Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Tagebuch des Grafen von Eskens-Kalpenbach - Ein SoF AAR
Werte Regenten !
Dies wird unser Versuch sein, dem Mangel an AARs entgegenzutreten, der vor geraumer Zeit moniert wurde. Es ist unser erster AAR und wir spielen auf erhöhter Schwierigkeit, da das Spiel sich gegen Screenshots noch wehrt und auch kein Speichern während der Missionen erlaubt. Allerdings haben uns das Szenario des Spiels und die Zeitepoche so gereizt, daß wir es demnoch versuchen wollen. Vielleicht wird dieser AAR beendet, vielleicht nicht. Vielleicht schaffen wir es, ihn über den reinen Fließtext zu erheben, vielleicht nicht. Wir sind genauso gespannt wie es werden wird wie womöglich geneigte Leser. Aber es wird ein erster Schritt, wie wir denken.
Zum Spiel: Wir spielen 1914 - Shells of Fury, eine U-Bootsimulation die im Großen Krieg stattfindet. Mit Silent Hunter sollte man es nicht vergleichen, da kann das Game nicht mithalten, aber für Puristen ist es wohl ganz nett. Wir haben es uns vor Jahren wegen des Szenarios gekauft und es jetzt wieder aus der Ecke hervorgeholt. Wegen der Unsicherheit, wie lange das Spiel mitmacht, haben Wir uns gegen die große Kampagne 1914-18 entschieden, sondern werden den Endabschnitt absolvieren, welcher im April 1917 beginnt und mit dem Krieg zusammen endet. Schlußendlich müssen wir anmerken, daß wir das Spiel noch nie bis zum Ende gespielt haben, wir wissen also nicht, was auf uns zukommt !
Wie es sich für den großen Krieg gehört, werden wir etwas prätentiöser ins Feld ziehen, auch mit Rängen und Medaillen werden wir etwas freier umgehen als das Spiel das tut. Mannschaft und etwaige Interaktionen zur Auflockerung sind nicht dem Spiel entnommen, sondern komplett selbst erdacht. Wir haben uns hierbei an historischen Vorbildern orientiert, da wir allerdings nich bei der Marine waren, sind einige Details und personen frei gestaltet. Auch ein UC 83 hat es nie gegeben. Updates werden, da wir uns derzeit im Praktikum befinden und nicht von der Arbeit aus posten können unregelmäßig stattfinden, wir hoffen aber, daß nicht die Puste ausgeht. Nun aber genug der Vorrede, begeben wir uns etwa 100 Jahre in die Vergangenheit. Unsere Handlung beginnt im März 1917 bei der U-Flotte Helgoland...
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Es würde ein himmelweiter Unterschied zu all dem werden, was ich bislang erlebt hatte, soviel war klar. Als ich den Anlagenkomplex betrat, war ich angespannt. Nicht nur
im negativen Sinn, aber auch. Ich wußte genau, worauf ich mich eingelassen, ja worauf ich jahrelang hingearbeitet hatte, aber nun, wo es soweit war ? Etwas lag in der
Luft und ich war nicht sicher, was. Ich nahm es als Vorahnung. Das alleine hätte schon genug sagen sollen. Zwar hatte ich gewisse Sichtweise und Traditionen übernommen, aber in meiner Familie ging man mit Pferden um, nicht mit Schiffen. Daß ich mich für das Meer interessierte, ließ mein Vater noch durchgehen, aber als ich mich über die Familientradition hinwegsetzte und in die Marine statt in ein Kavallerieregiment eintrat, gab das eine Menge böses Blut. Vater spuckte Gift und Galle, drohte gar damit, das Familienvermögen meinem nächstjüngeren Bruder zu hinterlassen. Bis zu meiner Beförderung zum Oberleutnant vor drei Jahren hätte er nur meine Apanage
kürzen oder streichen brauchen ! Von meinem Gehalt alleine hätte ich nicht leben können, schon die Drohung hätte gereicht, und er hätte mich in der Hand gehabt. Aber dazu kam es nicht. Ich erfuhr nie, ob er es einfach nicht über sich brachte, oder ob ich die Tatsache, daß ich nun der Familie und unserem Vermögen vorstehe, nur daher
kommt, daß Vater im letzten Jahr in Rumänien vor dem Feind blieb, der fünfte unserer Familie seit 1914, der sein Leben für Kaiser, Volk und Vaterland gab. Drei Jahre
war ich vor dem Krieg auf Torpedobooten gefahren, war bei Helgoland verwundet worden und, auf eine größere Einheit kommandiert, an der Doggerbank dabeigewesen. Mein Friedrich August Kreuz II. Klasse 'für Tapferkeit vor dem Feind' war wohl eher ein Trostpflaster für meine Verwundung, eine Verleihungspraxis, von der böswillige
Zungen bisweilen munkeln. Man soll nicht alles glauben, was man hört, aber irgendwo müssen diese Gerüchte ja herkommen, nicht ? Aber alles in allem war das nur die
Vorbereitung auf Folgendes gewesen. Ich war nie ein zu technisch versierter Mensch gewesen und die U-Bootwaffe hatte vor dem Krieg nicht wirklich geglänzt, aber nach
der Heldentat Otto Weddigens hatte auch ich mich inspiriert gefühlt und so ein Versetzungsgesuch zu den U-Booten eingereicht. Diesem ersten gesuch folgten weitere, die aber zunächst ohne greifbare Resultate blieben.
Ich passierte die salutierende Wache in Gedanken versunken und registrierte sie eher, als sie zu bemerken. Als nach der langen Zeit des Wartens die Flotte zur Schlacht
in Richtung Skagerrak zog, hatte ich nach der Genehmigung meines Gesuchs die ersten Vorbereitungslehrgänge hinter mir und saß in dem Zug, der mich nach Pola bringen würde, wo ich meinen Dienst anzutreten gedachte. Die nächsten zehn Monate sollte ich als Wachoffizier auf dem U-Boot Kapitänleutnant Brinkmanns fahren, der mich in den wichtigsten Angelegenheiten unterweisen würde, und dem es natürlich auch oblag, die schlußendliche Beurteilung zu treffen, ob ich für ein eigenes Kommando fachlich und charakterlich geeignet war. Es dauerte etwas, bis ich mich an das Leben in der Röhre gewöhnt hatte und noch länger, bis ich von der Gemeinschaft an Bord als vollwertiges Mitglied akzeptiert wurde. Ich mochte wie ein Seekadett anmuten, kindisch und unstatthaft, aber mein Aufenthalt verstärkte in mir noch das Gefühl, daß die Bordgemeinschaft Teil von etwas verwegenen war. Man mochte fast sagen, als umwehte sie ein Hauch von Abenteuer. Dieses Gefühl nährte sich natürlich vor allem durch unsere Operationen im Mittelmeer. Brinkmann war ein guter Lehrer, auch wenn ich dachte, daß es noch einige Defizite gab, lehrte er mich viel. Anfang März 1917 verließ ich das Boot. Ich wäre gern länger geblieben, aber Brinkmann erwartete einen neuen Kommandantenschüler und meinte, das bißchen, was noch fehlte, würde ich schnell selber lernen. Versehen mit einigen guten Ratschlägen und einer Einladung, bei Gelegenheit einmal nach Emden zu kommen, ließ ich Istrien hinter mir und folgte meinem Versetzungsbefehl nach Helgoland, wo man mir mein eigenes Kommando übergeben würde.
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(Die Mannschaft von Otto Weddigens U 9, an der wir uns orientiert haben)
Ich hatte mich bereits mit den technischen Daten meiner neuen soldatischen Heimat vertraut gemacht und auch die verfügbaren Akten der Mannschaft durchgesehen sowie von ehemaligen Vorgesetzten Referenzen eingeholt, soweit ich sie erreichen konnte. Neben einem Torpedoboot war mein neues Kommando nahezu winzig, jedoch trotzdem größer als das Boot auf dem ich im Mittelmeer gefahren war. Die Mannschaft war gut ausgebildet und motiviert, allerdings auch überwiegend noch nicht lange in der Marine. Zwar waren alle ausreichend seefest, aber nur wenige hatten echte Kampferfahrung. Als solches war ich froh, auch routinierte Fahrensmänner bei mir zu wissen. Als ich zum Anleger kam, waren die Männer bereits angetreten. Ich sah Theodor Schulte, Wachoffizier und gerade zum Oberleutnant zur See befördert. Ein strebsamer und kompetenter Mann, war vorher auf Kreuzern gefahren. Bei seinen vormaligen Chargen war er nicht sehr beliebt gewesen, auf einem Kreuzer kein allzugroßes Problem, aber ein Warnzeichen und auf einem kleinen Boot wie unserem potentiell gefährlich ! Ich kannte ihn ja noch nicht persönlich, hatte aber einen Verdacht, was Sache war, und beschloß, ein Auge darauf zu haben, wie er hier mit seinen Untergebenen umging. Daneben stand Marineingenieur Günther Schröder, man könnte sagen der wichtigste, aber interessanterweise auch der rangniederste Offizier an Bord. Der junge Kölner war eine Kapazität auf seinem Gebiet wie man mir versicherte, allerdings war das Boot seine erste Seedienstposten seit der Ausbildung und er war wohl auch im Umgang mit seinen Untergebenen nicht strikt genug und auch sonst etwas unmilitärisch. Ich wunderte mich, ob man ihn irgendwo weggelobt hatte, aber das wollte ich schon noch herausfinden. Meine beiden Deckoffiziere hingegen waren alles, worauf ich hatte hoffen können.
Obermaschinist Adolf Bremer, ein kleiner und gedrungener Essener mit langsam schütter werdenden Haaren, wirkte auf mich trotz alledem sehr energisch und seine lange
Dienstakte hatte nur Gutes zu berichten. Er hatte bereits zuvor auf U-Booten gedient und auch schon einige Feindfahrten mitgemacht. Dasselbe galt für seinen Nebenmann, den etwas größeren, kugeligeren und beinahe kahlen Obersteuermann Gerhard Marek aus Holstein. Wären die Uniformen nicht gewesen, jeder Betrachter der Szene hätte wie selbstverständlich angenommen, daß Boot und Mannschaft diesen beiden Männern gehören mussten. Dazu kamen die übrigen Männer. Zwei Bootsmannsmaate, zwei U-Obermatrosen, zwei U-Matrosen und ein U-F.T. Gast als Besatzung über Deck. Dazu unter Deck drei Obermaschinistenmaate, zwei Maschinistenmaate, drei U-Oberheizer, vier U-Heizer und zu guter Letzt noch zwei Obermaschinistenanwärter, die wohl noch kurzfristig zugeteilt worden waren, denn ihre Dokumente waren noch nicht vollständig eingetroffen. Aber über (gut, eigentlich hinter) dem Ganzen stand natürlich unsere neue Heimat für die vorhersehbare Zukunft.
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Seiner Majestät UC-83, ein Minenlegerboot vom Typ UC-II, erst im Herbst 1916 von Blohm und Voss in Hamburg an die Marine ausgeliefert und kommissioniert. Ein modernes Doppelhüllenboot mit einer Länge von 49,4 m, einer Breite von 5,2 m und einem Tiefgang von 3,7 m. 2 250 PS Schiffsdiesel erzeugten eine Höchstgeschwindigkeit von 11,6 kn über Wasser und 7 kn unter Wasser, bei einer Reichweite von 9400 sm bei 7 kn Marschfahrt. Bweaffnet war unser Boot mit 4 Torpedorohren mit 8 50 cm Torpedos, einem 8,8 cm Deckgeschütz sowie einem Maschinengewehr und Kapazitäten zum Verstauen und Auslegen von 18 Seeminen. Eine formidable Waffe ! Der Anblick machte mir wieder die mir zugedachte Verantwortung, aber auch das mir entgegengebrachte Vertrauen bewußt und ich war fest entschlossen, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen. Nachdem Schulte und Schröder Boot und Mannschaft klar gemeldet hatten, verbrachten wir die nächsten Tage mit Erprobungsfahrten, Tauchversuchen und Übungen, um die Mannschaft für den bevorstehenden ersten Einsatz unter Kriegsbedingungen vorzubereiten. Von kleineren Kinderkrankheiten abgesehen, war ich mit der Leistung der Männer und dem Zustand des Bootes zufrieden. So konnte die erste Feindfahrt kommen !
Werter Graf, wir haben schon mal abonniert. Auch weil wir vor Jahren das Spiel bei GAMERSGATE erstanden haben und nie richtig warm damit wurden.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:ritter::top:
spiegelfechter
18.08.16, 02:22
Wir haben ebenfalls den Abo-Button gedrückt und unsere Daumen
Wir haben auch abonniert und warten was da kommt
Donnerstag, 15. März 1917
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Fieberhaft wurden die letzten Vorbereitungen getroffen. Während die Mannschaft an den Maschinen arbeitete und unter Aufsicht des LI die letzten Minen in den Schächten verluden, saß ich mit Schulte auf der Brücke und studierte die Einsatzbefehle und Karten. Schulte's Finger fuhr die Karte entlang zum Einsatzgebiet. 'Der Anmarsch sollte kein Problem sein, glücklicherweise befindet sich das Operationsgebiet abseits der britischen Minensperren. Das Boot kann also beinahe in gerade Linie Kurs auf das Zielgebiet setzen.' Ich nickte und gab ihm recht. Sich durch die Minensperren zu schlagen war jedesmal ein Glücksspiel und ich war froh, meinen Schutzengel nicht gleich beim ersten Einsatz derart auf die Probe stellen zu müssen. Der Auftrag besagte, eine Minensperre im Eingang des Firth of Forth zu platzieren und so dem britischen Schiffsverkehr die Route von und nach Edinburgh zu verlegen. Ich fuhr fort. "Sobald die Sperre platziert und eingezeichnet ist, ist das Jagdgebiet frei wählbar. Je nach Wetter und Schiffsverkehr werden wir den Firth of Forth hinter uns lassen, um die Schiffe nicht durch unsere Anwesenheit zu aufmerksam zu machen. Ich hatte daran gedacht, in Richtung Tweedmündung zu operieren, hinunter nach Lindisfarne, wenn die Umstände das nötig machen, grober Kurs Farn Deeps." Schulte machte sich auf einem Kniebrett einige Notizen. "Wir müssen natürlich auch Glück haben, wenn uns auf dem Weg irgendwo Kriegsschiffe aus Rosyth entgegenkommen, würde das das Unternehmen erheblich verkomplizieren." 'Um die habe ich mir auch schon Sorgen gemacht. Verhalten bei Feindkontakt, Herr Oberleutnant ?' "Wir versuchen unentdeckt zu bleiben. Angriff nur, wenn es die Mission nicht gefährdet. Wenn wir die Minen los sind, ist es was anderes aber bis dahin hat das Erreichen und Verminen der Einfahrt Vorrang. Schärfen Sie den Leuten äußerste Wachsamkeit ein, besonders auch wegen der Marineflieger." 'Verstanden, Herr Oberleutnant !'
Ein wenig juckte es mich schon in den Fingern. Immerhin war die Marinebasis in Rosyth ebenfalls im Firth of Forth und die Vorstellung, ein Kriegsschiff würde auf eine Mine laufen oder gar direkt vor die Torpedorohre hatte etwas für sich. Ja, mit der Versenkung eines Kriegsschiffes von der ersten Patrouille zurückzukehren... Die Vorstellung gefiel mir. Ich mußte meine Vorstellungskraft zurückhalten und mich ermahnen, realistisch zu bleiben. Eine Konfrontation mit einem Kriegsschiff auf der ersten Feindfahrt war ebenfalls ein Risiko, von dem die Situation zeigen mußte, ob es gerechtfertigt werden konnte. Die Ankunft Schröders riß mich aus den Gedanken. Er meldete die Übernahme von Vorräten und Munition sowie die Einsatzbereitschaft der technischen Anlage. Das Boot war klar zum Auslaufen ! Ich sah auf die Uhr: Viertel vor Zehn. In einer halben Stunde würden wir aufbrechen.
Mit direktem Kurs auf den Firth of Forth stampften wir durch die See. Die scharfen Augen der Brückenwache auf den Horizont gerichtet, nutzte ich die ersten beiden Seetage, um mir ein Bild von der Besatzung unter den Bedingungen des ersten scharfen Einsatzes zu machen. Die Mahlzeiten nahm ich mit den Offizieren auf der Brücke ein, solange es die Umstände zuließen und wir nicht zu dicht am Feind waren. Eine Tradition, die ich von Brinkmann übernommen hatte. Ansonsten war von Anspannung nichts zu bemerken. Es war beinahe wie auf einer der Übungen, die wir unternommen hatten, aber der erste scharfe Schuß würde zeigen, aus welchem Holz die Männer geschnitzt waren. Es half, daß vom Feind bislang nichts zu sehen gewesen war. besonders, weil ich beschlossen hatte, bis zum Erreichen des Operationsgebietes feindlichen Kräften auszuweichen, um unsere Anwesenheit nicht frühzeitig zu verraten und so die Mission zu gefährden.
Der 17. März brach an und um 1:37 erreichten wie das Operationsgebiet. Schröder, der das Minenlegen beaufsichtigte und leitete, übernahm nun das Boot und lotste uns in einem dedizierten Fahrtmuster über die Einfahrt, während die Minen auf seine Anweisungen hin an bestimmten Punkten aus den Minenschächten ausgestoßen wurden. ich beobachtete dieses Treiben interessiert. Zwar hatte ich einen groben Überblick, wie die Sache funktionierte, aber den sonst eher gelösten Schröder derart angespannt und konzentriert zu sehen, verdeutlichte gut, wieviel Wichtigkeit seinen Fachkenntnissen hier zukam. Mit der Karte und Bleistift in der Hand, der Deckelpfeife im Mund und einem Matrosen, der ihm ab und an unter der Plane leuchtete, wenn es galt, die Position einer Mine in die Karte einzuzeichnen, wirkte der Kölner viel soldatischer, als man es sonst von ihm kannte. Die Posten spähten unterdessen natürlich weiter nach Schiffen, wir blieben aber ungestört. Nach zwei Stunden auf dem Präsentierteller war die Mission erfüllt und wir konnten wieder größere Fahrt aufnehmen. Schröder holte sich beim Schmutt noch einen Kaffee ab, und ging nach dem Ende seiner Wache schlafen.
Nach der Erfüllung der Mission befahl ich, mit 9 kn Marschfahrt den direkten Kurs zum Operationsgebiet zu setzen. Die Stimmung in der Mannschaft war hervorragend und das Wetter gut. Von Schiffen und Fliegern unbehelligt machte das Boot gute Fahrt und ich rechnete mir aus, in 6 Stunden das Zielgebiet zu erreichen. Soweit ich das auf der Fahrt soweit beurteilen konnte, zeigte sich, daß die Übungen nicht umsonst gewesen waren. Die Handgriffe saßen und die Abläufe waren einigermaßen flüssig. Ein bißchen mehr Übung und man konnte mit den Resultaten arbeiten.
Um 5 Uhr 54 hatten wir unser erstes Feindschiff gesichtet, einen Kohlendampfer, allem Anschein nach. Schulte schätzte das Schiff mit Hilfe des Schiffsregisters auf etwa 2.700 Bruttoregistertonnen. Ich ließ Sommer den Franzosen anblinken, aber der änderte prompt den Kurs und gab Dampf. Nach dem ersten Schuß vor den Bug ließ ich schließlich auf 39 Hektometer das Feuer eröffnen. Nach sieben oder acht Granaten zeigte der Rauch, der aus den Luken brach, daß die Kohlen im Schiff in Brand geraten waren. Kurz ließ ich das Feuer einstellen, um den Franzopsen die Gelegenheit zu geben, in die Boote zu gehen. Vier weitere Granaten versenkten das Schiff. Um 7:57 hatten wir so unsere erste Versenkung erzielt. Ich ließ Schulte Kurs die englische Küste herunter setzen, Richtung Farns Deep, wie ich es angeregt hatte. Dreißig Minuten später alarmierte der Ausguck das Boot, als ein Handelskreuzer in der Ferne gesichtet wurde. Ich ließ umgehend auf Sehrohrtiefe gehen, um das Boot in eine geeignete Schußposition zu bringen. Zusammen mit Marek folgten wir den Bewegungen des Kreuzers über eine Stunde lang, immer wieder unter Wasser gezwungen, um nicht entdeckt zu werden. Im Laufe dieser Stunde feuerten wir vier Torpedos auf das Schiff ab, von denen aber aus verschiedenen Gründen keiner traf. Schließlich ließ ich abbrechen und wir verschwanden in der Tiefe, um uns unentdeckt wieder vom Feind zu lösen. Ich ließ mir meinen Ärger nicht anmerken, aber innerlich war ich verflucht wütend über meine eigene Dummheit, vier der kostbaren Torpedos derart verschwendet zu haben ! Das Glück blieb uns allerdings hold, kein Flieger des RNAS entschied, uns mit seiner Aufmerksamkeit zu beglücken und wir machten stetig weiter Fahrt in Richtung SSO.
Um 11:57 hatte ich gerade Oberleutnant Schulte abgelöst, as der Matrose Vogel das Doppelglas von den Augen nahm. "Herr Oberleutnant, Kontakt in 282 in großer Entfernung !" Ich trat neben ihn und sah selbst hin. In der Tat zeichnete sich gegen die Kimm sehr undeutlich eine Silhouette ab, bei der man zumindest einen Ladekran doch erahnen konnte. Ein Frachter möglicherweise ! Ich gab Schröder die Order, das Boot zum Tauchen vorzubereiten, bis dahin aber äußerste Fahrt anzulegen. Marek dirigierte den Rudergänger, um ihn auf unserem Abfabgkurs zu halten. Immer wieder hakenschlagend und auch mehrmals kurz getaucht, um unter guten Verhältnissen nicht vom gegnerischen Ausguck gesehen zu werden, arbeiteten wir uns näher an unser Ziel heran, das immer noch nichtsahnend seinem Ziel zulief, vermutlich Edinburgh. Ich war überrascht, wie dicht wir an das Fahrzeug herankamen. Hätten wir noch Torpedos in den Bugrohren gehabt, wäre das ein Kinderspiel gewesen, aber so mußten wir auf das 8,8 cm Geschütz vertrauen ! Als ich das Sehrohr einfuhr und Schröder den Befehl zum auftauchen gab, waren wir auf etwa 14 hm an das Ziel herangekommen. Die Einzelheiten des Schiffes waren klar zu erkennen. Nach Lloyd's Register handelte es sich um einen Frachter von tatsächlich etwa 5300 BRT, kein schlechter Fang ! Ich enterte als erster die Brücke herauf, gefolgt von Bootsmannmaat Sommer und unserer Geschützbedienung. Der Anruf verhallte ungehört und der Brite nahm Fahrt auf. Auf mein Handzeichen eröffnete die Bordartillerie das Feuer und die ersten Granate fraßen sich knapp über der Wasserlinie in den Rumpf des Schiffes. Nach den ersten Treffern sahen wir wie drüben die ersten über Bord sprangen... Wir sollten kurz darauf lernen, warum. Um 13:17 zerriß ein gewaltiger Explosionsblitz das Schiff, von dem nichts übrig blieb als Reste, die schnell in den Fluten versanken. Aufgrund der Entfernung wurde unser Boot nicht beschädigt, einige Trümmerteile sorgten für leichte Verletzungen unter der Geschützmannschaft und die Druckwelle der Explosion hatte einen der Kanoniere fast über Bord geworfen, aber abgesehen von einem leisen Pfeifen, das uns die nächsten Stunden begleiten sollte, behielten wir keine ernstzunehmenden Folgeschäden zurück. Um nicht doch noch herauszufinden, wie es mit der Einsatzbereitschaft der Gentlemen in Rosyth oder der britischen Marineflieger bestellt war, gingen wir auf 50 m Tiefe und entfernten uns schnellstmöglich von der Versenkungsstelle, nachdem die Versenkungsmeldung abgegeben worden war.
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch 4 Torpedos in den Heckrohren und 96 8,8 cm Granaten. Immer noch mehr als genug, auch wenn die leeren Bugrohre zu vermeiden gewesen wären.
ich hatte mein Kriegstagebuch gerade aktualisiert und war dabei, das Logbuch zu kontrollieren, als das Hydrophon einen Kontakt meldete. Seit der Versenkung des Frachters waren etwa 40 Minuten vergangen. Einerseits freute ich mich, daß hier derart viel Verkehr zu herrschen schien, andererseits nahm es sich merkwürdig aus, daß trotz unserer Angriffe derart dicht an den Versenkungsstellen noch Verkehr stattfand. Nun, beschweren würde ich mich nicht, aber wundern tat es mich doch ! Sollten wir die Feindfahrt in nur einem Tag beschließen können ? Schröder hatte das Boot bereits am Sehrohr eingependelt, als ich die Zentrale betrat. Schulte legte das Schiffsregister beiseite und machte mir am Sehrohr Platz. "Ein Tanker, Herr Oberleutnant ! Etwa 10.000 Tonnen, Peilung 79, 99 Hektometer entfernt !" Tanker waren ein lohnendes Ziel, aber das Schwierige war, dich genug an sie heranzukommen... Unsere Torpedos reichten immerhin in der passenden Einstellung nur 55 hm weit, und die meisten dieser Tanker konnten uns auf voller Kraft auf Dauer davonlaufen. Ich hatte das mit Brinkmann im Mittelmeer oft genug erlebt, ein Flotten-U-Boot war nunmal kein Rennpferd ! Es hieß also, sich vorsichtig in Position zu bringen, besonders, da wir ja nur noch die Heckrohre hatten ! Aufgetaucht holten wir schnell auf und legten den Rest der Strecke getaucht zurück, den Tanker überflügelnd und eine Warteposition zu beziehen, die rechtwinklig zum projektierten Kurs lag, um den besten Auftreffwinkel für den Torpedo zu erhalten. Als alles in Position war, mußten wir nur noch darauf warten, daß der Tanker langsam in die Zieloptik wanderte... Die Sekunden vergingen unendlich langsam, während sich der Gigant nichtsahnend Zoll für Zoll weiter an sein Ziel heranschob. Schließlich gab ich den Befehl, einen Zweierfächer abzufeuern, aber der Tanker machte einen Ruck und drehte sich aus der Schußbahn. Hatten sie etwa unser Periskop entdeckt ? Möglich, wenn auch auf fast 2 1/2 km nicht sehr wahrscheinlich, argumentierte ich, aber es war nunmal Fakt, daß das Schiff das Hasenpanier ergriff. Auf die anderen Torpedos konnte ich nicht mehr hoffen, also blieben nur zwei Möglichkeiten: Den Briten laufen lassen, oder ihn aufgetaucht anzugreifen. ich hatte durch das Sehrohr keine Bewaffnung an Deck feststellen können, deshalb entschied ich mich für letzteres. Immerhin war das ein Kriegseinsatz und keine Butterfahrt !
Es war 13:34, als wir die Wasseroberfläche durchbrachen.
OOC: Nach der ersten Mission sind uns einige Dinge aufgefallen, die wir als den Spielspaß leicht mindernd empfinden. Zunächst ist der Verbrauch an Granaten besonders bei kleineren Schiffen nahezu lächerlich gering, zum anderen finden wir es sehr kritikwürdig, wie uns die Feindschiffe auch in stockdunkler Nacht noch auf beinahe 6 km mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit trotz aller Faktoren entdecken können. Beides sind aber Umstände, mit denen wir leben können, und die wir in unsere Beschreibungen einbauen werden. Ebenso dauert das Minenlegen im Spiel keine zwei Stunden, aber wir haben beschlossen, diesen Zeitraum als realistischer anzunehmen und werden dies im Spiel auch weiterhin tun.
Werter Graf, ein bislang schöner Bericht...!! Wir wünschen euch weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!! :ph: Ansonsten lesen wir mit grossem Interesse mit.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:ritter::top: *TORPEDOS LOS!!*
*Betritt den Raum*
*hustet*
*fängt an, Staub zu wischen*
Werte Regenten !
Wir haben diesen AAR etwas zur Seite fallen lassen, da wir nach dem Praktikum jetzt im Masterstudiengang sind und auch unser alter PC mit den Spielständen etc. den Weg allen irdischen gegangen ist. Daher werden wir sehen, ob sich datentechnisch etwas retten läßt oder ob wir erneut von vorne beginnen werden.
Samstag, 17. März 1917
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Der Tanker lag jetzt etwa 25 Hektometer vor uns und drückte sich dicht an der Küste entlang. Er würde hart drehen müssen, um uns zu entkommen und das würde er in der Todeszone des Deckgeschützes tun müssen. Etwa so ähnlich, wie ich es geplant hatte, auch wenn, wie ich offen zugab auch etwas Dusel im Spiel gewesen war. Bootsmannsmaat Braun scheuchte die Mannschaft der Bordkanone über das Vorderdeck, wo sie die Seeverschlüsse entfernten und die Munitionskammer öffneten. Der erste Schuß warnte die Mannschaft, doch sie ging nicht in die Boote.
'Schiff funkt SSS, Herr Oberleutnant !' meldete man aus der Zentrale. Aber damit war es schnell vorbei, die zweite Granate fraß sich in den Aufbau und die dritte und vierte rissen den Funkmast herunter. Aber der Tanker gab nicht so schnell auf. Obwohl er nicht entkommen konnte, brauchte es 25 Granaten, um ihn in Brand zu schießen und die Besatzung in die Boote zu zwingen. 16 weitere waren nötig, um genug Löcher in die Wasserlinie zu reißen, um das Schiff zum Kentern zu bringen. Um 13 Uhr 26 versanken so 10.000 Tonnen britischen Schiffsraumes in den Fluten. Wir für unseren Teil machte, daß wir davonkamen. Zu recht, wie der uns einige Stunden später begegnende Zerstörer zeigte ! Nur mit Hecktorpedos wollte ich ihn nicht angreifen, daher schlichen wir uns weiter an ihm vorbei die Küste herunter. Schulte brachte die Berichte bei. Wir hatten noch 2 Torpedos in den beiden Heckrohren und 2 weitere in der inneren Heckreserve. Dazu kamen noch 55 Granaten für das Deckgeschütz sowie die 600 Schuß Munition für das Maschinengewehr. Nichts, um zum Jubeln auszubrechen, aber noch war das Boot gefährlich ! Immerhin hatten wir bisher bereits etwa 18000 Tonnen feindlichen Schiffraumes versenkt, was für den ersten Einsatz nun durchaus beachtlich war. Die Stimmung an Bord war entsprechend gut. Ich ließ für jeden eine halbe Flasche Bier ausgeben und wir verbrachten den Rest des Tages unter Wasser, um auf die Dunkelheit zu warten. Nachdem ich sichergestellt hatte, daß die Oberfläche feindfrei war, tauchten wir wieder auf und die erste Seewache zog auf. Das Turmluk blieb offen, um auch den Männern im Boot etwas Frischluft zu gönnen. Ich selbst kletterte mit auf den Turm. Meine Pfeife nahm ich mit.
Das Wetter war scheußlich. An der Küste kam wieder Nebel auf und das Thermometer zeigte etwa 2 Grad über Null. Nicht gerade das, was man sich unter Märztemperaturen vorstellte, aber was sollte man tun ? Der Ersatzkaffee schmeckte immer noch scheußlich, war aber bei diesem Wetter eine wahre Wohltat. Bevor wir zu dicht nach London herunterkamen, beschloß ich, wenden zu lassen und wieder in Richtung Firth of Forth Kurs zu setzen, vielleicht gab es dort bereits Minenräumversuche ? Ich schmunzelte bei dem Gedanken. Bei diesem Wetter gönnte ich den Tommies weiß Gott keine nachtliche Badepartie, aber Krieg war Krieg.
So ging es in Marschgeschwindigkeit die Küste wieder hinauf. Um 3 Uhr 37 sichtete die Seewache ein Schiff an der Kimm. Ein weiterer Tanker ! Ich war nur halbwach und ließ den Schmutt einen extra starken Kaffee aufsetzen. So überließ ich das Boot Schulte, den ich beauftragte, das Gefecht zu führen und erfolgreich zu beenden. Er machte das recht geschickt, indem er die Dunkelheit ausnutzte, sich vor den langsam fahrenden Tanker zu setzen und dann getaucht auf ihn zu warten. Am Periskop stehend befahl er den Zweierfächer aus Rohr 3 und 4. Kalt, methodisch, wie aus dem Lehrbuch. Kein übermäßiges Risiko für Boot oder Versenkung eingehen. Der Doppelexplosion folgte das Geräusch der brechenden Schotten, das klar erkennen ließ, daß die letzte Stunde dieses Wildes geschlagen hatte. Ich trat ans Sehrohr und bestätigte die Versenkung, die ich auf etwa 9500 Tonnen schätzte. Nach dem Frühstück ließ ich Kurs auf das offene Meer setzen, um langsam Richtung Helgoland zurückzukommen. Einem weiteren Zerstörer ausweichend, rief man mich um 10:38 Uhr auf die Brücke. Die Brückenwache, der Matrose Vogel, machte mich auf den Umriß eines Schiffes aufmerksam. Durch das Fernglas wirkte es auf mich am ehesten wie ein Kohlenschiff, nicht besonders groß, aber immerhin ! Die Entfernung betrug etwa 48 Hektometer. Ich ließ die Maschine auf volle Kraft schalten und das Schiff verfolgen, so daß der Abstand langsam dahinschmolz. Scharf beobachteten wir das Schiff, damit das kleinste Zeichen, daß wir gesichtet worden waren, erkannt werden konnte. Auf 30 Hektometer ließ ich das Feuer eröffnen. Wie jeder andere Gegner versuchte auch dieser, zu entkommen und dachte nicht daran, einfach so die Flagge zu streichen. Das sollte ihm schlecht bekommen ! 16 weitere Granaten brauchte es, bis die Kohle im Inneren des Frachtraums in Brand geriet und das Schiff Schlagseite bekam. Nun gingen auch die Tommies mit einigen Verwundeten in die Boote während ihr Kasten absoff.
Wir aber gingen in den Keller. Angesichts der bisherigen Bilanz und der verbliebenen Munitionsmenge entschloß ich mich zum Rückmarsch. So wären wir in der Lage, noch eine Reserve für etwaige Schiffe bereitzuhalten Die Rückfahrt verlief dann aber beinahe schon unspektakulär. Ein letztes gespanntes Warten und Spähen nach feindlichen Einheiten oder dem RNAS während wir auf unsere Eskorte warteten. Ein großes Empfangskommando bekamen wir nicht. Möglicherweise, weil es 4 Uhr morgens war, als wir in den Hafen einliefen. Die Wache und der Wachhabende der Hafenmeisterei waren alle, die uns zu Gesicht bekamen. Nach kurzer Anmeldung beim UvD konnten wir zu unseren Quartieren. Der Obermaat bereitete mich bereits darauf vor, daß der Flottillenkommandeur mich am nächsten Tag mit einem kompletten Bericht sehen wollte. Ich ließ mir das schriftlich geben und beaufsichtigte die Übergabe des Bootes an das Werftpersonal. Danach legte ich mich erstmal schlafen. Nach dem, was an Bord als Bett durchging, war das Landbett eine besonders genehme Abwechslung. Kaum zu glauben, daß wir erst vor 4 Tagen ausgelaufen waren ! Ich stellte den Wecker und schlief ein.
