eigentlich nicht aus dem Sprengstofffach, hatte aber in seiner Dienstzeit genug Erfahrungen sammeln können und auch schon einen Haufen scharfer Angriffe hinter sich. Die ersten sechs Tonnen waren bald bereit zum Abwurf und erwarteten den Befehl des Kapitäns. Für sich genommen sahen diese faßähnlichen Gebilde nicht gefährlich aus, aber Leute wie Willis wußten das eben besser. Im Vorübergehen tätschelte er kurz eine 'seiner' Mark VII Wasserbomben, die noch im Rack stand und deren 290 Pfund Amatol nur darauf warteten, daß man sie ihren Job tun ließ... Und dieser Job, den sie sich mit ihrem 'Chef' teilten, war die Vernichtung von deutschen U-Booten. Das Schiff verlangsamte wieder. Das letzte Peilen vor dem Anlauf. Willis schnitt sich ein Stück Kautabak ab, das er sich in den Mund schob und zog noch einmal den Kinnriemen des Helms nach. Die Deutschen hatten Plymouth beinahe dem Erdboden gleichgemacht und auch nicht wenige Zivilisten dabei umgebracht, von denen er ein paar gekannt hatte. Der Warrant Officer brannte nicht auf Rache oder erging sich in politischer Rhetorik, wie es einige der Jüngeren an Bord taten. Ob das da unten nun Nazis waren oder nicht, war ihm im Grunde seines Herzens völlig egal. Seine Aufgabe war, Bomben auf Unterseeboote zu werfen und so viele wie möglich zu zerstören. Wenn einige der Seeleute dort überlebten - gut. Wenn nicht - auch gut. Es waren meist doch die einfachen Dinge, die sich als besonders belastbar erwiesen und was das anging, war das Weltbild von John Willis sehr einfach.

Kurz darauf klatschten die ersten der graugestrichenen Tonnen hinter dem Zerstörer ins Wasser und verschwanden in der Tiefe. Am Werfer entstand Geschäftigkeit, um die nächste Salve vorzubereiten.

-----

'Wasserbomben, Herr Oberleutnant !' ließ sich der Funkgast Keßler vernehmen. Alles hielt sich irgendwo fest und wartete auf die unvermeidlichen Detonationen, die hoffentlich möglichst weitab lagen, aber da machte man sich wenig Illusionen. Leckwehrtrupps standen bereit, auch Baumgart führte einen solchen. Kagerer und der Alte steckten dir Köpfe zusammen, Hartnick war irgendwo im Bugraum unterwegs. Tatsächlich waren die Explosionen nicht so dicht wie befürchtet... Aber eben auch nicht so weit ab, wie erhofft ! Das Boot wurde von den Druckwellen erfaßt und auch gründlich durchgeschüttelt, aber bis auf ein paar Anzeigengläser blieb alles heil.

'Auf 120 Meter gehen, Herr Kagerer !'
'120 Meter, Herr Oberleutnant !' bestätigte der LI ruhig, auch wenn man hören konnte, daß er sich zu dieser Ruhe zwingen mußte. 'Vorne oben 10, hinten oben 5.' wies er die Männer an der Tiefenrudersteuerung an.

Langsam neigte das Boot sich und glitt in die dunklen Tiefen hinab, die es vor dem Zugriff der Wasserbomben schützen sollten. Es waren Situationen wie diese, die Baumgart daran zweifeln ließen, ob es so klug gewesen war, zu den U-Booten zu gehen. Bei den Schnellbooten hatte man immerhin jederzeit eine Chance, mit ein paar Brüchen zumindest aus der Kiste heraus zu kommen, aber gerade jetzt fühlte sich das Boot für ihn wie ein großer Sarg an. Gerade die Tiefe beunruhigte ihn. Weiter oben wäre es zumindest möglich, auszusteigen und mit dem Tauchretter aufzusteigen. Hier unten ? Wenn er lange genug die Luft anhalten konnte und nach oben kam, ohne, daß ihm die Lungen platzten, würde ihm, wenn man ihn nicht schnell auffischte wohl die Caisson-Krankheit den Rest geben. Schnell schüttelte er den Gedanken wieder ab.

Hatte er nicht am Kanal genug haarige Sachen durchgestanden ? Wenn ihn andere jetzt hören könnten, wie mimosenhaft er da vor sich hin raissonnierte ! Baumgart sah zu Keßler hinüber, genauso wie Böhm, Lazarowitz und Beck.

'Zerstörer läuft erneut an, Herr Oberleutnant !'

Oberleutnant Lentes schob sich die Mütze ins Genick und sah angestrengt dahin, wo der Zerstörer seine kreise fahren mußte, so als horchte er selber nach irgendetwas.

'Sobald die Wasserbomben fallen, beide Maschinen AK, Ruder hart Steuerbord !'
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'

Baumgart beruhigte sich wieder. Wenn Oberleutnant Lentes noch die Ruhe selbst war, dann konnte es ja noch nicht so schlimm sein. Klein und feige kam er sich in diesem Moment vor und nahm sich vor, das nicht noch einmal passieren zu lassen.

'Wasserbomben !'
'Ruder hart Steuerbord, beide E-Maschinen AK !'

Ein Ruck ging durch das Boot, als die Schrauben wieder Fahrt aufnahmen und das Boot durch das Wasser schoben. Baumgart rechnete... Wieviele Wasserbomben hatte so ein Zerstörer überhaupt ? Viel mehr als 20 konnten es nicht sein, wie er fand. Daß man die Modelle kriegsbedingt von 20 auf bis zu 46 Stück aufgerüstet hatte, konnte er schließlich nicht wissen. So wartete er, genau sie der Stabssteuermann Wilhelm drüben an der kleinen Tafel, auf die nächste Detonationsreihe.

Hohenlohe
24.08.19, 18:52
Auweia, 46 Wasserbomben, da kann man für das Boot nur noch das Beste hoffen...:top:

herzlichste grüsse

Hohenlohe...:ph:

Azrael
24.08.19, 23:15
Und dann ist das ja sicherlich nicht der einzige Zerstörer...

DerGraf
24.08.19, 23:17
Korrekt, es sind zwei Zerstörer, aber die werden hoffentlich (!) nicht ihr gesamtes Arsenal abbrennen, nur für ein popeliges Boot...

Hohenlohe
24.08.19, 23:23
Korrekt, es sind zwei Zerstörer, aber die werden hoffentlich (!) nicht ihr gesamtes Arsenal abbrennen, nur für ein popeliges Boot...

Warum denn nicht...?!?*duckundwech*

herzliche grüsse

Hohenlohe, der nichts gesagt haben will...:ph:

DerGraf
24.08.19, 23:39
Werter Hohenlohe !

Weil man trotz des relativ (!) kurzen Weges nach Malta ziemlich genatzt wäre, wie unsere jüngeren Geschwister das nennen, wenn man sich leerfeuert und dann ein weiteres Boot heranschleicht, das man nur noch beobachten kann, während man nach den Fliegern ruft. Das wäre schon peinlich.

Aber der KI ist natürlich alles zuzutrauen !

DerGraf
27.08.19, 01:38
Mittlerweile war U 421 auf 120 Metern angekommen, die ersten Spanten knackten bereits... Baumgart war mit einer Gruppe Männern im Bugraum fast damit fertig, die Außenbordverschlüsse zu überprüfen. Soweit alles klar, einige kleinere Wassereinbrüche hatten sie bereits gehabt, vermutlich nachlässig geschweißte Nähte oder so etwas. Inzwischen mußte der Bewacher oben, wenn sie sich nicht heimlich abgewechselt hatten, fast leer sein. Wenn er richtig mitgezählt hatte, waren bis jetzt 24 Wasserbomben gefallen.