Schöner AAR! Wir lesen gespannt mit! :top:
Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel! :top:
Werter der_Graf, wir gratulieren euch zur erfolgreich verlaufenen Feindfahrt und wünschen euch weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe, der wiederum mitliest...:top: *Gute Jagd!!*
Dienstag, 20. März 1917, Marinebasis Helgoland
Zum Glück hatte ich einen brauchbaren Wecker von meiner Frau mitbekommen. Als die Ordonnanz erschien, war ich bereits wach und beinahe mit meinem morgendlichen Tanz fertig. Ich suchte noch die Unterlagen zusammen, die ich für die Nachbesprechung brauchen würde, setzte die Offiziersmütze auf und verließ meine Unterkunft in Richtung Kommandantur. Helgoland war an sich eine schöne Insel, aber man konnte sagen, was man wollte, der Mangel an Zivilisten machte sich immer rasch bemerkbar. So auch hier. Zwar waren die Bauten und andere Merkmale unleugbar zivilen Ursprungs, aber trotzdem war es im allgemeinen Umgang hier zu ordentlich und zu genau nach Vorschrift. Ich seufzte. Ein paar Zivilisten hätten der Insel gutgetan. Aber die hatte man ja alle evakuiert, größtenteils nach Pinneberg, wie ich hatte munkeln hören. Naja, meine Gegend war das nicht, aber wers mochte... Ich passierte zwei im Gespräch vertiefte junge Männer, die schnell grüßten, als ich herankam. Anscheinend zwei Marineflieger. ich verfiel wieder meinen Gedanken und wanderte weiter, bis ich merkte, daß ich an der Kommandantur angekommen war. Auch der Posten vor dem Tor salutierte beflissen.
Ja, ein paar Zivilisten wären wirklich nett...
Aber gut. An der Ordonnanz kam ich gut vorbei und fand mich recht schnell im Büro meines Flotillenchefs wieder. Korvettenkapitän von Rahden hatte sich wohl in den Kolonien einen guten Ruf als fähiger und mutiger Offizier erworben. Seine Auszeichnungen legten davon ebenfalls Zeugnis ab. Als ich meine Meldung machte, musterte er mich scharf und bedeutete mir, mich zu setzen. ich faßte meinen Einsatz noch einmal zusammen, während von Rahden die entsprechenden FTs und berichte dazu studierte, die ihm ja teilweise bereits vorgelegen hatten. Seine Zwischenfragen bezogen sich größtenteils auf kleinere operative Fragen.
'Alles in allem ein durchaus beachtlicher Erfolg für ihre erste eigenverantwortliche Feindfahrt, Herr Oberleutnant.'
"Vielen Dank, Herr Korvettenkapitän. Aber die Mannschaft hat ihre Arbeit auch hervorragend gemacht. Einige Ausbildungsbereiche könnten noch verfeinert werden, aber insgesamt waren die Männer sowohl willig als auch führig. Ich freue mich bereits darauf, wie die Resultate ausfallen, wenn die Männer genug Routine haben und habe eigentlich nichts auszusetzen. Besonders die Deckoffiziere haben mir unschätzbare Dienste erwiesen."
Von Rahden nickte.
'Erfahrene Deckoffiziere sind ein Schatz, den man konservieren muß. Mit ihren Offizieren sind sie soweit auch zufrieden ?'
"Im Großen und Ganzen schon, Herr Korvettenkapitän. Oberleutnant Schulte beherrscht sein Handwerk und übt es kompetent aus. Er ist aber zwischenmenschlich etwas kühl und scheint auch sonst bei seinen Untergebenen nicht allzu beliebt zu sein. Ich habe den Verdacht, daß ihm ihm die Kombination aus großbürgerlicher Herkunft und seiner Position in der Marine ein bißchen zu Kopf steigen."
Er wäre nicht der erste, der seine Untergebenen deshalb wie Dreck behandelte. "Ich habe den Eindruck, er will möglichst schnell sein eigenes Kommando und von dort aus seine Karriere befördern. Nicht, daß ich es ihm nicht gönnen würde, wie gesagt, fachlich ist an dem Mann nichts auszusetzen. Marineingenieur Schröder ist ebenfalls eine Kapazität, scheint aber nicht primär Soldatenmaterial zu sein. Beides aber nichts, was bisher an Bord Probleme ausgelöst hat, oder mit dem ich nicht fertig werde, Herr Korvettenkapitän."
'Hervorragend, ich habe die Unterlagen für ihren nächsten Einsatz bereits hier.'
Von Rahden reichte mir eine Mappe. Als ich sie öffnete, leuchteten mir bereits einige Karten entgegen.
'Ihr Auftrag sieht vor, daß sie zum Erreichen ihres Einsatzgebietes die Minensperre am Eingang des englischen Kanals durchbrechen müssen. Die Aufklärungsberichte der flandrischen Marineflieger legen nahe, daß dieses Gebiet zudem von britischen Zerstörern patrouilliert wird. Vorsicht ist also geboten ! Machen sie sich mit den beiliegenden hydrographischen Unterlagen über ihr Einsatzgebiet vertraut, sie sollten ihnen helfen, den entsprechenden Ansatz für den Durchbruch in den Kanal zu wählen. Sobald sie im Ärmelkanal sind, haben sie zwei Zielgebiete. Das erste liegt vor der Küste der Halbinsel Cotentin. Wie sie wissen, befindet sich dort eine Fahrrinne für die aliierte Schiffahrt durch den Kanal, die vom Leuchtturm am Kap La Hague angezeigt wird. Diese Fahrrinne werden sie verminen, um den Schiffsverkehr nach Südengland und den gegnerischen Basen in Belgien und Nordfrankreich abzuschneiden. Sobald dies geschehen ist, werden sie den Ärmelkanal in seiner Länge durchfahren und Jagd auf den gegnerischen Schiffsverkehr machen. Ihr diesbezügliches Zielgebiet ist die Iroise-Passage, ihnen steht aber frei, dieses Gebiet nach eigenem Ermessen auszudehnen. Nach erfolgreicher Patrouille kehren sie wieder nach Helgoland zurück. Als Auslauftermin ist der 2. April, 11 Uhr vorgesehen. Urlaub außerhalb der Basis wird vermutlich nicht gewährt, nutzen sie die Zeit also, um Boot und Mannschaft einsatzbereit zu bekommen.'
Ich nickte und machte mir die entsprechenden Markierungen in die Karte. Kein Ausgang, das würde den Mannschaften an die Nieren gehen, aber was sollte ich groß tun ? Nicht, daß es viel gab, was man tun konnte. Ich meldete mich ab und wähnte mich entlassen, als der Korvettenkapitän noch einmal nachfaßte.
'Da wäre noch etwas, Herr Oberleutnant !'
Etwas verduzt drehte ich mich wieder um. Hatte ich etwas vergessen ?
"Was denn, Herr Korvettenkapitän ?"
'29.000 Tonnen auf der ersten Patrouille sind kein Pappenstiel. Bringen Sie ihre Leute und das Boot auf Vordermann. Es könnte sein, daß man versucht ihnen, sobald die entsprechenden Anträge und Vorschläge durch sind, einen Orden anzuhängen. Sie haben das nicht von mir, aber Sonntag scheint dazu ein recht guter Zeitpunkt zu sein. Gegen 10 ist immer sehr beliebt. Sehen sie zu, daß sie da eine gute Figur machen und nach Möglichkeit nicht so glotzen wie jetzt gerade.'
Der Kommandeur zwinkerte mir verschwörerisch zu.
'Das wäre alles, damit dürften sie genug auf der Platte haben. Sie können wegtreten, Oberleutnant !'
Mechanisch salutierte ich und verließ die Kommandantur. Sehr geistreich dürfte ich dabei nicht ausgesehen haben. Aber von Rahden hatte recht. Zu tun gab es in den nächsten 12 Tagen genug !
Nüchtern zur Ordensverleihung erscheinen, dürfte wohl nicht so schwierig sein. Ansonsten wünschen wir euch weiterhin gutes Gelingen und viele Erfolge...:ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter Hohenlohe,
sagt das mal Unserem Paulsen und seinen Jungs. :D
Werter DerGraf,
Immer noch ein hervorragender AAR! Ihr habt einen tollen Schreibstil. :top: Sind schon gespannt darauf zu erfahren, wie die nächste Feindfahrt verläuft. :-)
Was ist das eigentlich genau für eine Simulation, die Ihr da habt?
Sie heisst "Shells of Fury" und spielt im WKI. Man müsste sie bei gamersgate erlangen können. Wir haben sie seit einigen Jahren im Repertoire und einmal einen Monat lang gespielt bis wir im Ärmelkanal auf eine Mine liefen...*seufz*
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter Hohenlohe !
Ja, die Minen sind eine arge Pest, genauso wie die fehlenden Speichergelegenheiten ! Mußten heute die 2. Feindfahrt dreimal spielen, bis sie fertig war...
Sehr puristisch und für mich eigentlich nur des Szenarios wegen interessant, aber wenn man sich an dem frugalen und leicht repetitiven Inhalt nicht stört...
Werter Voetmann !
Vielen Dank, über Lob und Interesse freuen Wir uns immer ! Schön, daß euch der Schreibstil zusagt, wir sind noch dabei, uns hineinzufinden und die richtige Stimme zu entwickeln.
Um eure Frage zu beantworten, der werte Hohenlohe hat da ja schon einige Informationen gegeben, ansonsten verweise ich auf den ersten Post.
https://www.amazon.de/1914-Shells-Schalen-Zorns-DVD-ROM/dp/389874566X/ref=sr_1_sc_2?ie=UTF8&qid=1487970556&sr=8-2-spell&keywords=1914+shells+of+fury
Für weitere Fragen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung !
Sonntag, 25. März 1917, Flottenbasis Helgoland
Es war tatsächlich 10 Uhr und es war tatsächlich die versammelte Mannschaft von UC-83 anwesend. Dazu noch einige ausgewählte Gäste: Der Kommandeur des Schwesterbootes UC-82, Oberleutnant zur See von Müller, sowie die Kommandanten von UC- 80 und 81, Oberleutnant zur See Hansen und Kapitänleutnant Jaedicke, zusammen mit den anderen Offizieren ihrer Boote. Zwei oder drei Offiziere der Werftverbände. Irgendwie hatten sich auch ein paar Marineflieger hierherverirrt, die sich eher am Rand herumdrückten und mehr wie Gäste als als Teilnehmer wirkten. Vor dieser Versammlung hatte ich Stellung beziehen müssen, als Korvettenkapitän von Rahden mich namentlich aufrief und mich vortreten ließ. Der Adjutant hielt ein offenes Schächtelchen bereit.
'Oberleutnant zur See Graf Paul Alfred Wilhelm von Eskens-Kalpenbach ! Sie haben auf ihrer Feindfahrt im Zeitraum vom 15. März 1917 bis zum 19. März 1917 insgesamt 29.200 Bruttoregistertonnen feindlichen Schiffsraumes versenkt und sich so als Kommandant Seiner Majestät Unterseeboot UC-83 auf ihrer Jungfernfahrt besonders ausgezeichnet. In meiner Funktion als Kommandeur der 2. U-Flottille obliegt es mir, Sie heute für ihre Leistungen auszuzeichnen.' Er griff in das Kästchen und holte ein kleines Stück Metall an einem bunten Stoffband heraus. 'Daher ist mir aufgetragen, Ihnen stellvertretend für Seine Majestät Wilhelm II. Deutscher Kaiser und König von Preußen sowie für den Kommandeur der Festung Helgoland, Seine Exzellenz Vizeadmiral Jacobson, am heutigen Tag, dem 25. März 1917 für Ihre Leistungen und Verdienste das Eiserne Kreuz 2. Klasse zu verleihen.'
Er pfriemelte das Ordensband in das Knopfloch meiner Uniformjacke und schüttelte mir die Hand.
'Tragen Sie es mit Würde und Stolz, damit es Sie immer an ihre Tapferkeit vor dem Feind erinnere, Oberleutnant ! Ich bin stolz, Sie unter meinem Kommando zu wissen. Machen Sie weiter so !'
Ehrlich gesagt fand ich es fast etwas lächerlich, neben dem Korvettenkapitän die spärliche Front abzuschreiten, besonders wenn es 'nur' um ein EKII ging, aber von Rahden war diese, wenn auch recht klein inszenierte, Gravitas wohl wichtig, deshalb machte ich gute Miene zum bösen Spiel. Meine Mannschaft tat ihr bestes, militärisch unbeteiligt Haltung zu bewahren, aber ich argwöhnte, daß da wohl noch etwas kommen mochte. Die Offiziere wahrten die Haltung professioneller, und sprachen mir im Anschluß ihre Glückwünsche aus. Ich wunderte mich, ob sie diese Parade selber auch durchgemacht hatten, aber ich glaubte nicht, daß sie es mir verraten würden, wenn ich sie fragte. Beim anschließenden Umtrunk erhielt ich dann die Gelegenheit, die anderen Kapitäne etwas näher kennenzulernen. Oberleutnant von Müller war etwas älter als ich und hatte sein Boot bereits sein 6 Monaten. Er stammte aus Tondern nahe der dänischen Grenze und war wie die meisten von uns Berufsoffizier. Hansen war Hamburger und seit 4 Monaten bei der Flottille. Wie man es seinem Volksschlag nachsagte war er ein schweigsamer Typ, aber wenn er etwas beitrug, lockerte sein trockener Humor die Situation meist auf. Jaedicke war älter, Reserveoffizier und vor dem Krieg Anwalt gewesen. Er hatte bereits ein Boot in Flandern kommandiert und war nach Helgoland gekommen, nachdem er UC-81 von der Werft übernommen hatte. Im Offizierskasino ließen wir die Feierlichkeit noch etwas ausklingen. Keiner von uns ließ sich groß darüber aus, daß jeder die Marschbefehle für den nächsten Einsatz bereits bekommen hatte und bald wieder 'raus' mußte.
Am nächsten Morgen hatte Schulte den Formaldienst mit der Mannschaft übernommen, sodaß ich ausschlafen konnte. Angesichts meines Brummschädels war ich ihm dafür auch sehr dankbar ! So machte ich mich dann auch wieder mit den Karten und Informationen bekannt und holte auch bald Schulte und Schröder dazu, um den neuen Einsatz durchzusprechen.
UC müsste eigentlich Unterseekreuzer bedeuten, oder...?? Ansonsten warten wir gespannt darauf, wie es nun weitergeht...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter Hohenlohe !
Dies scheint naheliegend, ist aber nicht der Fall ! Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Bezeichnung für ein U-Boot des Kriegsauftrages C, der den Klassen UA und UB folgte, mit weiteren Gruppen bis hin zu UG, wobei letztere projektiert war, aber aufgrund des Kriegsendes nicht mehr gebaut wurde. Von Unterseekreuzern an sich kann aufgrund der Einsatzprojektierung und auch Abmessungen nicht gesprochen werden. Hier würden sich am ehesten die Handels-Uboote SM U 139 - U 144 einreihen, sowie das tatsächlich als U-Kreuzer geplante SM U-D, welches aber 1918 nicht mehr auf Kiel gelegt wurde.
Der Bootstyp UC-II zeichnet sich dadurch aus, daß er bekannte Mängel der Reihe UC-I abstellte (welcher ein reines Einhüllen-Minenboot gewesen war) und somit wieder ein Deckgeschütz und Torpedowaffe erhielt und ebenso als Form ähnlich der Zweihüllenboote ausgelegt wurde. Demhingegen stellten sich die Modelle UB-I und UB-II als Einhüllen-Küstenboote dar.
Wirkliche Steigerungen stellten dann die Typen UC-III und UB-III dar, die aber erst gegen Kriegsende zum Einsatz kamen. Aus dem Typ UB-III wurde dann später der Typ VII der Kriegsmarine entwickelt.
Nachtrag: Eine Rolle könnte ebenfalls gespielt haben, daß es sich um einen Minenlegertyp handelte und die Minen ebenfalls als 'UC' Modell bezeichnet waren. In den Uns zugänglichen Quellen ist von Minen des Typs UC200 die Rede, wir werden uns aber nicht zu der Spekulation versteigen, ob da eine Bezeichnung die andere beeinflußt haben könnte, sondern diese Beobachtung einfach so in den Raum stellen.
Werter DerGraf,
danke vielmals für die umfassende Auskunft. Wir haben mittlerweile festgestellt, dass wir den Typenkompass "Deutsche Kriegsschiffe - U-Boote" doppelt haben, der Band behandelt die WKII-U-Boote.
Einer der doppelten Bände ist noch originalverpackt und wir würden ihn verschenken, da wir den Band schon länger haben und wir wohl nur im Forum Abnehmer für ihn finden. Bei Interesse bitte PM
an uns.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter Hohenlohe !
Dafür nicht ! Tatsächlich hat Uns erst das Spiel dazu gebracht, Uns weiter mit der kaiserlichen Marine zu beschäftigen, genauso wie Uns Red Baron I damals für den Ersten Weltkrieg in Allgemeinen und die Entstehungsgeschichte der Militärfliegerei zu interessieren wußte und Command:AoD das Interesse am U-Bootkrieg weckte. Von 'Haus aus' halten wir es ja sonst eher mit der Armee.
Mit freundlichen Grüßen
Montag, 2. April 1917, Flottenbasis Helgoland
Bootsmannsmaat Braun meldete Oberleutnant Schulte die Vollzähligkeit der Deckgeschützmunition sowie die Einsatzfähigkeit des Geschützes, als ich die beiden passierte. Ich hatte keinen Kopf für sie und grüßte nur automatisch. Mit dem Kopf war ich schon ein paar Tage weiter, bei der Minensperre, die den Ärmelkanal abriegelte. Und bei den Zerstörern, die dort patrouillierten. Und natürlich der möglichen Luftdeckung dieser Verbände durch Beobachtungsballons und möglicherweise Flieger. Das ganze behagte mir nicht. Ich wollte die Sperre so schnell wie möglich hinter mich bringen, aber so wie ich es sah, gab es nur zwei Möglichkeiten für den Durchbruch, wenn man nicht Vabanque spielen wollte. Entweder würde man die Sperre durchtauchen müssen, es nachts versuchen, oder, idealerweise, beides. Auch streiften meine Gedanken kurz noch den Brief, den ich nach Hause geschrieben hatte. Wegen der Zensur konnte ich nicht allzuviel darüber erzählen, was ich hier mit wem wo unternahm, aber ich nahm das Schreiben zum Anlaß, sicherzugehen, daß man zuhause wußte, daß es mir gut ging. Meine Auszeichnung, auf die ich dann doch etwas stolz war, hatte auch ein wenig Erwähnung gefunden. Ich hoffte, Mine würde meiner Bitte von einer Photographie mit den Kleinen entsprechen, die letzte war ja nun schon etwas älter.
Noch lange nachdem das Torpedoboot uns aus dem Geleit entließ und wieder in Richtung Helgoland verschwunden war, stand ich mit einem Becher Kaffee auf der Brücke. Die See war nicht zu unruhig, so daß es mir opprtun erschienen hatte, das Mittagessen der Offiziere auf die Brücke zu verlegen. Viel Platz hatten wir wahrlich nicht, aber immerhin wurden wir so nicht ständig von Läufern oder Männern der Freiwachen gestört. Trotz der Kälte und Nässe also durchaus eine Option, auch wenn ich zugeben mußte, daß die Nordse nunmal nicht das Mittelmeer war ! Ich wollte die Problematik der Minensperre langsam angehen lassen und mich dann spontan entscheiden, wie ihr am besten beizukommen war. Ich sah auf die Uhr. Nach meinen Berechnungen würde UC-83 den Rand der Minensperre in etwa 30 Stunden, also am morgigen Abend erreichen. Abgesehen von Fliegeralarm war bis dahin mit nicht viel Ärger zu rechnen, da nicht anzunehmen war, daß die Briten hier Stärke demonstrieren wollten. Aber das würden wir ja dann sehen. Trotz des sich langsam verbessernden Wetters war es immer noch empfindlich kalt sowohl auf der Brücke, als auch innen im Boot. ich zog dann wenn Wetter und Situation es zuließen die Brücke vor, da ich hier nicht das Gefühl hatte, daß die Kälte mir an die Gelenke ging. Innen im Boot hingegen 'stand' die geringe Temperatur im Raum und wurde nicht besser, da das Metall des Bootes die Wärme recht schnell in die See 'absaugte'. In Momenten wie diesen glaubte ich zu wissen, wieso Schiffbauer Holz mochten ! Da fehlte einem dann doch der wärmende Leib eines Pferdes ein wenig. Ich knetete meine tauben Finger unauffällig durch. So ging es jedenfalls nicht weiter ! Vielleicht hatte ich unten auch noch etwas Hirschtalg...
Jemand stieß mich an. Einmal. Dann noch einmal. 'Schiff gesichtet, Herr Oberleutnant !' Ich versuchte, einigermaßen aufzustehen, ohne sofort die wärmende Umklammerung der Decke aufzugeben. Es klappte nicht. Eisige Kälte überfiel mich, aber so war ich wenigstens wach. Erstaunlich eigentlich, wie schnell man die Schiffsdiesel nicht mehr als Störung wahrnahm ! "Haben wir die Sperre schon erreicht, Braun ?" Nicht der geistreichste oder auf die Situation bezogenste Eröffnung, aber in der Situation erstmal das wichtigste für mich. 'Nein, Herr Oberleutnant, wir sind noch nicht ganz an der holländischen Küste !' Ich sah auf die Taschenuhr. 2 Uhr 27 morgens... Ich überschlug unsere grobe Position, damit lagen wir gut in der Zeit. "Ich komme sofort, treffen sie alle notwendigen Maßnahmen !" 'Jawohl, Herr Oberleutnant !'
Während Braun verschwand, nutzte ich die Zeit, um mir etwas Malkfett ins Gesicht zu schmieren, man konnte nie wissen, wie lange man da draußen zubrachte, und stopfte möglichst viele Kleidungsschichten unter das klamme Ölzeug. Dann griff ich das Nachtglas und stieg auf die Brücke hinauf. Schulte hatte Freiwache, aber Braun spähte durch sein Glas zur Kimm. Als er mich hörte deutete er in Richtung der sich am Horizont abzeichnenden Landmasse.
'Texel, Herr Oberleutnant ! Wir hätten das Schiff fast übersehen, aber Vogel hat gute Augen.' Ich richtete mein Glas in die grobe Richtung in die Braun sah. "Peilung ?" '71, Herr Oberleutnant ! Ein kleineres Schiff, etwa 4 oder 5 Knoten, könnte ein Kohlenschiff sein.' "Die trauen sich was ! Sehen wir doch mal nach. Ist das Deckgeschütz einsatzbereit ?" 'Besetzt und wartet auf den Befehl, Herr Oberleutnant.' Ich beäugte die Küste argwöhnisch, konnte aber nicht auffälliges entdecken. Doch, da ! Der dunkle Schatten war tatsächlich nicht leicht zu erkennen. Ich setzte mich über das Sprachrohr mit dem Maschinenraum in Verbindung, gab die Kurskorrektur weiter und befahl, die Maschinenleistung zu erhöhen. Ich wollte sie baldmöglich eingeholt haben.
Um 2 Uhr und 37 Minuten hatten wir den Abstand auf etwa 40 hm verringert. Es war nicht leicht gewesen, aber ich hatte das Schiff erfolgreich als einen Briten identifiziert. Braun hatte das Deckgeschütz inzwischen entsichern lassen und stand jetzt hinter seinem Geschütz. Den Matrosen Vogel hatte ich angewiesen, die VARTA Lampa zu holen und den Briten anzublinken.
'Stop the ship or we will open fire !'
Ich ließ den Spruch mehrmals wiederholen, aber der Engländer machte keine Anstalten, der Aufforderung Folge zu leisten. Dann dröhnte das Aufheulen schwerer Schiffsdiesel zu uns herüber und die Bugwelle des Dampfers vergrößerte sich, als er einen wahren Satz nach vorne machte. Ich kam nicht umhin den Kampfgesist des Briten zu bewundern, aber mit einem Unterseeboot der kaiserlichen Marine konnte er es wohl nicht aufnehmen können. Vogel richtete die Blinklampe auf das Schiff, um es für das Bordgeschütz anzuleuchten. Braun verstand. Ich hörte seine Anweisung nicht, aber glaubte über den Lärm zu hören, wie der Verschluß die erste Granate aufnahm. Das Geschütz schwenkte herum, der Geschützführer signalisierte 'Geschütz geladen, ausgerichtet und feuerbereit !' Ich nickte und signalisierte damit 'Feuer frei nach eigenem Ermessen !'
Ich sah auf die Uhr, als das Knallen des Deckgeschützes die Nacht zerriß. 3. April, 2 Uhr 39 Minuten. Feuerkampf eröffnet. Die Männer am Geschütz arbeiteten wie die Teufel, während Braun die Trefferkorrekturen gab und das Feuer dirigierte. Gekonnt lenkte er sie Granaten in den Rumpf des Schiffes, keine kleine Leistung auf 4000 m Entfernung ! Um 2 Uhr 41 begann das Schiff zu brennen und bekam Schlagseite. 14 Granaten hatte es dazu gebraucht. Drüben gingen jetzt einige Männer in die Boote. Ich schätzte das Schiff auf etwas mehr als 2500 Tonnen. Die Überlebenden würden es problemlos bis zur Küste schaffen, also ließ ich Braun das Geschütz sichern und die fahrt nach einem kurzes Schlenker und einem Tauchgang um etwaige Beobachter oder Verfolger abzuschütteln wieder auf dem befohlenen Kurs in Richtung Minensperre fortsetzen. Obwohl der wahre Test noch vor uns lag, war die Stimmung mit der ersten Versenkung gut und ich konnte meine Nachtruhe fortsetzen und legte mich wieder hin, nachdem alles wieder in den Normalzustand zurückgekehrt war...
Ich schrieb gerade einen Brief nach Hause, als ein weiteres Schiff gesichtet wurde, aber die Aufregung verschwand recht schnell wieder. Ich begegnete Marineingenieur Schröder, der gerade von der Brücke herabkam. "Schiff gesichtet, Herr Schröder ?" 'Jawohl, Herr Oberleutnant, ein Küstensegler, vielleicht 1400 Tonnen.' "Aber ? Zu schnell für uns ?" 'Der ? Lächerlich ! Den würde ich mit einer Nußschale einholen ! Nein, ist ein Neutraler, Her Oberleutnant.' "Holländer ? Skandinavier ?" 'Ein Spanier. Ich hab ihn anblinken lassen, ist wohl mit Maschinenteilen unterwegs nach Rotterdam.' "Verstehe. Und das glauben sie einfach so ?" Schröder grinste. 'Wir haben uns recht nett unterhalten, die kannten genug Einzelheiten, um glaubhaft zu wirken und den Kram wirklich an Bord zu haben. Und da es sich damit um neutrale Ladung an Bord eines neutralen Schiffes handelt...' Ich winkte ab. "Jaja, ich kenne mein Prisenrecht, Herr Schröder. Überlassen sie solche Touren aber bitte in Zukunft Offizieren !" Das war um 11 Uhr 17 gewesen. Neuneinhalb Stunden später ließ ich Bremer die Maschinen stoppen und wir dümpelten still in der Dünung, vor uns die nachtschwarze See und die Einfahrt in den Ärmelkanal.
3. April 1917, 20 Uhr 47 Minuten.
UC-83 hatte die englische Minensperre erreicht !
Ich ließ den Ausguck und die Fliegerposten aufziehen und die anderen Offiziere und Deckoffiziere zusammenkommen. Da mit den Posten wenig Platz auf der Brücke war, versammelten wir uns beim Deckgeschütz, um das weitere Vorgehen zu planen. Der Durchbruch mußte gelingen !
Dann drücken wir euch mal die Daumen, dass alles klappt mit der Minensperre und dem Durchbruch...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Werter Hohenlohe !
Wir bedanken Uns für die guten Wünsche und hoffen, noch etwas voran zu kommen !
Mit freundlichen Grüßen
Wir sind ebenfalls gespannt, wie es weitergeht! Viel Glück, der Kanal ist Achterbahn - zumindest in SH3. :D
Werter Voetmann !
Hier ist es noch nicht SO schlimm, aber unser größter Feind ist bisher auch die Technik des Spiels und weniger der Inhalt ! Wir hoffen aber, daß es hier noch eine Weile weitergehen kann und wir eventuell den einen oder anderen Fortsetzungs-AAR aufbauen können. Aber das ist im Moment noch Zukunftsmusik, es sind immehin noch 22 Jahre bis 1939 !
In jedem Fall bedanken wir Uns und behalten uns vor, euch und eurem Alter Ego eine ordentliche Schippe Wasser unter dem Kiel zu wünschen !
Wir sind ja damals trotz etlicher Versuche immer an der Minensperre gescheitert, danach gaben wir das Spiel auf..., leider.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Dienstag, 3. April 1917, 20 Uhr 47 Minuten. Nahe der Straße von Dover
Der Auflauf um das Deckgeschütz war groß. Schulte und ich als Vertreter der Seeoffiziere, Marineingenieur Schröder, die beiden Deckoffiziere, Obersteuermann Marek und Obermaschinist Bremer sowie der diensthabende Bootsmann, Bootsmannsmaat Braun. Marineingenieur Schröder erläuterte die Problematik des Minenfeldes und daß er es als die formal sicherste Methode ansähe, sich hinter ein Schiff zu setzen, daß die Sperre durchquerte.
'Immerhin ist der Kanal hier nur 25 bis 45 Meter tief, Herr Oberleutnant ! Da kann man mit Grundminen viel machen, besonders wenn man auf Unterseeboote abzielt. Dazu noch Ankertauminen in großzügiger Verteilung und jeder unvorsichtige Besucher bekommt die Gelegenheit, vor seinen Schöpfer treten zu können, wenn ich das so sagen darf. Verfolgen Sie bitte den Verlauf der Einfahrt. Wenn man die flacheren Gebiete sperrt, und die Boote in die tieferen Rinnen zwingt, wo die Ankertauminen warten, dann macht das jeden Durchbruch zum Risiko.'
Innerlich gab ich ihm recht. ich sah mir die Karte noch einmal genauer an. "Wie stehen unsere Chancen, uns am Land entlang durchzuschleichen, Marek ?"
'In einem Wort ? Beschissen, wenn Sie den Ausdruck erlauben, Herr Oberleutnant ! Selbst wenn Marineingenieur Schröder mit der Minengefahr Unrecht hätte, wären da noch die britischen Patrouillen. Wenn wir das Boot schnurgerade mit hoher Geschwindigkeit durch die Sperre steuern, könnten wir getaucht durchkommen. Längere Verzögerungen oder Umwege, etwa an der Küste entlang sind riskant. Die meisten möglichen Kurse sind zu lang, die Batterien wären leer bevor das Boot durch ist und wir müßten den Rest der Strecke aufgetaucht zurücklegen. Sind wir dann zum Tauchen gezwungen, hängt das Boot im Wasser wie ein Ballon an der Leine. Dazu kommt, daß wir gegen die Strömung fahren müssen, das Boot kann also nicht von der Strömung durchgezogen werden und hat einen noch nicht vorherzubestimmenden Zusatzverbrauch !'
Schröder zog an seiner Deckelpfeife und nickte beifällig. Sicher hatte er das vorher schon mit Bremer und Marek durchgekaut. Bremer fügte dem nichts hinzu. Schulte faßte zusammen.
'Es sieht so aus, als wäre es am Besten, das Minenfeld in geringer Tiefe direkt zu durchschneiden und dabei möglicht unbemerkt zu bleiben, da die Minen bedeuten, daß wenig Platz ist, um Wasserbomben auszuweichen. Aufgrund der Grundminengefahr wäre es zweckmäßig, sich an die tieferen Fahrrinnen zu halten. Korrekt, Herr Oberleutnant ?' Ich nickte.
"Sie haben es auf den Punkt gebracht, Herr Schulte ! Machen wir es also kurz. Generalkurs ist 230°, davon wird nur in Notfällen abgewichen. Alle Freiwachen haben sich in ihre Kojen zurückzuziehen, sämtliche unnötigen Geräusche haben zu unterbleiben. Wir werden mit voller Leistung den Durchbruch versuchen." 'Befohlene Tauchtiefe, Herr Oberleutnant ?' Das war Marek gewesen. Ich überlegte.
"Sieben Meter müssen reichen. Fragen ?" Ich sah keine. Schröder gab sich bewußt zuversichtlich, aber das nahm ich ihm nicht ab. Er wußte am besten, was Minen mit einem Boot wie unserem tun konnten und dieses Wissen behagte ihm sichtlich nicht. Marek und Bremer als alte Fahrensleute wirkten, als wäre das hier nur eine weitere kleine Butterfahrt nach Dänemark. Sie waren geübt darin, ihre Gedanken nicht offen zutage treten zu lassen und gewissermaßen war ich dankbar dafür. Sie würden tun, was nötig war, ungeachtet, was sie selber darüber dachten, da war ich sicher. Oberleutnant Schulte wußte nicht so recht, wie er die Situation einschätzen sollte. Als er meinen Blick bemerkte versteifte er sich und wurde zu einer undurchsichtigen Maske. Nicht so perfekt wie die Deckoffiziere, aber er konnte das schon gut. Braun hatte seine Zweifel, das sah ich ihm an, er war nicht zu erfolgreich darin sie zu verbergen.
Was war mit mir ? Nun, ich wußte natürlich, welches Risiko wir eingingen und das sorgte für ein gewisses Unbehagen. Aber ich war der letzte, der sein Zögern hier zeigen durfte. Als Kommandant mußte ich voll hinter meinem Befehl stehen und den Auftrag kaltblütig ausführen. Um jeden Preis ? Jawohl, um jeden Preis. Jahrelang hatte die Gesellschaft mir vor dem Krieg Respekt und Ehrerbietung erwiesen. Als Leutnant war ich ein Halbgott gewesen, angebetet und bewundert. Jetzt aber war Krieg und ich wußte, was die selbe Gesellschaft als Gegenleistung von mir erwartete. Vor dem Krieg war es eher eine schwache Ahnung gewesen, aber jetzt, im Einsatz, wußte man worum es ging und daß die Heimat uns scharf beobachtete und uns an den hohen Erwartungen messen würde, die sich im Frieden nach dem Krieg gegen Frankreich aufgebaut hatten. Nichts anderes als der Sieg war akzeptabel. Deutschland schützen und siegreich heimkommen. Den Feind vernichten. Das wurde von uns erwartet, nicht mehr, nicht weniger ! Wie vernichtete man einen Feind vollkommen ? Wie eine Koalition aus einzelnen Nationen ? War das überhaupt möglich ? Das, freilich, war die Gretchenfrage, aber die stellte schon lange keiner mehr. Das würden wir schon schaffen, wie das zuging, das wollte der Zivilist nicht wissen. Einerlei !
"Alsdann, jeder Mann auf seine Position, wir wagen es ! Mast und Schotbruch, meine Herren. So Gott will, sehen wir uns auf der anderen Seite vollzählig wieder."
Ich merkte gleich, wie ungeschickt ich mich ausgedrückt hatte, aber keiner der Männer schien es zu bemerken. Für einen Moment glaubte ich, Schröders Augen belustigt blitzen zu sehen, aber war mir dann doch sicher, daß es nichts gewesen war. Als letzter stieg ich zurück in die kalte Röhre und verriegelte das Turmluk. Die Befehle schwirrten durch das Boot und kurz darauf schlossen sich die Fluten über uns, hoffentlich nicht zum letzten Mal ! Die Fahrt ging gut voran, aber ich mußte zugeben, daß ich nicht so kaltblütig war, wie ich es gern projektierte. Ich saß inzwischen mit einem zerlesenen Buch in der Zentrale, ich hatte einfach irgendeins zuhause aus dem Regal genommen. Ich las es auch nicht, aber so zu tun schien die Männer zu beruhigen. Wenn der Oberleutnant jetzt las, konnte es nicht so schlimm sein ! Mit einem leisen Lachen erkannte ich meine Ausgabe von Thucydides. Studienrat Dr. Berg hatte sie mir zum Schulabschluß geschenkt. Ich war nie der beste in Griechisch gewesen, neue Sprachen hatten mir immer mehr gelegen, aber ich hatte mich trotzdem für die Themen interessiert und mein möglichstes getan. Dr. Berg hatte das immer geschätzt und honoriert. Und jetzt saß ich hier, in einer Metallröhre unter Wasser. Berg hatte ich zuletzt 1916 gesehen, er war 1914 als Reserveoffizier eingerückt und wir hatten zeitgleich Urlaub gehabt, so hatte ich Frau Dr. Berg kennengelernt, eine reizende Dame ! Gerade blickte ich wieder von dem Buch auf, als ich den FT-Gast die Ohren spitzen sah. Er horchte angestrengt und deutete nach oben, als er meinen fragenden Blick sah. Ich konnte nicht gut Lippen lesen, aber dann hörte ich es auch ! Schnelle Schraubengeräusche, der dritte Zerstörer bisher. Dieser kam näher als die anderen, es war nicht schwer sich vorzustellen, er führe direkt über das Boot hinweg. Tatsächlich ! Die lauter werdenden Geräusche und der Kurs ließen wenig Zweifel. Der FT-Gast, Hausmann, sah mit verkniffenem Gesicht nach oben. Sich auszumalen, was er dachte, war nicht schwer. Wenn jetzt nur eine Wasserbombe fiel...
In der Heimat würden sie sagen, wir wären vermutlich heldenhaft auf See gefallen. Es war eine schöne Vorstellung: Es knallt, der Soldat schreit 'Hurra' und fällt tot um. Eben heldenhaft. Dummerweise hatte ich bei Helgoland und an der Doggerbank gesehen, wie es in der Wirklichkeit ablief. Die Detonation würde ihre Todesopfer fordern, die Glücklichen sofort tot, die weniger Glücklichen nur verstümmelt oder verwundet. Möglicherweise würde die Bordelektrik durchbrennen, oder einige Batteriezellen würden beschädigt, sodaß sich Säure im Boot verteilte. Wer noch konnte, würde versuchen an die Oberfläche zu kommen, und wenn die Schäden am Boot groß genug waren, mitten in der großen Lache Maschinenöl herauskommen, die sich auf der Oberfläche bilden würde. Vielleicht wäre diese in Brand, vielleicht auch nicht. Wenn die Briten noch in der Nähe waren, hätten die Männer eine Chance auf Rettung, aber das Boot würde schnell sinken, und jeder, der nicht mehr schwimmfähig war oder es nicht aus dem Boot schaffte, würde ersaufen wie eine Katze in einem beschwerten Jutesack. 1914 hatten sie mich nach nur 20 Minuten aus dem Wasser geholt, aber hier ? Wenn Wetter oder Patrouillenpläne nicht mitspielten, konnte ein Mann hier stundenlang unbemerkt umhertreiben... Ich versuchte, nicht allzusehr daran zu denken, aber Thucydides' Schilderungen des heldenhaften Ringens im peloponnesischen Krieg half nicht wirklich, diese Gedanken zu verscheuchen. Ich ließ meinen Blick zu der Photographie wandern, die im letzten Brief gekommen war und die ich als Lesezeichen benutzte. Es zeigte Mina und unseren dreijährigen Sohn, Paul. Paul trug einen dunklen Anzug, allerdings keinen Matrosenanzug. Die sah ich im Dienst schon genug, außerdem war es meine Art Zugeständnis an Vater, der einen solchen Anzug nach meiner Karriereentscheidung als Provokation gesehen hätte. Natürlich lebte Vater nicht mehr, aber trotzdem fühlte es sich richtig an. Ein letztes Zeichen für den Respekt, den ich ihm gegenüber stets empfunden hatte. Mina trug eines der Kleider, das ihre dunklen Augen zur Geltung brachte, und dazu das scheue, flüchtige Lächeln, das ich an ihr so liebte. Auf dem leeren Stuhl neben ihr glaubte ich ein kleines Bild zu erkennen, aber was genau es war, blieb unklar.
Ich erwischte mich bei dem Gedanken, wie es wäre, wenn der Krieg vorbei wäre und ich endlich wieder bei meiner Familie sein könnte. Ich beschloß, Korvettenkapitän von Rahden nach unserer Rückkehr um Heimaturlaub zu bitten. Gedankenverloren strich ich mit dem Daumen über die Photographie. Ich wußte nicht, wie lange ich so gesessen hatte. Als ich wieder aufblickte, war Hausmann abgelöst worden. "Wie spät ist es, Grabow ?" '6 Uhr und 20 Minuten, Herr Oberleutnant !' Ich bedankte mich und seufzte unhörbar. Meine Gedanken hatten mich lange wachgehalten, aber müde war ich auch nicht. Merkwürdig, nicht ? Ich fuhr leicht zusammen, als der diensthabende Wachoffizier, Obersteuermann Marek, hinter mir das Sehrohr wieder einzog, mit dem er die Oberfläche geprüft hatte. ich bemühte mich, meine Stimme fest und sicher klingen zu lassen. Die kalte Luft kondensierte zwar nicht, aber trotzdem war es kalt. Das Sprechen strengte an. Hatten wir noch viel Sauerstoff im Boot ?
"Etwas zu berichten, Marek ?"
'Die Oberfläche ist sauber, Herr Oberleutnant. Wenn die Karte stimmt, haben wir die Sperre in etwa fünf Minuten passiert und können auftauchen.'
Ich atmete auf. Das waren gute Nachrichten !
"Gut, die Steuerbordwache soll sich zum Aussteigen bereitmachen."
'Verstanden, Herr Oberleutnant !'
Draußen wäre es feucht und kalt, aber ich freute mich auf die frische Luft. Wie üblich kroch ich in die Kleider und das Ölzeug. Als ich fertig in die Zentrale zurückkam, wartete das Ausguckdetachement bereits an der Luke. Oberleutnant Schulte salutierte.
'Steuerbordwache bereit, Herr Oberleutnant !'
Dann spürte ich, wie das Boot langsam in Richtung Oberfläche stieg und schließlich die Oberfläche durchbrach. Die E-Maschinen verstummten. Schulte klettrte hinauf und entriegelte das Turmluk. Dann drückte er es auf. Die kalte, frische Luft traf mich wie ein Hammer, aber trotzdem ich fror, war sie auch belebend, und so enterte ich die Leiter hinter dem letzten Ausguck hinauf. Die Oberfläche war feindfrei und friedlich. Das Boot schaukelte sanft in der Dünung. Soweit so gut ! ich öffnete den Verschluß des Sprechrohrs.
"Kurs 250, beide Maschinen volle Marschgeschwindigkeit voraus !"
'Kurs 250, volle Marschgeschindigkeit.' quittierte Bremer. Der Maschinentelegraph sprang um und zeigte jetzt volle Marschfahrt. Dann erwachten die Schiffsdiesel zum Leben und das Boot begann, sich vorwärts zu bewegen. Zunächst kaum merklich, nahm es Fahrt auf und schnitt durch die kleinen Wellen, sich seinen Weg nach Westen bahnend, unseren Zielgebieten entgegen. Was würde uns dort erwarten ? Keiner wußte es. Aber wir würden es herausfinden ! Ich pfriemelte meine Pfeife aus der Tasche und stopfte sie, so gut das mit den unförmigen Handschuhen ging. Zigaretten waren da praktischer, aber eben im Dunkeln gefährlicher. Schulte gab mir Feuer und zündete sich eine zerdrückte Zigarette an. Er wußte, daß ich sie nicht besonders schätzte.
'Soweit so gut, Herr Oberleutnant ! Das hat prächtig geklappt. Denken Sie, die Briten machen es uns auf dem Rückweg genauso einfach ?'
"Das werden wir herausfinden, wenn es soweit ist, Herr Schulte ! Machen wir uns darum Sorgen, wenn der Auftrag erfüllt ist..."
Schulte nickte nur und zog nachdenklich an seiner Zigarette.
Gratulation, werter DerGraf, ihr habt schon mal die Sperre erfolgreich durchbrochen. Jetzt heisst es erfolgreich die Minen loszuwerden, dann freie Jagd im nächsten Zielgebiet. Hoffentlich klappt dies ebenfalls ohne Probleme...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Das Boot schraubte durch die See auf die Halbinsel Cotentin zu. Die Brise war angenehm und an der Kimm konnte man die Küste sehen, wenn man sich anstrengte. Ein Schwarm Möwen kreuzte den Kurs des Bootes und strebte dem Land zu. Trotz der Anspannung an Bord schien sich im Kanal nicht viel zu bewegen. Ab und an mußte das Boot Fischereifahrzeugen ausweichen, aber ansonsten war der Ärmelkanal fast schon verdächtig leer. Mir und den anderen an Bord war das nur recht ! Das half, unseren Anmarsch vor dem Feind zu verbergen und verringerte das Risiko, jetzt schon aufgestöbert zu werden. Tatsächlich gelang es uns, bis zum Einbruch der Dunkelheit unentdeckt zu bleiben und so erreichten wir um 20 Uhr das Zielgebiet am Kap Hague. Schröder und Marek hatten sich ein neues Minenlegeschema ausgedacht. Wir verbrachten die folgenden zwei Stunden damit, langsam unter den Kursvorgaben der beiden durch die See zu pflügen und in unregelmäßigen Abständen eine der 18 Minen auszustoßen. Wie gehabt zeichnete Schröder die Absetzpunkte in eine Karte ein, damit das gebiet beobachtet werden konnte und eigene Boote nicht dem Minenfeld zum Opfer fielen. Die folgende Nacht war ruhig und es kam zu keinerlei Feindkontakt auf dem Weg zur Iroise und auch als wir am westlichsten Punkt des festländischen Frankreichs ankamen blieb alles ruhig, weshalb ich befahl, die Fahrt entlang der französischen Küste in Richtung Nantes fortzusetzen.
Inzwischen schrieben wir den vierten Seetag, und eine gewisse Öde begann, sich einzuschleichen. Wir fuhren die französische Küste rauf und runter, bereits seit dem gestrigen Tag. Ich hatte kurz darüber nachgedacht, die Leute mit einem Probealarm aufzuscheuchen, aber da wurde mir das Gesetz des Handelns aus der Hand genommen. Es war der Matrose Gehring, der die Meldung machte, die das Boot zurück in den Alarmzustand beförderte: 'Großes Schiff gesichtet, Peilung 114, Herr Oberleutnant ! Entfernung etwa, hm...' Er rechnete herum, anscheinend brauchte er noich Erfahrung mit Entfernungsangaben. '10 Kilometer, kommt schnell näher !' ich sah durchs Glas und fühlte, wie mein Mund etwas trocken wurde. Das Schiff kam in der Tat schnell näher, es machte bestimmt 20 oder 22 Knoten. Es gab nicht viele Schife, die diese Geschwindigkeiten an den Tag legten. Aber der Kurs des Schiffes war günstig, also war der Entschluß schnell gefaßt.
"Alle Mann unter Deck, wir tauchen !"
Wenn das Schiff seinen Kurs beibehielt würde es direkt an uns vorbeikommen, und das schnell. Während Schröder das Boot einpendelte, verglich ich das Schiff mit dem Schiffsregister. Wie ich es mir gedacht hatte... Ein zur Sloop umgerüstetes Handelsschiff. Berberis-Klasse, rund 7000 Tonnen. Allerdings auch bewaffnet ! Das war etwas anderes als Handelsschiffe anzuhalten und zu versenken. Mit den scharfen Augen der britischen Wachen hatten wir schon Bekanntschaft gemacht, aber ich hoffte, den Handelskreuzer nicht zu dicht herankommen lassen zu müssen. In jedem Fall war das hier ein dankbares Ziel. Die Sloop würde uns bei Entdeckung in diesem Abschnitt das Leben zur Hölle machen können, wie es höchstens noch ein Zerstörer vermochte. Also mußte sie weg, da biß die Maus keinen Faden ab. Ich hatte weniger Skrupel, das Schiff ohne Warnung anzugreifen. Es war immerhin ein Militärschiff, genau wie die Männer hier an Bord wußte jeder der Männer, worauf er sich eingelassen hatte ! 8 Uhr und zwei Minuten. Der Kreuzer hatte sich auf etwa 39 Hektometer herangeschoben und schoß förmlich durch die Zieloptik. Ich wollte keine Entdeckung riskieren, aber gerade bei einem derart schnellen Schiff konnten sie der Blasenbahn leicht ausweichen, wenn sie sie entdeckten. Odr uns Probleme machen, wenn sie uns entdeckten. Wir würden sie weder einholen noch ihnen entkommen können... Ich mußte eine Entscheidung treffen.
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 entsichert und feuerbereit.'
"Rohr 1... Los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Schulte sah auf die Uhr, als der Ruck durch das Boot ging, der anzeigte, daß der Torpedo das Rohr verlassen hatte. Totenstille senkte sich über das Boot. Ich beobachtete das Ziel weiter während die Sekunden träge dahinflossen. Würden sie das Periskop sehen ? Die Blasenbahn des Torpedos ? Würden sie etwas merken ? Ich hielt ein besonderes Auge auf die Artillerie an Bord. Man munkelte, es sollte da wahre Kunstschützen geben, die mit dem ersten Schuß ein Sehrohr trefen konnten... Was nicht half, mir die Wartezeit angenehmer zu machen. 'Laufzeit beinahe um, Herr Oberleutnant !' wies Schulte mich hin. Plötzlich stieg mittig am Kreuzer eine Wassersäule hoch, die das Schiff förmlich aus dem Wasser zu heben schien. Der Knall echote laut über die See und vibrierte durch das Boot.
'Treffer ! Den hat's erwischt !' Das war wieder Schulte. Tatsächlich waren die Kennzeichen deutlich zu hören. Brechende Schotten, detonierende Munition. Wer es da herausschaffte, würde auch bis zur Küste kommen, hier konnten wir nichts mehr tun. Ich fuhr das Sehrohr ein und ließ das Boot ablaufen, ein Stück aufs offene Meer hinaus und dann wieder in Richtung Brest. Hausmann setzte ein entsprechendes FT ab, in dem das bisherige Ergebnis gemeldet wurde. Schließlich ließ ich auftauchen, die Wache aufziehen und den Kurs fortsetzen. Trotz der Vernichtung des Handelskreuzers konnten wir unseren Weg unbeirrt fortsetzen, ohne von Flugzeugen oder Schiffen gestört zu werden. Erst zehn Stunden später tat sich wieder etwas ! Wir sichteten einen Tanker, etwa 10.000 Tonnen, der die französische Küste herabfuhr. Wir verfolgten den Tanker über eine Stunde lang und legten ihn uns fachgemäß mit Kurskorrekturen und einigen anderen schmutzigen Tricks sowie auch etwas Glück zurecht. Schließlich waren wir von 100 hm auf 13 hm heran und erspähten auch das Geschütz an der Back des Schiffes. Umso entschlossenr war ich, kein Artilleriegefecht zu riskieren. Es war nicht schwer, sich auszumalen, was eine Artilleriegranate mit einem 2mm dicken Druckkörper anstellte, Stahl oder nicht ! Wieder ließ ich den Gegner in die Zieloptik wandern und korrigierte die Schußangaben noch einmal nach. Auf Höchstgeschwindigkeit und Mindestreichweite eingestellt, raste der Torpedo auf das Schiff zu. Ein wenig mulmig wurde mir dann aber doch. Wenn sie die Blasenspur nun ncht sahen, würde dann irgendjemand mit dem Leben davonkommen ? Ich mußte die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden, als der Torpedo detonierte. ich erhaschte noch einen kurzen Blick auf das Flammenmeer, bevor ich das Periskop einzog und abdrehen ließ. Ich erinnerte mich später noch nur sehr dunkel an den Rest jenes Tages. Als uns zwei Stunden später ein weiterer Tanker über den Weg lief, überließ ich ihn Schulte, der ihn anstandslos und ohne Sentimentalitäten zu seienm Kollegen auf den Meeresgrund beförderte. Damit hatten wir am 6. April fast soviel Tonnage versenkt wie auf dem gesamten ersten Einsatz. Nur die Mittel gefielen mir nicht. Uneingeschränkter U-Bootkrieg war eine Sache, aber ich bevorzugte den Kampf nach der Prisenordnung. ich ließ mir später vom Schmutt einen Ersatzkaffee geben und füllte diesen mit Weinbrand aus meinem Notfallvorrat auf. Entsprechend soll ich am nächsten Tag gereizt gewesen sein, aber es fiel nichts vor. Ich hatte Kurs England setzen lassen, um unser Operationsgebiet etwas auszudehnen und so passierten wir am 8. April um 8 Uhr Land's End und stießen in die Irische See vor.
Die See blieb ruhig und wir kreuzten vor Irland, aber außer einem Frachter, der nach einem Torpedofehlschuß entkam, begegneten wir wenigen Schiffen. Meist Irische Binnenschifer, die ja formell neutral waren !
Das änderte sich am 10. April. Um 2 Uhr und 3 Minuten sichtete der Ausguck einen weiteren Tanker in 100 Hektometer Entfernung. Wir arbeiteten uns langsam näher und nach einer Stunde waren wir nur noch etwa 7 hm entfernt. Aufgrund der Erfahrungen der vorherigen Tage befahl ich, den Tanker anzublinken. Zu meiner Überraschung leistete der Südafrikaner der Anweisung Folge und stoppte. Das war ich so nicht gewöhnt und war daher etwas baff, fing mich aber schnell wieder und ließ Bootsmannsmaat Braun Waffen ausgeben. Marineingenieur Schröder mit der umgeschnallten Marinepistole 04 und ich mit meiner C/96 stiegen zusammen mit 4 Mann mit Karabinern und einer Kiste Sprengpatronen in das Schlauchboot und ruderten langsam auf den Koloss zu. Dieser wurde immer größer je näher wir kamen, aber wir wußten, daß das Boot uns mit dem Deckgeschütz und dem Fliegerabwehr-Maschinengewehr Deckung gab. Einige der Männer waren unruhig, bislang hatten wir wenig Gelegenheit gehabt, tatsächlich eine sachgemäße Kontrolle durchzuführen. Aber das sollte sich ja nun ändern, wenn der Kapitän kein falsches Spiel trieb !
Als wir an der Bordwand ankamen, wurde eine Jacobsleiter den hohen Bug heruntergelassen. Ich ging als erster, hinter mir zwei der Männer, dahinter Schröder mit den Sprengpatronen und die anderen beiden Soldaten. Das Boot vertäuten wir an der Leiter.
Was würde uns dort erwarten ?
Wir freuen uns natürlich über die erfolgreichen Versenkungen und hoffen, dass ihr den Tanker auch noch versenken könnt...!! Viel Glück weiterhin...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
*Sieht einen AAR vom werten DerGraf*
*macht Mund mit Mühe wieder zu*
*denkt sich was Witziges für die Abonnement-Post aus*
Gespannt harren Wir der Dinge, die da kommen mögen. :burns:
Dienstag, 10. April 1917, Irische See an Bord des Tankers 'SS Cape Town'
Oben angekommen erwartete uns bereits die Mannschaft des Schiffes, etwa zwei Dutzend Männer und drei Offiziere. Einer von ihnen, den ich auf etwa Mitte 50 schätzte, trug eine Kapitänsmütze und salutierte, als wir das Deck betraten. Ich salutierte und leitete zum Zweck unseres Besuches über.
"Mein Name ist Oberleutnant zur See Graf von Eskens-Kalpenbach. Das Prisenrecht berechtigt mich, ihr Schiff auf Konterbande zu durchsuchen."
'Well, Lieutenant, das ist ihr gutes Recht. Wenn Sie mir folgen wollen ? Ich zeige ihnen die Schiffspapiere. In der Zwischenzeit können ihre Männer ihre Arbeit tun. Verstehen ihre Männer Englisch ?'
"Schröder, wie ist es um ihr Englisch bestellt ?" 'Eh, mein Französisch ist besser, Herr Oberleutnant !' "Sprechen einige ihrer Männer Französisch, Captain ?" 'Natürlich. Collins, führen Sie die Herren zum Laderaum und den Ölbunkern.' 'Yes, Sir !'
Obwohl ich wußte, daß der Tanker keine Chance hatte, wenn hier etwas vorfallen sollte, war ich auf der Hut, als ich hinter dem Captain die Kajüte betrat. Er bot mir einen Stuhl an und reichte mir Schiffspapiere und Frachtbriefe.
'Wir haben in Irland einen hervorragenden Whiskey an Bord genommen. Es wäre eine Schande, ihn verkommen zu lassen. Darf ich Ihnen ein Glas anbieten, Lieutenant ?'
"Sehr liebenswürdig, Captain... Atkins. Ich muß sagen, ich bin überrascht, daß sie uns so zuvorkommend zu behandeln. Normalerweise zeigen die Besatzungen der Schiffe etwas mehr... Kampfgeist, wenn sie die Bemerkung erlauben. Sie kämpfen oder versuchen zu fliehen. Wirklich durchsuchen lassen hat sich bis jetzt keiner."
Atkins stellte ein kleines Glas mit einer goldgelben Flüssigkeit auf den Tisch und schenkte sein eigenes Glas voll.
'Well, was hat es diesen Schiffen gutes getan ? ich nehme an, einige sind entkommen, und die, die es nicht schaffen, wurden versenkt. Das hier ist nicht meine erste Kriegsfahrt ! Und es ist auch nicht das erste Mal, daß ich angehalten werde und es wird auch nicht das erste Mal sein, daß iwir in die Boote müssen. Ich kenne die Schiffspapiere und ich kenne das Prisenrecht, Lieutenant. Welchen Nutzen hätte es, Widerstand zu leisten ? Ich würde das Leben meiner Männer unnötig aufs Spiel setzen. Unter anderen Umständen hätte ich es vielleicht auch vesucht, aber so ? Nein.'
Er zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
'Sie werden den Schiffspapieren entnehmen können, daß wir Öl und Betriebsstoffe für Belfast an Bord hatten. Sie werden ebenfalls bemerken, daß wir besagte Ladung von zwei Tagen gelöscht haben und jetzt auf dem Rückweg in Richtung Vereinigte Staaten sind. ich beabsichtige nicht, auch nur einen Tropfen Blut für ein leeres Schiff zu vergießen, Lieutenant ! Entweder bekommen wir in Irland ein neues Schiff oder wir fahren auf dem nächsten Schiff zurück und bekommen dann ein neues. Sie wären überrascht, wie schnell man heute einen neuen Tanker bauen kann. Eine Mannschaft zu ersetzen dauert bedeutend länger.'
"Und das Schiff bedeutet ihnen nichts ?" wollte ich wissen. Atkins machte eine wegwerfende Handbewegung.
'Das 'Schiff' gehört der Reederei, nicht mir, Lieutenant. Ich fahre jetzt seit 40 Jahren zur See, ich denke ich weiß, worauf es ankommt. Meine Leute und ich überleben die Fahrt, tun weiter unsere Pflicht und kommen so Gott will nach Kriegsende zu unseren Familien zurück, damit wir dann im Frieden wieder rausfahren können. Ohne Minen, ohne U-Boote, ohne Handelsstörer. Alles andere geht mich nichts an und interessiert mich auch nicht.'
Ich hatte inzwischen die Papiere geprüft. Die 'Cape Town' war in der Tat ein Öltanker mit 9500 BRT, registriert in Durban, Natal, mit Öl für Belfast. Besatzung 22 Mann und 3 Offiziere. Anscheinend war dies ihre fünfte Fahrt auf dieser Route. Nun war die Reise zu Ende. Als Prise konnte ich es nicht nehmen, das wußten sowohl Atkins als auch ich. Also gab es nur eins zu tun.
"Ihr Schiff transportiert kriegswichtige Güter in ein Land, daß sich mit dem Deutschen Reich im Krieg befindet, Captain. Ich werde ihr Schiff versenken." 'Natürlich werden sie das.' antwortete der Brite ungerührt. 'Aber es wird nicht reichen. Versenken sie soviele Schiffe wie sie mögen, Lieutenant. Den Krieg werden sie trotzdem nicht gewinnen. Vor zwei Jahren wäre das vielleicht noch möglich gewesen. Aber jetzt nicht mehr.' Es war weniger die Wahl der Worte, als wie er sie anbrachte. Nicht spöttisch oder gehässig, sondern als trockenen Fakt des Lebens. Eine natürliche Wahrheit, die für ihn so unumstößlich war wie Ebbe und Flut. Ich leerte das Glas und schob die Papiere von mir. Mein erster Impuls war, ihm zu widersprechen, aber konnte ich das ? Ich drängte den Gedanken fort und stand auf.
"Bitte räumen sie das Schiff innerhalb der nächsten 15 Minuten, Captain."
'Das sollte kein Problem sein. Tun sie ihren Job, ich tue meinen.'
Tatsächlich waren die Boote nach exakt 12 Minuten voll besetzt. Der Captain stellte seine Tasche in das Boot und reichte mir die Hand.
'Ich wünsche ihnen viel Glück, Lieutenant !'
"Ihnen auch, Captain !"
Dann stieg er ein und das Boot wurde von Schiff weggefiert und zu Wasser gelassen. Drei Minuten später kam Schröder aus der Tiefe des Schiffes. Er war sichtlich aufgeregt, um nicht zu sagen, er kochte vor Wut.
"Ist das Schiff zur Sprengung vorbereitet ?"
'Nein, ist es nicht, Herr Oberleutnant.'
Etwas an seinem Ton gefiel mir nicht, also fiel meine Antwort etwas schärfer aus.
"Warum ist das so, Herr Schröder ? Waren die Anweisungen unklar ?" Der Ingenieur sah so aus als wolte er explodieren, sammelte sich dann aber wieder und legte die Situation dar, nachdem er sich kurz durchgeatmet hatte.
'Nein, Herr Oberleutnant, aber die Ausrüstung ist unklar. Die Flutventile des Schiffes sind sabotiert worden. Was noch schwerer wiegt... Die Sprengpatronen sind hin.'
Da hielt ich es nicht mehr aus.
"WAS SOLL DAS HEIßEN, DIE SPRENGPATRONEN SIND HIN ??? SIND SIE NOCH ZU RETTEN, MANN ?"
Unwillkürlich hatte ich einen Schritt auf Schröder zu gemacht, der dies mit zwei Schritten rückwärts quittierte, um den Abstand zwischen uns zu halten. Wohl weil er in diesem Moment Angst hatte, ich könnte ihn erwürgen. Eine Angst, die ich im Nachhinein durchaus teilte...
'Die Patronen sind wohl noch aus Vorkriegsbeständen, Herr Oberleutnant. Über den Sprengstoff kann ich nicht viel sagen, aber die Zünder sind wohl nicht ausreichend trocken gelagert worden und entsprechend defekt. Die gesamte Charge ist unbrauchbar. Damit kriegen wir das Schiff nicht runter.' "Was sie nicht sagen !"
Ich hatte mich wieder etwas beruhigt, aber innerlich wußte ich, daß Schröder nur einen Teil der Schuld trug. Ich würde das in meinem Bericht an von Rahden zur Sprache bringen, so konnte das nicht weitergehen !
Also sammelten wir unseren Kram wieder ein und setzten wieder zum Boot über.
'Zeit bis zum Feuerwerk, Herr Oberleutnant ?' wollte Obersteuermann Marek wissen.
"Die Zeit, die es braucht, das Deckgeschütz bereit zu machen und den Pott zu versenken." knurrte ich. "BRAUN !" 'Herr Oberleutnant ?' "Hauen Sie den Dreckskasten weg !" 'Schiff versenken, jawohl, Herr Oberleutnant !' quittierte er. Ich war nicht in der Laune, mir das Spektakel anzusehen und verschwand unter Deck. Der Tanker hielt tatsächlich noch 44 Granaten aus, was uns total auf einen Rest von kümmerlichen 77 Granaten brachte. Nicht eben viel ! Damit hatten wir offiziell auf dieser Feindfahrt über 30.000 Tonnen alliierten Schiffraumes versenkt. Einerlei, mir war die Irische See verleidet. Deshalb und wegen dem Feuerzauber, den wir veranstaltet hatten, gab ich Befehl, wieder Kurs auf die Irois zu nehmen und dann wieder die französische Küste herunter.
Die nächsten zweieinhalb Tage waren mit 'Gammel' recht gut beschrieben. Die Disziplin an Bord riß nicht ein, aber man merkte, daß die Männer nichts zu tun hatten und sich die Flaute der beiden Tage langsam auszuwirken begann. Trotzdem blieb die Moral an Bord gut. Immerhin hatten wir den Erfolg unserer ersten Feindfahrt bereits überboten und waren guter Dinge. Trotzdem sollten Tanker auf dieser Feindfahrt unser Schicksal sein.
Am späten Abend des 12. April sichteten wir nahe Bordeaux einen weiteren Standardtanker auf Gegenkurs. Ein Franzose ! Meine Hoffnungen auf eine Wiederholung des letzten Vorfalls wurden enttäuscht. Als wir ihn anblinkten, begann der Tanker zu zacken und sich zur Flucht zurück zum Hafen. Ich ließ die Maschinen auf äußerste Fahrt kuppeln und während sich so der Abstand nur langsam vergrößerte, eröffneten wir um 21 Uhr und 15 Minuten das Feuer über eine Distanz von 30 Hektometern. Wenigstens ging die Beatzung recht schnell in die Boote und rettete sich so vor dem unvermeidlichen Ende. Ich hoffte bloß, sie würden es noch weit genug weg schaffen, bevor sich der Tanker in einen gewaltigen Feuerball verwandeln würde. Das schien den Franzosen auch klar zu sein, sie pullten, als wenn es um ihr Leben ginge, was es ja auch tat ! 43 Granaten verschwanden im Rumpf des Giganten, bevor eine gewaltige Detonation das Ende des Schiffes besiegelte und den Rumpf beinahe entzwei riß. De Franzosen wurden von der Druckwelle durchgewirbelt, schafften es aber, in den Booten zu bleiben und ruderten weiter auf die Küste zu. Ich fragte mich, ob sie denselben Ethos führten wie jener Atkins... Und ob sie ähnlich über den Krieg dachten. Aber war das wichtig ? Ich befahl, ein FT abzusetzen und Kurs auf die Irois zu setzen, um wieder näher an die Sperre zu kommen. Vorsichtiger Kurs zurück, sozusagen !
Aber Poseidon war mit uns noch nicht fertig ! Keine Stunde später kam uns ein weiterer Tanker entgegen, der aus Richtung der Irois kam. Aufgrund der hier stärker beleuchteten Küste und des nahen Versenkungsortes wollte ich kein Feuergefecht riskieren. Die Kanone am Bug des Tankers gab mir darin recht. So legten wir uns den Tanker vor und brachten uns Stück für Stück in Schußposition. Das Jagdfieber hatte die Mannschaft wieder im Griff, wie wir tonnagemäßig dastanden, wußte jeder ! Langsam schob sich der Koloß in die Zieloptik. Behäbig, majestätisch, aber uns konnte er nicht täuschen. Wir wußten um seine Verwundbarkeit. Ich fluchte, das Deckgeschütz des Riesen war tatsächlich besetzt ! Wenn der Ausguck genug scharfe Augen hatte, konnte es haarig werden, wenn sie uns entdeckten ! Die Heckrohre waren fertig.
"Achtung bei Rohr 3 und 4 !"
'Rohr 3 und 4 feuerbereit !'
"Rohr 3 und 4 los !" Ein doppelter Ruck ging durch das Boot.
'Rohr 3 und 4 abgefeuert !'
Ich verfolgte die Blasenbahnen, die schwer genug zu erkennen waren auf das Schiff zu. Ein Schuß auf 46 hm war riskant, aber besser, als den Kasten laufen lassen zu müssen, oder entdeckt zu werden war es allemal. Plötzlich entstand Bewegung auf dem Schiff. Ich glaubte, kleine Gestalten in Bewegung zu sehen und kurz darauf, begann der Riese seinen Kurs langsam zu ändern... Ich hoffte, es würde reichen, um ihn demnoch zu treffen, aber als der Bug immer weiter auswanderte, war das eine immer geringer werdende Möglichkeit. Wenigstens wandten sie uns nun das ungeschützte Heck zu.
'Laufzeit ist um, Herr Oberleutnant !'
Das wußte ich selber, aber schön, Bestätigung zu erhalten... Ich ließ Verfolgungskurs setzen und das Boot drehen, dann befahl ich aufzutauchen. 34 Granaten hatten wir noch ! Es würde bei einem Schiff dieser Größe knapp werden, aber vielleicht würde Braun es schaffen ! Einholen würden wir sie so nicht und bis der letzte Hecktorpedo geladen war, wäre der Tanker weg. Wenig später begannen sich die Granaten in das Heck des Schiffes zu fressen. Braun hielt tief, vermutlich wollte er mit den ersten Schüssen die Manövrierfähigkeit zerstören, bevor er den Rumpf bearbeitete. Durch das Nachtglas sah ich den Tanker Fahrt verlieren. Die Besatzung ging in die Boote. Wir hatten sie ! Zumindest dachte ich das. Dann meldete Braun, daß das Deckgeschütz verschossen sei. Und der Tanker ? Er lagzwar tiefer im Wasser, aber er brannte nicht und machte auch sonst keine Anstalten, den Geist aufzugeben. Fluchend wußte ich, wir würden den letzten Torpedo opfern müssen...
Also legten wir uns auf eine passende Position und visierten das Schiff an. 10 Hektometer, eine ideale Entfernung. Der Torpedo wurde eingestellt. 20 hm Reichweite, 40 Knoten, Zwei Meter Tiefe. Ich wollte nichts dem Zufall überlassen ! Am Fernglas stehend, öffnete ich das Sprechrohr.
"Achtung bei Rohr 3 !"
'Rohr 3 feuerbereit !'
"Rohr 3... Los !"
'Rohr 3 abgefeuert !'
Fauchend verließ der Torpedo sein Rohr und zischte dem stilliegenden waidwunden Tanker entgegen. Ich sah zwischen dem Tanker und der Uhr hin und her.
20 Sekunden...
15 Sekunden...
10...
5...
4...
3...
2...
1...
Nichts !
'Laufzeit ist um, Herr Oberleutnant !' bemerkte Schulte bemerkenswert unhilfreich. Es war 1 Uhr. Hier hatten wir nichts mehr zu tun. Mißmutig befahl ich, Kurs auf die Heimat zu setzen und langsam, begannen wir uns von diesem unwilligen Stück Stahl zu trennen. Eine Stunde später stand ich immer noch auf der Brücke und rauchte, als es plötzlich einen hellen Schein am Horizont hinter uns gab und ein Knall über die See dröhnte. War das... ? Und wenn ja, wie zum Teufel... ? Unten hatte man es auch gehört. 'Schwache Sinkgeräusche achteraus, Herr Oberleutnant !' Ich war verwirrt. Was war passiert ? Hatte ein anderes Boot den Tanker versenkt ? Waren es doch wir gewesen ? Hatte der Torpedo ausgereicht, wenn ja, was hatte er 80 Minuten lang gemacht ? War es ein Schwelbrand gewesen ? ich schrieb die Versenkung mit einem Fragezeichen auf und entschloß mich, das später mit von Rahden zu klären, ob ein anderes U-Boot den Abschuß für sich in Anspruch genommen hatte...
Trotz all dessen blieben wir von Sicherungskräften unbehelligt, als wir wieder in Richtung Heimat fuhren. Die Posten waren doppelt wachsam, wollten sie doch auch in den Genuß ihrer wohlverdienten Ruhge nach dem Einsatz kommen und nicht auf den letzten Metern noch versenkt oder gefangengenommen werden ! Nach zwei weiteren ereignislosen Tagen erreichten wir die Minensperre. Da wir außer dem Maschinengewehr und den Infanteriewaffen an Bord nichts mehr hatten, verzichtete ich darauf, nach Zielen ausschau zu halten und mied die größeren Schiffahrtsrouten. Marek berechnete die Durchbruchszeit auf 11 Stunden. Würde auch diesmal alles glatt gehen ? Oder wollte eine grausame Ironie, daß wir kurz vor dem Ziel unser Glück verbraucht hatten ? Keiner wußte es zu sagen.