'Keine weiteren Leckagen, Herr Leutnant ! Bugraum klar.' meldete der Vormann der Leckwehrgruppe, der Torpedo-Mechanikermaat Schale.
'Danke, Schale.'

Baumgart bewegte sich schnell zur Zentrale. Dort standen der Alte und der LI am Kartentisch. beide wirkten (wegen der Beleuchtung ?) bleich und man konnte vereinzelte Schweißtropfen auf ihren Stirnen erkennen. Der Leutnant nahm Haltung an, als der Oberleutnant sich zu ihm umdrehte.

"Außenbordverschlüsse klar, Herr Oberleutnant ! Keine Wassereinbrüche oder Leckagen."
'Gut so, Herr Baumgart ! Gehen Sie zu ihren Leuten und peilen sie die Lage.'

Das Aufgabengebiet des IIWO war breit, aber wie er Lentes kannte, meinter der die Funk- und Horchmannschaft. Also trollte Baumgart zum Funkschapp, wo mittlerweile Funkmaat Grömer am Hydrophon saß und Keßler eine Pause gönnte. Funken konnten sie eh nicht, und am Hydrophon brauchte man ausgeruhte Männer.

"Na ?"
'Neuer Anlauf, Herr Leutnant !' zischte Grömer.
'Wann hört das endlich auf ?' flüsterte Zentralemaat Böhm.

Der Oberleutnant unterhielt sich halblaut mit dem LI. Baumgart hörte nur mit halbem Ohr hin, glaubte aber etwas von 140 Metern zu hören. Langsam erreichten sie den Punkt, wo es kritisch zu werden begann. Baumgart zwang sich zur Ruhe.

'Wirft Wasserbomben !'

Träge liefen die sekunden, während sie auf die Detonationen warteten, die aber zunächst ausblieben. Ein gutes Zeichen ? Baumgart lehnte sich aus dem Funkschapp und sah zum Steuermann hinüber, der mit den Schultern zuckte. Baumgart kratzte sich im Nacken und sah wieder zu Grömer, der angestrengt nach draußen lauschte. Auch er hoffte, daß die Jagd bald vorbei war. Die Luft im Boot war zum Schneiden dick und ähnlich war es mit dem berüchtigten U-Bootmief. Er atmete lang aus und ließ die Luft aus sich herausströmen. Nur die Ruhe, die Tommies konnten sie nicht ewig im Keller halten !

Die Wucht der ersten Detonation warf das Boot zur Seite und die Spanten kreischten unter der Belastung. Der Inhalt des Funkschapps wurde umhergeworfen, als sich einige Geräte und andere Intarsien losrissen. Baumgart hörte einen gedämpften Aufschrei hinter sich, übertönt vom leuten Rumpeln eines schweren Gewichts. Grömer ! schoß es dem leutnant durch den Kopf, ehe er etwas schweres und kantiges in den Rücken bekam und gegen die Wand des Schapps geworfen wurde. Die Detonationen 2 und 3 übertönten alle anderen geräusche und in seinem Dämmerzustand merkte der um sein Bewußtsein kämpfende Leutnant nicht mehr, wie die beiden Explosionen das Boot förmlich auseinanderbogen. Das letzte, was er spürte war, wie der Druckkörper nachgab und eine Wand aus Wasser mit Gewalt die Luft aus seinen Lungen drückte...

Für Baumgart war es schnell vorbei und gnädige, kalte und nasse Dunkelheit verschlang ihn. In den anderen Abteilungen hatten viele andere weniger Glück. Ihr Tod war deutlich länger und grauenhafter als seiner, während der geschundene Leib des Bootes für immer in den Tiefen des Meeres verschwand.

--------

Auf der Brücke der 'Pashtun' fing der Horcher an, wild zu gestikulieren. Warrant Officer Owen besprach sich kurz mit ihm, legte gar selber kurz einen der Kopfhörer ans Ohr, ehe er sich zum Commander begab.

"Meldung, Mr Owen ?" wollte Conroy wissen.
'Unten brechen Schotts, Sir. Wir haben sie !'

Richtig triumphal mochte Conroy sich nicht fühlen, aber immerhin war der Konvoi zunächst wohl wieder sicher. Er nickte.

"Lassen sie beobachten, vielleicht kommen noch Wrackteile hoch. Gefechtsbereitschaft bleibt bestehen, bis wir sicher sein können, daß es das einzige Boot in der Nähe war. FT an Liddesdale... Rundhorchen, danach weiter auf Generalkurs."
'Aye, Sir !'

Wrackteile gab es nicht mehr, nur eine schillernde Ölschicht stieg nach einer Weile an die Oberfläche. Conroy reichte das als Beweis. Sein Logbucheintrag blieb lapidar.

4.11.1941
22:38 Uhr

Unbekanntes Unterseeboot versenkt. Keine Überlebenden. Kurs Richtung Malta wird kriegsmarschmäßig fortgesetzt.
28 Wasserbomben verbraucht.

Komischer Kunde
27.08.19, 10:33
Puh, harte Kost. Die meisten Ubootkommandanten des SI-Boards haben sowas schon erlebt.

Azrael
27.08.19, 10:38
Da hat jemand nicht die Ozeanversicherung gezahlt.

Hjalfnar
28.08.19, 14:46
Verdammt. Bei Uns wars ja gestern etwas offensichtlicher, zwei Mal bei der ersten Feindfahrt trotz Alarmtauchen von Flugbooten erledigt worden. Die sind noch etwas zu gut in UBOAT. Dabei brauchten Wir nur etwas Videomaterial...

Voetmann
28.08.19, 17:59
Uh... das ist natürlich Pech. Kann aber immer mal passieren. Toller AAR bisher! :top:

Bigfish
21.10.19, 21:16
Dieser AAR steht zur Wahl zum AAR des Quartals III/2019:


http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=30204&p=1157205#post1157205

DerGraf
15.11.19, 22:19
Mittwoch, 5. November 1941 - Taganrog, Ukrainische Sovietrepublik, am Azovschen Meer

Am Meer waren die sinkenden Temperaturen zum Glück noch nicht so zu spüren, wie weiter im Norden. Trotzdem wurde es langsam ungemütlicher. Die II./JG 77 hatte erst vor knapp drei Wochen von Mariupol nach Taganrog verlegt und unterstützte noch immer den Vorstoß auf Rostov am Don. Gerüchteweise sollte die Einheit aber bald wieder in die Heimat verlegen, um dort aufgefrischt zu werden. Die Russen kämpften wie die Teufel, das mußte der Neid ihnen lassen, aber außer der Masse hatten sie den Deutschen scheinbar nur wenig entgegenzusetzen. Entsprechend waren die Kampfergebnisse: Grob 1:10 wurden die Verlustverhältnisse angenommen und über den Daumen kam das auch gut hin. Feldwebel Bermann und Unteroffizier Meier 4 standen vor der Baracke und rauchten. Oberleutnant von Eskens-Kalpenbach stellte sich bald dazu. Er war vor drei Wochen bei einem Einsatz in der Nähe des Isthmus von Perekop durch Flakfeuer verwundet worden und erst vor ein paar Tagen wieder zur Einheit zurückgekommen. Er war wieder feuer und Flamme, wieder in die Luft zu kommen, aber der Fliegerarzt hatte ihm noch für mindestens eine Woche Startverbot erteilt. Jetzt lief er über den Fliegerhorst wie ein Tiger durch den Käfig. Der Alte teilte ihn deswegen bevorzugt zum OvWa ein, aber auch so verbreitete der Mann Unruhe. Auch Meier 4 war etwas von der Rolle, seit Leutnant Thrumm letzte Woche von der Flak abgeschossen worden war und dicht hinter den feindlichen Linien ausgestiegen war. Man hoffte natürlich, daß er es geschafft hatte, sich durchzuschlagen, aber bislang hatte man nichts gehört und der Optimismus verebbte langsam... Nein, sehr gesprächig waren die Flieger derzeit nicht, aber das störte sie auch nicht, man mußte ja nicht immer alles totreden. Aber natürlich wollten sie alle wieder ins Habitat der Jäger zurück: Die freie Jagd. Im Moment flogen sie wieder verstärkt Jabo-Einsätze, was der Flak natürlich größere Chancen gab, zum Zuge zu kommen, auch wenn die das nicht übermäßig gut ausnutzen konnte.