Am 15. April um 11 Uhr 41 tauchten wir erneut, um die Sperre zum zweitenmal zu überwinden. Würde es uns gelingen ?
Die Stunden fühlten sich wie Tage an... Schlafen konnte ich nicht und die meisten Möglichkeiten, Zeit totzuschlagen waren ausgeschöpft. Ich begann wieder, die Geschehnisse der Feindfahrt zu zerdenken. Eine schlechte Angewohnheit, die ich mir eigentlich schon lange hatte abgewöhnen wollen, aber sie kam immer wieder durch. Heute wollten meine Kapazitäten aber nicht so recht, was vielleicht auch an der verbrauchten Luft im Boot lag. Ich sah auf die Uhr. Nicht ganz elf Stunden waren wir jetzt schon getaucht und krochen durch das Minenfeld. Eins meiner Ohren sprang auf die kleinsten Geräusche von außerhalb an. ich wußte natürlich, daß es, wenn es das passende Geräusch gab, zu spät sein würde, aber trotzdem versuchte ich es. Ich mochte diesen Zustand der Nervosität nicht ! Dann meldete Marek die erlösende Nachricht: Wir waren durch ! Wie gehabt schloß ich mich der aufziehenden Wache an, um an die frische Luft zu kommen. Mein Schlafrhythmus war sowieso beim Teufel, da machte das auch nichts mehr. Der projektierte Kurs würde noch etwa 2 Tage dauern, sodaß wir wieder nachts in Helgoland ankommen würden. Das aber wollte ich von Rahden nicht noch einmal antun. Also ließ ich das Boot am 17. April um 1 Uhr 35 12 Kilometer vor Helgoland stoppen und ordnete an, vor dem Einlaufen für 'Klar Schiff' zu sorgen. Dies wurde zwar nicht gerade gnädig aufgenomen, besonders von denen, die eigentlich Freiwache hatten, aber die Näher zur Heimat spornte die Männer zu Höchstleistungen an, und die Offiziere mußten nur einzelne besonders motivieren. Nachdem die Inspektion des Bootes zu meiner allgemeinen Zufriedenheit ausgefallen war, setzte UC-83 ein FT ab und setzte sich wieder in Marsch. Die Torpedoboote S.83 und S.86 kamen uns entgegen und eskortierten uns in den sicheren Heimathafen. Wieder war nur eine kleine Gruppe von Soldaten an der Anlegestelle zu sehen. Geschickt dirigierte Marek das Boot an den Liegeplatz und die diensthabenden Matrosen machten das Boot fest. Einer der Matrosen machte mich auf zwei Gestalten aufmerksam, die bereits die Gangway hochkamen, der Teufel mochte wissen, woher sie so schnell gekommen waren. Ich erkannte Korvettenkapitän von Rahden und seinen Adjutanten, Oberleutnant zur See Grau.
"Melde Herrn Korvettenkapitän UC-83 mit voller Besatzung von Feindfahrt zurückgekehrt !"
Von Rahden salutierte. 'Danke, Oberleutnant ! Ich habe ihren Bericht mit Interesse gelesen. Sowohl den Teil über die Versenkungen, die sie für sich in Anspruch genommen haben, als auch' Er lehnte sich vor und senkte die Stimme, was ich als bedrohlich empfinden mußte und auch tat. 'den Teil in dem sie der militärischen Lagerwirtschaft unter meinem Kommando schwere Versäumnisse vorwerfen und diese als... was genau bezeichnet haben, Grau ?' 'Einen, ich zitiere, 'Sauladen, dessen Inkompetenz und Pflichtvergessenheit an Sabotage grenzt', Herr Korvettenkapitän !' Von Rahdens Gesicht war jetzt nur noch Zentimeter von meinem entfernt. 'Sie haben also den Eindruck, ich mäße dem nötigen Pflichtbewußtsein bei meinen Untergebenen zu wenig Bedeutung zu und würde hier den Krieg nicht Ernst genug nehmen, ist das so, Herr Kalpenbach ?'
Ich schluckte. Das war wohl der Grund warum man seine FT-Sprüche nicht in der Hitze des Gefechts verfassen sollte. Ein Anfängerfehler, aber gerade deshalb unverzeihlich. Ich überlegte, wie ich die Situation retten konnte, um an Land zu kommen, ohne von von Rahden in Streifen gerissen zu werden oder auf unbestimmte Zeit in einem Quartier mit vergitterten Fenstern logieren zu dürfen !
"Ich mag meinen Spruch in der Hitze des Moments unvorteilhaft formuliert haben, Herr Korvettenkapitän ! Aber das rührt nichts am Umstand, daß mein Boot mit einer fehlerhaften Charge Sprengpatronen an Bord ausgelaufen ist, was ein schlechtes Licht auf die gesamte Verteilungskette wirft. Sie, mich, die Fouriere genauso wie die für die Sprengmittel verantwortlichen Besatzungsmitglieder. Es ist mir schleierhaft, warum der Mangel jetzt erst entdeckt worden ist, und ich bin mir meiner Mitschuld selbstverständlich bewußt und werde die vollen Konsequenzen tragen !" Eine Lüge, natürlich wußte ich, warum: Weil die Sprengpatronen jetzt erst gebraucht worden waren. Aber das konnte ich ja schlecht offen sagen, nicht ? Also ließ ich es.
'Das werden sie. Seien Sie versichert, daß es eine Untersuchung geben wird. Eine gründliche Untersuchung ! Und sehen Sie zu, daß sie in Zukunft einen ordentlichen Bericht für solche Dinge schreiben ! Sollte ich noch einmal ein solches FT auf den Tisch bekommen, dann werden sie eine sehr lange Zeit in der 'Butterburg' in Kiel verbringen und nach dem Krieg höchstens noch einen Schlepper im Hamburger Hafen kommandieren, habe ich mich klar ausgedrückt, Herr Oberleutnant ?' Ich schluckte erneut. "Glasklar, Herr Korvettenkapitän !"
Von Rahden tat das letzte, was ich in dieser Situation erwartete: Er lachte und klopfte mir auf die Schulter. Anscheinend war mir meine Verwirrung anzusehen.
'Dann haben wir das ja jetzt geklärt ! Reden wir nicht mehr davon, bis die Untersuchung abgeschlossen ist. Ich habe noch ein paar Dinge für Sie. Sie haben auf dieser Patrouille die Versenkung von sechs feindlichen Schiffen mit einer Gesamttonnage von 47.900 BRT gemeldet, ist das korrekt ?' Ich war immer noch zu verwirrt, um klar denken zu können und warf einen kurzen Blick auf Marek, der kaum merklich nickte.
"Jawohl, Herr Korvettenkapitän !"
'Ist ihnen bewußt, daß sie damit auf nur zwei Feindfahrten auf ihrem ersten Kommando damit bereits 11 Feindschiffe mit 77.100 Tonnen feindlichen Schiffraumes versenkt haben ?'
Das war es nicht, aber wenn von Rahden so fragte würde es sicher stimmen. Ich hielt es für klüger, ihm umgehend recht zu geben, auch wenn ich nicht so recht wußte, worauf er hinauswollte.
"Ist es, Herr Korvettenkapitän !"
'Hervorragend ! Grau ?'
Der Adjutant reichte von Rahden eine kleine Schachtel, nicht unähnlich derer, die er bei unserem letzten dienstlichen Beisammensein dabeigehabt hatte. Der Kommandeur fischte ein kleines Stück Metall heraus und befestigte es an meiner Uniformjacke.
'In Anbetracht ihrer fortgesetzt hervorragenden und beispielhaften Leistungen ist es mir eine besondere Freude, ihnen das Eiserne Kreuz 1. Klasse als sichtbares Zeichen und Anerkennung ihres Mutes und ihrer Leistungsbereitschaft im Angesicht des Feindes zu verleihen. Das Vaterland ist stolz auf Sie. Meinen Glückwunsch, machen Sie weiter so !'
"Danke, Herr Korvettenkapitän !"
Als ich ihm die Hand schüttelte, glaubte ich zu wissen, was er mit dem sonderbar betonten 'so' sagen wollte. Eine letzte Spitze, die gleichzeitig als Warnung diente. Obwohl ich mich entlassen wähnte, war das Prozedere aber noch nicht vorüber. Neben mir hörte ich den Kommandeur fortfahren.
'Oberleutnant zur See Theodor Schulte, in Anbetracht ihrer bisherigen Leistungen und Tapferkeit auf den von ihnen absolvierten Feindfahrten zeichne ich Sie hiermit mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse aus ! Meinen Glückwunsch, Schulte, machen Sie weiter so !' 'Das werde ich, vielen Dank, Herr Korvettenkapitän !'
'Das freut mich zu hören !' Dann wandte er sich wieder an mich. 'Lassen Sie die Leute wegtreten und melden sie sich in einer Stunde in der Kommandantur, Oberleutnant !'
"Jawohl, Herr Korvettenkapitän !"
Damit waren wir gnädig entlassen und von Rahden verließ das Boot wieder, mit Grau im Schlepp, vorschriftsmäßig drei Schritte hinter sich. Ich hatte nun genügend Zeit und auch Platz, um Schulte zu seinem Orden zu gratulieren und dann die Glückwünsche meinr Mannschaft entgegenzunehmen, als diese das Boot Mann für Mann verließ. So gesehen war es ja auch ihre Auszeichnung. Ich hatte mal gelesen, ich wußte nicht mehr wo, daß ein weiser Kopf gesagt hatte, der Kapitän einer Einheit trüge die Auszeichnungen für den Rest der Besatzung. Dachte man so darüber nach, war da etwas wahres dran. Immerhin konnte ich meine Aufgaben nur erfüllen, wenn die Mannschaft dies durch ihre eigenen Leistungen ermöglichte !
Die Hochstimmung verflog schnell wieder und ich fand mich um exakt 9 Uhr vor von Rahdens Schreibtisch wieder. Er hatte mich bereits heruntergeputzt, ausgezeichnet und eine Untersuchung angekündigt. Das war eine Menge Abwasch in kurzer Zeit, aber vor allem bedeutete das eins: Ich hatte so gut wie keine Ahnung, was ich hier sollte ! Wahrscheinlich meine nächsten Marschbefehle abholen. Ich hatte mir zwar vorgenommen, nach Heimaturlaub zu fragen, aber angesichts der letzten Vorkommnisse hielt ich es für klüger, damit noch zu warten, bis Gras über die Sache gewachsen war. Vorausgesetzt, kein Esel kam angelatscht und fraß es wieder weg... Jedenfalls hatte ich das unbestimmte Gefühl, daß hier nicht nur meine Befehle auf mich warteten. Daher war mir schon etwas mulmig zumute ! Korvettenkapitän von Rahden zog an einer Zigarre und eröffnete schließlich das Gespräch.
'Ich habe zwei Dinge für sie, Oberleutnant. Zum einen ihre nächsten Einsatzbefehle.' Er reichte mir die Mappe. Ich öffnete sie und studierte die markierten Teile interessiert, dann verblüffter. 'Wie sie wissen, haben die Vereinigten Staaten dem Deutschen Reich vor einem Monat den Krieg erklärt. Im gleichen Zeitraum haben die Aliierten eine neue Offensive an der Aisne unternommen, obwohl unsere Agenten melden, daß die dafür benötigten Ressourcen nicht in ausreichender Menge vorliegen. Das kann nur bedeuten, daß diese Ressourcen aus Übersee geliefert werden. Zudem haben Aufklärer von aliierter Tätigkeit im Nordmeer berichtet. Anscheinend sollen die Frachter unserem Zugriff dadurch entzogen werden, daß sie von in Island stationierten Tankern versorgt werden und dann über die Nordmeerroute nach Großbritannien fahren. Ein Plan, der zu lange funktioniert hat, aber die Seekriegsleitung hat bereits eine Gegenmaßnahme konzipiert. Diese Gegenmaßnahme sieht koordinierte Schläge vor, um den Schiffsverkehr wieder auf die Direktroute nach Großbritannien zu zwingen, wo sie dem Zugriff der Unterseeboote in vollem Umfang unterliegen. Ich habe UC-80, UC-81 und UC-82 bereits in das Nordmeer beordert, um die Schiffahrt dort anzugreifen. Ihr Auftrag ist diffiziler, aber ich bin zuversichtlich, daß sie ihn lösen werden. Ihre Aufgabe wird es sein, durch die nördliche Minensperre zu brechen und auf der Höhe von Bergen ein Minenfeld vor den Stützpunkten auf den Shetlands anzulegen. Danach werden sie Schottland und Irland in Richtung Westen umfahren und den Raum Reykjavik patrouillieren. Angeblich sind die aliierten Tanker im sogennanten 'Breiten Fjord' stationiert und nehmen dort die Betankungen vor. Ihr Auftrag sieht vor, diese Tanker zu finden und zu vernichten.
Sie müssen äußerst vorsichtig vorgehen. Die Faxa-Bucht ist eines der Hauptfischlaichgebiete Islands und zudem gibt es dort sehr viele kleine und kleinste Inseln sowie einen Tidenhub von bis zu 6 Metern. Zudem ist Island Eigentum der dänischen Krone und damit offiziell neutral. Es darf zu keinem Zwischenfall kommen, also passen sie gut auf, worauf sie schießen und wer sie zu Gesicht bekommt ! Ihr vorgesehenes Auslaufdatum ist der 15. Juni, womit wir zum zweiten Punkt kommen. Aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen habe ich mich bei höheren Stellen für sie verwandt und man hat einen dreiwöchigen Sonderurlaub für Sie und ihre Mannschaft bewilligt, der die Berechtigung, die Basis zu verlassen, beinhaltet. Fahren Sie nach Hause und spannen sie etwas aus, der nächste Einsatz wird auch so hart genug. ich erwarte, daß sie und ihre Männer in spätestens zwei Tagen die Basis verlassen haben. Das wäre alles, Oberleutnant. Wegtreten !'
Von Rahden leistete sich ein schmales Lächeln, das ihn fast großzügig wirken ließ. Als ich an die frische Luft trat, hatte ich trotz des Packens Urlaubsscheine, die mir der Schreibstubenfeldwebel ausgehändigt hatte, immer noch nicht ganz begriffen, was mir da jetzt eigentlich passiert war. Nur, daß ich tatsächlich wieder nach Hause konnte dämmerte mir langsam. Blieb nur noch die gute Nachricht zu verbreiten und meine Vorbereitungen zu treffen !
[OOC: Eigentlich wäre am 1. Mai der nächste Einsatz gewesen, den wir aber übergehen mußten, weil er verbuggt war. Daher geht es erst im Juni weiter !]
Meine Gratulation zu den erfolgreichen Versenkungen bei der 2ten Feindfahrt...!! Nur weiter so...!! :ph::D
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Die Mannschaft nahm die Ankündigung, die Insel verlassen zu dürfen, deutlich enthusiastisch auf. Zwar hatten die Mannschaftsdienstgrade nur 10 Tage Urlaub bekommen, aber von Rahden hatte es als Sonderurlaub vermerkt, so daß diejenigen, die ihre 10 Tage Urlaub in diesem Jahr schon gehabt hatten nicht benachteiligt wurden. Ich selbst hatte meine Schwierigkeiten, mein gepäck zusammenzustellen. Schlußendlich entschied ich mich, die Patrouillenpapiere sicher weggeschlossen in Helgoland zu lassen. Ich hoffte zumindest zuhause etwas Zeit für mich und meine Familie zu haben. Das Wasser war auch recht weit weg, daß würde wohl helfen. Auf der Fähre konnte ich es immer noch nicht fassen, daß es in Richtung Heimat ging ! Ich war seit fast einem Jahr nicht mehr dort gewesen. Was würde mich dort erwarten ?
Im Oldenburgischen hatte sich nichts zu stark verändert, aber es waren doch Unterschiede zu bemerken. In den Briefen und Nachrichten war von den Zuständen an der Heimatfront nicht viel gesagt worden. Vermutlich aus dem selben Grund aus dem ich auf zu deutliche Andeutungen zum Kriegsgeschehen verzichtete.Man wollte nicht, daß die anderen sich zu sehr sorgten. Und natürlich auch wegen der Postzensur. Helgoland war ja nun recht abgelegen, aber trotzdem war es nicht schwer gewesen, mitzubekommen, wie es auf dem Festland aussah. Daß die Ernte nicht gut ausgefallen war, hatte ich selbst gesehen. Vom harten Winter zumindest durch vertrauenswürdige Quellen gehört. Vater sagte immer, wen Gott liebt, den prüft er.
Nie hätte ich gedacht, daß Ihm das deutsche Volk so am Herzen lag !
Ich hatte mich angemeldet und wurde daher bereits von Rudolf am Bahnhof erwartet. Er hatte sein Handwerk in England gelernt und war schon unter meinem Vater Hausdiener gewesen. Durch die Kriegsbemühungen, Wehrpflicht und andere Umstände bedingt war er inzwischen eine Art Faktotum geworden, was ihm nicht besonders gefiel, aber er hatte seine Art, diese Dinge mit Würde zu tragen. Er selbst war nur wegen eines Herzfehlers nicht bei der Truppe, sein Sohn war Soldat im Osten, hatte ich irgendwo gehört. Persönlich hatte ich den Verdacht, daß einige der Dienstboten auch aus wirtschaftlichen Gründen entlassen oder eben zum Arbeitseinsatz herangezogen worden waren und jetzt in der Landwirtschaft oder irgendeiner Fabrik arbeiteten. Trotz der allgemeinen Lage wirkte er immer noch wie aus dem Ei gepellt. Dies fiel besonders ins Auge, da hinter ihm ein Plakat an der Wand klebte, das dazu aufrief, Seife zu sparen, weil sie knappe und notwendige Öle und Fette enthielt. Während der Fahrt zum Haus verlief die Konversation nur spärlich. Vor allem mir fiel es schwer, mich wieder daran zu gewöhnen, als 'Gnädiger Herr' oder 'Hochwohlgeboren' angeredet zu werden. Besonderes letzteres war etwas, worauf ich nicht zwingend Wert legte, aber Rudolf war aus der alten Schule und es war nicht aus ihm herauszubekommen.
Das Haus sah jedenfalls nicht so schlimm aus, wie ich es mir ausgemalt hatte. Abgesehen von einigen Dingen, die wohl nur wegen Personalmangels etwas liegengeblieben waren, sah es noch genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte. Mina war anscheinend noch oben beschäftigt, so fand ich etwas Zeit für mich. ich ging in die gute Stube und ließ mich in dem Sessel nieder, in dem Vater früher immer gesessen hatte. An der Wand gegenüber hing eine Photographie. Fast zwei Dutzend Männer in verschiedenen Uniformen hatten sich darauf angeordnet und sahen mich an, einige mit festem, entschlossenem Blick, andere wirkten eher gelangweilt oder belustigt. ich erinnerte mich gut daran, wie das Photo aufgenommen worden war. Fast war ich versucht, 'damals' zu denken, aber so lange war es nicht her, auch wenn es wie eine Ewigkeit schien. Es war Ende Juli 1914 gewesen. Trotz der herannahenden Krise hatten wir es geschafft, noch einmal zusammenzukommen, bevor wir uns über die Kaiserliche Armee verstreut hatten und ins Feld gezogen waren. In der Mitte saß mein Vater, seine drei Brüder auf den Stühlen neben sich. Stehend dahinter und daneben gruppiert die militärisch relevanten Kinder. Mein Vater hatte vier Söhne, mein Onkel Maximilian drei, mein Onkel Friedrich vier und Onkel Herrmann ebenfalls vier. Ich fand mich selbst recht schnell, obwohl ich an den Rand gerückt war, wirkte ich als einziger, der keine Heeresuniform trug, wie ein deplazierter Fremdkörper. Heinrich, der mittlere Sohn Onkel Maximilians, stand auf der Aufnahme neben mir. Er hatte sich noch im August 1914 das Eiserne Kreuz verdient und fiel dann wenig später an der Marne. Sein Bruder Wilhelm hatte im November in Flandern ein Bein verloren und war kurz darauf an einer Infektion gestorben. Meine Vettern Siegfried und Herrmann jr. waren dann 1915 kurz nacheinander in der Champagne gefallen. Vater starb 1916 in Rumänien und Onkel Herrmann zusammen mit seinem Jüngsten, Albin, bei Verdun. Meine eigenen Brüder waren alle noch am Leben. Ich, der älteste, war ja auf Helgoland stationiert. Maximilian, der nächste, hatte sich nach der Bildung der Kavallerie-Schützen Einheiten zur Fliegerei gemeldet und flog jetzt Aufklärungsflugzeuge irgendwo an der Somme. Berthold war gerade erst zum Oberleutnant befördert worden und befehligte eine Kompanie im Osten. Philipp, unserer Jüngster, hatte die Schule abgebrochen und sich im letzten Jahr freiwillig gemeldet. Er war wohl inzwischen Kriegsoffiziersbewerber vor Verdun. Ich legte das Bild auf das Sideboard und hängte es absichtlich nicht wieder auf. Da hatte sich der Krieg wieder an mich angeschlichen ! Ich seufzte. Soviel zum versuch, meine Pflicht in Helgoland zu lassen !
"Rudolf !"
'Euer Hochwohlgeboren ?'
"Ziehen Sie doch bitte einmal das Grammophon auf."
'Sehr wohl. Wünschen Hochwohlgeboren eine bestimmte Aufnahme zu hören ?'
"Diesmal nicht, Rudolf. Wählen Sie irgendeine."
'Sehr wohl !'
https://www.youtube.com/watch?v=G2XeDQ7S4dM
Nach einer Weile begannen die ersten Töne durch den Raum zu klingen. Vater hatte Caruso verehrt. Ich konnte ihm eigentlich nicht so viel abgewinnen. Aber dem Dichter zuzuhören, half. Es half, den Krieg und die bedrückende Realität vor der Tür auszublenden und für einen Moment war es fast wie im Frieden. Ich spürte die Schritte eher, als daß ich sie wirklich hörte. Die Tür öffnete sich erst, als Rodolfo geendet hatte, die Aufnahme von Mimi's Arie folgte nicht. Ich öffnete die Augen und sah zur Tür. Mina hatte es sich nicht nehmen lassen, sich für den heutigen Anlaß herauszuputzen, so gut es ging. Das Kleid war nicht unbedingt erste Garnitur und auch an einigen versteckten Stellen wohl etwas abgewetzt. Der Schmuck war frugal, ich wußte, daß sie nicht mehr viel davon besaß, viel hatte sie bei Kriegsausbruch gespendet. Aber sie konnte es tragen, es minderte ihre Erscheinung nur wenig, fand ich. Wäre sie in Sack und Asche eingetreten, es wäre mir egal gewesen. Sie sagte nichts und strahlte mich an. Ich lächelte zurück.
Der Krieg, von Rahden, das Boot, die Mannschaft, sogar Island und all die anderen kleinen Dinge, waren mit einem Schlag klein und vollkommen unwichtig.
Ich war zu Hause.
Eine zu Herzen gehende Geschichte der Familie. Wir danken euch für eure guten Hintergrundgeschichten...:)
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Nach zwei Wochen hatte ich mich soweit eingelebt. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, die Uniform für die Zeit meines Heimaturlaubs im Schrank zu lassen, aber Mine zuliebe hatte ich darauf erst einmal verzichtet. Das hatte zu einigen etwas skurrilen Gegebenheiten geführt, so etwa als ich mich nach einer langen Zeit der Abstinenz wieder einmal in den Sattel schwang. Ich hatte es nicht verlernt, aber ein Reiter in Marineuniform wirkte wohl auf die wenigen Leute, denen wir unterwegs begegneten, ein wenig befremdlich. Mine war tagsüber sehr eingebunden, weil sie sich im Nationalen Frauendienst engagiert hatte, was bedeutete, daß ich den Tag frei gestalten konnte. Das gefiel mir natürlich nicht sonderlich, aber was half es ? Also las ich, schrieb Briefe oder machte Spaziergänge. Am wichtigsten war, daß ich wieder Zeit hatte, mich ausgiebeig mit Paul zu beschäftigen. Das war mir wichtig, bedeutete allerdings auch, daß die Tage verflogen wie nichts. Trotzdem fand ich noch die Zeit, einige Anstandsbesuche zu machen, wie etwa bei Frau Dr. Berg, die sich über den Besuch sehr freute. Am Krieg schien sie kein großes Interesse zu haben und so beherrschte die Vergangenheit unser Gespräch. Wie lange war das jetzt her ? Zehn Jahre ? Zwölf ? Für sie war es keine Frage, daß ihr Gatte selbstverständlich in die Position kommen würde, meinen Sohn auch noch zu unterrichten. Mine war ja nicht aus der Gegend, aber die Frau Studienrat war erstaunlich gut über die meisten Vorgänge hier vor Ort informiert und auch wenn sie das nicht übermäßig hervorkehrte, war es doch zu bemerken. Alles in allem waren die Besuche eine gute Entspannung. Viele dieser Leute hatte ich lange nicht gesehen, und die meisten waren tatsächlich nicht daran interessiert, den Krieg zu diskutieren sondern konzentrierten sich auf die Vergangenheit oder Belangloses. Was vielleicht auch darin begründet lag, daß ich mich zu diesen Anlässen grundsätzlich nur in Zivil zeigte.Nicht, daß ich mich für des Kaisers Rock schämte, aber die Zeit, ihn wieder anzuziehen käme noch früh genug !
Ich kehrte gerade von einem Ausritt zurück, den kleinen Paul vor mir im Sattel, als ich den Auflauf bemerkte, der sich auf der Straße gebildet hatte. Es war eine Gruppe Feldgraue, die im Begriff war, sich aufzulösen. Einige gingen mit Zivilisten fort, andere in kleinen Gruppen. Ein paar waren noch da, und ich erkannte eine der Gestalten sofort. ich brachte das Pferd zum stehen und sah zu den Männern herunter.
"Max, alter Luftikus ! Ist dir die französische Luft zu bleihaltig geworden oder was treibt dich in die Heimat und noch dazu auf die feste Erde ?"
'Das sagt der Richtige ! Sind Pferde nicht mehr der Armee vorbehalten oder sind euch die Boote weggerostet ?'
"Besser haben und nicht brauchen als andersrum, noch nie gehört ?"
Ich grinste. Mein Bruder auch. Ich war froh, ihn zu sehen, auch wenn er vermutlich deutlich bereitwilliger das Thema Krieg aufs Tapet bringen würde. Er hatte sich natürlich verändert, erschien hagerer und älter. Er hatte sich einen Schnurrbart stehenlassen, der zu diesem Eindruck beitrug. Entgegen meinen Erwartungen verbannte er die Uniform jedoch auch bald in den Schrank. Er leistete auch seine Beiträge zur Unterhaltung der Hausgemeinschaft und schlug mir vor, Jagen zu gehen. Ich sah das nicht als sehr erfolgversprechend, wollte ihm aber den Gefallen tun. Tatsächlich war kein Wild aufzutreiben, aber es zeigte sich bald, daß das nicht der einzige Grund war, warum er ins Grüne wollte.
'Wir müssen reden.'
"Worüber ?" Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Max war nicht der Typ für solche Manöver, wenn er sich ihrer bediente, war es ernst. Ich nahm einen Schluck aus der Feldflasche.
'Ich werde heiraten, Paul.'
Eigentlich eine gute Nachricht, fast romantisch. Liebe in Zeiten des Krieges, klassisch.
"Aber ? Du weißt, ich bin nicht so anspruchsvoll wie Vater, was die Familie angeht. Sei fruchtbar und mehre dich, mein Sohn."
Ich gab mir Mühe, den letzten Teil so salbungsvoll klingen zu lassen, wie es Pastor Ernst früher immer geschafft hatte. Sein Gesichtsausdruck zeigte einen Konflikt. Ich hatte einen Nerv getroffen... Es gefiel mir nicht, ihn so zappeln zu sehen.
'Das habe ich bereits, Paul.'
Ich zog hörbar die Luft ein. Das war es also !
"Liebst du sie ?" 'Ja.' "Eine Bürgerliche ?" 'Ja. Und Paul... Sie ist katholisch.'
Das hatte gesessen. Ich sah ihn nur eine Weile an und verarbeitete die Information. Ich glaubte eine Ahnung zu haben, worauf es hinauslief. Aber ich wollte es von ihm hören.
"Wir sind kein regierendes Haus, Max. Morganatische Ehe hin oder her, mit ein bißchen Gegenwind werdet ihr doch fertig, oder nicht ?"
'Du kennst die Bestimmungen zum Familienbesitz, Paul... Meine Frau und Kinder werden keinerlei Ansprüche haben, wenn mir etwas passieren sollte.'
Das war wahr. Das Familienvermögen war gebunden und unteilbar. Nur der Kopf der Familie, in diesem Fall also ich und nur ich allein, hatte das Recht, darüber zu verfügen. Es war kompliziert, und selbst wenn ich wollte, hätte ich daran wenig ändern können, hatte mir der Notar damals nach Vaters Tod erklärt.
"Was genau erwartest du von mir, Max ? Was soll ich tun ?"
Ich klang feindseliger als beabsichtigt. Er wand sich förmlich. Es tat weh, ihn so zu sehen, ohne seine fast schon arrogante Selbstsicherheit und die ans unverständige grenzende Zuversicht.
'Versprich mir, daß du ihnen hilfst, wenn mir etwas zustößt.'
Ich zögerte. So also hatte sich der Krieg einmal mehr in meine Blase des Friedens hineingedrängt. Max' Worte gaben mir zu denken. Besonders seine Wortwahl. Ich hatte bemerkt, daß er 'wenn' gesagt hatte, nicht 'falls'. Eine Vorahnung ? Ich glaubte nicht an solche Dinge, aber ich wußte, man mußte die, die es taten Ernst nehmen... Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Unter normalen Umständen wäre das kein Problem gewesen, aber mit der Rationierung und wo der Großteil des Vermögens in Kriegsanleihen investiert war, war das eine andere Sache. Allzuviel würde ich nicht tun können und selbst wenn, ohne mich würden Mine und Paul Max' Angehörige bei sich haben und mit ihnen auskommen müssen. Ich fuhr mir mit der Hand durch den Bart. Offizierswitwen bekamen eine bessere Rente als die von Soldaten, das wußte ich, da ich Vaters Angelegenheiten geordnet hatte und so die Unterlagen durchgearbeitet hatte, aber als Oberleutnant würde Max nicht viel hinterlassen. Ich war kein herzloser Mensch, aber wenn ich seiner Bitte entsprach würde ich möglicherweise einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und die Situation meiner eigenen Familie im Bedarfsfall weiter verschlechtern. Ich würde ungeachtet der Entscheidung eine lange Zeit nicht mehr ruhig schlafen, soviel war klar !
Letztenendes schlug ich ein. Ich würde mich dafür möglicherweise hassen, aber Max war mein Bruder und ich konnte ihn nicht ohne alles wegschicken.
"Ich verspreche es."
Max wirkte beruhigt und gelöster, aber ich selbst erschrak etwas über mich selbst. Ich hatte meine Entscheidung getroffen, so als ob Max' Tod bereits beschlossene Sache war.
"Am Besten wird es sein, wenn du einfach am Leben bleibst, hm ? Aber reden wir nicht mehr davon."
Trotz des Mangels an Jagdglück kamen wir gutgelaunt und frohen Mutes zurück. Viel zu bald mußte ich die Uniform wieder anziehen und wieder zum Stützpunkt zurück. Mine, Paul und Max verabschiedeten mich am Bahnhof. Fast war ich froh, als ich Helgoland wieder betrat. War der Heimaturlaub es wirklich wert gewesen ? All das, was ich gesehen und gehört hatte ? Ich dachte zurück an meine Frau und mein Kind, wie sie langsam mit dem Bahnsteig in der Ferne verschwanden. Ja, entschied ich. Das war er.
Der Betrieb auf dem Stützpunkt war für eine Weile wieder gewöhnungsbedürftig. Ich entfernte mich, soweit ich konnte, vom Dienstbetrieb und beschäftigte mich nun mehr mit dem bevorstehenden Einsatz. Der Auslauftermin rückte immer näher und ich fühlte mich, als wäre ich nicht ganz bei der Sache. Es gab unzählige Variablen zu bedenken und Unvorhersehbares einzukalkulieren. Hin und wieder erwischte ich mich bei dem Gedanken, was wohl aus meiner Familie würde, falls mir etwas passieren sollte. Aber diese Gedanken schob ich schnell beiseite. Über so etwas durfte man nicht zu lange nachdenken, wenn man sich nicht verrückt machen wollte ! Eine Woche vor dem Auslaufen legte ich von Rahden meinen Plan vor und begann danach, die Ausrüstung des Bootes mit Eifer zu betreiben und zu planen, um zu sehen, was man tun konnte, um sich an die Mission anzupassen.
Nach dieser interessanten Familiengeschichte sind wir nun sehr auf die neue Mission gespannt...!! Viel Glück...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Sehr schön geschrieben, werter DerGraf! :top:
Wir sind nun mal gespannt, was die neue Fahrt so mit sich bringt.
Freitag, 15. Juni 1917, Marinebasis Helgoland
Schulte war gerade dabei, einige Männer zur Eile anzutreiben, die einige Kisten mit Zusatzfracht an Bord brachten. Es würde hoffentlich nicht mehr so kalt werden, aber mit mehr als 10 Grad Wassertemperatur rechnete ich dort oben nicht, eher weniger. Also hatten die Männer den Befehl bekommen, Zusatzkleidung mitzunehmen. Einige brachten auch Wärmflaschen mit. Das nahm Platz weg, aber bis die Untersuchung vorbei war, gingen wir, wenn auch befehlswidrig, ohne Sprengpatronen in See, was zumindest etwas Luft schaffte. Marineingenieur Schröder stand auf der Brücke und rauchte, sein Blick auf einen fernen Punkt außerhalb des Bunkers gerichtet. Zu zweit standen wir dort eine Weile und rauchten. Schröder hatte seinen Heimaturlaub in Köln mit gemischten Gefühlen beendet. Frau und Kinder hatte er ja, soweit ich wußte, nicht. Anscheinend hatte sein jüngerer Bruder, Hans, sich im Mai dafür entschieden, sich schließlich auch freiwillig zu melden. Seine Eltern kamen wohl fast um vor Sorge, und auch ihn beschäftigte das. Aber ich war sicher, daß er, wenn es nötig wurde, seine Pflicht tun würde. Nach einer Weile verschwand er unter Deck, um mit Bremer die letzten Kontrollen durchzuführen. Schulte meldete die Übernahme der letzten Vorräte und das Boot in seiner Abteilung klar zum Auslaufen. Auch wir kamen kurz ins Gespräch. Daß Schulte seinen Heimaturlaub genutzt hatte, um sich zu verloben, wußte ich bereits. So konnte ich aber erstmals ein Portrait seiner Zukünftigen bewundern und dabei Schulte von seiner weniger ernsthaften und dienstbeflissenen Seite kennenlernen. Er hoffte, für eine richtige Trauung Urlaub zu bekommen und hatte deshalb einen Zeitpunkt im September oder Oktober avisiert. Unterbrochen wurden wir vom Erscheinen Schröders, der die Maschinen klar meldete. Um elf Uhr machten wir die Leinen los und verließen im Kielwasser des Torpedobootes S.84 den Stützpunkt. Zusammen mit uns lief auch UC-80 aus, allerdings wieder einmal in die Irische See. Oberleutnant Hansen blinkte uns an, bevor sich unsere Wege trennten.
Gute Jagd und fette Beute ! Lassen Sie Finger von Gammelhai !
Ich diktierte Gehring, der die VARTA-Lampe bediente, meine Antwort.
Ebenso ! Lassen Sie Finger von Whiskey !