Bigfish
17.11.19, 22:33
Mit Dank für diesen AAR uns den wohlverdienten Stimmen bei der Wahl:


http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=30204

DerGraf
16.01.20, 22:13
Hier soll es natürlich im neuen Jahr ebenfalls weitergehen !

Derzeit kämpfen wir aber noch mit einem Softwarefehler, der uns seit dem letzten Windows-Update zu schaffen macht. Sobald der LI die Störungen beseitigt hat, geht der nächste Statusbericht sofort raus !
Zur Not werden wir etwas tricksen müssen, aber da haben wir uns schon ein paar Alternativen überlegt. Ein guter Kaleun hat immer einen Reserveplan ! ;)

Bigfish
03.02.20, 02:26
Dieser AAR steht zur Wahl zum AAR des Jahres 2019:


https://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=30300

Bigfish
15.03.20, 11:17
Wir danken euch für Euren tollen AAR und laden Euch auf eine (virtuelle) Lokalrunde schottisches Edelwasser ein!


https://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=30300

DerGraf
18.03.20, 01:31
Donnerstag, 13. November 1941 - St. Nazaire

Es ist kurz nach 6 Uhr morgens, als der Hafen von St. Nazaire in Sicht kommt und langsam größer wird. U-94 ist auf der Patrouille schwer ramponiert worden und hinkt im Schutz der Dunkelheit hinter dem Torpedoboot in den Hafen. Natürlich haben der LI und seine Crew wieder einmal unmenschliches geleistet, sodaß das Boot zumindest auf den ersten und zweiten Blick nicht preisgibt, wie viel es in den vergangenen Wochen eingesteckt hat ! Günther Schröder und die anderen Männer der Kriegsmarinewerft wird das natürlich nicht täuschen können, die werden wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie dieser Flickschusterei ansichtig werden... Aber sei es drum, das Boot ist halbwegs präsentabel, und darauf kommt es an.

Hoch oben über der Brücke wehen die Versenkungswimpel, die so wohl keiner der üblichen Zaungäste zu sehen bekommt, aber da sie für die Moral des Bootes wichtig sind, hängen sie eben dort ! Neben dem ersten Wimpel, der die 'SS Thelma' darstellt, hängen die weiteren Opfer, die dem Boot auf der Reise zum Opfer fielen: Die Frachter SS Whistler (5694 BRT) und SS Again (1870 BRT), die das Boot nach einer längeren Flaute vor der afrikanischen Küste versenkte. Dazu die Schiffe, die vor Gibraltar aus einem Geleit herausgeschossen worden waren. SS Zarian (4708 BRT), SS Adinda (1872 BRT), SS Philipp M. (1873 BRT), SS Dumra (2088 BRT), SS John McDonogh (6917 BRT) und SS Akinity (1874 BRT).

Ich war mitr dem Resultat der Feindfahrt nicht zufieden. Sicher, alle Männer waren heil und das Boot schwamm auch noch, aber obwohl man sagte, Kleinvieh mache auch Mist, hatten wir eine Menge Kleinvieh erlegt und dafür von den Zerstörern ordentlich eingeschenkt bekommen ! Zumindest wären wir Weihnachten nicht draußen, soviel hatte Marbach klargemacht: Vor dem neuen Jahr ist dieses Boot nicht wieder einsatzfähig. Aber dafür hatten wir nach 5 Wochen auf See immerhin 28.765 BRT vorzuweisen.

Im Hafen ist wenig los, es wirkt beinahe wie im Frieden. Nur ein paar Soldaten sind unterwegs, dazu wenige Fahrzeuge. Das Führungsboot entläßt uns und kurz darauf macht U-94 am Anleger fest. Am Pier steht bereits eine Ordonnanz, ein Leutnant zur See, wie seine Schulterklappen verraten. Er salutiert und überreicht mir einen Umschlag.

'Der Kommandeur erwartet sie um 8 Uhr zum Rapport in seinem Dienstzimmer, Herr Kapitänleutnant !'

Nun, immerhin genug Zeit, das Boot der Werftdivision zu übergeben !

Etwa anderthalb Stunden später stand ich im Dienstzimmer vor Kapitänleutnant Sohler, der die Papiere entgegennahm und systematisch studierte und schließlich vor sich ablegte.

'Da haben die Begleitzerstörer sie also ganz schön gerupft, wie ?'
"Kann man so sagen, Herr Kaleun ! Mehr als ein bißchen Draht und Spucke hält das Boot nicht zusammen. Wir hatten schon gehöriges Glück, die Briten lernen schnell, was die Geleittaktiken angeht."
'Wohl wahr ! Sie werdfen immer gefährlicher, aber soweit ist das eben nicht genug. Die Versenkungszahlen sprechen eine deutliche Sprache.'

Das tun sie in der Tat, auch enn die Einschläge wohl immer dichter kommen... Einige bekannte Asse hatte es ja nun auch schon erwischt und nach der Feindfahrt beschäftigte mich dieser Gedanke durchaus.

'Wann haben sie eigentlich ihr Eichenlaub bekommen, Kapitänleutnant ?'

Die Frage brachte mich etwas aus dem Konzept, immerhin hatte sie mit dem gesamten Gespräch zuvor so gar nichts zu tun. Ich überlegte kurz.

"Das muß im Februar gewesen sein, Herr Kapitänleutnant !"
'Und ihr Ritterkreuz im November letzten Jahres, richtig ?'
"Das müßte ungefähr hinkommen, warum ?"
'Nun, sie haben ja immerhin schon fast 340.000 Tonnen versenkt. Man könnte meinen, sie sind hinter den Orden her, wie der Teufel hinter der armen Seele.'
"So schlimm ist es nicht, Herr Kapitänleutnant. Ich tue meine Pflicht, nicht mehr und nicht weniger."
'Das kann man so und so sehen. Jedenfalls soll ich ihnen das hier aushändigen, mit den besten Grüßen von Onkel Karl.'

Er schmunzelte etwas und lehnte sich zurück. Kurz darauf war ich entlassen.
Auf dem Weg zurück zu meiner Unterkunft las ich, was mir der BdU so dringendes mitzuteilen hatte. Und was dort geschrieben stand, sorgte schon ein wenig dafür, daß mir die Spucke wegblieb...

_______________________________________________________

So, werte Leser, mit diesem kurzen Abriß, mit dem wir selber nicht ganz zufrieden sind, soll es weitergehen ! Wir sehen uns gezwungen diese und andere Feindfahrten derart abzukürzen, weil seit dem neuen Windows Update die Videodateien spinnen und auch SH III Probleme macht, so daß es wohl auf eine Neuinstallation hinausläuft. Daher wollen wir hier zum Zwecke des nahtlosen Übergangs noch ein paar Sachen aus dem Weg bringen, ehe es dann hoffentlich im gewohnten Stil (also mit Bild und evtl. Ton) weitergehen kann !

DerGraf
27.03.20, 22:05
Freitag, 14. November 1941 - St. Nazaire

Kapitänleutnant Sohler hatte dann aber neben dem Kommunique von Onkel Karl doch noch zwei Überraschungen für mich...

Zum einen wurde mir klar, was das Herumgewusel auf dem Stützpunkt zu bedeuten hatte. Zwar machte der Chef keinen Staatsakt daraus, bestand allerdings darauf, den Termin zu nutzen, um Beförderungen und Auszeichnungen innerhalb der Flottille auszusprechen. Vor versammelter Mannschaft, mit Gästen, Militärkapelle, PK und allem, was dazugehörte. Im Mittelpunkt stand diesmal nicht ich, sondern Albert Vöhringer, der auf U-101 ebenfalls die 100.000 Tonnen vollgemacht hatte und dafür das Ritterkreuz erhielt. Sein Boot war nicht so übel zusammengeschmissen wie meins, aber trotzdem hatte er auch eine Weile an Land festgesessen. Die Woche vor Weihnachten würde er wohl wieder rauskommen, schätzte Günther Schröder. Etwa in Gedanken merkte ich erst spät, daß der Alte mich ebenfalls aufgerufen hatte.

Gerade noch rechtzeitig verließ ich meinen Platz vor der Formation und meldete dem Kommandeur, der sich von seinem Adjutanten eine Schachtel reichen ließ.

'Kapitänleutnant Paul Graf von Eskens-Kalpenbach, angesichts ihrer außergewöhnlichen Erfolge im Tonnagekampf und ihre vielfach bewiesene außerordentliche Tapferkeit vor dem Feind, hat sich der Führer vorbehalten, Ihnen als sichtbares Zeichen ihrer Verdienste um den Kampf des Deutschen Volkes das Deutsche Kreuz in Gold zu verleihen. Tragen sie es mit Stolz und machen sie weiter so !'
"Verbindlichsten Dank, Herr Kapitänleutnant !"

Die Kameras klickten und eine Marinehelferin hatte mir einen dieser Blumensträuße überreicht. Zumindest verlangte keiner eine Ansprache oder Rede ! Sohler, seine Entourage und auch Vöhringer, der mit dem Alten zusammen die Front abschritt, entfernten sich, nachdem ich an meinen Platz zurückgekehrt war. Verwirrend, gerade weil das ja noch nicht das Ende war, wie ich wußte...

Sohler grinste nur, als ich ihn in seinem Dienstzimmer aufsuchte. Immerhin hatte er nach mir schicken lassen, und so erschien ich eben auch.

'Überraschung gelungen ?' wollte er nur wissen.
"Völlig, ich hatte gedacht, das Thema wäre vom Tisch, als ich die Anweisung vom BdU erhalten habe."
'War es ursprünglich auch, aber ich hatte mir gedacht, das Halseisen kriegen sie noch früh genug, also hab ich sie fürs Deutsche Kreuz eingereicht. Das durchzubekommen war überhaupt kein Problem. Die haben sich förmlich überschlagen als sie erfahren haben, daß sie ja auch schon einen Termin ganz oben haben.' Er zwinkerte mir verschwörerisch zu.

Ja, der Termin ganz oben... ! Dönitz hatte mich gestern kurzfristig wissen lassen, daß man beabsichtigte, mir für meine bishrige Tonnageleistung die Schwerter zum Ritterkreuz mit Eichenlaub zu verleihen. Das an sich war jetzt nichts, worüber man sich besonders ereifern sollte, aber die Anmerkung, daß Adolf Hitler sein Interesse bekundet hatte, den Seehelden persönlich kennen zu lernen und diesem die Schwerter selbst verleihen wollte... Da konnte einem schon mulmig werden ! Mein Vater hatte mir einmal erzählt, wie er sich einmal unvorhergesehen Auge in Auge mit einem Vizeadmiral wiedergefunden hatte, oder wie er, lange nach dem Krieg einmal in Doorn gewesen war, um seinen Kaiser zu besuchen, den er als überaus liebenswürdig beschrieben hatte, aber das war nunmal ein ganz anderes Kaliber als der Führer des großdeutschen Reiches während dieser noch in Amt und Würden und vor allem, wie viele meinten, auf dem Höhepunkt seiner Macht war. So würde ich also zu gegebener Zeit auf dem Obersalzberg vorstellig werden. Nun, ich war ebenso nervös wie gespannt. Immerhin kannte auch ich den Führer nur aus Film und Rundfunk...

'In jedem Fall habe ich noch eine weitere Dienstanweisung durchdrücken können. Sonderführer Schröder berichtete mir, ihr Boot wäre vor Januar 1942 nicht wieder einsatzbereit, ist das richtig ?'
"Jawohl, Herr Kapitänleutnant !"
'Das klingt ja nach Heimaturlaub, den sie nutzen sollten, Kapitänleutnant ! Sie und ihre Männer erhalten Heimaturlaub bis über Weihnachten. Im Januar melden sie sich zurück, allerdings nicht hier, sondern beim Chef der 2. in Lorient, Kovettenkapitän Schütze.'
"Das Boot wird versetzt, Herr Kapitänleutnant ?"
'Oh nein, nur sie und ihre Mannschaft. Im Zuge der Vorbereitungen für die Operationen im Jahr 1942 hat der BdU beschlossen, daß sie und ihre Männer das Boot abgeben und nach Lorient kommen. Dort werden sie das Kommando über U-518 übernehmen, ein Boot der Klasse IXC.'
Meine Miene mußte meine Gedanken verraten haben, Sohler faßte nach.
'Keine gute Nachricht ?'
"An sich schon, aber ich bin nicht sicher, ob ein IXer Boot das richtige für mich ist. Ich fühle mich im VIIer recht wohl. Darf ich offen sprechen ?"
'Ich bitte darum !'
"Die IXer Boote mögen besser bewaffnet und mit mehr Flak versehen sein und auch mehr Reichweite haben, aber bei Fliegeralarm kriegen sie den Arsch nicht schnell genug runter, und das kann den Unterschied zwischen Versenkung und Überleben ausmachen. Ein IXer Boot ist ein verdammt fettes Schwein, ich würde lieber ein etwas schlankeres haben, wenn ich die Wahl habe."
Sohler grinste wieder, fast so als hätte er eine solche Antwort erwartet.
'Mag alles sein, aber dafür haben sie genug Zeit, mit dem neuen Boot zu üben. Der BdU wird im neuen Jahr verstärkt Boote gegen die Schiffahrtslinien vor Kanada schicken, da haben sie mit ihrem VIIer nichts zu melden. Da man sie aber dabei haben will, bekommen sie ein IXer Boot und werden damit planmäßig eingesetzt. Die Befehle stehen, sind hiermit ausgegeben und was sie persönlich davon denken... nun, sie sind lange genug Soldat um zu wissen, daß wir da wenig zu melden und noch weniger zu wollen haben. Wenn wir Wünsche äußern wollen, müssen wir auf das Wunschkonzert um 8 warten.'

Da hatte er wohl recht, wie ich mir eingestehen mußte !

"Stimmt wohl !"

Er reichte mir die Hand, ich schlug ein.

'Schauen wir mal, vielleicht muß ich bei unserem nächsten Treffen schon vor ihnen salutieren! Seien sie vorsichtig da draußen, machen sie der Uboot-Waffe keine Schande und grüßen sie Korvettenkapitän Schütze von mir, sobald sie sich bei ihm melden.'
"Werde ich, Herr Kapitänleutnant !"
'Gut, dann sollten sie jetzt zu ihren Leuten gehen, es gibt noch viel zu tun !'

Damit war ich erneut entlassen und verließ das Dienstzimmer, nachdenklich und immer noch ein wenig überrumpelt.