Ich glaubte, den Hamburger grinsen zu sehen, bevor sich die Boote zu weit voneinander entfernten, um das mit bloßem Auge erkennen zu können. Wir setzten Kurs auf die nördliche Minensperre, die wir nahe den Orkneys zu durchbrechen gedachten. Also Richtung Aberdeen, dann scharf nach Nord und zwischen den Inseln durch. Laut den Karten war dort eine Lücke in der Sperre, die aber vermutlich von Überwasserkräften gesichert wurde. Aber wir waren Willens, es zu versuchen ! Wir hielten also Kurs, zunächst der Doggerbank zu, wo ich damals Baden gegangen war. Diesmal würde ich das nicht wiederholen ! Der Matrose Vogel stieß mich gegen 22 Uhr an.
'Schiff gesichtet, Herr Oberleutnant ! Peilung 195.'
Ich konnte das Schiff schemenhaft erkennen, immerhin war es dunkel und das Schiff fast 10 km entfernt. Wir hatten gute Chancen, uns an diesen Pott anzuschleichen, also ließ ich auf äußerste Leistung gehen und setzte Abfangkurs. Entdeckte man uns zu früh, wäre es das. Mit bis zu 12 kn konnte der Frachter uns weglaufen, wir mußten also vorsichtig sein. Langsam schoben wir uns näher und näher an unser Opfer heran. Nach beinahe 90 Minuten ließ ich Braun dem Briten einen Schuß vor den Bug setzen. Aber dem Deckgeschütz konnte er nicht entkommen ! Um 23 Uhr und 36 Minuten verschwand der Frachter unter der Wasseroberfläche. Schulte notierte 5.300 BRT. Die Boote schickten wir in Richtung Dänemark. 3 Stunden später wiederholte sich das Spiel und das Empire verlor erneut 4.800 BRT.
'Hoffentlich geht die nächste Woche so gut los, wie die hier endet, Herr Oberleutnant !' freute sich Schröder. Wir kamen bald auf die Höhe Edinburghs und die Temperaturen wurden frostiger. Wir blieben auf Kursd und erstaunlich unbehelligt. Die RNAS Flieger waren immer noch nur ein Gerücht und der einzigen Gefechtsbegegnung an diesem Tag, einem Zerstörer der V-Klasse, wichen wir lieber aus...
Der Sonntag war erst 3 Stunden alt, aber UC-83 wühlte sich trotzdem tapfer durch die stürmischer werdende See. Das Ziel war bereits vor Augen, die Minensperre nicht mehr fern. Aber vor den Erfolg war nun einmal der Schweiß gesetzt, und so gab es noch einen kleinen Störfaktor, an dem wir vorbei mußten: Eine Berberis-Sloop. Geduldig hatten wir uns angeschlichen und waren dann getaucht. Am Sehrohr stehend visierte ich das Schiff an. Kurz glaubte ich sogar, das Glimmen einiger Zigaretten zu sehen ! Bis auf 5 km hatten wir es herangeschafft, jetzt mußte nur noch der Torpedo sitzen !
"Zielfahrt 8 Knoten, Zielkurs 159. Entfernung 50 Hektometer." Gab ich die Einstellungen durch. "Torpedo auf 2 Meter einstellen, Geschwindigkeit 26 Knoten." 'Torpedo auf 2 Meter eingestellt, Geschwindigkeit 26 Knoten !' bestätigte der Torpedomaat.
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Rohr 1... Feuer !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Der Torpedo zischte seinem Ziel entgegen und ich verfolgte gespannt die Blasenspur, während Schulte auf die Uhr mit der Laufzeit sah. Dann begann der Handelskreuzer Fahrt aufzunehmen und sich langsam zu drehen, Zentimeter für Zentimeter aus der Schußbahn heraus. Würde der Torpedo das Ziel schnell genug erreichen, um sein Werk zu tun ? "Handelskreuzer dreht ! Verbliebene Laufzeit ?" '68 Sekunden, Herr Oberleutnant !' Ich fluchte innerlich. Zu langsam ! Dann sah ich nichts mehr und ein dumpfer leiser Knall war zu hören. Ich hatte genau in der Mündungsfeuer geblickt, als der Kreuzer das Feuer eröffnet hatte ! Fluchend zog ich das Sehrohr ein. Langsam, viel zu langsam !
"Schröder ! Bringen Sie uns runter auf 40 Meter ! Sofort ! Äußerste Kraft voraus, Ruder hart Steuerbord !"
Das Boot kippte vorüber und einige Männer mit Ballastgewichten rannten nach vorn. Eine Detonation schüttelte das Boot durch, als die Granate des Kreuzers in die See einschlug. Eine Zweite kam zum Glück nicht mehr ! 'Ich glaub' es hackt !' brachte Schröder unterdrückt hinter mir seine Empörung zum Ausdruck 'Schießen die doch glatt auf ein Sehrohr ! Wo gibt's denn sowas ?' Nach zehn Minuten die wir blind und nur nach Gehör gekreuzt waren, ließ ich auf Sehrohrtiefe gehen und fuhr vorsichtig das Sehrohr aus. Der Kreuzer lag direkt vor uns ! Ich schätzte die Entfernung auf 9 hm. Keine Fahrt. Wahrscheinlich spähten sie noch in die Richtung in der sie uns beschossen hatten. Wußten die denn nicht, was passierte, wenn man wie auf dem Präsentierteller liegenblieb ? Nein ? Nun, dann würden sie es lernen ! Aber das ging nur wenn wir unentdeckt blieben, also war Eile geboten...
"Klar bei Torpedo 2. Tiefe 2 Meter, 36 Knoten." Der Torpedoraum bestätigte.
"Achtung bei Rohr 2 !"
'Rohr 2 feuerbereit !'
"Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'
Die Blasenbahn schlängelte sich durch die Wellen auf den Handelskreuzer zu. Der blieb weiter still und starr liegen und zeigte keine Anzeichen, daß man die drohende Gefahr bemerkt hatte.
20 Sekunden !
15 Sekunden !
10
5
4
3
2
1...
'Zeit ist um, Herr Oberleutnant !'
Ich antwortete nicht, sondern hielt die Augen auf das Ziel gerichtet. Der Tiefgang müßte passen, wenn er nicht von einer Strömung unter dem Kiel durchgedrückt worden war, vielleicht war er verlangsamt worden ? Ich hatte mich grade entschlossen, das Sehrohr einzuziehen, als am Heck des Kreuzers eine Wassersäule hochstieg und eine Detonation über das Wasser rollte.
Treffer ! Das Schiff begann zu krängen und bekam zunehmende Schlagseite. Wir hatten ihn ! Die brechenden Schotten würden wir erst später zu hören bekommen, aber jetzt galt es, die geschlagene Überwachungslücke auszunutzen und so ließ ich wieder auf Kurs gehen und nach einer Stunde unter Wasser auftauchen, um uns mit Marschfahrt der Sperre zu nähern. Am Ziel angekommen stellte ich Extraposten auf, die nach Minen Ausschau halten sollten, während ich die angeblich minenfreie Rinne ansteuerte. Für alle Fälle hatte einer der Männer einen Karabiner mit Stahlkernmunition an Deck, falls wir gezwungen waren, eine gefährlich liegende Mine abzuschießen. Alles in allem eine kitzlige Sache. Nein, ich konnte mich nicht mit diesen Minensperren anfreunden.
Vorsichtig bahnten wir uns underen Weg aber es geschah... nichts.
Um 10 Uhr hatten wir die Sperre passiert und setzten Kurs auf das zu verminende Gebiet im Nordwesten. Daß wir dazu eine der Inseln umrunden mußten, war nicht so störend, wie die kältere Witterung, die die Sicht einschränkte, aber es kostete uns noch einmal 20 Stunden, in denen wir einem R-Zerstörer ausweichen mußten. Angreifen wollte ich ihn so kurz vor dem Ziel nicht mehr. Danach vielleicht schon eher. Zwei Stunden lang durchfuhren wir das Gebiet auf einem von Schröder ersonnenen Muster und warfen unsere 18 Überraschungseier ins Wasser. Um 7 Uhr waren wir fertig und nahmen Kurs auf unser Hauptziel: Island !
Zwei Tage begegneten wir keiner Menschenseele und froren auf der Fahrt wie die Schneider. Wir hatten die Nordsee inzwischen verlassen und waren in den östlichen Ausläufern des Atlantik angekommen, wo ein ganz anderer Wind wehte, figurativ wie wörtlich ! Die Sicht war stark eingeschränkt, als wir auf Nordkurs gingen, um uns die isländische Westküste hinaufzuarbeiten. Der Kalender zeigte seit fast 1 1/2 Stunden Donnerstag den 21.6.1917. Auf einmal wurde ich eines Schattens gewahr, der in einiger Entfernung durch die Nacht glitt. ich sah genauer hin und traute meinen Augen nicht. Noch eine Sloop, die hier Patrouillendienste verrichtete ! Kurzentschlossen setzte ich einen Überwasser-Torpedoangriff an. Wenn wir jetzt tauchten, könnte uns eine Wache leichter entdecken. Auf 18 hm, nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Also mußte es eben so gehen ! Schröder und Schulte waren ob meines Entschlusses etwas skeptisch, wir alle wußten, was eine Granate mit den 2 mm Stahl machen würde, die zwischen uns und dem Atlantik lagen. Der Torpedo verließ das Rohr und alles an Bord hielt den Atem an. Der Kreuzer fuhr unbeirrt seinen Kurs weiter.
Um 1 Uhr 28 fiel ein weiterer Handelskreuzer einem Torpedo von UC-83 zum Opfer. Schulte schrieb mir einen kurzen Vermerk: 'Bis hierhin 24.500 BRT !'
Ich sah in die Flammen und konnte mich darüber nicht so recht freuen. Ganz im Gegenteil. Aber die Pflicht rief und hier konnten wir sowieso nichts mehr tun !
https://en.wikipedia.org/wiki/Iceland#/media/File:Map_of_Iceland.svg
12 Stunden später hatten wir die Landspitze von Olafsvik erreicht und schlichen uns unter Wasser an einem Zerstörer vorbei, der in der Einfahrt patrouillierte. Interessanterweise ein Amerikaner ! Wir waren uns sicher, daß wir hier goldrichtig waren ! Um die Tanker nicht aufzuschrecken, die ja irgendwo im Fjord saßen, hatte ich beschlossen, den Zerstörer nicht anzugreifen, sondern lieber weiter im Fjord Position zu beziehen und die Nacht abzuwarten.
Schlafen konnte ich aber nicht besonders gut...
Werter Hohenlohe !
Schön, daß ihr den AAR weiter interessiert verfolgt ! Wir sind im Moment etwas genervt, weil wir aus Neugier weitergespielt haben und jetzt mit Hilfe unserer eher frugalen Notizen und der vagen Erinnerungen die Missionen rekonstruieren müssen. Da sind die Landkapitel immer recht nett, um sich von diesen Problemen zu distanzieren ! Aber bislang geht das noch ganz gut.
Die gute Jagd können wir auf jeden Fall brauchen, wir haben das gefühl, daß das kein simples Scheibenschießen wird, was da auf uns zukommt...
Oder doch ? :D
Werter Voetmann !
Wir bedanken uns für die Blumen, auch wenn wir selbst mit unserer Schreibe noch nicht so zufrieden sind und hoffen, daß sich da im Verlauf des AAR noch etwas tut. Immerhin ist hier aus technischen Gründen keine bebilderung möglich, was die Beschreibungen noch wichtiger macht ! Wir verfolgen allerdings auch euren AAR interessiert und haben bereits beschlossen, SH III später noch einmal herauszuholen. Mal sehen, wohin das führt !
Wir haben zwar SoF auch, aber wir kamen mit dem Interface nicht so ganz klar, daher haben wir es wieder von der Platte gefegt vor mehr als einem Jahr. Wir hatten es seinerzeit auf Gamersgate erworben.
Aber wir lesen gerne mit und bewundern euer Engagement...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Werter Hohenlohe !
Zugegebenermaßen motiviert uns die Zeitepoche und das narrative Drumrum auch deutlich mehr als das Spiel an sich. Es ist halt vor allem wegen der fehlenden Speicherfunktion nichts für 'zwischendurch' !
Freitag 22. Juni 1917, Einfahrt des Breiðafjörður
An Bord war es eiskalt, und als ich aufgeweckt wurde, war es entweder schon recht früh oder noch recht spät. Zwanzig Meter unterhalb der Wasseroberfläche kam man sich wirklich vor wie im Eiskeller ! Mit einem Becher Kaffee stieg ich hinauf auf die Brücke. Das Boot war, wie besprochen, unter Schulte's Kommando in den Fjord eingefahren und war nun dabei, ein Suchmuster zu fahren. Zuerst am Rand entlang und dann durch die Mitte... So mußten die Bootsliegestellen doch zu finden sein ! Schiffsverkehr hatte es keinen beobachtbaren gegeben. Im Schutz der Küste hatte UC-83 den Großteil des Fjordes bereits umrundet. Die Sicht war gut, aber nicht weiter als 10 km. Wir würden also kreuzen müssen, wenn es keine Landanlegestellen gab. Das wollte ich gerne vermeiden, denn ich war nicht sicher, was da draußen alles herumkroch und die Fliegergefahr war auch nicht zu unterschätzen. Aber vorerst tat sich nichts. Um 5 Uhr 45 hatten wir die Küste abgefahren. Also Suchkurs. Einmal quer rüber, der Einfachheit halber, und danach scheibchenweise durch ! Wenn man uns entdeckte, wäre der Fjord wohl recht schnell leer. Und an der Ausfahrt würden die Lords von der Royal Navy auf uns warten. Kein einladender Gedanke ! Betriebsstoff war vorhanden und so stampften wir mit Höchstleistung durch das Gewässer. Inzwischen war der nächste Wachoffizier aufgezogen, Obersteuermann Marek. Seine Brückenmannschaft entdeckte den ersten Tanker ! Tatsächlich waren die Schiffe auf See verankert und flächig verteilt. Wenn wir keine Alarmierung der näheren Flottenpunkte wollten, gab es nur eins...
"Höchste Wachsamkeit. Jedes feindliche Schiff das in diesem Fjord angetroffen wird, wird versenkt !"
'Auch wenn es eine Barkasse mit einer Abordnung des isländischen Abstinenzkomitees ist ?' wollte Schröder wissen.
"Besonders wenn es eine Barkasse mit einer Abordnung des isländischen Abstinenzkomitees ist ! Wer einem Seemann seinen Grog nicht gönnt, sollte an Land bleiben !"
Die Uhr würde bald anfangen zu ticken. Sobald das erste Schiff zerstört wurde, wären alle alarmiert, den Feuerschein würde man nicht übersehen können ! Also tauchten wir und brachten uns in Position.
"Entfernung 1900 Meter, Zielfahrt 0. Torpedo auf 2 Meter, 36 Knoten."
'Torpedo eingestellt !'
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Am liebsten wäre ich schon abgelaufen, um das nächste Ziel zu suchen, aber ich mußte warten, ob der Torpedo traf und detonierte ! Schulte hatte die Laufzeit angegeben, etwa 3 Minuten, die nun zähflüssig wie Melasse dahintropften. Um 7 Uhr 38 Minuten wurde der Tanker von der Explosion buchstäblich zerfetzt und das Boot wie von der Faust eines Giganten durchgeschüttelt. Die Maschinen sprangen um auf Marschfahrt und wir suchten in weitem Bogen das nächste Opfer. Der zweite Tanker wurde um 8 Uhr 10 gesichtet. Er zeigte keine Reaktion auf das Schicksal seines Kollegen. Entweder pennten die noch, oder es war keine Mannschaft an Bord. Letzteres fand ich wahrscheinlicher und auch viel beruhigender, denn Inkompetenz zeigten die britischen Sailors nicht oft. Um 8 Uhr 14 verschwand auch der zweite Tanker in einer Feuersäule. Die kleine Tafel in der Zentrale verkündete nun '43.500'.
Wir suchten weiter, aber Tanker fanden wir nicht mehr. Damit war die primäre Mission erfüllt. Jetzt blieb uns nur noch das Kreuzen, bis wir so viel Tonnage wie möglich zerstört hatten. Ich ließ auftauchen, um die schnellere Überwasserfahrt nutzen zu können und die Batterien wieder aufzuladen. Bislang war alles gutgegangen, von Bewachern keine Spur ! Oder doch ?
'Schiff gesichtet ! Peilung 46, etwa 21 hm.'
Ich sah nach. Klein, gedrungen, mit Ladekränen. Ein Frachter ! Ebenfalls ohne jegliche Reaktion und an der Ankerkette in der Dünung schaukelnd. Mir sollte es recht sein ! Braun eröffnete das Feuer und die 8,8 cm Granaten fraßen sich in die Seitenwand des Schiffes, das diesem Beschuß nicht lange standhielt und schließlich brennend über den Bug in der See versank. Immer noch bewegte sich nichts ! Was war hier los ?
Es dauerte etwa eine Stunde, bis sich eine Reaktion zeigte ! Ein Zerstörer näherte sich dem Tatort. V-Klasse, dem Register nach... Wenn die genauso genau schossen wie die Sloop konnte es eng werden, und niemand wollte nach dem Erfolg der Mission noch eine Wasserbombe auf den Kopf bekommen. Also legten wir uns auf dem projektierten Kurs des Zerstörers auf die Lauer. Gefährlich, gerade wenn er suchte und plötzlich wegzackte, aber noch fuhren sie gerade auf ihr Ziel zu. Nur würden sie dort nicht finden, was sie zu finden gedachten. Das Heckrohr war bereit, der Torpedo auf 36 Knoten eingestellt. Auf 3 hm ließ ich den Torpedo abfeuern. Die folgende Detonation riß das gesamte Heck ab, wo die Wasserbomben ebenfalls explodierten. Ich wischte mir über die Stirn. 300 Meter waren gar nichts, auf diese Entfernung hätten sie uns sofort gehabt ! Aber noch war das Glück uns hold.
Wie lange noch ?
Sieben Stunden zackten wir über den Fjord, aber vom Feind war nichts mehr zu sehen... War das alles gewesen ? Nein, ein weiterer Zerstörer kam um sich die Sache näher anzusehen. Diesmal wollte ich weiter weg bleiben, auch wenn das einen Fehlschuß zur Folge haben konnte. 32 Hektometer trennten den V-Zerstörer von unserem Hinterhalt, als Rohr 3 den Torpedo ausstieß. Wieder verfolgte ich die Bahn und wieder hielt ich die Luft an, als die Laufzeit verronnen war.
10 Sekunden drüber...
20 Sekunden drüber...
30...
Vorbei !
"Den legen wir uns vor ! Maschine volle Kraft, Kurs 285, drehen Sie das Boot !"
Der Entfernungsmesser zeigte 19 hm, als wir in Position waren. Wenn die Gentlemen da drüben nicht blind waren, würde ein weiterer Fehlschuß die Sache eng werden lassen. Zumal es auch unser vorletzter Torpedo war. Wenn er nicht traf... Er mußte einfach treffen ! Und das tat er dann auch ! Viel blieb auch von diesem Zerstörer nicht übrig... Schulte hatte die Tafel bereits wieder aktualisiert.
'50.900' stand dort jetzt. nach weiteren sechs Stunden befahl ich, Heimatkurs zu setzen. Hier war nichts mehr auf dem Wasser. Ein voller Erfolg - zumindest militärisch !
Ironischerweise kam uns auf der Ausfahrt ein weiterer Frachter entgegen, der wohl Brennstoff bunkern wollte. Wir machten ihnen unmißverständlich klar, daß diese Versorgungsstation außer Betrieb war.
Fünf Tage dauerte es, bis wir wieder in Helgoland ankamen. Eines Tages würde ich mir in der Röhre noch Erfrierungen holen, das stand fest. Kaffee und andere Heißgetränke waren beinahe aufgebraucht als wir nach einer ansonsten ereignislosen Rückfahrt wieder im Geleit von S.82 pünktlich zur Mittagszeit an der Mole anlegten. Von Rahden war schon da. Ebenso einige andere Leute die ich nicht kannte. Im Hintergrund erkannte ich Oberleutnant Hansen, der mir mit etwas zuwinkte, was verteufelt nach einer Whiskeyflasche aussah und schnell wieder verschwand, bevor von Rahden sich umdrehte oder ähnliches. Sogar ein Soldat mit einer Photokamera war zu sehen !
Korvettenkapitän von Rahden gratulierte mir zu meinem außergewöhnlichen Erfolg und meiner Bilanz von inzwischen 128.000 BRT versenkten Schiffsraumes nach nur drei Feindfahrten. Er machte keine besondere Schau daraus, aber es war ihm deutlich anzumerken, daß er diese Erfolgsserie als etwas aus der Masse hervorragendes betrachtete. Ich war geistig allerdings schon in meinem Quartier und nachdem der offizielle Teil vorbei war, konnten die Männer und ich das Boot an die Werftdivision übergeben und uns nach Dienstschluß erst einmal von den Strapazen der Feindfahrt erholen. Im Offizierskasino fand eine Feier für Oberleutnant Hansens neues EK statt, das ihm nach seiner Feindfahrt verliehen worden war. 1. Klasse, dafür, daß sein Boot nur halb im Eimer war, gar nicht schlecht, wie er lakonisch meinte. Anscheinend war er nicht ganz so gut weggekommen und auf dem Rückweg hatte ein Zerstörer mit beachtlicher Hartnäckigkeit versucht, sie zu versenken. Das war nicht gelungen, aber UC-80 war wohl arg zerrupft worden und würde erstmal an der Mole bleiben müssen. Aber dafür hatte ihn einer der Frachter, die er unterwegs angehalten hatte, reich entschädigt. Zwar hatte das Schiff nur Getreide geladen, aber der Captain hatte einige gute Tropfen, an die er bei der Evakuierung nicht gedacht hatte. Nun, Hansen nahm es als Geschenk und ließ auch uns an den guten Gaben, oder was noch davon übrig war, teilhaben. Es war wirklich verteufelt gutes Zeug, wie auch von Müller und Jaedicke zugeben mußten !
Werter DerGraf, Glückwunsch zu den Versenkungen und der hohen Tonnage! :top:
Mit dem ersten Zerstörer und vor allem im Fjord habt Ihr ja Glück gehabt. Das war bei Uns leider ein Reinfall. :(
Weiter so und danke für das Lob! Wir freuen Uns immer, wenn Unser AAR gefällt! :top:
Werter Voetmann !
Vielen Dank ! Der Zerstörer war an sich aber keine Kunst, muß man dazu sagen. ASDIC und andere Ortungsverfahren steckten ja noch in den Kinderschuhen und solange man nicht grade ein Sehrohr aus dem Wasser hält (das die KI auch in dunkler Nacht mit Pech auf 8 km zielsicher entdeckt), kommt man an den Bewachern ganz gut vorbei, wenn natürlich auch die Problematik des blinden Vorgehens vorliegt.
Ist das nur mein Eindruck oder kann es sein, dass U-Bootfahrer wie der Graf und Paulsen gerne einen picheln...:D Ansonsten gratulieren wir natürlich zur erneut erfolgreichen Feindfahrt, aber wir vermissen den "POUR LE MERITÉ"...?? Da ja immerhin mehr Tonnage versenkt wurde als üblich...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter Hohenlohe !
Wir haben uns selber ein bißchen die Überraschung verdorben und einmal in den Spieldateien gespickt... Der Pour le Merite wird tatsächlich noch etwas dauern, da er der höchste und letzte Orden mit der höchsten Tonnagevorgabe ist (die wir hier natürlich nicht verraten werden !). Sollten wir lange genug überleben ist dieser Orden wohl drin, aber auf keinen Fall noch 1917, soviel darf getrost enthüllt werden.
Was die hochgeistigen Getränke angeht, so hüllen wir uns da in einen Mantel des Schweigens. Nichts böses sehen, nicht böses hören... :D
Jetzt sind wir aber gespannt, wie lange es bis zum höchsten Orden dauert...?!
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Montag, 30. Juli 1917, Die Nordsee, nordwestlich Marinestützpunkt Helgoland
Ich war immer noch verstimmt wegen der neuen Befehle, die von Rahden mir übermittelt hatte. Ich war Kommandant eines kaiserlichen Unterseebootes, Befehlshaber einer 25-köpfigen Besatzung, unter dem stehenden Befehl, feindliche Handelsschiffahrt zu schlagen wo ich sie traf, hatte gezeigt, daß ich dieses Handwerk brauchbar beherrschte und man setzte mich an auf...
"FISCHKUTTER, Herr Korvettenkapitän ???"
'Fischkutter, Herr Oberleutnant. Wie Sie wissen, leidet Deutschland immer noch unter der Hungerblockade der Engländer, die bislang noch nicht gesprengt werden konnte. Die Herren der Hochseeflotte scheinen bereits resigniert zu haben und trauen sich gerade mit den großen Einheiten seit dem Skagerrak nicht mehr wirklich aus den Häfen heraus. Die kleineren Einheiten haben ihre Aufgaben, aber wirklich herausgefordert haben wir die Royal Navy seit fast einem Jahr nicht mehr. Ihre Aufgabe ist es, das zu ändern.'
"Indem ich in neutralen Spanischen Gewässern Jagd auf britische Fischtrawler mache, Herr Korvettenkapitän ?"
'Ganz recht. Sie erneuern oder erweitern die Minensperre vor der Halbinsel Cotentin und begeben sich dann durch die Iroise die französische Küste hinab um an der Spanischen Nordküste die britischen Fischfangflotillen anzugreifen. Der Kaiser hat verlangt, daß wir die britische Eigenversorgung jetzt auch direkt angreifen, um ihnen ihre eigene Medizin zu schmecken zu geben und zu sehen, ob wir die Engländer so in die Knie zwingen können. Haben sie alle Fischereifahrzeuge zerstört, ist ihre Order, der Handelsschiffahrt so viel Schaden wie möglich zuzufügen. Der Feind wird mit diesem Schlag nicht rechnen, deshalb ist wenig Gegenwehr oder Bewachung zu erwarten.
Das wäre alles, Oberleutnant !'
Also war ich auf dem Weg nach Spanien um dort Fischerboote zu zerstören. Der englische Kanal war zu einer Risikozone geworden, also nahmen wir die Nordpassage: Durch die Lücke in der Orkneysperre, an der Nordküste Schottlands entlang, dann nach Südwest und Irland passierend weiter nach Frankreich. Das spielte den Briten natürlich in die Hände, da wir mehr Zeit und Betriebsstoff brauchten und so die Patrouillenzeit sank, aber das war ich bereit in Kauf zu nehmen. Während des gesamten Hinweges begegneten wir nur zwei Kriegsschiffen, denen wir aber auswichen. Schröder prüfte kritisch seine Karten und Aufzeichnungen. Vopn ihnen würde abhängen, ob wir uns selbst in die Luft sprengten, oder nicht, denn die Position der vor Wochen gelegten Minen zu kennen war jetzt überlebenswichtig ! Schulte wirkte von der gesamten Feindfahrt ebensowenig begeistert wie ich. Verdenken konnte ich es ihm nicht. Handelsschiffe waren eine Sache, aber Fischkutter ? Ähnlichen Gedanken hingen viele der Männer an Bord nach. Wieviele von ihnen kamen wohl selber aus Küstenregionen oder kannten Leute, die im Fischfang arbeiteten ?
Das Wetter spielte mit und die See war mehr oder weniger ruhig, so daß wir gut vorankamen. Allein der Mangel an Gelegenheitszielen fiel auf, als ob die Schiffahrt dieser Tage nicht so geschäftig war wie sonst. Wir erreichten das Zielgebiet an der Spitze der Halbinsel Cotentin nach einer Woche Marsch am 6. August gegen 22 Uhr. Mit so wenig Beleuchtung wie möglich schlichen wir vorsichtig durch die See. Die Brückenwache war verdoppelt worden und auch zwei Männer mit Karabinern waren an Deck. Auch wenn wir theoretisch die Lage der Minen kannten, konnte sich immer eine losgerissen haben, oder aber andere Boote hatten welche dazugelegt und die Informationen waren nicht durchgekommen. Nicht wahrscheinlich, aber möglich und eine geringe Wahrscheinlichkeit war ein kleiner Trost, wenn man Pech hatte, und die eine Mine erwischte ! Dann doch lieber unnötig vorbereitet.
Die Nervosität war allen anzumerken. Vogel und Gehring waren unter ihren Seepäckchen recht blaß um die Nase, Braun konnte eine gewisse Unruhe nicht verbergen. Schröder kaute auf seiner Pfeife, genau wie ich. Sogar Obersteuermann Marek, der das Boot sozusagen blind nach den Angaben von Schröders Karte steuerte, wirkte angespannt, dasselbe galt für den Gefechtrudergänger, der jetzt seinen Wert und seine Präzision beweisen mußte. Die Anspannung stieg, aber der erlösende Knall kam nicht. Nach gefühlten Stunden kletterte Schröder in den Turm zurück und meldete den Auftrag als ausgeführt. Zwei Stunden, aber sie waren uns wie zehn vorgekommen. Wie geplant setzten wir unseren Kurs entlang der französischen Küste in Richtung Iroise fort. Größtenteils unbeleuchtet natürlich.
Wir hatten Brest noch nicht erreicht, als uns ein verdunkeltes Schiff begegnete, das wohl Kurs Irische See gesetzt hatte. Leider mit 8 Knoten auch recht schnell unterwegs ! Ich entschied mich, die Dunkelheit auszunutzen und zu versuchen, das Boot vor den Gegner zu bringen und dann das Schiff (einen Tanker wohl) sozusagen von selbst ins Verderben fahren zu lassen. Keine besonders faire Vorgehensweise, aber anders waren diese Gegner nur schwer zu erwischen ! Also begannen wir das Wettrennen mit dem Tanker, das mit unseren 11 Knoten gegen seine 8 davon abhing, nicht entdeckt zu werden. Wurden wir entdeckt oder zum Tachen gezwungen, würden wir den Kontakt bald verlieren... Alle Augen der Brückencrew (gut, fast alle) blieben auf den Giganten gerichtet, als sich das Boot langsam an ihm vorbeischob. Etwas mehr als eine Stunde dauerte es, bis das Boot in Position war und ich am Periskop darauf wartete, daß sich das Ziel selbst in eine optimale Abschußposition brachte. Auf 7 hm ließ ich ihn heran, dann löste der Torpedomaat auf meinen Wink den ersten Torpedo dieser Feindfahrt. Wie üblich hatte ich ihn auf 2 Meter eingestellt belassen, aber er würde das Ziel mit 36 kn anlaufen und hoffentlich ausreichen, dem Schiff den Kiel zu brechen. Sofern sie unser ausgefahrenes Sehrohr nicht entdeckten, natürlich ! Nicht, daß ich den Auftrag nicht ernst nahm, aber ich hatte nicht vor, die Torpedos auf Fischtrawler zu verschwenden, bei denen ich nicht einmal wußte, ob die Lauftiefe des Torpedos den Tiefgang des Schiffes erreichte !
So begann der Ernst der Feindfahrt am 7.8. um 1 Uhr 42, als die Explosion des Torpedos den ersten Feind dieser Feindfahrt langsam und unaufhaltsam unter Wasser zog.
Das Boot marschierte wie üblich die Nacht durch und wurde auch auf seinem Weg an den französischen Atlantikhäfen vorbei nicht von feindlichen Kräften behelligt. Wir hielten uns abseits der Küste und ich war gerade mit Schröder und Marek beim Frühstück, als Schulte als derzeitiger Wachoffizier meldete, daß wir das Zielgebiet erreicht hätten. Von etwaigen Feindschiffen war nichts zu sehen, aber das Operationsgebiet war ja auch groß genug ! Wenn von Rahdens Informationen über die Fischvorkommen und die britischen Fangflotten stimmten, dann mußten wir aber nur warten, daß die Briten zu uns kämen... Ich befahl doppelte Wachsamkeit, gerade gegen die französischen Marineflieger, aber auch gegen spanische Marinekräfte. ich hatte zwar Schwierigkeiten, mir vorzustellen, was man in Spanien nach der Niederlage von vor 19 Jahren noch an wirkungsvollem Material ins Feld führen konnte, aber man wußte ja nie und außerdem war es besser, wenn es keine Zwischenfälle gab. So zog Oberleutnant Schulte als Wachoffizier auf und ich widmete mich anderen andministrative Aufgaben an Bord.
'Trawler voraus, Herr Oberleutnant !'
"Entfernung ?" 'Etwa 70 hm, schnell abnehmend !' Ich beobachtete den Trawler und tatsächlich hielt er direkt auf uns zu. Als er näher gekommen war, sah ich auch, weshalb. Der Trawler war bewaffnet, anscheinend ein improvisiertes Sicherungsfahrzeug.
"Soviel zum Thema der Feind würde diesen Schlag nicht erwarten und es würde spielend leicht, diese Schiffe zu versenken..." Schulte zuckte mit den Schultern.
'Was geht schon spielend leicht im Leben, Herr Oberleutnant ?' Sein Fernglas blieb auf den Trawler gerichtet. 'Leichte Bewaffnung. Wir sollten sie zerstören können, bevor wir in ihrer Reichweite sind. Feuererlaubnis, Herr Oberleutnant ?'
"Feuern Sie nach eigenem Ermessen, Herr Schulte !" Schulte nickte und gab Bootsmannmaat Braun die Anweisungen. Als die erste Granate in den Trawler einschlug, blitzte es drüben auf und ein Geschoß schluß etwa 100 m vor UC-83 ins Wasser. Braun lachte laut und hielt sich am Geschütz fest, als eine Welle das Boot etwas ins Krängen brachte.
'Hat Feuer, der Kleine ! Machen wir ihm Dampf !'
Der nächste Treffer wirbelte drüben etwas auf, das wie ein Geschütz aussah, und das deckend liegende Schnellfeuer erledigte den Rest. Um 10 Uhr 25 sank der bewaffnete Trawler über den Bug. Anscheinend hatten die Leute ihre Aufgabe ernst genommen, im Wasser waren keine Überlebenden zu sehen. Ein Zeugnis mit welcher Verbissenheit auf beiden Seiten gekämpft wurde ! Nun würden wir also hier unser Handwerk verrichten... Die feindliche Flotte zeigte sich weniger als organisierter Verband als vielmehr wie eine Gruppe wildfischender Einzelfahrer, zumindest wirkte es aufgrund der Dislozierung so. Entsprechend machten uns diese weit verstreuten Fischereifahrzeuge unsere Arbeit überwiegend leicht, auch wenn erstaunlich viele der Schiffe Waffen mitführten. Als wir das Operationsgebiet zwei Tage später mehr oder weniger 'leergefischt' hatten und das Boot auf Heimatkurs ging, hatten wir insgesamt 12 Trawler versenkt, von denen sieben bewaffnet gewesen waren. Trotzdem glaubte ich, mit der Arbeit zufrieden sein zu können. Gerade die unbewaffneten Trawler hatten schnell aufgegeben und so hatte es wenigstens einige Überlebende gegeben. Da wir noch alle Torpedos hatten, ging der Rückweg nicht wieder um Irland herum sondern durch die Irische See zwischen Britannien und Irland hindurch. Ich hoffte, hier noch den einen oder anderen Aal an den Mann bringen zu können. Am 11. August erreichten wir Land's End in Cornwall, wo es uns gelang mit dem Deckgeschütz ein Küstenschiff zu versenken, das sich zu weit auf die offene See gewagt hatte.