DerGraf
07.06.20, 02:30
November 1941 - In der Nähe des Velje-Sees

'20 Grad Kälte und kein Land in Sicht... So 'ne Kacke !' fluchte der Obergefreite Müller, während er sich im Schützenloch klein machte und zusah, daß wenigstens das mit einer Decke abgedeckte MG unter ihm es warm hatte. "Es ist November in Rußland und hier ist es kalt !" äffte ihn der Gefreite Heine, sein Schütze 2, nach. "Wer hätte es gedacht ?" 'Halt's Maul, Klugscheißer !' Aus den Löchern daneben waren ähnliche Unterhaltungen zu hören. "Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist weiß !' kicherte Ellis ein paar Meter weiter. "Schnee." brummte der Gefreite Brunwald, der versuchte, seine Brille zu putzen, dabei bei den Temperaturen aber gnadenlos scheiterte. 'Stimmt, du bist dran !' "Der tote Iwan da hinten am Kugelbusch." 'He, nicht vorsagen !' "Klappe zu, nach anderthalb Stunden wirds eben langweilig, so viel gibts hier ja nicht zu sehen." Ellis sah kurz über den Rand der Deckung. 'Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist dick eingepackt, trotzdem durchgefroren und hat miese Laune.' "Hah, zu einfach, das ist Feldwebel Vogt !" 'Mit dir macht das echt keinen Spaß, Brunwald." 'Such dir halt nen anderen Blöden.' gab der schulterzuckend zurück.

Feldwebel Vogt war in der Tat nicht gut aufgelegt, während er nach dem Gruppenführer suchte, der gerade dabei war, die MPi unter seinem Mantel möglichst so hinzubekommen, daß er es wenigstens etwas bequem hatte. Immerhin hatte der Leutnant die Frechheit besessen, mit schwerem Erfrierungen an den Füßen auszufallen, sodaß Vogt die Führung des Zuges zugefallen war. Daß er seinen Zugtrupp auch noch über die verschiedenen Gruppen hatte verteilen müssen, stieß ihm ebenso sauer auf, ging aber halt nicht anders.

'Wie siehts aus, Eugen ?'
"Mit dem, den du mir überlassen hast, kann ich immerhin noch 6 Mann ins Feld führen. Mit mir also 7. Der Iwan wird ob unserer Macht erzittern, wenn wir wieder weiter vorgehen. Traut sich ja jetzt schon nicht, zu schießen. Alles ruhig, keine besonderen Vorkommnisse." Der Unteroffizier sah seinen Chef spöttisch an. "Gibt's wenigstens heute was Warmes ? Langsam weiß ich gar nicht mehr, wie so ne Gulaschkanone eigentlich aussieht."
'Nix zu machen, der Küchenbulle sagt, bei dem Gelände kommt er nicht schnell genug durch. Ich glaube der hat einfach bloß Angst, daß man ihm sein wertvolles Gerät in Stücke zu schießen versucht. Kaffee gibts aber und dazu ein schönes Stück Suppe.'
"Oh ja, das ess' ich am Liebsten." brummte Eugen giftig. "So 'ne feige Sau."
'Also, wir gehen planmäßig weiter vor. Heute Nacht muß aber einer noch mal raus und mal schauen, ob die Iwans überhaupt noch da sind. Und da hatte ich an dich gedacht. Drei oder vier Mann, nur Freiwillige. Hin, zurück, dem Alten Bericht erstatten. Kinderspiel für dich, oder ?'
"Unter einer Bedingung."
'Die wäre ?'
"Der Spieß tritt dem Küchenbullen gehörig in den Arsch."
Vogt grinste.
'Das kriegen wir wohl hin, ich geh dem Alten gleich Bescheid sagen.'

Im Schützenloch, in dem man das Gespräch zwar bemerkt, aber akustisch nicht verstanden hatte, rätselten Ellis und Brunwald noch eine Weile, wie sich die Laune des Zugführers so schnell hatte verbessern können. Ein Gutes Gefühl hatte keiner von ihnen dabei !

November 1941 - Vor Moskau

Die Versammlung war aufgrund der Witterung in ein halb-zerschossenes Haus verlegt worden, das man mit einigen Planen und Balken einigermaßen winddicht gemacht hatte. Obwohl der ein aus einem leeren Treibstofffaß improvisierte Ofen bullerte, reichte es nicht, den Männern die Kälte aus den Knochen zu treiben. Die Lagebesprechung war gerade beendet, und so standen sie hier noch, rauchten und schwiegen sich nachdenklich an. Hauptmann Oehlkers, mit der weißgefrorenen Nasenspitze, rückte den Schal zurecht, den er über der Mütze trug. Leutnant Indort trat von einem Fuß auf den anderen, wie ein Konfirmand, der dringend muß, aber eben nicht darf. Leutnant Faber war abgeschossen und im Lazarett, seinen Zug führte jetzt Oberfeldwebel Eberhardt. Leutnant Indorfs Panzer III war (wie auch der von Unteroffizier Herbert) witterungsbedingt ausgefallen, sie warteten beim Troß auf Ersatzteile, aber das würde wohl so bald nichts werden. Betriebsstoff war knapp, heizmaterial auch und Munition... Nun, die schwarzen Bestände waren wohl auch bald weg. Aber gerade für sie in ihren Stahlkästen war das Hauptproblem die Kälte. Nicht nur, daß man schnell mal am Fahrzeug festfror und unangenehm einiges an Haut verlieren konnte, die Technik war für diese Bedingungen nicht ausgelegt und machte entsprechend Schwierigkeiten. Schirrmeister Fuchs und die Männer von der Inst schaften im Akkord, konnten die Zahl der Einsatzfähigen Fahrzeuge aber nur gerade eben so grob konstant halten. Oberfeldwebel Kornelius machte sich keine großen Illusionen, was passieren würde, wenn das Wetter noch schlimmer würde und es wieder Kampfschäden gab !

Trotzdem gab es eben doch etwas, daß die Männer weiter voranzog, und das war der Wegweiser gewesen, den man vor ein paar Tagen entdeckt hatte. 'Moskau 50 km' hatte dort gestanden. Also nicht wörtlich, aber der San-Feldwebel, der es übersetzt hatte, hatte das wohl so hingerechnet. Mit der überwundenen Moskauer Schutzstellung im Rücken, hatte sie eben nur die Witterung aufhalten können, aber trotzdem wußten sie alle Moskau buchstäblich in Spuckweite ! Der Alte hatte das noch einmal besonders betont. Unter normalen Umständen wäre das ein strammer Tagesmarsch für sie gewesen, wenn überhaupt. So oder so waren sie kurz davor, dem Bolschewismus einen empfindlichen Schlag zu versetzen und dem Sieg einen entscheidenden Schritt näher zu kommen. Zumindest der Hauptmann strahlte die Entschlossenheit, Moskau noch in diesem Jahr zu erreichen, förmlich aus und schaffte es, seine Männer damit anzustecken. Bislang hatten sie es doch noch jedes Mal mit den Russen aufgenommen, warum also nicht auch jetzt ?