Nach der Zerstörung eines Frachters am nächsten Tag meldete Oberbootsmannsmaat Braun, daß wir nur noch 26 Granaten an Bord hatten. Mit den Ergebnissen hätte ich schon zufrieden sein können, aber ich hoffte immer noch auf ein paar Dickschiffe ! Mit 26 Granaten war nicht viel Staat zu machen und so würden wir bald mit den Torpedos auf sehr bewegliches Kleinvieh schießen müssen, wenn wir nicht mit vollen Rohren wieder anlegen wollten. Ich sann über diese Tatsache bei einem Becher Ersatzkaffee, der wie immer seine Wirkung mehr oder weniger tat, aber eben scheußlich schmeckte. Aber die Flaute sollte nicht lange anhalten. Um 21:09 wurde ein Tanker gesichtet, der wohl auf den Weg nach Cork war. Wir waren in einer guten Abfangposition und konnten uns daher schnell in den Hinterhalt legen. Exakt 23 Minuten später verließ einer der Hecktorpedos das Boot und... verfehlte das Ziel ! Zähneknirschend mußte ich einen zweiten Anlauf beginnen und das Boot wenden lassen. 26 Schuß würden für einen dieser Brocken niemals reichen, das wußte ich. Dreizehn Minuten später feuerte UC-83 einen weiteren Torpedo ab, diesmal auf die halbe Distanz von nur noch 19 hm. Würde dieser treffen ? Oder würden wir den beiden noch einen Dritten hinterherwerfen müssen ?
Nein !
Der Torpedo detonierte und die Wassersäule, die etwa mittig am Bug erschien, legte nahe, daß das Schiff schwer getroffen war. Als wir auf Heimatkurs zurückkehrten, waren die Sinkgeräusche deutlich zu hören. Aber wieder folgte keine erwartete Reaktion. Keine Flieger, keine Schiffe auf Abfangkurs, nichts. So kam es, daß wir am 15. Seetag die Enge zwischen Irland und Schottland sicher passierten und der Minensperre entgegenfuhren, die uns als das letzte große Hindernis erschien. Mit Kriegsschiffen rechnete schon längst keiner mehr, aber ich ließ die Männer trotzdem aufpassen. Und die Wachsamkeit lohnte sich ! 8 Stunden später versenkten wir unter Einsatz von 12 unserer kostbaren Granaten ein englisches Kohlenschiff auf dem Weg nach Aberdeen. Vor Edinburgh lief uns ebenfalls noch ein französischer Frachter in die Arme, den wir dankbar aufnahmen, oder zumindest hatten wir geplant, das zu tun. Der erste Torpedo ging fehl, und so mußte Braun wieder ran und es richten. Was ihm nicht gelang, denn wie ich mir hätte denken können reichten die 14 verbliebenen Granaten nicht aus, den Frachter zu erledigen. Also noch einen Torpedo heraus ! Dieser vollendete, was die Bordartillerie angefangen hatte, und der Rest der Heimkehr verlief ereignislos.
Nach dem üblichen Klar Schiff liefen wir am 17. August um 10 Uhr wieder in den Marinestützpunkt ein. Aufgrund der kleinen Trawler hatten wir siebzehn Versenkungswimpel am Boot und die Gesamttonnage des Bootes auf stattliche 170.000 BRT erhöht. Korvettenkapitän von Rahden war überaus erfreut über diesen Erfolg und gerade deshalb glücklich, mit mitteilen zu dürfen, daß der Großherzog von Oldenburg meine Taten auf der letzten Feindfahrt als ausreichen angesehen hatte, um mir die 1. Klasse des Friedrich August Kreuzes zu verleihen. Zwischen den Zeilen konnte ich herauslesen, daß wohl noch ein paar Dinge vorgingen, über die er aber nichts sagen konnte oder wollte. Dafür gab es andere Aufgaben, denen ich mich in der Folgezeit widmen sollte. Zunächst einmal sollte das Boot am 10. September wieder auslaufen, zum anderen wies von Rahden darauf hin, daß ich UC-83 jetzt seit 4 Monaten kommandierte.
Also gab er mir den Auftrag, alle Männer unter meinem Befehl im Hinblick auf fachliche und charakterliche Führung auf den vergangenen Feindfahrten schriftlich zu beurteilen. Ebenso erhielt ich die Gelegenheit, diejenigen, die sich besonders bewährt hatten, für Belobigungen oder Auszeichnungen vorzuschlagen. Ich ahnte bereits, worauf das hinauslaufen würde, ließ mir das aber nicht anmerken sondern nickte die Anweisung ab und machte mich nach einer letzten Gratulation von Rahdens auf den Weg zum Kasino, wo die anderen Offiziere bereits warteten. Wie sich herausstellte, hatten auch von Müller, Jaedicke und Hansen in der Zukunft einen ausufernden Papierkrieg zu führen. Wir waren uns einig, daß das verdächtig danach klang, als sollten einige der Männer an andere Verbände abgeführt und durch Neuzugänge ersetzt werden. Da die Mannschaften inzwischen recht gut zusammengefunden hatten, war keiner von dieser Aussicht sonderlich begeistert, aber was half es ? Jeder von uns hatte schließlich auch an einem Punkt dem Andrang in die U-Boot-Waffe angehört und jeder von uns wußte, wie viele Offiziere gerade aus den untätig in den Häfen liegenden Großeinheiten zu den Unterseebooten und den kleinen Einheiten drängten. Gerade dieser Andrang sollte sich in der Zukunft fatal auswirken, aber das konnten wir zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen. Aber auch die Mannschaften mußten irgendwoher kommen, denn so wirklich grüne Frischlinge wollten wir nur ungern an Bord haben !
Nun, wir würden es ja sehen...
[OOC: Da wir den Dienstgrad freier ausgestaltet haben, ist nach dieser Feindfahrt nichts passiert. Laut Spiel wären wir mit dem derzeitigen Tonnagestand nach dioeser Feindfahrt zum Oberleutnant zur See befördert worden. In Anbetracht der Tatsache, daß dies ja nun obsolet war und des Medaillenspiegels der meisten U-Boot-Asse haben wir diese Beförderung also durch einen kleinen Orden und eine Menge Papierkram ersetzt, beides mit der Option auf längerfristige Nachwirkungen.]
Werter DerGraf, da wir das Spiel nicht allzulange gespielt haben, können wir das mit den Beförderungen, Belobigungen, etc. nicht ganz nachvollziehen, daher freuen wir uns natürlich über jede Erläuterung von euch. Ansonsten meinen Glückwunsch zu den letzten Erfolgen. Nur weiter so...!!
Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg und viel Glück bei euren Feindfahrten...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Werter Hohenlohe !
Beförderungen wie Auszeichnungen sind an eine Tonnageschwelle gekoppelt, bei deren Überschreiten die entsprechende Konsequenz getriggert wird, wie es auf neudeutsch wohl heißt. In diesem Fall also die Beförderung zum Oberleutnant nach dem Erreichen des Schwellenwertes von 150.000 BRT, die aber hier nicht greift, weil wir aus historischer Pingeligkeit bereits als Oberleutnant angefangen haben (Des Kaisers Boote kann man keinem Leutnant zur See überlassen, Schickimicki kann die Kriegsmarine machen !).
Das mit den Beförderungen leuchtet uns nun ein. Ein Glück, dass ihr Alter Ego kein Torpedoboot kommandiert, sondern ein kaiserliches U-Boot. Nur schade, dass es keine Screenshots vom Spiel gibt.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Ja, das mit den Screenshots ist schade, aber das Spiel ist recht zickig, was das Umschalten zwischen Tabs und ähnliches angeht ! Es läßt sich das zwar gefallen, aber kehrt man in das Programm zurück sind die Grenzen zwischen See und Land auf der Karte nicht mehr zu sehen, was dann eigentlich bedeutet, daß man die Mission abbrechen muß.
Dann haben wir diesen Bug also doch richtig erkannt. Wir dachten damals, wir hätten bei der Installation etwas falsch gemacht, aber in diesem Fall ist es wohl entweder WAD oder eher ein Bug...*seufz*
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Boot und Mannschaft waren soweit wieder bereit für die nächste Patrouille und so fand ich mich schließlich wieder einmal in Korvettenkapitän von Rahdens Schreibstube wieder. Er hatte die Beurteilungen bereits vorher erhalten und studiert.
'Wenn Sie die Meldungen verfolgt haben, wissen Sie, daß unsere Truppen im Osten letzte Woche Riga genommen haben und die Offensive gegen die russischen Streitkräfte weiterhin gut vorangeht. Diese Erfolge könnten den Sieg im Osten einleiten und haben uns in die Lage versetzt, eine größere Marineoperation in der Ostsee zu planen, die die entgültige Entscheidung im Seekrieg an der Ostfront bringen kann und die Ostsee unter unsere Kontrolle bringt. Deshalb werden viele Boote derzeit auf den russischen Nachschub im Osten angesetzt, die natürlich im Westen fehlen. Daher werden wir weitere Operationen im Kanal übernehmen, um den Druck auf die Royal Navy aufrecht zu erhalten.
Die Boote der Flotille haben verschiedene Ziele zugewiesen bekommen. Ihre Befehle sehen vor, daß Sie ihr Boot durch die Südsperre in den Ärmelkanal führen und Kurs auf die Isle of Wight nehmen. Dort angekommen sollen sie die Zufahrt zum Hafen Southhampton und zur Marinebasis Portsmouth verlegen, indem sie am Spithead die Solentmündung verminen. Die genauen Spezifikationen und Daten finden sie in den Unterlagen vor ihnen.' Er händigte mir die Mappe aus, die die entsprechenden Karten, Wettervorhersagen und andere Daten enthielt. 'Sobald sie dieses Minenfeld angelegt haben, werden sie ihr Hauptoperationsgebiet aufsuchen und vor dem Kap Hague die feindlichen Schiffahrtsrouten angreifen. Vernichten sie so viel feindlichen Schiffraum wie möglich.'
Die Unterlagen waren wie üblich nicht erschöpfend, aber ausnehmend gründlich und vollständig, um eine gute Vorbereitung zu gewähleisten. Ich blickte von der Karte und den Tabellen mit den vorausberechneten Gezeitenströmungen auf, als von Rahden sich erhob und mir die Hand reichte.
'Viel Erfolg, Oberleutnant !'
Am 10. September herrschte im Hafen Hochbetrieb. Alle Schwesterboote waren ebenfalls ausgerüstet worden und erwarteten den Zeitpunkt zum Losmachen. Drei der Torpedoboote machten sich ebenfalls bereit, um als Geleitschutz mit auszulaufen. Aber noch waren die Boote vertäut und wir vier Bootskommandanten standen auf dem Deck des Bootes von Kapitänleutnant Jaedicke und rauchten. Jaedicke würde auf Plymouth mit dem Kriegshafen Devonport operieren. Ich ja nun auf Portsmouth mit der dazugehörigen Marinebasis. Wir hatten damit wohl das härteste Brot zugeteilt bekommen. Oberleutnant von Müller war dafür vorgesehen, die Zufahrt des Marinehafens Brest anzugehen, auch wenn der Großteil der Atlantikflotte ja im Mittelmeer operierte, da die französische Küste von der Royal Navy mitgeschützt wurde. Oberleutnant Hansen hatte man auf auf den Seehafen von Le Havre angesetzt. Über eine Seekarte gebeugt besprachen wir Einsatzdetails und, wichtiger, Sperr- und Patrouillenzonen, damit wir uns nach dem Verminen der Zielzufahrten nicht im Kanal über den Haufen karrten. Die Operationsgebiete waren zwar festgelegt, aber nicht jeder von uns sah diese Vorgaben als das letzte Wort in diesen Dingen. Nun, wir würden sehen !
Als rangdienstältester Kommandant löste Kapitänleutnant Jaedicke die Versammlung auf, als alle Details geklärt waren und jeder von uns kehrte auf sein Boot zurück. Um 10 Uhr 50 wurden die Leinen gelöst und die Torpedoboote tuckerten bereits in Richtung Hafenausfahrt. Als das Boot klar war, sprangen die beiden schweren Diesel an und die vier Unterseeboote liefen hinter den beiden Torpedobooten aus dem Hafen, gefolgt von einem weiteren Torpedoboot als Schlußlicht. Zusammen mit Schulte und der ersten Seewache stand ich auf der Brücke und sah zu den anderen Booten hinüber. Jaedicke lehnte am Schanzkleid und unterhielt sich mit seinem Steuermann. Die Seewache auf Hansens Boot wurde von einem Deckoffizier befehligt, Seeoffiziere waren nicht zu sehen. Am Schluß der Formation erkannte ich Oberleutnant zur See Adolf Ruschdahl, den bulligen Wachoffizier auf UC-82, der mit dem Fernglas in Richtung Kimm spähte, wo irgendwo England auf uns wartete... Um 11 Uhr 15 entließen die Torpedoboote uns aus ihrem Geleit und nahmen wieder Kurs auf Helgoland. Wir fächerten die Formation auf und trennten uns wenig später, um jeder für sich die Minensperre zu durchbrechen unsere jeweiligen Ziele anzulaufen.
'Viel Erfolg und gute Jagd ! Jaedicke.'
Nach dem Blinkspruch und der Bestätigung durch die übrigen Boote verloren wir einander schnell aus den Augen. Um 17 Uhr 50 sichteten wir auf der Höhe von Borkum einen englischen Frachter.
Portsmouth könnte ein dicker Brocken werden. Hoffentlich verschluckt man sich nicht daran...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe, der Hoffnungsvolle...:top: *GUTE JAGD!!*
'Standardfrachter, 5300 Tonnen, schätze ich.' Schulte setzte das Doppelglas ab und blätterte schnell durch das Schiffahrtsregister. 'Traut sich ziemlich weit raus, wenn ich das so sagen darf. Sollen wir ihm zeigen warum das eine schlechte Idee ist, Herr Oberleutnant ?'
"Unbedingt ! Schauen wir mal, wie kämpferisch die Mannschaft drüben eingestellt ist."
Aber die Feindfahrt sollte vielversprechend beginnen. In der Tat folgte der Frachter dem Befehl, die Maschinen zu stoppen unverzüglich ! Schulte und Schröder ruderten mit einem kleinen Kommando hinüber, während ich auf dem Boot blieb und den Vorgang zusammen mit Marek gespannt beobachtete. Die Besatzung des Deckgeschützes hatte das Schiff bereits anvisiert. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis sie zum Boot zurückkamen, während drüben die Besatzung in die Boote ging. Der Frachter hatte laut den Schiffspapieren Baumwolle und Stoffe für die britische Textilindustrie geladen, was laut meines Verständnisses ausreichte, um das Schiff zu versenken. Trotz der brennbaren Ladung benötigte der Frachter 26 Granaten, bis sich die Nordsee über dem Wrack schloß. Die Rauchfahne und der Gestank verbrannter Fasern blieben noch länger in der Luft. Bootsmannsmaat Braun ließ sich zu der These verleiten, die Briten würden immer unverfrorener, je länger es im Osten noch weiterginge.
'Wir sollten einfach zusehen, daß im Osten Schluß ist, wenn dann die ganzen Truppen und Boote in den Westen kommen, werden sie schon lernen, was 'ne Harke ist !'
Obgleich mich die Aussicht nervös machte, war ich geneigt, mich dieser Meinung anzuschließen. Solange die Amerikaner nicht ungehindert ihre Truppen landen konnten, hätten wir eine reale Chance, im Westen noch einmal entscheidend offensiv zu werden ! Dazu aber mußten die Russen endlich Frieden machen, wonach es trotz des Falls von Riga noch nicht aussah... besah man sich die Lage dort, war das aber wenig verwunderlich. Für einen Einsatz im Einigungskrieg war mein Vater ja damals noch zu jung gewesen, aber meine Großväter waren beide 1870 gegen Frankreich gezogen. Sie hatten berichtet, wie der Sieg von Sedan zu einer Art Umschwung führte, die die Gefangennahme des französischen Kaisers de facto nutzlos machte und den Franzosen einen neuen Elan gab, mit dem sie weiterkämpften. Nach dem Aufstand im Februar und der Abdankung des Zaren ging es wohl in Rußland derzeit genauso zu. Nur hielten die Russen länger durch als die Franzosen. Die interessante Frage, die den Krieg entscheidend beeinflussen würde war nun ganz klar... Würde es auch in Rußland zu einem wie auch immer gearteten Aufstand von Kommunarden einer beliebigen Couleur kommen, wie damals in Frankreich ? Oder würden sich die Reichstruppen den Sieg hart erkämpfen müssen, sobald die russische Armee sich wieder gefangen hatte ? Keiner wußte es !
Nach 26 Stunden Marsch erreichten wir die Kanalsperre. Zwar war von den Zerstörern noch nichts zu sehen, aber das kam noch. Zumindest die Kanalsperre wurde dicht patrouilliert, wie wir ja wußten, also stiegen alle Mann ins Boot ein und die Nordsee schloß sich kurz darauf über dem Boot. Wahränd die Freiwache sich die Zeit vertrieb, machte ich einige Notizen im Logbuch und zog mich danach zurück um einige private Gedanken zu Papier zu bringen.
Am 12. September um 4 Uhr 46 Minuten hatten wir die Sperre passiert und lüfteten nach fast acht Stunden unter Wasser erst einmal das Boot gründlich durch. Das Wetter kam uns soweit entgegen, aber man merkte, daß es wieder Richtung Herbst ging. Brückenwache war keine Freude. Wie immer gab es einen kurzen Moment der Ungewißheit, als die Elektromotoren verstummten. Würden die Diesel auch diesmal wieder anspringen ? Eigentlich mußte ich mir darum ja keine Sorgen machen, da eine erfahrene Maschinencrew vorhanden war, aber trotzdem war dieses irrationale 'Was-wäre-wenn ?' Denken nicht zu vertreiben. Es verschwand erst, als die Schiffsdiesel sich zu Wort meldeten und das Boot begann, wieder Fahrt aufzunehmen. Ein gewisses Gefühl der Unruhe blieb, wenn man bedachte, wohin wir unterwegs waren !
Um 9 Uhr 30 wurde die erste größere Schiffsilhouette gesichtet, die sich aber 'nur' als Tanker herausstellte. Ich war schwer versucht, den Burschen laufenzulassen, um die Royal Navy nicht unnötig auf unsere Anwesenheit zu stoßen, aber letztenendes ging es hier ja um eine Blockade der Insel, also wurde der Tanker angegriffen ! Zur Not würden wir halt in der Nähe abwarten müssen, bis sich der Trubel wieder etwas gelegt hatte. Auf 37 hm traf der Torpedo mitten ins Ziel und wenig später war wo vorher ein stattliches Schiff gewesen war nur noch ein großer Ölteppich und einige Wrackteile. Keine Zeichen von Überlebenden oder Rettungsbooten... Getaucht liefen wir ab um dann wieder auf Kurs zu gehen. Wieder gab es keine Anzeichen, daß irgendeine Art von Alarm ausgelöst worden war, zumindest bis ein bewaffneter Trawler sechs Stunden später unseren Weg kreuzte. Braun und seine Mannschaft nutzten die höhere Reichweite unseres Deckgeschützes aus, um den Trawler zu versenken.
Der Kontakt mit einem Frachter drei Stunden später brachte mich da in deutlich stärkere Verlegenheit ! Zwar wäre das Schiff ein einfaches Ziel, aber wir waren nur noch etwa 30 Minuten vom Zielgebiet entfernt und selbst wenn wir die Minen in 90 Minuten loswurden, lägen wir 2 Stunden lang auf dem Präsentierteller für jeden Marineflieger oder jedes Schiff der Royal Navy, das aus Portsmouth herauskam. Sollte der Frachter gar entkommen, wäre ganz klar die Hölle los. Aber wiederum setzte sich der Auftrag durch, Risiko hin oder her. Tatsächlich versuchte der Frachter zu fliehen, konnte aber der Reichweite des Deckgeschützes nicht mehr entkommen und versank bald darauf in den Fluten. Von jetzt ab half nur noch, die Daumen zu drücken und die Zufahrt schnell zu verminen. Persönlich hielt ich den Ausdruck 'verminen' bei einer Zuladung von gerade einmal 18 UC-Minen für, nun, gelinde gesagt etwas großkotzig, aber Kleinvieh machte halt auch Mist und die psychologische Wirkung wäre ebenso groß, wenn nicht größer als die reale.
So waren alle verfügbaren Augen auf die Kimm gerichtet als wir die vollen zwei Stunden langsam durch die Solentmündung kreuzten und unsere Fracht nach und nach abluden. Der Kurs war so gewählt, daß wir am Punkt der kürzesten Entfernung begannen und uns so kontinuierlich von der Marinebasis entfernten, in Richtung des festgelegten Patrouillengebiets vor Cotentin. Keine Stunde später hatten wir bereits erneut einen Frachter gestellt und die ersten Granaten verließen das Deckgeschütz.
'Zerstörer gesichtet, Peilung 46, schnell näherkommend, Herr Oberleutnant !'
Ich richtete das Doppelglas in die angegebene Richtung. Tatsächlich, das Kriegsschiff hielt mit Höchstgeschwindigkeitdirekt auf uns zu. ich versuchte abzuschätzen, ob die Zeit reichen würde, den Frachter zu versenken, aber es war wohl besser, das Boot nicht zu riskieren.
"ALARMTAUCHEN ! Deckgeschütz sichern und einsteigen, los, los, los !"
Als ich das Turmluk verriegelt hatte und in der Zentrale ankam, stürzten bereits mehrere Männer mit Zusatzgewichten an mir vorbei in Richtung Bug. Das Boot nahm Schräglage an und schoß in die Tiefe. Auf 50 m pendelte Schröder das Boot ein. Die Schraubengeräusche kamen schnell näher.
"2/3 Fahrt voraus, Ruder hart Backbord auf mein Zeichen !" zischte ich. Der Rudergänger nickte, aber auch er wirkte etwas blaß um die Nase. Die Lautstärke nahm stetig zu. Die ersten begannen mich fragend anzusehen aber ich schüttelte nur stumm den Kopf. Noch nicht. Zehn Sekunden vergingen. Fünfzehn. Noch nicht... Hausmann am Horchgerät wurde unruhig.
'Zerstörer fast über uns, Herr Oberleutnant !'
"Ruder hart Backbord, äußerste Fahrt voraus, Kurs 315 anlegen !"
'Wasserbomben !'
Das Boot wurde durchgeschüttelt als die ersten Detonationen zu hören waren...
Auweia, Wasserbomben, hoffentlich hält das Boot durch...!! Wir wünschen dazu viel Glück und viel Erfolg...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Mittwoch, 12. September 1917, Ärmelkanal
Obersteuermann Marek benutzte die kleine Tafel, um die Detonationen zu zählen. Marineingenieur Schröder sah nervös auf den Tiefenmesser. Die Nadel war immer noch auf 50 m, zitterte aber leicht in beide Richtungen. Die Werftgarantie hatten wir damit erreicht, weiter runter ging es nur auf eigene Gefahr. Etwa 10 Meter hatten wir noch Luft nach unten, danach war der Verlust des Bootes sehr wahrscheinlich. Mir war das bekannt, ebenso Schröder. Ob das bei Schulte ebenso war, wußte ich nicht. Bei den Deckoffizieren, die ja bereits erfahrene U-Bootfahrer waren, nahm ich es einfach an. Obwohl es effektive Wasserbomben ja noch nicht so lange gab, nahm ich ebenso an, daß Bremer und Marek bereits den einen oder anderen Wasserbombenangriff mitgemacht hatten. Ich hatte mit Brinkmann im Mittelmeer drei solcher Angriffe durchlebt, aber trotzdem war es eine Erfahrung, die man gerne missen wollte und die jedesmal die gesamte Beherrschung kostete, egal wie oft man das schon mitgemacht hatte ! Innerlich konnte ich nur hoffen, daß die Deckoffiziere und Unteroffiziere ihre Männer im Griff hatten... Nicht auszudenken, was passierte, wenn jetzt einer durchdrehte !
Aber zumindest in der Zentrale war die Haltung der Männer vorbildlich. Hausmann war weiß wie eine frisch gekalkte Wand, blieb aber auf seinem Posten und ging weiter seinen Aufgaben nach. Schröder war ebenfalls etwas blaß um die Nase. In seinen Augen waren Nervosität und wohl auch ein Maß an unterdrückter Panik zu erkennen. Schulte lief der Schweiß übers Gesicht und er mahlte unruhig mit den Kiefern, blieb aber sonst äußerlich ruhig. Es wäre bestimmt beruhigend für die Leute, wenn sie wüßten, daß mir genauso mulmig zumute war wie ihnen, aber das durfte ich nunmal nicht zeigen ! Brinkmann hatte damals gesagt, ein guter Kommandant inspiriere seine Männer durch sein Vorbild. Egal wie die Lage war, egal wie er sich selber fühlte, für die Männer hatte er Selbstbewußtsein und Ruhe auszustrahlen, als wäre er völlig selbstverständlich immer und überall Herr der Lage. Leichter gesagt als getan, aber ich konnte mir vorstellen, was eine Nachlässigkeit in dieser Situation auslösen konnte... Also zwang ich mich, so ruhig es eben ging auf die Uhr zu sehen, während die verdammten Detonationen wieder näher kamen. Meine Stimme war ruhig und kontrolliert, das war gut. Ein Zittern wäre jetzt das letzte gewesen, was ich gebraucht hätte !
"Rudergänger, Kurs 225, 2/3 Geschwindigkeit."
Langsam wanderte der Zerstörer aus und wir gewannen Distanz. Ich ließ trotzdem noch einmal zacken und nach etwa 3 Stunden auf Sehrohrtiefe gehen. Schröder wirkte mehr als erleichtert, als ich das Sehrohr ausfuhr und wischte sich mit dem Taschentuch den Schweiß aus dem Gesicht. Der Effekt war unheimlich. So jung Schröder sonst wirkte, in diesem Moment war klar erkennbar, daß er eigentlich mein Alter hatte. Ich suchte die Oberfläche angestrengt nach Bewegungen ab, konnte aber nichts feststellen. Also tauchte UC-83 vorsichtig auf und wir lüfteten das Boot, während die erste Seewache aufzog. In der Deckung der Dunkelheit sollten wir in der Lage sein, weiter zum Zielgebiet fahren zu können. Die See war nicht spiegelglatt, aber nicht zu unruhig um aufgetaucht zu fahren. Die Diesel brachten uns wieder auf Marschfahrt und bald waren wir wieder auf dem Weg nach Cotentin.
ich schlief in der Nacht gut, so daß es mich etwas verwunderte, als Oberleutnant Schulte am nächsten Morgen beim Frühstück erwähnte, in der Nacht einen englischen Frachter versenkt zu haben, womit unsere bisherige Feindfahrttonnage bei etwa 26.000 Tonnen läge. Dafür hatten wir aber auch nur noch 52 Artilleriegranaten an Bord. Zusammen mit den verbliebenen sieben Torpedos war das an sich nicht schlecht, aber wir würden haushalten müssen. Um die Mittagszeit erreichten wir das Zielgebiet und kreuzten zunächst an der französischen Küste entlang, bevor wir das Suchmuster auf die küstenferneren Gewässer ausdehnten. Mit der Spitze des Cotentin würden wir aufpassen müssen, da wir dort bereits mehrere Male Minen verlegt hatten und andere Boote evtl. auch. Als gegen 16 Uhr 10 der erste Kontakt in Sicht kam, saß ich gerade mit Obersteuermann Marek zusammen und rechnete noch einmal den Betriebsstoffvorrat durch und besprach die weiteren Kurspläne. Gehring meldete einen Tanker in Peilung 314, genau zwischen uns und der englischen Küste. Entferung etwa 98 hm, 8 Knoten Geschwindigkeit. Die Nationalität war auf diese Entfernung nicht festzustellen. Marek berechnete einen Abfangkurs und die Diesel beschleunigten das Boot von 9 auf 11 1/2 Knoten.
'Zerstörer achteraus, Herr Oberleutnant ! Peilung 64. Entfernung etwa 120 hm, auswandernd.'
Verdammt, ausgerechnet jetzt ! Wenn der Zerstörer uns sichtete, würde es kritisch werden, denn gegen seine 36 Knoten konnten wir nicht viel machen. Andererseits würden wir ihn bald aus der Sicht verlieren, denn im Moment machte er vielleicht 7 oder 8 Knoten, also ebenfalls Marschgeschwindigkeit. Andererserits würde sicherheitshalber abzutauchen auch bedeuten, daß wir mit dem Tanker nicht würden Schritt halten können, denn unter Wasser machten wir höchstens 7 Knoten. Wenn der Tanker auch noch FT hatte, würde es möglicherweise richtig häßlich werden ! Was tun ? Brinkmann hatte mir beigebracht, meinen Instinkten zu folgen, und meine Instinkte waren in diesem Fall klar bei meinem Vater, der in dieser Situation gar nicht lang gefackelt hätte, wie es sein Selbstverständnis als Kavallerist forderte. Kavallerie verpißt sich nicht, hätte er gesagt (natürlich nur in geschlossener Runde, wenn keine Frauen anwesend waren, in Gegenwart von Damen hätte er sich so nicht ausgedrückt), Kavallerie greift an !
Also würde ich es genauso halten. Interessanterweise waren die Einsatztaktiken von Unterseebooten und leichter Kavallerie doch nicht so verschieden, wie man mitunter denken mochte ! Der Erfolg gab uns recht: Der Zerstörer verschwand recht bald wieder hinter der Kimm, aber ich würde mich hüten, ihn deshalb zu vergessen ! Aus dem Auge, aus dem Sinn galt hier draußen nunmal nicht. Schon waren wir dicht genug, um die Flagge des Tankers zumindest erahnen zu können. Ein Amerikaner ! Wir setzten uns vor den Tanker und ließen ihn getaucht mitten in das Fadenkreuz laufen. Der Torpedo zerriß den Tanker und ließ ihn schnell in den Fluten verschwinden. Erneut gab es keine Zeichen von Überlebenden... Das Feuer und die Rauchfahne waren weithin zu sehen, so liefen wir schnell ab. Keine sieben Minuten später sichtete die Seewache einen Handelskreuzer, der mit einer beachtlichen Bugwelle durch die Wellen schnitt und mit mindestens 30 Knoten auf die Versenkungsstelle zuhielt. Ob sie uns schon gesehen hatten ?
"Alles in den Keller ! Sehrohrtiefe !"
Die Entfernung schrumpfte schnell. marek manövrierte das Boot auf eine Anfangposition. Solange der Kreuzer nicht den Kurs änderte, würde er direkt in die Falle laufen. Auf 35 hm ließ ich den Torpedo abfeuern, der seinem Ziel mit 31 kn entgegenschoß. Eigentlich mochte ich Torpedoschüsse aus diesen Entfernungen nicht, aber hier mußte es eben sein. Viel dichter wollte ich den Handelskreuzer nicht bei mir haben, die Gefahr, daß unser Sehrohr gesichtet wurde, war mir zu groß !
Drei Minuten waren um, eine hatte der Torpedo noch zu laufen. Würde die Besatzung drüben uns entdecken ? Oder den Kurs ändern ? Oder würde der Torpedo treffen und zünden wie geplant und den Kreuzer zerstören ?
Noch 30 Sekunden.
Noch 25...
20...
10...
Das ist ja der reinste Cliffhanger...!! Ausgerechnet, wenn man einen Treffer erwartet, endet die Story...:uhoh: Wir hoffen auf eine erfolgreiche Versenkung des Handelskreuzers...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe, der Mitfiebernde...:top: *GUTE JAGD!!*
Ein kurzer Seitenblick zu Schulte, der fünf Finger hochhielt.
Dann vier.
Dann nur noch drei...
Ich sah wieder durch das Periskop und zählte für mich die letzten Sekunden herunter. Einundzwanzig... Zweiundzwanzig...
Die Mitte des Kreuzers wurde förmlich aus dem Wasser herausgehoben und verschwand in der Wassersäule bevor der Schiffskörper wieder ins Wasser zurücksank und das Schiff langsam in zwei Teilen zu sinken begann. Offenbar hatten wir ihm den Kiel gebrochen ! Kleinere Detonationen im Schiffsinneren begleiteten die langsam einsetzenden Sinkgeräusche Während wir abliefen sah ich ein paar Boote von der Bootswand abfieren und Kurs in Richtung Küste setzen. Wenigstens etwas ! An der britischen Küste wurde es allerdings allmählich zu heiß, daher schlichen wir wieder zurück in Richtung Frankreich, wo es hoffentlich etwas ruhiger zuging, was die Bewachung anging und die Handelsrouten trotz der Angriffe weiterhin belebt blieben. Obwohl uns am 13.9. noch ein Tanker und ein weiterer Handelskreuzer über den Weg liefen, waren diese entweder zu schnell oder zu weit weg. Trotzdem hatten wir auf den Schiffahrtsrouten in 4 Tagen bereits sieben Schiffe mit ungefähr 42.000 Tonnen versenkt, was an sich ja bereits eine beachtliche Leistung war. Von Rahden würde bestimmt entzückt sein, auch wenn er im Moment meine geringste Sorge war. Immerhin mußten wir erstmal heil wieder zurück und nach den bisher sehr reibungslos abgelaufenen Patrouillen war die erste Wasserbombenattacke ein guter Grund die bisherige Glückssträhne zu überdenken. Kurz kam mir der Gedanke, daß wir vielleicht jetzt unser Glück aufgebraucht hatten, von dem wir die ersten Feindfahrten gezehrt hatten, und es von jetzt ab etwas härter und gefährlicher werden würde. Diesen Gedanken schob ich schnell wieder beiseite. Besser, nicht an sowas zu denken !
Schröder meldete die Schäden des Wasserbombenangriffs als ich gerade auf der Brücke rauchte.
'Alles in allem hat der Angriff das Boot zwar ziemlich umhergeworfen, aber die wirklichen Schäden sind minimal. Ein paar Rohre und Anzeigen haben was abbekommen und einer meiner Männer ist leicht verletzt, aber der Druckkörper ist, soweit ich das sagen kann, vollständig intakt und die See- und Tauchklarheit des Bootes ist nicht beeinträchtigt. Zwei Batteriezellen sind aus den Fassungen gerissen, aber das kriegen wir mit Bordmitteln wieder hin. Alles andere... Ich bin nicht sicher ob das schon von den Wasserbomben oder noch von der Tauchtiefe gekommen ist. In jedem Fall war das eine äußerst knappe Kiste vorhin.' Ich nickte.
"Sehr gut, vielen Dank, Herr Schröder ! Ich wollte ihnen außerdem noch meine Anerkennung für ihre Haltung unter Feuer und ihre bisherigen Leistungen aussprechen. Machen sie weiter so !"
'Danke, Herr Oberleutnant.' Der Ingenieur salutierte und verschwand kurz darauf wieder in den Tiefen des Bootes. Ich war nicht sicher, wie er mein Lob aufgenommen hatte.
Um 15 Uhr 30 rauschte das Boot wieder in die Tiefe, um der Entdeckung durch einen amerikanischen Zerstörer zu entgehen, der im Kanal patrouillierte. Da er näher herangekommen war, entschloß ich mich, ihn anzugreifen. Bei den Briten mochte das riskant sein, aber die hatten schon einiges an Übung und Erfahrung. Bei den Amerikanern rechnete ich mir aus, daß sie etwas grüner sein mußten und deshalb nicht so gute Reaktionen besaßen. Sieben Minuten später lief der erste Torpedo auf den Zerstörer zu. Ich verfolgte den Kurs des Schiffes und sah, wie sich das Schiff langsam aus der Schußbahn zu drehen begann. Langsamer... langsamer...
'Laufzeit ist um, Herr Oberleutnant !'
Vorbei ! Es kam, wie ich befürchtet hatte, wir mußten näher ran... Fünf Minuten später waren es nur noch 25 hm, und ich befahl, den zweiten Torpedo auszulösen, der dem Zerstörer drei Minuten danach zum Verhängnis wurde. Auch hier kochte die Explosion die Wasserbomben am Heck und die Munition und den Betriebsstoff im Innern des Schiffes ab. Keins von den armen Schweinen da drin war noch herausgekommen. Da uns langsam die Munition auszugehen begann, ordnete ich den Rückmarsch in Richtung Kanalsperre an. In den folgenden zwei Tagen vernichteten wir ein Kohlenschiff mit Kurs auf Southampton und einen bewaffneten Trawler, der den Fehler machte, uns des Nachts zu begegnen.
Am 18. September um 8 Uhr 25 tauchten wir auf der 'richtigen' Seite der Kanalsperre wieder auf und nahmen Kurs auf Helgoland, der holländischen Küste folgend. Einen Frachter, der uns noch begegnete mußten wir laufen lassen, da er uns bald entdeckte und mit Höchstgeschwindigkeit floh, ansonsten verlief der Tag mitsamt der folgenden Nacht ereignislos. Um kurz vor 5 Uhr morgens wurde ich von einem agitierten Oberleutnant Schulte geweckt. Ein Kontakt also. Als ich das Glas auf den Umriß richtete, wurde mir schlagartig klar, was Schulte so empört hatte. Ein Blick auf die Karte verschaffte mir Gewißheit.
Ich sah einer Berberis-Sloop bei ihrer Patrouille auf der Höhe von Borkum zu, keine sechs Stunden von Helgoland entfernt !
Waren die meisten der Entscheidungen auf dieser Feindfahrt noch mit einem Minimum an Gedanken getroffen worden, war hier der Entschluß von vornherein klar:
"So eine Frechheit ! Maschinen äußerste Kraft voraus, die werden wir Mores lehren ! Haben wir einen Abfangkurs, Herr Marek ?"
Zum Glück war der Kreuzer nur mit 4 Knoten unterwegs, sodaß wir getaucht operierten, aber trotzdem dauerte es eine halbe Stunde, die Sloop soweit zurechtzulegen, daß der Torpedo gute Trefferchancen besaß. Kurz darauf endete die Patrouille des Engländers in einer Detonation. Ich beobachtete das Treiben eine Weile und hätte den Hut gezogen, wenn ich einen dabei gehabt hätte. Die Seelords wollten doch tatsächlich in ihren Rettungsbooten in Richtung England steuern, zumindest sah es so aus ! Aber damit hatten wir nichts mehr zu schaffen. Mir blieb nur, ihnen im Stillen viel Glück zu wünschen und den Heimatkurs wieder anlegen zu lassen. Um 11 Uhr 15, etwas über 9 Tage, nachdem wir ausgelaufen waren, kehrte UC-83 an die Mole zurück. Von den anderen Booten war nichts zu sehen, vermutlich waren sie also noch draußen. Auch die Besatzung des Schnellbootes konnte, was das anging, keine Auskünfte geben. Ein Empfangskomittee gab es dieses Mal nicht. Ob das mit dem Sonder-FT zusammenhing, das ich geschickt hatte ? Möglich, das mochte von Rahden eine Weile beschäftigen. So übergaben wir das Boot und harrten der Dinge, die da kommen würden. Besonders ich tat das, hatte ich doch ein paar Dinge angestoßen, von denen ich hoffte, daß man sie bewilligen würde...
Wir gratulieren zu der letztendlich äusserst erfolgreichen Feindfahrt und sind gespannt was an Lob auf euch zukommt...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND VIELE ERFOLGE!!*
Werter DerGraf,
habt vielen Dank für Euren hervorragenden AAR! Unsere Stimme für den AAR des Monats habt Ihr auf jeden Fall! :top:
Sonntag, 23. September 1917
https://www.youtube.com/watch?v=IaOg9ryniG4&list=PLDE40A2CDB142BFE6&index=150
Korvettenkapitän von Rahden hatte die im Raum stehende Drohung wahrgemacht und so fanden wir uns am Sonntag im besten Anzug auf dem Exerzierplatz der Matrosendivision wieder. Diese war ebenso angetreten wie die Torpedobootmänner, die Marineflieger und die Besatzungen der anderen Boote, sofern sie in der Zwischenzeit zurückgekommen waren. Ähnlich wie ich und Oberleutnant Schulte standen auch Oberleutnant Hansen und Oberleutnant von Müller mit ihren Wachoffizieren und knapp dahinter den Ingenieuroffizieren vor ihren Mannschaften. Sogar eine Militärkapelle hatte jemand aufgetrieben ! Soweit ich gehört hatte, waren die anderen Boote auch soweit erfolgreich gewesen. Nur Jaedicke war nach fast zwei Wochen immer noch draußen. Aber viel mehr als ihm viel Glück zu wünschen konnten wir nicht tun ! Aber statt uns darum Gedanken machen zu können, waren wir jetzt hier versammelt um an diesem dienstlichen Beisammensein geselliger Art (oder war es andersrum ?) teilzunehmen. Wahrscheinlich würde es heute einiges an Auszeichnungen und Belobigungen geben, das war leicht abzulesen, auch wenn der Aufwand auch für von Rahden ein bißchen groß war. Zumindest dachte ich das, bis ich die kleine Gruppe von Offizieren sah, die den Platz betrat. Einige der Offiziere kannte ich tatsächlich nicht, auch wenn ich Grau und von Rahden ausmachen konnte, waren sie doch nicht an der Spitze der Entourage. Das hatten sie einem älteren Herren überlassen, von dem ich zwar so schon durch Publikationen gehört hatte, aber dem ich bisher nicht persönlich begegnet war. Was ich aus der Entfernung ausmachen konnte, bestätigte meinen Verdacht: Geflochtene Schulterstücke mit Stern, breite Tresse und zwei mittelbreite Ärmelstreifen... Auf Helgoland gab es nur einen Mann dieses Ranges. Es handelte sich also zweifelsfrei um unseren Inselkommandanten, Vizeadmiral Leo Jacobson. Aus irgendeinem Grund machte mich die Anwesenheit dieses Mannes nervös. Ich hatte nichts gegen Admirale, aber ich hatte auch bisher eigentlich nie mit einem zu tun gehabt. Der Vizeadmiral wirkte jedenfalls wie einer der alten Schule, also war bestes Verhalten und hohe Disziplin ratsam ! In der Entourage entdeckte ich einen weiteren Offizier, der nicht wegen seines Aussehens meine Aufmerksamkeit erregte, sondern weil er eine Photokamera trug. Was war hier los ?
Nach dem obligatorischen militärischen Protokoll kam der eigentliche Grund für diese Versammlung zur Sprache. Wie ich es mir gedacht hatte, ging es vor allem um Auszeichnungen und Belobigungen. Nun, besser als schmissige Reden oder als Selbstzweck, um Neuzugänge zu beeindrucken ! Der Ablauf war schnell zu erkennen. Grau trug die Auszeichnungen, von Rahden reichte sie an den Vizeadmiral weiter, der sie den Männern verlieh. Oberleutnant Hansen bekam das EK I verliehen, ebenso Oberleutnant Ruschdahl. Dann näherte sich die Kavalkade unserer Formation. Als mein Name fiel, trat ich drei Schritte vor und meldete dem Admiral.
"Oberleutnant zur See Graf von Eskens-Kalpenbach, Sie haben in den vergangenen Feindfahrten ihre Tapferkeit sowie die Bereitschaft zum Dienst weit über die Pflichterfüllung hinaus stetig unter Beweis gestellt ! Dafür und für ihre herausragenden Leistungen, die sie mit der Versenkung von 230.000 Tonnen feindlichen Schiffraumes eindrucksvoll bewiesen haben, zeichne ich Sie heute stellvertretend für Seine Majestät Wilhelm II., von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser in seiner Funktion als Großadmiral und Chef der Deutschen Marine, mit dem Ritterkreuz des königlichen Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern aus.'
Ich verblieb in meiner Habacht-Stellung, während der besagte Orden dem Vizeadmiral vom Korvettenkapitän gereicht wurde und dieser ihn mir ansteckte. Dann wiederholte sich die Prozedur noch einmal.
'Ebenso hat die Freie und Hansestadt Hamburg beschlossen, ihnen aufgrund ihrer bisherigen Leistungen das Hanseatenkreuz der Stadt zu verleihen.'
Er reichte mir die Hand. ich schlug ein.
'Die Kaiserliche Marine und ihr Land sind stolz auf sie, Oberleutnant ! Machen sie weiter so, das Reich braucht Männer wie sie. Helden und Vorbilder für die nächsten Generationen von Marineangehörigen !'
"Vielen Dank, Exzellenz ! Ich werde das in mich gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen !"
Der Vizeadmiral nickte und der junge Offizier machte einige Photographien, dann war ich entlassen und konnte wieder an meinen Platz in der Formation zurücktreten. Das war nicht wirklich die schlagfertigste Antwort gewesen, zugegeben, aber wie oft hat man es mit einem Admiral zu tun, der nicht nur vor einem steht, sondern auch noch das Wort an einen richtet ? Ich war etwas eingeschüchtert gewesen. Im Anschluß ärgerte ich mich natürlich über mein unnötiges Gefloskel. Nach mir wurden noch die Mitglieder der Mannschaft bedacht, die ich von Rahden zusammen mit den Beurteilungen vorgeschlagen hatte. Das Eiserne Kreuz 1. Klasse wurde an Oberleutnant Schulte, Obermaschinist Bremer und Obersteuermann Marek verliehen. Mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse wurden ausgezeichnet: Oberbootsmannsmaat Braun, die Matrosen Gehring, Hausmann und Vogel sowie der Marineingenieur Schröder, dem gleichzeitig noch eine bevorzugte Beförderung zum Marineoberingenieur zuteil wurde. Einige weitere Auszeichnungen und Beförderungen bekamen auch die Marineflieger. Am Ende gibt es eine kurze Rede, dann wird ein dreifaches 'Hurra' auf die Helden des Tages ausgebracht und schließlich verschwinden die verschiedenen Gruppen wieder in ihren Reichen, als die Veranstaltung aufgelöst wurde.
Im Offiziersheim gab es danach noch eine kleine Feier, bei der die neuen Inhaber der verschiedenen Auszeichnungen sich noch eine Weile angeregt über den Vizeadmiral und die generelle Lage unterhalten. Was das angeht waren eben auch Offiziere nicht viel besser als Klatschweiber, zumindest unter sich. Auch ich wurde einen guten Teil meines Einkommens an diesem Tag los, weniger wegen der Anzahl der Orden, die ich bekommen hatte als vielmehr weil so ein 'Leutnants-Pour-le-Merite' nicht alle Tage verliehen wurde und als etwas ganz besonderes natürlich auch entsprechend gewürdigt werden mußte. So waren wir alle schon ganz gut in Fahrt. Auch der Photograph von vorhin war erschienen. Larsen, so der Name des Leutnants zur See, war Kriegsberichterstatter. Noch nicht so oft bei der Truppe, hatte er aber angeblich bereits einiges an Eskapaden durch. Schenkte man seinen bierseligen Worten Glauben, war er eigentlich schon mit fast allem, was die Marine so zu bieten hatte unterwegs gewesen. Große Einheiten, kleine Einheiten, kleinste Einheiten... Marineflieger, Zeppeline.
"Auch Unterseeboote, Herr Larsen ?" Wollte ich wissen. Er grinste wie ein Kind, das ganz allein in der Spielzeugabteilung eines großen Kaufhauses stand. 'Die fehlen mir tatsächlich noch in meiner Sammlung, hö-hö-hicks ! Wissen sie ein gutes Boot, Herr Oberleutnant ? Darf aber nicht zu stark schlingern oder krängen, ich werde doch so schnell seekrank !' Er lachte, aber ich war nicht sicher, wie ernst ich diesen Kommentar zu nehmen hatte. Da hakte allerdings schon Oberleutnant Ruschdahl von irgendwo hinter mir ein. 'Da reden sie genau mit dem Richtigen ! Wenn einer hier ein glückhaftes Boot hat, dann ist das der Oberleutnant hier !' Er schlug mir unerwartet hart auf die Schulter, während ich noch versuchte zu ergründen, wie er das über den halben Raum überhaupt mitbekommen hatte...
'Wenn sie was erleben wollen, fahren sie mit ihm.' Larsen stellte das Bier ab und nahm auf seinem Stuhl so etwas wie Haltung an, beziehungsweise, was ihm die Umstände in diese Richtung erlaubten. 'Herr Oberleutnant... Bitte um Erlaubnis sie bei Gelegenheit mal auf Feindfahrt begleiten zu dürfen !' Ich sah mich kurz hilfesuchend um. Schulte saß an einem der Tische an der anderen Seite des Raumes, wo er mit Oberleutnant von Müller, Oberleutnant von Wiedau (dem Wachoffizier von Hansens Boot) und zwei Marinefliegern irgendetwas lebhaft diskutierte. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten ! Schröder war nicht mehr da, wie üblich, und so mußte ich allein mit Larsen fertigwerden...
Die Tür flog auf. Ein Leutnant stürzte herein. Ich glaubte, ihn schonmal an Bord eines der Divisionstorpedoboote gesehen zu haben, aber ich mochte mich täuschen. Er rief etwas, aber ich verstand es nicht. Eine Gruppe Offiziere bildete sich um ihn. Oberleutnant von Müller übertönte schließlich alles im Saal.
'JAEDICKE LÄUFT JEDEN MOMENT EIN !'
Das gab ein großes Hallo und so machten sich einige Offiziere, darunter auch Larsen und ich, auf den Weg zur Mole, um den Kapitänleutnant willkommenzuheißen. Einer, ich wußte nicht genau wer, nahm eine bislang aus welchen Gründen auch immer von der durstigen Meute verschonte Flasche Sekt mit, nur für alle Fälle ! Gutgelaunt, aber noch erstaunlich diszipliniert zogen wir unseres Weges, vorbei an Quartieren und Lagern. An der Mole angekommen, zeichnete sich schon bald der Umriß des Eskorttorpedobootes ab, daß allerdings mit dem Boot dicht hinter sich erstaunlich wenig Fahrt machte. Als das seltsame Gespann näherkam, wurde klar, warum... Das Torpedoboot zog das unangenehm tief im Wasser liegende Unterseeboot hinter sich her. Das Periskop fehlte, der Turm war auf der Steuerbordseite eingedrückt und die Hälfte des Schanzkleides war abgerissen, ein Loch auf dem Vorderdeck zeugte von der ehemaligen Position des Deckgeschützes. Jetzt war auf dem Rest des Turmes auch eine Gestalt zu erkennen, deren weiße Kopfbedeckung sich als Verband entpuppte.
'AUS DEM WEG ! WEG DA, SAGE ICH !'
Eine Gruppe Männer, Sanitäter wohl, drängelten sich grob an uns vorbei und begannen, zusammen mit den Männern des Torpedobootes beim Ausladen zu helfen. Stück für Stück holten sie die Männer aus dem Boot, während wir nichts tun konnten, als fassungslos danebenzustehen. Jaedicke wurde auf einer Trage eilig vorbeigetragen. Bewußtlos, sein Gesicht eingefallen und beinahe kalkweiß, aber er schien zu atmen, wenn auch nur flach. Die nächste Trage, ein Mann mit bandagierten Gesicht und Oberkörper, er stöhnte nur leise vor sich hin. Danach ein Matrose von vielleicht 19 Jahren, er schien in einem Dämmerzustand zu sein und sah mit glasigen Augen direkt durch uns hindurch. Was auch immer da draußen geschehen war, es hatte dem Jungen beide Arme abgerissen. Zwei weitere hatten anscheinend schwere Verbrennungen. Danach brauchte man sieben Mann an, die nie wieder Hilfe brauchen würden, allen voran den Wachoffizier. Auch hier gab es grauenhafte Wunden und Verbrennungen. Hinter mir übergab sich jemand, aber ich wollte nicht wissen, wer. Auch ich spürte angesichts des Gemetzels ein Würgen im Hals. Die Gehfähigen waren teilweise ebenfalls verwundet. Den Schluß bildete der Mann vom Turm. Trotz des weißen Kopfverbandes, der auch das linke Auge bedeckte, erkannte ich Petermann, den Ingenieuroffizier. Er wankte auf uns zu. Auch sein Blick wirkte glasig, klärte sich aber kurz, als er einige von uns erkannte. Er steuerte direkt auf Oberleutnant Hansen zu und entwand ihm mit einer plötzlichen Bewegung die Sektflasche, der er umgehend den Hals brach. Den Inhalt stürzte er herunter wie ein Verdurstender. Dann warf er die Flasche weg und sackte gegen die Kaimauer. Beschämt schlichen wir fort, wie Schuljungen, die bei einem dummen Streich erwischt worden waren. Petermann blieb zurück. Ich glaubte, ihn leise schluchzen zu hören.
Nach Feiern war keinem einzigen von uns mehr zumute.
Werter Graf, ihr versteht es wirklich eine Geschichte zu erzählen. Erst eine Reihe wohlverdienter Auszeichnungen und dann der Schock eines demolierten Bootes ansichtig zu werden. D.h. die Tommies sind vermehrt auf der Hut.
Wir haben noch bei unseren Eltern ein Buch im Regal stehen über den U-Boot-Krieg im ersten Weltkrieg. Damals setzten die Tommies sogenannte Q-Schiffe ein, sprich: schwerbewaffnete umgebaute Frachtschiffe, die als U-Bootfallen dienten. Dadurch waren Überwasserangriffe von U-Booten sehr gefährlich. Es scheint so, als wäre der gute Jaedicke einem solchen Boot in die Hände gefallen.
So etwas wünschen wir dem Grafen natürlich nicht.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Zwei Wochen später waren die Nachwirkungen immer noch zu spüren gewesen und die eintreffenden Nachrichten hatten es nicht wirklich besser gemacht. Zwei weitere Männer von Jaedickes Besatzung waren in der Zwischenzeit noch gestorben. Einer hatte eine Infektion bekommen und war dieser nach längerem Siechtum erlegen, der Mann ohne Arme war recht gut genesen, hatte sich dann aber, als die Wachsamkeit der Lazarettangehörigen nachließ, umgebracht. Petermann ging es inzwischen besser, aber mit den Nerven herunter war er immer noch. Die Ärzte hatten ihn vorerst als 'Garnisonsverwendungsfähig - Feld' eingestuft, und so hatte Korvettenkapitän von Rahden ihn erst einmal in der Werftdivision untergebracht, wo sein Fachwissen bei der Instandsetzung und -haltung der verbliebenen Boote zum Einsatz kommen konnte. Was sonst von der Mannschaft übrig war und nicht mehr im Lazarett lag, hatte leichten Dienst bekommen, bis sich klärte, was mit den Männern passieren würde. Kapitänleutnant Jaedicke hatte seine Verletzungen überlebt und war auf dem Weg der Besserung. Die Nachricht, daß er seinen linken Arm verloren hatte, hatte er gefaßt aufgenommen. Vermutlich würde er entlassen werden oder einen Posten an Land bekommen, vielleicht in der Militärjustiz oder auf irgendeiner Schreibstube ? Für ihn war der Seekrieg jedenfalls vorbei, wenn nichts unvorhergesehenes mehr geschah.
Auch unsere Laune war gedrückt. Nach den bisherigen erfolgreichen Feindfahrten hatten wir uns ziemlich sicher mit unseren Fachkenntnissen und Fähigkeiten gefühlt, aber das hatte nun einen herben Dämpfer erfahren. Vermutlich würde man ein Reserveboot heranziehen, ihm die Nummer des alten Bootes geben und die Mannschaft wieder auffüllen und mit einem neuen Kommandanten wieder rausjagen. An sich war das ja nur eine Frage der Zeit, immerhin wurde jedes Boot draußen gebraucht, aber die Seeoffiziere hofften, daß dies nicht der Anfang von etwas größerem war. Ein schlechtes Omen sozusagen ! Vor allem da sich der nächste Auslauftermin wieder näherte. Diesmal würden die Schwesterboote wieder getrennt auslaufen, und auch die anderen Boote der Flotille waren wieder bereit für den Einsatz. Am 26. Oktober sollte es wieder rausgehen. Diesmal mit einem Spezialauftrag !
Laut Korvettenkapitän von Rahden wurde in Schottland ein Konvoi zusammengestellt, der der Waffen und Nachschubgüter nach Murmansk bringen sollte, um die russische Armee in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Durch die Aktivitäten unserer Boote um England herum war aber davon auszugehen, daß nur wenige Begleitfahrzeuge verfügbar sein würden, wenn überhaupt. Diesen Konvoi, der überwiegend aus Frachtern und Tankern bestand, sollten wir um jeden Preis aufspüren, angreifen und, sofern möglich, vernichten ! Erst dann war unser Sekundärziel, die Durchfahrt zwischen Greater Yarmouth und den Norfolk Banks zu verminen und mit etwaigen noch übrigen Torpedos so viele Handelsschiffe wie möglich zu versenken. An sich also unkompliziert, sollte man denken, nicht ?
Am Freitag den 26. Oktober liefen wir aus. Hansen war schon vor zwei Tagen rausgefahren, von Müller sollte dann morgen auslaufen. Wir wünschten uns viel Glück und UC-83 verließ hinter dem Torpedoboot den Hafen. Ich hoffte, daß wir mehr Glück haben würden als Jaedicke auf seiner nicht nur im zeitlichen Hinblick letzten Fahrt ! Ich befahl volle Leistung aus den Dieseln zu holen, denn es galt, möglichst schnell an der Minensperre vorbeizukommen. Sie würde uns verlangsamen und dem Konvoi einen Vorsprung verschaffen, was vermieden werden mußte. Um 17 Uhr kam das erste FT.
0.8 W 56.8 N Kurs 62
Marek koppelte mit, während wir um die Karte standen. Er schob sich die Mütze in den Nacken und kratzte sich nachdenklich am Kinn, während er ein Kreuz in die Karte machte. Durch ihren Heimathafen in Schottland hatten die Briten natürlich einen gehörigen Vorteil ! Trotzdem mußten wir es versuchen und knüppelten mit allem, was das Boot aufzubieten hatte in Richtung Nordsperre. Um 22 Uhr 51 kam eine weitere Positionsmeldung und schließlich am 27. um 3 Uhr die dritte. Marek rief die Offiziere zusammen und präsetierte seine Berechnungen.
'Das Geleit befindet sich zur Zeit auf 1.0 O, 58.8 N mit Kurs 25.' Er markierte die Position auf der Karte und daneben unsere Position. 'Sie sind also bereits im Minenfeld und machen gut Fahrt. Im Moment sind sie damit etwa 187 Seemeilen entfernt und haben bei der momentanen Geschwindigkeit 17 Stunden Vorsprung.' Ich nickte. Das konnte nur ein bedeuten: Wir mußten dranbleiben ! Die Orkney-Lücke war zu weit entfernt, wenn wir sie benutzten, würden wir das Geleit verlieren, Fühlungshalter hin oder her ! Es gab nur eine Lösung, so wenig sie mir gefiel.
"Wenn wir das Geleit einholen wollen, müssen wir direkt durch das Minenfeld. Aufgetaucht. Mit voller Geschwindigkeit. Anders geht es nicht, meine Herren ! Es wird ein äußerst riskanter Durchbruch, aber es ist unsere einzige Möglichkeit. Denken sie, das Boot wird es schaffen ?" Ich blickte von einem Offizier zum anderen.
Schröder wischte sich fahrig über den Mund. Was er gerade gehört hatte, gefiel ihm nicht. Ebensowenig dem Obermaschinisten. Beide tauschten kurze, bedeutungsschwangere Blicke aus. 'Technisch machbar, Herr Oberleutnant, aber es würde außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen erfordern, um nicht blind auf eine Mine zu laufen.' Schulte nickte und fuhr fort. 'Doppelte Brückenposten, die besten Schützen mit Gewehren, Ich würde mich sogar dazu versteigen, das Fla-MG bemannen zu lassen. Bei fast 12 Knoten ist eine Mine schwer abzuschießen, zur Not müssen wir einfach die gesamte Wasseroberfläche abstreuen, um den Weg so nötig zu ebnen. 3000 Schuß Munition haben wir ja an Bord. Das wird uns zu einem Ziel für etwaige Patrouillenkräfte machen und unsere Fliegerabwehr schwächen, aber es wäre ein gangbarer Weg.' Die zugrundeliegende Überlegung war klar. Immerhin waren wir bislang noch keinen Fliegern begegnet, wenn die Glückssträhne anhielt, würde das so bleiben oder wir müßten etwas Munition zurückhalten...
"Gut, 2 Kästen Munition bhalten wir für etwaige Fliegerangriffe zurück. Der Rest steht zur Disposition. Stellen sie alles bereit, sobald wir den Rand des Feldes erreichen, wir werden nicht stoppen oder verlangsamen. Meine Herren, auf ihre Positionen ! Hals- und Beinbruch !"
Das Boot legte den neu berechneten Abfangkurs an und stampfte mit voller Kraft auf das Minenfeld zu. Oben machten sich die Männer bereit. Vogel und Gehring bezogen mit den Gewehren Position auf dem Vorderdeck. Ihre Sicherheitsleinen waren am Deckgeschütz festgemacht, sie hatten die wichtige Aufgabe, die Front des Bootes zu überwachen, die das MG nicht erreichen konnte, weil der Turm im Weg war. Bootsmannsmaat Braun hatte am MG Stellung bezogen. Hausmann und der Matrose Fleming waren seine Schützen II und III. Alle Schützen hatten den Befehl, selbstständig auf erkannte Minen zu feuern. Der Turm war vollgestopft mit Spähposten, und so blieb ich im Bootsinneren, wo ich mit Marek auf die nächste Fühlungsmeldung wartete. Ich war weiß Gott kein Mann, der jeden Tag in die Kirche ging, aber wenn das hier gutging, war ich mehr als bereit ein Votivbild oder ähnliches zu stiften ! Schließlich war ja auch bald Weihnachten, das ich eigentlich im Kreise der Familie feiern wollte, aber daran durfte man jetzt nicht denken !
Nach einer Weile belferte draußen das Maschinengewehr. Kurze, kontrollierte Feuerstöße. Dann eine Detonation Steuerbord und das Krängen des Bootes. Nummer eins ! Die Gewehre schwiegen noch, das war gut. Sie waren mein Hauptproblem gewesen, da ich mich auf die Schützen voll verlassen mußte. Aber von dort kam nichts und die Minuten tropften zäh dahin wie Honig. Um 9:37 traf das nächste FT ein.
'1.8 O, 59.9 N, Kurs 25, Herr Oberleutnant. Damit stehen sie mittig etwa auf der Höhe von Bergen zwischen Bergen und den Shetlands in den Ausläufern des Minenfeldes.' Wie zur Bestätigung nahm er mit dem Zirkel Maß. "Entfernung ?" wollte ich wissen.
Er rechnete kurz. 'Etwa 147 Seemeilen, Herr Oberleutnant. Damit sind sie noch etwa 12 1/2 Stunden vor uns.' Also hatten wir über die Nacht 4 1/2 Stunden aufgeholt ! So konnte es weitergehen. 'Wenn alles gutgeht, sollten wir sie bei Narvik oder spätestens am Nordkap eingeholt haben.' Das war immer noch deutlich zu dicht an Murmansk für meinen Geschmack, aber was half es ? Man mußte die Feste feiern wie sie fielen und da ich wußte, wohin es ging, hatte ich Winterausrüstung bunkern lassen. Das Polarmeer war für vieles bekannt, aber nicht für seine Nachsichtigkeit mit Seefahrern. Wenigstens hatten wir mit der Jahreszeit Glück und mußten nicht in völliger Polarnacht herauf. Schulte war in einem ruhigen Moment nachdem wir das Minenfeld passiert hatten, an mich herangetreten.
'Was halten Sie von einer Polartaufe für Teile der Mannschaft, Herr Oberleutnant ?' "Ich fürchte, das lassen die Umstände im Moment nicht zu, Herr Schulte ! Außerdem haben wir zu viele Frischlinge an Bord, es bliebe keiner mehr über, um den Ritus durchzuführen, oder etwa doch ?" 'So richtig, Herr Oberleutnant, also keine Veranstaltung dieser Art. Schade.' "Läßt sich nicht ändern. Beim nächsten Mal vielleicht !"
Um 17 Uhr befand sich der Konvoi etwa auf der Höhe Bergens. Marek meldete 109 Seemeilen, das machte einen Vorsprung von 9 1/4 Stunden. Das Wetter wurde stürmischer und auch das Nordmeer wurde deutlich ungemütlicher, man merkte, daß es in Richtung Polarkreis ging. Ich hatte extra zusätzliche Heißgetränke bunkern lassen und hoffte, daß diese, zusammen mit einigen Wärmflaschen, ausreichen würden. Trotzdem sah ich mich gezwungen, die Seewache zu verkürzen, damit die Männer sich keine Erfrierungen holten. Aber auch in unserer Röhre war es nur dick eingepackt auszuhalten. Ich fragte mich, wann wir die ersten Eiszapfen zu sehen bekommen würden...
Um 5 Minuten vor 11 Uhr abends kam das nächste FT. Anscheinend schlichen sie die norwegische Küste entlang. Sie hatten den Nordfjord passiert. Der Abstand betrug inzwischen nur noch 96 Seemeilen. Wir waren bis auf 8 Stunden heran ! ich leerte den Becher mit dem erschreckend schnell erkalteten Kaffee und rieb mir die kalten Finger. Das Deckgeschütz und das Schanzkleid waren bereits reich mit Eis dekoriert. Ich hoffte, die Torpedorohre würden es noch tun. Vor allen Dingen machte ich mir aber um das Turmluk Sorgen. Würden die Dichtungen dicht halten ? Würde es zufrieren, sollten wir zum Tauchen gezwungen werden ? Dinge um die man sich sonst keine Sorgen machen mußte !
28. Oktober 4 Uhr 20 Minuten. Marek meldete das letzte FT. 88 Seemeilen. Nur noch 7 1/2 Stunden. Das Jagdfieber wuchs, auch wenn es nicht half, die Kälte aus den Knochen zu bekommen ! Schröder fluchte über die Maschinenanlage und die verdammte Kälte, konnte aber die Probleme, die die Temperaturen zu machen begannen, wohl noch mit Bordmitteln beheben. Die Jagd ging also weiter !
Aber um 10 Uhr 39 hatte das Geleit wieder 14 km gutgemacht und sich auf 8 Stunden entfernt. Hatten wir sie schon im Minenfeld aufgeschreckt ? Oder wußten sie, daß sie verfolgt wurden ? Um 23 Uhr waren es wieder 9 Stunden Abstand, sie hatten weitere 12 km gewonnen und nahmen Fahrt auf. War das denn möglich ???
29. Oktober, Mittagszeit. Das FT meldete den Geleitzug auf Höhe Narvik nahe des Polarkreises. 114 Seemeilen trennten uns. 9 3/4 Stunden. Marek warf Zirkel und Bleistift auf die Karte.
'Es hat keinen Zweck, Herr Oberleutnant ! Wir kommen nicht mehr ran ! Wenn denen nicht bald noch ein paar Kessel hochgehen, wird es nichts mehr.' Ich blieb auf Kurs und wir drangen weiter in Richtung Polarmeer vor. Um 17 Uhr 36 war das Geleit jenseits des Polarkreises. Einerlei ! Ich konnte nicht aufgeben. Ich WOLLTE nicht aufgeben. Nicht jetzt ! Nicht hier !
Am Nachmittag des 1. November hatte UC-83 das Nordkap erreicht und war somit in die Ausläufer der Barentssee vorgedrungen. Die letzte Fühlungsmeldung vom Vortag hatte bestätigt, was ich nicht hatte wahrhaben wollen: Das Geleit hatte Murmansk erreicht. 11 Stunden hatten uns zuletzt getrennt. Ich hatte gehofft, sie sozusagen auf der Zielgeraden einholen zu können, aber es hatte nicht geklappt ! So stieg ich wieder in die Zentrale herunter und kratzte mir das Eis aus dem Bart. Alles was wir jetzt noch tun konnten, war versuchen, sie im Hafen anzugreifen. Darauf angesprochen war Schröders Meinung klar.
'Mit der richtigen Ausrüstung könnten wir wohl versuchen, an Murmansk heranzukommen, aber mit den Mitteln die wir haben ? Im Treibstoff flockt jetzt schon Paraffin aus, die Ersatz-Winterspezialmischung bringt es jedenfalls nicht. 'Er machte eine wegwerfende Handbewegung. 'Ich habe auf Helgoland den Treibstoff mit ein bißchen Benzin gestreckt, um den Gefrierpunkt zu senken, aber wenn wir zu lange hier oben bleiben, frieren auf kurz oder lang die Filter zu und der Diesel wird so zähflüssig, daß er nicht mehr angesaugt und verbrannt werden kann. Wenn das passiert, dann sitzen wir hier mit kurzem Hemd und Holzgewehr und keiner hat Geburtstag. Wenn wir auf Murmansk operieren, kann ich eine ordnungsgemäße Funktion der technischen Anlage nicht mehr garantieren.'
Das allein war an sich schon genug, den Ausschlag zu geben. Am Abend des 1. November 1917 trug ich den Beschluß zum Rückmarsch in das Logbuch ein. Wir ließen das Nordkap und die Barentssee hinter uns und setzten Kurs auf Great Yarmouth, für die wir ja noch ein paar Minen dabei hatten.
Würden wir dort mehr Glück haben ?
Damals war wohl kein deutsches U-Boot im Polarkreis einsatzfähig, daher auch gut nachvollziehbar. Aber wieder mal eine gute Story, werter Graf, danke...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
In der Tat, zumindest war es schwer vorstellbar, daß auf kurze Notiz mal eben so winterharter Diesel bereitgestellt werden konnte, zumal wir nicht sicher sind, ob es so etwas 1917 schon gab ! Aber ärgerlich war es doch, daß das Geleit uns entwischt ist. Wir haben testweise die Mission mit einem anderen Profil noch ein paar Mal gespielt, anscheinend ist es unmöglich, das Geleit auf dem Hinweg zu erwischen. Auf das Auflauern auf dem Rückweg haben wir dann verzichtet, weil das aus der Sicht eines Kommandanten ein Glücksspiel gewesen wäre.
Aber immerhin haben wir ja noch die Minen für Yarmouth und vielleicht noch ein paar Handelsschiffe auf dem Weg !
Ebenso freuen wir uns natürlich, daß ihr immer noch fleißig mitlest, was aber natürlich auch für die anderen, stummen oder nicht ganz so stummen Mitleser gilt !
Manche Missionen sind halt wohl falsch ausgelegt worden oder ihr solltet den Rückweg des Konvois abwarten...!! Ansonsten lesen wir gerne mit, da uns euer Schreibstil sehr zusagt...!! *freu*
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Ja, einige der Briefings sind durchaus mißverständlich formuliert, was ein Ärgernis ist.
Einer der Punkte, die wir in der Abschlußbesprechung nochmal aufs Tapet bringen wollen.
Trotz der glücklosen Konvoiverfolgung stieg die Laune an Bord, als es wieder in Richtung Heimat ging, oder zumindest in eine Richtung, wo die Temperaturen zwar auch kalt waren, aber nicht so erbärmlich eisig wie am Polarkreis ! Der Rückmarsch an der norwegischen Küste und durch die Nordsperre verlief mehr oder weniger reibungslos, wenn man vom zunehmenden Mangel an Kaffee und dem steten Fluchen Schröders über die Filter und die Qualität des Dieselkraftstoffs einmal absah. Einsam und verfroren schlich das Boot durch die See und bahnte sich den Weg durch die See, ungestört durch irgendeine Form von Schiffahrtsverkehr. So kam UC-83 am 6.11. gegen Abend am Zielgebiet an und begann, die Zufahrt mit einigen Überraschungen für die feindlichen Schiffe zu versehen. Nachdem uns dies Arbeit etwa 2 1/2 Stunden in Beschlag genommen hatte, lief das Boot die englische Küste hinauf, Kurs Farn Deeps und Schottland. Am frühen Morgen des 7. November erhielten wir schließlich die erhoffte Meldung !
'Kontakt Steuerbord achteraus, Herr Oberleutnant ! Peilung 155. Großes Schiff, könnte ein Tanker sein ! Etwa 100 hm entfernt.'