DerGraf
29.11.20, 18:54
Montag, 1. Dezember 1941 - Mariupol

Oberleutnant Rudolf von Eskens-Kalpenbach warf den Sack mit seinen Habseligkeiten zu den anderen, die noch darauf warteten, von der Bodenmannschaft der Ju 52 eingeladen zu werden. Er zündete sich eine Zigarette an und schlenderte in Richtung der Baracken, wo die Warte die Maschinen wieder startklar machten. Nur mit den Einsätzen war es zunächst vorbei. Der Befehl zur Verlegung war vor ein paar Tagen reingekommen. Zwar hatten sie über 350 Luftsiege erzielt, seit sie im Osten kämpften, aber das hatte die Gruppe eben auch teuer bezahlt. 37 Flugzeuge hatten sie verloren. 15 Flugzeugführer gefallen, vier verwundet und drei vermißt, vermutlich von den Iwans gefangengenommen. Und da im Moment sowieso mit dem, was sie hier so hatten, wenig Staat zu machen war, hatte man beschlossen, die ganze Gruppe aus dem Einsatz zu ziehen. Zurück nach Wien-Aspern, Nachersatz und neue Ausrüstung empfangen, damit üben und im neuen Jahr wieder auf die Krim zurück. Als jemand, der lange mit der 'Emil' geflogen war, war Rudolf nicht völlig sicher, was er von der neuen Ausrüstung halten sollte. Immerhin war die Chance groß, daß das hieß, daß sie ihre alten Bf 109E abgeben sollten. Einerseits würde ihm das alte Mädchen sicher fehlen, andererseits war er als Jagdflieger (und technisch interessierter Mensch) natürlich neugierig, was die Ingenieure bei Messerschmidt aus dem Rahmen noch alles herausholen konnten. Zumindest das meiste, was er von der neuen 'Friedrich' gehört hatte, war spannend !

Zumindest war es nicht so realitätsfern anzunehmen, daß er mit etwas Glück Weihnachten zuhause wäre, und das war ja nun auch schon etwas, oder etwa nicht ? Und sicher würde es auch in Wien Gelegenheit geben, sich die Zeit kurzweilig zu vertreiben. Trotzdem mußte auch er sich eingestehen, daß es in Rußland gar nicht so übel war. Sicher, da war der Bolschewismus, aber dem hingen ja nicht alle Iwans an und wenn sie weiter so austeilten wie jetzt, wäre es damit wohl auch bald vorbei. Er blies eine blaue Rauchwolke aus, als er seinen Blick über die Landschaft schweifen ließ, die schwer ramponierte Stadt in seinem Rücken.

Ein schönes Land, so an und für sich ! Wie Frankreich oder Rumänien, aber wie diese eben auch ein Stück was eigenes. Ein bißchen würde ihm die Krim wohl schon fehlen, dachte er so bei sich, als er sich etwas gedankenverloren wieder in Bewegung setzte.

Montag, 1. Dezember 1941 - Der Berghof

Man mochte sagen, was man wollte, aber so von nahem besehen nahm sich der Residenzort des Führers und Reichskanzlers noch deutlich eindrucksvoller aus, als die kleinen Einblicke, die man sonst so in der Wochenschau bekam. Ich war mir ziemlich sicher, daß das beabsichtigt war, immerhin konnte man so noch einmal bei jedem Besucher eine Schippe draufwerfen. Nun, das war gelungen ! Von Berchtesgaden aus kommend war ich an zwei Toren von Offizieren des Führerbegleitkommandos sehr gründlich kontrolliert worden, meine Pistole hatten sie gleich am ersten Tor einbehalten. Eigentlich hatte ich sie nicht mal mitnehmen wollen, aber sie gehörte nunmal zum Anzug und war daher nicht optional. Nun war ich sie also los, aber so richtig verbunden fühlte ich mich mit ihr nicht. In meiner Profession war sie mir immer eher wie ein Fremdkörper vorgekommen. Sei's drum !

Zumindest das Panorama war recht einnehmend, wenn ich auch mit Bergen und solchen Dingen wenig anfangen konnte. Unter den Zivilisten wie auch dem Führerbegleitkommando fiel ich in der Marineuniform jedenfalls auf wie ein bunter Hund. Vor meinem großn Auftritt bekam ich noch verschiedene Anweisungen und Handreichungen, etwa, daß es unbotmäßig wäre, den Führer und Reichskanzler mit irgendetwas anderem als 'mein Führer' anzusprechen und solche Dinge. Nun, ich versuchte, mir so viel ich konnte davon zu merken. Die Ordensverleihung war dann auch, abgesehen von der Person des Verleihenden, wenig erwähnenswert, immerhin hatte ich schon einige davon mitgemacht, auch wenn man sich hier natürlich besondere Mühe gab, das Prozedere prächtig zu gestalten. Vor allem der Duktus des Führers überraschte mich ein wenig. Wenn man nur seine Reden und Auftritte kannte, war der Unterschied doch bemerkenswert, nicht nur, weil er nicht so sprach, wie r das öfentlich zu tun pflegte, auch an sich schien er an und für sich eine liebenswürdige Person zu sein, oder machte zumindest den Eindruck.

'Männern wie Ihnen verdankt Deutschland seine augenblickliche Stellung in der Welt. Das Reich und das Volk sind stolz auf Sie.'
"Ich tue nur meine Pflicht, mein Führer."
'Sie tun weit mehr als das. Zusammen mit den anderen Waffenträgern der Nation bilden sie die Speerspitze im Schicksalskampf des deutschen Volkes. Der Vorbildcharakter für den künftigen Führernachwuchs...' Er sah mich mit einem undurchdringlichen Blick an. 'Warum sind Sie eigentlich nicht in der Partei ? Männer Ihres Formats könnten es dort weit bringen.'
"Das ehrt mich, aber ich bin in dem Glauben aufgewachsen, daß Parteien und politische Betätigung im Dienst eines Offiziers nichts zu suchen haben. Ich komme da aus recht konservativem Hause und bin damit bislang nicht schlecht gefahren."

Eine Weile sagte mein Gegenüber nichts dazu und ich war bereits am Überlegen, ob ich hier einen Fauxpas begangen hatte, zumal ich auch den Blick, der mich eine Weile musterte, nicht so recht deuten konnte. Demnoch schritten wir (zusammen mit den Wachen im Hintergrund) auf der Terrasse des Gebäudes weiter.

'Bedenken Sie, daß es erst der Glaube und der Fanatismus des deutschen Volkes, geweckt und angefacht durch die nationale Erhebung der NSDAP Deutschland in die heutige Position gebracht haben. Nur aus dieser Position der Stärke war es möglich, die Ketten von Versailles zu sprengen und das Reich in die Lage zu versetzen, Vergeltung zu üben für die Schmach und den Verrat von 1918 ! Ich frage Sie: Wäre es mit Leuten wie Stresemann, Rathenau, Schleicher oder Ebert auch nur möglich erschienen, Frankreich in sechs Wochen zu schlagen, England seines Festlandsdegens zu berauben und sie auf ihrer Insel zu isolieren, bis sie erkennen müssen, daß der einzige Weg zum Frieden der Schulterschluß mit Deutschland ist ?'

Ich dachte spontan an den Flug von Rudolf Heß oder einige Dinge, die mir zu den Briten einfielen, etwa Narvik 1940 oder die Luftherrschaft der Alliierten über dem Ozean, aber ioch war ziemlich sicher, daß der Führer solche Dinge nicht gerne hören würde und wenn ich bedachte, wo ich mich gerade befand, war es wohl besser, mit solchen heiklen Themen gar nicht erst anzufangen... Zumal ich auch nicht gleubte, daß hier meine ehrliche Meinung tatsächlich gefragt war.

"Nein, mein Führer, das wäre es nicht."

Er nickte befriedigt. Nichts anderes hatte er hören wollen.

'Ich werde Ihre Karriere im Auge behalten.' sicherte er mir zu, auch wenn ich das nicht sonderlich beruhigend fand. 'Wenn ich anläßlich ihrer Auszeichnung etwas für sie tun kann, lassen Sie es mich ruhig wissen.'

Ich wußte nicht so richtig, was ich mit dieser Äußerung anfangen sollte. So richtig fiel mir auch nichts ein, was ich- Halt !

"Da gibt es tatsächlich etwas, mein Führer..." eröffnete ich.

Azrael
30.11.20, 00:54
Da bin ich gespannt, was das ist ^^

DerGraf
04.02.24, 02:11
Dienstag, 23.12.1941 - Danzig-Langfuhr

Vor zwei Tagen hatten Anna und ich uns das Ja-Wort gegeben. Ich hätte das gerne zuhause getan, aber sie hatte auf Danzig bestanden und letzten Endes hatte ich ihr und dem Hausfrieden zuliebe nachgegeben. An sich wäre ich gerne bei ihr zuhause geblieben, aber mit den Vorbereitungen auf Weihnachten war es derart quirlig, daß mir das einfach zuviel geworden war. So zog ich also durch die Stadt. Inkognito, sozusagen, denn ich wollte ja meine Ruhe haben, aber mit meiner alten Oberleutnantsjacke und der Wachoffiziersmütze sowie ohne Bart und ohne Orden ging ich nicht davon aus, daß mich jemand erkennen würde. Ein weiterer Marineoffizier von vielen, der zur Ausbildung in die Umgebung kommandiert war oder in irgendeinem Stab Dienst tat. Nichts ungewöhnliches oder gar auffälliges.

Und doch konnte ich in diesen Tagen den Krieg nicht völlig ausblenden, so ruhig und friedensmäßig es in Danzig auch zuging. Die neuen Befehle, die ich vor etwas über einem Monat erhalten hatte, hatten durch den Kriegseintritt der USA eine neue Brisanz erhalten. Statt Kanada würden wir also vermutlich die gesamte Ostküste der USA als Zielgebiet zugewiesen bekommen können. Was würde uns dort erwarten ? Mit einer wenig eingespielten Besatzung und dem neuen Boot würde es möglicherweise knifflig werden. Nicht, daß es mich nicht juckte, aber aufgrund jüngster Ereignisse fühlte ich mich weniger wohl bei dem Gedanken. Immerhin ging es ja jetzt endgültig und hochoffiziell nicht mehr nur um mich dabei. In Gedanken versunken setzte ich einfach einen Fuß vor den anderen und grübelte über diese Dinge nach. Hammann und Hupperich kamen mir in den Sinn. Von beiden hatte ich lang nichts mehr gehört. Um Becker war es auch still geworden. Aber eigentlich sollte ich versuchen, das wenigstens über die Weihnachtstage etwas zu verdrängen, um nicht-

'He, Sie ! Oberleutnant !'

Ich wurde jäh aus den Gedanken gerissen, als ich die Stimme hinter mir hörte. Ich drehte mich um und sah mich einem recht jungen Wehrmachtshauptmann mit einer jungen Frau an seiner Seite gegenüber. Rechtzeitig bevor ich den Kameraden auf seinen Umgangston hinweisen wollte fiel mir ein, daß ich ja die Abzeichen eines Oberleutnants spazierentrug. Selber schuld. Also nahm ich Haltung an.

"Herr Hauptmann ?" 'Können sie nicht grüßen ?' Bingo. Ich hatte den Kameraden nicht gesehen und jetzt gab es die Quittung dafür. "Bitte um Verzeihung, ich war in Gedanken und habe Herrn Hauptmann nicht gesehen." 'Ist wieder typisch für diese Stabsheinis. Keine militärische Haltung, aber weit hinten in der Etappe sitzen... An der Front gäbe es sowas nicht" erläuterte er seiner Begleitung, ehe er mich ein vorschriftsmäßiges Männchen bauen ließ. Zumindest ließ er es dann dabei bewenden, immerhin hatte er seinem Mädchen jetzt mal seine Autorität vorgeführt. 'Passen Sie gefälligst besser auf, Herr Kamerad.' ermahnte er mich. 'Militärische Zucht ist vor allem eine Haltungsfrage. Bedenken Sie ihre Vorbildfunktion als Offizier.' "Ich werde es nicht vergessen, Herr Hauptmann." 'Gut, weitermachen, Herr Kamerad.' "Vielen Dank, Herr Hauptmann !" Als sie weggingen fragte das Mädchen ihn irgendetwas. Ich verstand die Frage nicht, aber die Antwort war gut zu hören. 'Richtige Soldaten ? Disee Marinestäbler sind nicht mal richtige Menschen, die müßte man mal an die Front schicken, da würde man...' Den Rest hörte ich schon nicht mehr.

Ein bißchen mußte ich selber lachen, als der Mann weit genug weg war. Ich nahm mir vor, von jetzt ab in der Tat besser aufzupassen und lenkte meine Schritte auf den Weg zurück. Von der Stadt hatte ich erst einmal genug.

Azrael
04.02.24, 02:40
Lang ists her, zum Glück gibt es für sowas eine Abo-Funktion :D

DerGraf
04.02.24, 02:41
Wir haben uns tatsächlich ein bißchen erschrocken, als wir gesehen haben, daß hier schon seit gut 3 Jahren brach liegt. Das hat sich für uns immer viel kürzer angefühlt...

Komischer Kunde
05.02.24, 10:12
Wir freuen uns außerordentlich über die Wiederaufnahme des AAR's :D

Bigfish
05.02.24, 20:49
Nu ja Wir hätten auch auf Funkstille von ca. einem Jahr vermutet, aber drei Jahre? Wer hat an der Uhr gedreht ist es wirklich schon so spät?

DerGraf
02.10.24, 23:26
Montag, 29.12.1941 - Lorient

Wie ich zu meiner großen Freude feststellen durfte, hatte der BdU mal wieder, im Rahmen der Erfordernisse des Krieges, kurzfristig die Befehle geändert. Glücklicherweise hatte ich mich bereits im Dezember heimlich mit den wichtigsten Funktionen und Eigenschaften des neuen Bootsmodells vertraut gemacht. Ein paar Hinweise von Günther Schröder hatten mir dabei nicht unwesentlich geholfen. Trotzdem war es nicht leicht gewesen, das so zu tun, daß Anna nichts davon mitbekam, denn die wollte solche Dinge nicht im Haus haben. 'Die Kriegsmarine kriegt sich noch früh genug wieder, jetzt gehörst du erstmal mir.' sagte sie dann immer. Aber so einfach ist das eben nicht. Ich langte jedenfalls am 29. Dezember einigermaßen glücklich in Lorient an, meldete mich beim Standortkommandanten und dem Flottillenchef. Über den großen Stapel Akten auf meinem Dienstzimmer wunderte ich mich nicht mehr groß. Daß man mir entgegen der Zusage die Mannschaft weggenommen hatte, hatte ich schon erwartet. Erfahrene Fahrensleute als Korsettstangen für die nachrückenden grasgrünen Jungs. Das ließ ich mir ja noch einigermaßen gefallen, hatte aber so eben keine eingespielte Mannschaft. Zumindest hatte ich mich von einigen noch verabschieden können. Die Männer würden klarkommen. Am meisten würde mir Kühne fehlen, ein guter Steuermann war draußen Gold wert und er war so etwas wie meine seemännische Nummer zwei gewesen, zumindest ein konstanter Faktor an Bord, der nun eben auch wegfiel.

Die wichtigsten Männer der neuen Besatzung überflog ich schnell. Oberleutnant zur See (Ing.) Ulrich Aust, der LI. Kam von den Überwasserschiffen und hatte auch schon eine Feindfahrt auf einem U-Boot hinter sich. Auf eigenen Wunsch versetzt. Oberleutnant zur See Helmut Leffler, zwei Feindfahrten, wurde in meiner Liste als IILI geführt. Anscheinend war sein altes Boot versenkt worden, er war nach einiger Zeit im Lazarett wieder im Einsatz und war U-518 zugeteilt worden. Wozu brauche ich zwei Ingenieure an Bord ? Ich versuchte gar nicht erst, die Logik des Barras zu verstehen. Bringt außer Kopfschmerzen ja doch nichts. Leutnant zur See Willi Gührig, IWO. Sechs Feindfahrten, bereits länger auf dem Boot. Er war wohl langsam reif für die nächste Beförderung sowie den Kommandantenlehrgang und mir würde es obliegen, ihm den letzten Schliff zu geben, ehe er sein eigenes Kommando bekam. Nun, gegen erfahrene Leute hatte ich nichts ! Mein IIWO würde Leutnant zur See Karl Busse sein. Ebenfalls bereits eine Feindfaht auf U-518, aber noch nicht so weit wie Gührig. Ihn würde ich wohl länger behalten können. Mit vier Feindfahrten ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt ist Obersteuermann Helmut Studt. Die Akte wirkt zunächst solide, auf diesen Mann werde ich mich verlassen können, und das wird beim nächsten Einsatz besonders wichtig werden...

Bei den Unteroffizieren wird es dann aber mit den gut auf ihren Posten ausgebildeten Leuten schnell weniger. Bootsmann Hans-Henry Fritze, der Bootsmann von U-518, 1 Feindfahrt. Bootsmann Edmund Schmal, E-Maschinist, eine Feindfahrt. Bootsmann Rolf Radermacher, 6 Feindfahrten, ebenfalls eine alte Hand, dient auf dem Boot als Dieselmaschinist. Seemännische Nummer Eins und Zentralemaat mit zwei Feindfahrten ist der Bootsmannsmaat Hans Schlange. Im Bugtorpedoraum kommandiert der erfahrenste Maat mit sieben Feindfahrten, Torpedomechanikermaat Otto Kuchel. Im Hecktorpedoraum mit drei Feindfahrten der Torpedomechanikermaat Hubert Dragert.

Die Mannschaften haben alle zumindest eine Fahrt auf dem neuen Boot gemacht, die erfahrensten Männer weisen 4 bis 5 Fahrten auf. Insofern zumindest schon einmal grundlegend seefest und kampferprobt, was gut ist. Auch hier stechen drei Männer besonders hervor: Der Matrosenobergefreite Johann Osterwald, der Maschinenobergefreite Georg Röver und der Torpedomechanikergefreite Rudolf Metzger tragen neben dem Unterseebootskriegsabzeichen noch das EK II. In allen wichtigen Abteilungen erprobte Männer zu finden ist eine ziemliche Erleichterung ! Ich lege die Akten weg. Ich bin gespannt darauf, die Männer persönlich kennenzulernen, aber das wird bis morgen warten müssen. Ich habe beschlossen, trotz der nahenden feiertage auf leichten Dienst zu verzichten. Es wird Unmut geben, da wir direkt an Neujahr auslaufen solen, aber ich will die Zeit nutzen und mir an land noch einen Eindruck von den Männern machen, bevor es dem ersten Ziel entgegengeht. Offiziell weiß ich davon natürlich noch nichts, aber einer der Offiziere im Einsatzstab hatte bereits durchblicken lassen, wohin es gehen sollte. Zu genau wollte er nicht weren, aber er nannte zumindest die CA-Planquadrate.

Ich hatte nichts anderes erwartet, das Ziel ist also die Ostküste der USA. Mir die passende Karte vor Augen rufend, erinnere ich mich, daß die CA-Quadrate grob den Bereich von New Jersey bis zum Golf von Maine abdecken. Neuengland oder Großraum New York also ! Was würde uns dort erwarten ?

Mittwoch, 7. Januar 1942 - Wien-Aspern

Das Bodenpersonal, das bereits aus Mariupol nachgeholt wurde, hat sich am Boden versammelt und verfolgt die Darbietung am Himmel, wo sich mehrere kleine Schatten durch das Blau jagen und dabei die waghalsigsten Manöver vollführen. Unter den Männern am Boden, die sich vom kundigen Blick leicht als Werftpersonal, Flak oder Angehörige der Flughafenbetriebskompanie erkennen lassen, befinden sich indes auch zwei Männer in Fliegerkombi, die eher am Rand stehen und dem Geschehen weniger Aufmerksamkeit zollen.

"Sag, was du willst, die neuen Kisten sind doch schon ein ziemlicher Sprung nach vorne, oder nicht ? Mehr Leistung, besseres Flugverhalten, schneller, wendiger..." Feldwebel Peter Bermann kommt ein wenig ins Schwärmen. 'Gut man sieht wenns drauf ankommt immer noch etwas wenig, die Kanzel ist eine Idee zu eng und die Landung... Naja, fliegt wie ne Ente, quakt wie ne Ente, ist halt ne 109.' "Hat halt alles seine Vor- und Nachteile. Wenn man sich an die beiden MG/FF in der E gewöhnt hat, ist es schon eine Umstellung. Aber das 151/20 blockiert wenigstens nicht ständig, wenn's zu viele G's bekommt und die Nabenkanone erleichtert das Zielen schon. Aber wenn die einen mitkriegt, bekommt der Motor möglicherweise auch was ab und andersrum auch." Rudolf ist der neuen Maschine gegenüber etwas kritischer. Sie gefällt ihm schon ganz gut und ist auch nicht so blockig wie die Emil, sondern mit ihren geschwungeneren Linien auch schon was fürs Auge, aber irgendwie fühlt es sich falsch an, der Emil so schnell untreu zu werden...

Nur eins ist klar. Die größte Schwachstelle des Gespanns ist immer noch der Pilot. Obwohl die Gruppe über England nicht mit dabei gewesen war und sich über Norwegen und in der Bretagne gut geschlagen hatte, hatten sie über dem Balkan und auf der Krim auch ziemlich Federn gelassen. Zwar hat die Gruppe über 500 Luftsiege errungen, aber gleichzeitig schätzt Rudolf, daß sie auch etwa 30 Flugzeugführer verloren haben. Nicht, daß er am Nachersatz zu meckern hat, aber wenn er sich die jungen Flieger so ansieht, ist er nicht sicher, wie sie mit Rußland klarkommen werden. Bermann und er hatten ja immerhin noch andere Einsätze, und auch wenn er die russischen Flieger nicht so hoch schätzt... Die Neuen hängen sich zu gern an so etwas und unterschätzen den Feind. Nun, sie werden sehen, wie es mit den neuen Maschinen wird ! Gedankenverloren steckt er sich eine Zigarette in den Mund, Bermann tut es ihm gleich und gibt ihm Feuer. Schweigend sehen beide den rasenden Schemen nach, die über ihnen ihre Bahnen ziehen...

Sappho
03.10.24, 09:48
Sehr schön, dass es weiter geht ...

DerGraf
29.12.24, 18:16
Und jetzt heißt es erstmal warten...

Wir müssen uns derzeit entscheiden, ob wir den alten Spielstand verlorengeben und hier sozusagen semi-historisch weitermachen (Neuer Spielstand und dann mit Notizen modifiziert, würde keiner merken, aber dann steht auch das zugrundeliegende Mod-konstrukt wieeder zur Debatte, ob wir etwa zu einem anderen Mod wechseln oder ähnliches) oder nach einer technischen Lösung suchen wollen. Zur Zeit läßt uns das Spiel auf den AStlantik hinaus, aber spätestens auf Höhe der Azoren gibt es einen CTD.

Wir verfolgen das und sehen wie es weitergeht. DASS es weitergeht steht aber nicht zur Debatte. Vielleicht holen wir ein anderes Projekt zur Erbauung der Regenten heraus bis es soweit ist, mal sehen.