Ich grinste wölfisch und betrachtete unsere Pechsträhne damit offiziell als beendet. Marek ließ das Boot wenden und wir fuhren dem verdunkelten Tanker durch die Dunkelheit entgegen. Würden sie uns rechtzeitig entdecken ? 50 hm trennten uns und gingen durch. Keine Reaktion. 40 hm... nichts. Die Dunkelheit versteckte das Boot oder die Posten waren nicht so scharfäugig wie sonst. Uns konnte es nur recht sein ! 35 hm. Braun am Deckgeschütz visierte den Bug des Schiffs bereits grob an. Auf 32 hm gab ich den Feuerbefehl. Die Mündungsflamme machte die Nacht zum Tag und die erste Granate hieb kurz vor dem Bug ins Wasser. Aber diese Sprache konnte oder wollte der da drüben nicht verstehen.
'Tanker wechselt Kurs !'
"Feuer aufrecht erhalten !"
Die Mannschaft des Deckgeschützes verrichtete wieder einmal Schwerstarbeit unter der Anleitung ihres Geschützführers. Bald war das äußere Munitionslager leer und die Munition mußte vom Hauptlager unterhalb der Zentrale zum Geschütz geschafft werden. Drüben gingen die ersten endlich in die Boote. Fast 50 Granaten schluckte der Tanker, bevor er kenterte und langsam versank. Die Boote hatten es zum Glück noch weit genug weg geschafft und waren nicht im Ölteppich gefangen ! Um 1 Uhr 49 konnten wir die erste Versenkung für uns verbuchen. Die Flaute war beendet. Braun verlastete was ging in den Außenmunitionsbehälter und meldete den Restbestand als 89 Granaten. Nun gut, ich wußte ja, daß Tanker viel Geschosse zu schlucken pflegten, insofern nicht verwunderlich... Aber zumindest war meine Laune gerettet.
Den gesamten 8. 11. passierte nichts. Das Boot kreuzte vor der britischen Küste, aber kein Ziel zeigte sich. Ich nutzte den Tag für einige Trockenübungen, um zu sehen, wie die Barentssee der Substanz des Bootes zugesetzt hatte. Abgesehen von einigen unwichtigen Schäden hatte es keine Probleme gegeben und auch die Männer waren nicht eingerostet, das Probetauchen und ein paar Alarmdrills funktionierten tadellos. Als der Tag endete, drückte ich den Männern meine Zufriedenheit aus. So konnte es weitergehen ! Auch am 9.11. sichteten wir unser nächstes Opfer frühmorgens.
Um 2 Uhr 45 Minuten machte die Seewache ein kleineres Schiff zwischen unserem Kurs und der Küste ausfindig. Anscheinedn ein Frachter aus Aberdeen auf dem Weg nach Süden. 82 hm, direkt auf uns zukommend. Wieder bemerkten sie uns nicht, bis es zu spät war. Auf 39 hm eröffnete Bootsmannsmaat Braun das Feuer und feuerte 22 Granaten in das Schiff. Ob jemand in die Boote ging, konnte nicht beobachtete werden, aber ich fand es schlüssig, anzunehmen, daß die Mannschaft auf der abgewandten Seite das Schiff hatte verlassen können um zur Küste zu kommen. Auch dieses Schiff ging schließlich so den Weg allen Irdischen. Aber noch war die Patrouille nicht vorbei. Immerhin hatten wir noch alle 8 Torpedos und 67 Granaten an Bord. Dazu kamen noch etwa 800 Schuß für das Maschinengewehr. Die Betriebsstoffreserven waren auch noch beträchtlich. Alles in allem recht ordentlich. Interessanterweise fiel mir erst jetzt auf, daß wir unsere erste Versenkung tatsächlich am 13. Seetag gemacht hatten. Das mußte doch ein gutes Zeichen sein !
Inzwischen waren wir fast wieder zu dicht am Firth of Forth and gingen wieder auf Kurs Südost. Die Stimmung war gut, aber der Mangel an Heißgetränk machte sich langsam immer deutlicher bemerkbar. Ich hatte genug Ersatzkaffee bunkern lassen, hatte aber auch die Länge der Feindfahrt deutlich unterschätzt. Das rächte sich nun, denn im November waren auch in der Nordsee Wind und Wetter nicht zu verachten. So mußte der Schmutt dann die widerliche Plörre immer weiter verwässern, um hinzukommen... Was würde wohl passieren, wenn weitere Erfolge ausblieben und die Stimmung an Bord schlechter wurde ? Nein, das mochte sich das wackere Köchlein lieber nicht vorstellen ! Also beugte er sich lieber wieder etwas weiter über seine Töpfe und rührte das Essen besonders gründlich um.
'235.800 BRT, wenn ich es einigermaßen überblicke. Meinen Sie, wir schaffen die 250.000 in diesem Jahr noch, Herr Oberleutnant ?'
"Warten wir es ab, Herr Schulte ! Immerhin ist das hier ja kein Wettrennen und mir ist es wichtiger, dieses Jahr nicht noch richtig zur Sau gemacht zu werden."
'Sie meinen so wie Jaedicke ?'
"Ja. Ganz genau so wie Jaedicke. Hat irgendjemand rausbekommen, was genau mit ihm passiert ist ?"
'Nein, Jaedicke hat es wohl nicht richtig mitbekommen. Alle die auf dem Turm oder am Deckgeschütz waren und es aus erster Hand erzählen könnten sind tot und Petermann will nicht darüber reden.'
"Hm, verstehe. Also nach allem die Augen offen halten, Schulte."
'Jawohl, Herr Oberleutnant !'
Mittlerweile war es Mittag geworden und das Boot war dabei, einen weiteren Tanker zu verfolgen. Ein Frachter war ihnen schon davongelaufen, aber den Tanker würden sie sich holen. Tatsächlich stoppte dieser, als Vogel ihn mit der VARTA anblinkte. Kurz darauf ging die Mannschaft in die Boote und machte, daß sie vom Schiff wegkam. Untersuchen mußte ich den Tanker nicht. Die transportirten grundsätzlich Kriegsgut und so verzichtete ich darauf, an Bord zu gehen, auch wenn ein Plausch mit einem Kollegen von der christlichen Seefahrt vielleicht doch ganz nett gewesen wäre !
"Achtung bei Rohr 1 ! Mündungsklappe öffnen und Rohr bewässern. Klar zum Überwasser-Schuß."
'Mündungsklappe geöffnet und Rohr bewässert ! Rohr ist feuerbereit !'
"Maschinenraum: Volle Kraft zurück !"
Der Tanker dümpelte ruhig in der Dünung, beinahe so, als wäre ihm entweder nicht bewußt, was gleich geschehen würde, oder als hätte er sein Schicksal bereits akzeptiert. Die Männer in den Rettungsbooten schufteten immer noch wie die Teufel, um möglichst viel Distanz zwischen sich und das Schiff zu bringen. ich wollte ihnen noch etwas Zeit lassen und wartete noch einige Minuten, die ich nutzte, um das Boot aus der Schußlinie zu bringen. Wenn dieser Tanker bis obenhin voll war, dann waren 500 m extrem wenig Distanz für die Explosion, die es geben würde. Zumindest meiner Meinung nach.
"Maschinenraum: Alle Maschinen stoppen ! Torpedoraum: Entfernung 9 Hektometer. Tiefgang 2 Meter, Geschwindigkeit 31 Knoten. Zielpeilung 0. Zielfahrt 0."
'Torpedo eingestellt !'
"Rohr 1 - los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Keine zwei Minuten später sprengte der Torpedo eon Loch in die Bordwand des Tankers. Eine Öldetonation blieb allerdings aus und das Schiff begann langsam, sich auf die Seite zu legen. Der hatte genug ! Getaucht liefen wir vom Versenkungsort ab, damit die Schiffbrüchigen unseren Verbleib nicht zu leicht erörtern konnten ! Danach ging es zurück auf den Suchkurs. Oder es wäre auf den Suchkurs gegangen... Ich suchte gerade mit dem Periskop die Wasseroberfläche ab, als ich den Frachter herankommen sah.
"Frachter, Peilung 136 schnell näherkommend. Will wohl sehen, ob er Leute auffischen kann. Nun, das wissen wir ja nun besser. Lassen wir ihn noch etwas herankommen, dann auftauchen. Braun soll sich mit ihrer Mannschaft bereitmachen, das muß zack-zack gehen, sobald wir oben sind !" Ich hörte die Geschützmannschaft und die Seewache sich bereitmachen und gab Schröder das Zeichen anzublasen. Der Frachter war noch etwa 30 hm entfernt, schnell näherkommend. Ich zog das Periskop ein und reihte mich ein. Das würde eine schöne Überraschung geben ! Um 13 Uhr 26 durchbrach UC-83 die Wasseroberfläche. Das Deckgeschütz war schnell einsatzbereit gemacht und als Braun das Feuer eröffnen ließ, trennten uns nur noch 26 hm. Der Frachter drehte sofort, um seine überlegene Geschwindigkeit besser ausspielen zu können, aber das mußte er in der Todeszone des Deckgeschützes tun ! Schuß um Schuß hämmerte in das Schuß und als die ersten Flammen aus den Aufbauten brachen, sah man auch einige Männer, die eilig über Bord sprangen, um zumindest ihr nacktes Leben zu retten, und weit genug wegzukommen, bevor sie vom Sog des sinkenden Schiffes mit nach unten gerissen würden !
46 Granaten waren noch übrig. Ich ließ Schulte das Schlauchboot klarmachen und es für die Überlebenden zu Wasser lassen. Das war im Moment alles, was wir tun konnten. Dann liefen wir ab. Laut Schulte's Berechnungen hatten wir damit die 250.000 BRT überschritten. Ein immenser Zahlenwert, der aber die Dimensionen dessen, was darin enthalten war, nicht annähernd wiedergab, weder zum Guten, noch zum Schlechten ! Aber einerlei, die runde Zahl machte den Männern Mut und hielt die Moral hoch. Es durfte nur nichts mehr passieren... Und es passierte auch nichts mehr, zumindest bis der vermaledeite Tanker kam !
Wie zuvor, gelang es uns, das Schiff ohne viel Federlesens zu stoppen und die Mannschaft von Bord gehen zu lassen. Wie zuvor wollte ich das Schiff durch einen Überwassertorpedoangriff versenken.
Um 23 Uhr 33 Minuten feuerte UC-83 den Torpedo auf eine Entfernung von 22 Hektometer ab. Schulte sah nach der Zeit.
'Zeit ist um, Herr Oberleutnant ! 5 Sekunden drüber. 10 Sekunden drüber. 20... 30...'
Fehlschuß ! Ich konnte es nicht fassen ! Also brachte ich das Boot näher an den still und starr daliegenden Tanker.
"Rohr 1 los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Aus 400 m ging der Torpedo auf das Ziel. Wieder... nichts ! Ich fluchte. Rohr 2 also, das gerade nachgeladen worden war !
'Zeit ist um, Herr Oberleutnant !'
Ich riß mir meine Mütze vom Kopf und warf sie durch das Turmluk. War denn das zu fassen ??? Dieses Schiff lag vor uns, unbeweglich, groß wie ein Haufen Scheunen und wir konnten es auf 400 verfluchte Meter nicht treffen ? Also war wieder Rohr 1 an der Reihe. Diesmal gab es einen lauten Knall und die Wassersäule stieg majestätisch in den Himmel. 50 Meter vor dem Ziel.
'Frühdetonierer ?' fragte Schröder, der dazugetreten war und mir meine Mütze anbot, aufreizend neugierig. Als ob ich es nicht selber gesehen hatte ! Normalerweise hätte ich Braun das Schiff versenken lassen, aber ich wußte nicht, ob die Granaten reichen würden. Und aufgeben kam nicht in Frage, das würde uns als Unglück ewig nachhängen.
Der Tanker mußte weg ! Mußte !
Ich schäumte vor Wut und als das Torpedorohr nachgeladen war, gab ich die Daten noch einmal ganz langsam und detailiert durch das Sprachrohr an die Torpedomannschaft durch. Also den fünften verdammten Torpedo auf dieses Unglücksschiff !
"Rohr 2... los !"
'Rohr 2 abgefeuert !'
Wenn es diesmal nicht werden würde, beschloß ich, eigenhändig rüberzuschwimmen und dem Dreckskahn ein Loch in den Rumpf zu treten, wenn nötig ! Erneut eine Explosion, erneut eine Wassersäule... Aber diesmal an der Bordwand ! Qualvoll langsam begann das Schiff, über den Bug zu sinken, wo der Torpedo getroffen hatte.
"Na endlich !" brummte ich und schob mir die kalte Pfeife zwischen die Zähne, bevor ich wieder in die Röhre herabstieg. Nichts wie weg hier, das war alles woran ich noch denken konnte. Hier war eindeutig der Wurm drin !
"Marek ! Kurs Heimat !"
Die Feindfahrt war mir verleidet, und mit der noch an Bord befindlichen Munition hatten wir eine kleine Reserve für die Heimfahrt. Wie gut wir diese gebrauchen konnten, wußten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Allerdings änderte sich das keine acht Stunden später, als wir einen US-Frachter mit Kurs Schottland stellten und mit dem Deckgeschütz versenkten. War unser Glück zurück ? Ich warf Marek einen fragenden Blick zu, der zuckte mit dem Schultern... Manchmal wurde ich aus dem alten Fahrensmann einfach nicht schlau ! Trotzdem waren alle guter Dinge und freuten sich auf die Heimat.
Einen Tag waren wir noch von Helgoland entfernt, als Gehring einen weiteren Tanker meldete. Ein Brite. Wir hatten genügend Zeit, uns in einen Hinterhalt zu legen, die Besatzung hatte nichts gemerkt. Nur die Entfernung war unangenehm groß, aber daran konnte ich jetzt nichts ändern. Rohr 3 sollte es richten, auf 53 hm. Der Torpedo... verfehlte ! Fluchend legte ich das Boot neu zurecht. Einen Torpedo hatten wir noch. Den letzten ! Ich wartete, bis das Schiff den Scheitelpunkt seines Kurses erreicht hatte. Näher würde er nicht mehr kommen. 47 hm, immer noch verdammt viel. In der Laufzeit auf diese Distanz konnte viel passieren, aber was half es ?
"Los !"
'Torpedo abgefeuert !'
Schulte stand wie üblich mit der Taschenuhr in der Hand hinter mir. Wie Sirup verrannen die Sekunden, quälend langsam... Dann war die Blasenspur am Schiff angekommen. Ich hielt den Atem an.
Torpedoversager ! Es half nichts, ich mußte den Briten laufen lassen ! Einholen konnten wir ihn nicht und das Deckgeschütz konnte ihn nicht erreichen. So ließen wir die Engländer ziehen und erreichten den Treffpunkt mit dem Torpedoboot am 16. Seetag und konnten wenig später das Boot an der Mole vertäuen. Ich und der Rest der Männer verbrachten den Rest des Tages in den Betten, unter einem wahren Berg von Decken, um die Kälte wieder aus den Knochen zu bekommen.
Allerdings wurden die molligen Decken allzu schnell wieder durch den Dienst ersetzt, und das hieß: bei von Rahden auf der Matte stehen ! Also tat ich das, um mir meine neuen Marschbefehle für den Einsatz abzuholen. Als ich das Büro betrat, stand vopn Rahden mit hinter dem Rücken verschränkten Händen am Fenster und sah auf den Hafen hinaus. An der Wand hinf die große Karte der europäischen Kriegsschauplätze, in der verschiedene Fahnen und Nadeln steckten.
'Wie sie sicherlich gehört haben, hat es in Rußland endgültig eine Revolution gegeben. Die Regierung Kerensky ist weggefegt und die Kommunisten haben die Macht übernommen !'
Davon hatte ich tatsächlich gerüchteweise gehört, hatte aber Schwierigkeiten gehabt, es als ernstzunehmend einzuordnen. Nun war es also Wirklichkeit ! Der zweite Putsch in einem Jahr. Fast wie 1870...
'Man hat bereits zu Waffenstillstandsverhandlungen aufgerufen. Die russische Generalität ziert sich noch, aber sie werden bald einlenken, dafür werden wir sorgen. Besonders nach der Eroberung der Inseln im Moon-Sund ist die russische Marine faktisch ausgeschaltet und die Kaiserliche Marine beherrscht die Ostsee.' Er trat an die Tafel und unterstrich die Informationen mit den passenden Hervorhebungen. 'Die ersten Boote und Einheiten befinden sich bereits auf dem Weg an die Westfront. Dort wird im nächsten Jahr der Krieg entschieden werden ! Dazu ist es allerdings unerläßlich, daß die Ententetruppen nicht in der Lage sind, vor uns offensiv zu werden. Das wiederum bedeutet, daß unsere Aufgabe weiterhin darin besteht, den nachschub für die feindlichen Einheiten zu vernichten, bevor er in Frankreich ankommt. Hierzu ergehen folgende Befehle an sie:
Erstens, verminen sie die Hafeneinfahrt von Plymouth. Plymouth ist einer der Hauptverladehäfen für den Nachschub der Westfront. Jedes Schiff, das nicht in Frankreich ankommt, schwächt die Truppe dort.
Zweitens, patrouillieren sie einmal mehr die Iroise und greifen sie jedes Schiff an, das die französischen Häfen im Operationsbreich anlaufen will. Auch hier zählt jede Tonne versenkter Fracht. Sie werden am 2.12. auslaufen, das sollte ihnen genug Zeit geben und wenn alles gut geht, sind sie und ihre Männer Weihnachten bei ihren Familien. Schlagen sie schnell und hart zu, wo immer sie den feind treffen !'
Ich verließ das Besprechungszimmer nachdenklich. Weniger wegen den Karten und Tabellen, sondern eher wegen der Lagebeurteilung. Würde es wirklich im Osten Frieden geben ? Würde 1918 tatsächlich das Jahr sein, in dem es noch ein letztes Mal um alles oder nichts ging ? Das Jahr, auf das wir alle seit 1914 hingearbeitet hatten ? ich hatte den Krieg schon so lange als eine Art andauernden Zustand betrachtet, daß der Gedanke an Frieden mich ein wenig beunruhigte. Der krieg war eine Konstante geworden, etwas das berechenbar und vorhersehbar war. Aber wenn der Krieg vorbei war, was würde dann werden ? Ich wußte es nicht, und das machte mir Angst... ! Alles was ich wußte, war, daß ich meine Männer heil durch die Mission bringen wollte. Von Rahden hatte recht, sie sollten Weihnachten bei ihren Familien sein !
Und so lief das Boot am 1. Advent zur letzten Patrouille des Jahres aus. Schröder hatte gewitzelt, vielleicht sollten wir einen Tannenbaum mitnehmen, nur für alle Fälle, natürlich. Ich bot ihm an, das von seiner persönlichen Platzbewilligung abzuziehen, sollte er gewillt sein, den Baum als Matratze zu benutzen, würde ich einen kleinen Baum wohl erlauben. Das saß, und er verzichtete trotz meiner gegenteiligen Befürchtungen tatsächlich darauf. Trotzdem würden wir womöglich einen oder zwei Advente draußen verbringen, sodaß einige Tannenzweige und ähnliches trotzdem ihren Weg ins Boot fanden. Um 11 Uhr entließ uns der Sperrbrecher aus dem Geleit und wir nahmen Kurs auf die Südsperre, die niederländische Küste herunter und dann mitten durch. Nicht meine bevorzugte Route, aber die Nordpassage war zu lang für meinen Geschmack und so war ich durchaus bereit, das erhöhte Risiko auf mich zu nehmen und den Durchbruch zu wagen. Immerhin führte der Weg durch die Nordpassage direkt an Scapa Flow vorbei !
Leider konnte ich den Männern keine Erleichterungen zugestehen, um den Adventstag als Einsatztag erträglicher zu machen, aber der Schmutt hatte wohl schon ein paar vorweihnachtliche Dinge in der Röhre und auch im Boot hingen hier und da ein paar Tannenzweige oder -gebinde. Ich tat, als sähe ich sie nicht, um den Männern eine Freude zu machen und ließ sdie Baumteile da hängen, wo sie waren. Auch die Briten hatten wohl am ersten tag dieser Woche mit dem Advent zu tun, jedenfalls war schiffahrtsmäßig nicht viel unterwegs, so daß der 2.12. ohne Kontakte bei leichtem Dienst verstrich. Am 3.12. kamen wir langsam in die Nähe der Kanalsperre. Ich war gerade auf der Brücke, wo ich mit dem derzeitigen Wachhabenden, Obersteuermann Marek, über Navigation plauschte, als ein Mitglied der Seewache ein merkwürdiges Objekt meldete, daß in der Dünung trieb und sich dem Boot näherte. Treibgut anscheinend.
Die Detonation übertönte das meiste des Warnrufes.
Das Boot krängte stark und ich verlor den Halt, als es von der Druckwelle erfaßt wurde. Ich hörte jemanden 'MANN ÜBER BORD !' kreischen, etwas Hartes traf mich an Kopf und Rücken und dann wußte ich nichts mehr...
Wir hoffen mal, dass dies nicht das Ende unseres Helden bedeutet und der Kampf hier nicht endet. Hoffentlich kommen er und das Boot heil zurück...!? :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top::ritter:
???
Beim ersten Erwachen war alles um mich herum vollkommen dunkel gewesen. Ich merkte schnell ich trug keine Uniform und lag in einem Bett. Langsam kamen die Erinnerungen wieder. Langsam, Seltsam verschwommen. Die Feindfahrt, die Minensperre. Etwas im Wasser. Eine Explosion. Danach... Nichts mehr ! Ich versuchte, mich zu drehen. Es ging nicht, ich war fixiert ! Warum ? Und warum konnte ich nichts sehen ? Was war hier los ? Ich versuchte an den Fixierungen zu reißen. Ein Fehler. Der Schmerz schoß durch meinen rechten Arm, als würde ein langes Messer darin umgedreht.Ich ließ mich wieder in die Kissen sinken. Wo war ich. Wo waren die Männer ? Ob es ihnen gut ging ? Ich hörte Schritte. Stimmen, undeutlich, was sie redeten war nicht zu erkennen. Dann hörte ich, wie sich eine Tür öffnete. Wieder Schritte, lauter, sie kamen auf mich zu. Würden es deutsche oder englische Laute sein, die ich zu hören bekam ?
'Guten Morgen Herr Oberleutnant, ich sehe sie sind wach, pünktlich zur Visite. Das ist eine schöne Abwechslung ! Wie geht es ihnen ?'
"Nicht besonders. Ich weiß ja nicht mal, wer sie sind oder wo ich bin. Wo meine Leute und mein Boot sind... Was ist mit mir passiert ?"
'Oh, da ist uns ein wahrer Held ins Netz gegangen, Schwester Elise !' Er klang mehr amüsiert als abfällig. 'Mein Name ist Dr. Endermann, Marineoberstabsarzt. Sie befinden sich seit nunmehr zwei Wochen im Marinelazarett Emden, ihre Leute haben sie nach dem, naja, Vorfall hierhergebracht. Ihnen ist klar, was für ein Glück sie hatten ?'
Ich fand wenig an mein er jetzigen Situation, was man als 'Glück' bezeichnen konnte. Daher blieb ich erstmal stumm.
'Anscheinend hat ihr Boot eine losgerissene und unter Treibgut versteckte Ankertaumine erwischt. Ihr Ingenieuroffizier meinte, da ist wohl Seewasser eingedrungen, weil der Großteil des Sprengstoffs nicht gezündet hat. Ansonsten, und da schließe ich mich seinem Urteil bedenkenlos an, wäre von ihnen und ihrem Boot nicht mal mehr ein Fettfleck übriggeblieben. Ihren Leuten geht es soweit aber gut, machen wir uns Sorgen um die Person, die das nötig hat.'
"Um mich ?"
'Um Sie.' jemand löste die Fixierungen und ich versuchte mich vorsichtig aufzusetzen. Wieder jagte eine Klinge durch den Arm. Dann half mir jemand, die Schwester wahrscheinlich.
"Seien sie ganz ehrlich, Herr Oberstabsarzt, wie schlimm ist es ?"
'Es geht, ich habe schlimmeres gesehen. Aber ich muß sie warnen. Sie werden nie wieder wie gewohnt Klavier spielen können.'
"Ich kann gar kein Klavier spielen, Herr Oberstabsarzt."
'Ah, dann sollten sie es vielleicht lernen, das entspannt und macht den Kopf frei.'
Hatte er nicht eben noch gesagt... ? Ich war verwirrt. Jemand stieß mir einen Daumen un die Rippen und dann spürte ich etwas Kaltes auf meiner Brust.
'Husten Sie !' Ich tat wie mir geheißen und sprang auch durch die weiteren Reifen der ärztlichen Standarduntersuchungen.
'Gut, sie haben sich recht gut erholt. Die kleineren Schnitte und Prellungen sind nicht der Rede wert, ein paar mußten wir nähen, aber sie scheinen gutes Heilfleisch zu haben. Mit etwas Glück sind sie bis Weihnachten wieder zuhause, wenn ihr Arm mitmacht.' "Was ist damit, Herr Oberstabsarzt ?" 'Nun, er ist gebrochen, da beißt die Maus keinen Faden ab, aber recht sauber, insofern hatten sie Glück. Ich hätte ihn ungern wegen irgendwelcher Komplikationen oder Infektionen abgeschnitten !' Innerlich atmete ich auf. Da war also noch alles dran ! 'Kommen wir also zum unangenehmsten Teil. Ich werde ihren Verband entfernen, Schwester, helfen sie mir bitte. Herr Oberleutnant, halten sie bitte still und die Augen geschlossen.' Ich tat wie mir geheißen und hörte, wie Endermann den Verband entfernte und etwas aus seiner Tasche holte.
'Öffnen Sie bitte mal rechts !'
Ich tat wie mir geheißen.
'Was sehen sie ?' "Nichts, Herr Oberstabsarzt !" 'Und wie ist es jetzt ?' "Heller, Herr Oberstabsarzt, aber sonst nichts..."
'Na schön, dann öffnen sie links !'
Ich öffnete das Auge und kniff es direkt wieder zu, da ich direkt in die kleine Lampe geblickt hatte, die Endermann mir vors Auge hielt. Er nahm die Lampe weg und ich sah mich in dem spärlichen Zimmer um. Es erinnerte mich mehr an eine Besenkammer, gerade gut genug für das Bett und das Regal mit den Utensilien. Die Schwester stand wohl noch hinter mir, ich konnte sie nicht sehen, aber der Marineoberstabsarzt saß auf einem Schemel direkt vor dem Bett. Er war dünn und hager und trug einen Kinn- und Schnurrbart, beides angegraut und einen schmalen Haarkranz um den ansonsten kahlen Kopf. Unter seinem weißen Kittel trug er Uniform. Über seine kleine, randlose Brille sah er mich erst an.
'So sieht es also aus, Herr Oberleutnant. Ihr linkes Auge ist unbeschädigt, Sehkraft normal, würde ich sagen, aber diese Diagnose überlasse ich einem Facharzt. Das linke haben wir versucht zu rerhalten, aber anscheinend kann es nur noch zwischen Hell und Dunkel unterscheiden. Je nachdem, wie die Nähte abheilen, können wir bald sagen, was passieren wird.'
"Nähte, Herr Oberstabsarzt ? In meinem Auge ?" Die Vorstellung bereitete mir Übelkeit. 'Ja, 22 Stück, wir werden sie nur peu a peu entfernen können, wenn wir nicht wollen, daß der Augapfel wie eine überreife Pflaume in sich zusammenfällt, aber zumindest haben sie es noch. Das ist nicht selbstverständlich !' Ich wollte davon nichts mehr hören und winkte ab, dabei sah ich, daß mein linker Ringfinger ebenfalls bandagiert war. Oder was davon übrig war, mehr als das erste Fingerglied konnte es nicht sein. Als Endermann meinen Blick bemerkte, erhob er sich.
'Wie gesagt, Klavierspielen werden sie so nicht mehr gut können, aber wenn sie es erst lernen, können sie sich darauf einstellen. Denken sie darüber nach !'
Er nickte und die Schwester folgte ihm hinaus. An sich war sie nicht unansehnlich, aber ich hatte in dieser Situation anderes im Kopf und so konnte ich die Ästhetik nicht voll wertschätzen ! Was würde nun aus mir werden ?
Werter Graf, euer Held hat wohl Schlimmes mitgemacht, aber er und das Boot sind noch halbwegs gut nach Hause gekommen, wobei der Oberleutnant einige schwerwiegende Verletzungen aufweist, die eine Frontverwendung gefährden dürften, was wir aber mal nicht hoffen.
Aber wir würden es verstehen, wenn die Feindfahrten damit ein Ende hätten...*seufz*
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT!!*
Sonntag, 22. Dezember 1917, irgendwo zwischen Emden und dem Oldenburgischen
Dr. Endermann und seine Untergebenen hatten getan was sie konnten, aber hexen konnten sie auch nicht. So kam es, daß ich am Morgen immer noch im Lazarett gelegen hatte, den Arm in Gips und noch einigen Terminen zum Fädenziehen vor mir. Ich unterhielt mich mit dem Marinearzt über Weihnachten und wie meine Chancen wohl stünden, zum Fest zuhause zu sein. Nicht gut, meinte er, dazu müßte ich einen ganzen Stapel Papiere und medizinische Genehmigungen haben. Als ich fragte was für welche, holte er einen Packen Papiere aus der Jacke und legte sie vor mir auf den Tisch. Ungefähr so sähen die aus, meinte er. Ich wollte mich noch bedanken, aber da war er schon halb aus der Tür.
'Frohe Weihnachten, Oberleutnant ! Hauen Sie schon ab !'
So kam es, daß ich schon einige Stunden später im Zug auf dem Weg nach Hause war. Ich hatte mich fernmündlich angekündigt und Rudolf würde es weiterleiten, an sich nicht schlecht. Allerdings hieß das auch, daß ich einige Zwischenhalte nutzte, um mich noch mit ein paar Präsenten einzudecken. Die richtigen Pakete waren ja noch auf Helgoland... Über meinen derzeitigen Zustand hatte ich wenig verlauten lassen. Den Gips trug ich ja noch und obwohl das Auge ja noch etwas funktionsfähig war, hatte Endermann eine Augenklappe verordnet. Nicht nur wegen dem Licht, sondern auch weil es wohl nicht so schön anzuschauen war... Die dünne Narbe auf der Wange fiel da gar nicht so ins Gewicht. Auf der Habenseite hatte ich jeden Versuch der Sanitäter abgewehrt, mir den nach der Feindfahrt zugegeben etwas aus der Form geratenen Bart zu entfernen, also würde man mich zuhause zumindest wiedererkennen. Sie hatten mir zwar auch angeboten, ihn zu stutzen, aber darauf hatte ich verzichtet, nicht, daß er am Ende 'aus Versehen' dann doch weg war ! Konnte man bei dem Volk ja nie wissen...
Im Osten war inzwischen Waffenstillstand und es waren wohl Friedensverhandlungen aufgenommen worden. Im Westen war nach dem Abschlagen einer Offensive des Feindes, die wohl auch einen massierten Tankeinsatz beinhaltet hatte ebenfalls wieder Ruhe eingekehrt. Ich dachte an Weihnachten 1914, vielleicht würde es ja dieses Jahr auch größtenteils ruhig bleiben ? Ich hatte mir die Zeit damit vertrieben, mich kurz mit der Schaffnerin zu unterhalten. Auch sie freute sich schon auf das Fest und hoffte, daß es 1918 für die einfachen Leute wieder etwas bergauf gehen würde. Darin stimmten wir überein. Ähnliches galt für eine Gruppe Soldaten, die es wohl auch geschafft hatten, Heimaturlaub zu bekommen. Auch sie erhofften sich ein besseres Geschick im neuen Jahr. Nachdem wir uns eine Weile beschnuppert hatten, und sie etwas aufgetaut waren, konnte ich aus ihren Worten herauslesen, daß es damit nicht mal unbedingt um den Sieg ging, soindern einfach nur um Frieden. So fand unsere eigene kleine Weihnachtsverbrüderung also auf dem Gang des Zuges mit einer kleinen Flasche Mirabell statt ! Am Bahnhof angekommen, sah ich recht schnell die Gestalt von Rudolf, direkt daneben aber auch die von Pasul jr., der aus der Entfernung auf mich zeigte und über den halben Bahnsteig rief.
'Guck mal, Rudolf, ein Pirat !'
Die meisten der wenigen Leute, die am Bahnhof waren, darunter auch die Soldaten und ich lachten. Rudolf wirkte eher indigniert, aber das war aus ihm nunmal nicht mehr herauszubekommen...
Zuhause angekommen ließ ich mich von Rudolf erst einmal anständig rasieren und den Bart in Form bringen, damit ich nicht mehr wie ein, nunja, Pirat aussah. Der Gips machte es schwer, mich ohne Messer in zivile Kleidung zu bekommen, aber ein Domestik vom alten Schlag wie Rudolf kannte die Tricks und so glückte es mehr oder weniger gut. Er brahcte mich ebenfalls auf den neuesten Stand wie es ihnen hier ergangen war und was für die Feiertage bevorstand. ich war mir ziemlich sicher, daß er einige Dinge absichtlich nicht erwähnte, würde mich aber hüten allen das Weihnachtsfest zu verderben, indem ich jetzt zu tief bohrte. Tatsächlich hatten sich einige Gäste für die Weihnachtsfeiertage oder mindestens einen davon angesagt. Onkel Friedrich würde wohl kommen, ebenso Max mit seiner Frau und Philip mit seiner zukünftigen Braut. Berthold würde sich verspäten, sollte aber irgendwann zwischen Weihnachten und Neujahr eintreffen, das hatte er zumindest geschrieben. Unsere Schwestern, Anna und Friederike, waren ebenfalls angekündigt. Ihre Männer waren die Feiertage nicht da und sie wollten nicht allein feiern, also hatte Mine sie auch eingeladen. Es würde also eine Feier im Familienkreis werden ! Die Vorbereitungen liefen noch und es würde ganz klar eine Kriegsweihnacht werden, aber trotzdem freute ich mich bereits auf die Feier. Und natürlich besonders auf Mine. Sie war natürlich ob meines Zustandes zunächst tief bestürzt, aber das gab sich nach einigen Tage wieder. Immerhin war ich nicht völlig zerpflückt !
Die Feiertage verliefen angenehm ruhig und friedlich, sobald es gelungen war, den Krieges aus den meisten Unterhaltungen herauszuhalten. So drehten sich die meisten Konversationen dann auch um die Zeit vor dem Krieg, wenn auch das Militär naturgemäß eine Rolle spielte. Die Geschenke unter dem Baum waren dann auch eher praktischer Natur, aber das störte keinen und die Festtage vergingen viel zu schnell. Einige Tanten und Freunde meines Vaters machten ebenfalls einen Anstandsbesuch, aber alles in allem war es eine ruhige Zeit, die der Familie gehörte. Nach und nach reisten die Gäste wieder ab, allerdings nicht, ohne vorher eine Photographie gemacht zu haben, darauf bestand Onkel Friedrich.
So fand ich mich schließlich Arm in Arm mit Mine auf dem Balkon des Hauses wieder, als die Glocken des Kirchturms am Sylvesterabend Mitternacht schlugen. Der Schnee rieselte leise herab und Stille senkte sich wieder über das Land. 'Frohes neues Jahr, Paul !' "Frohes neues Jahr, Mine !" Ich sah gen Horizont, wo in einigen wenigen Stunden der erste Tag des neuen Jahres heranbrechen würde.
Was würde 1918 der Welt bringen ?
Werter Graf, viele Feindfahrten wird es wohl wg des Zustands eures Helden wohl nicht mehr geben, aber wir hoffen für ihn, dass er den Krieg halbwegs gut übersteht. Die kommenden Zeiten wollen wir lieber nicht ansprechen, da wir sehr wohl wissen, was alles danach kam. Alles Gute für unseren Helden...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND GUTE FAHRT!!*
Donnerstag, 10. Januar 1918. Marinestützpunkt Helgoland - Arbeitszimmer von Korvettenkapitän von Rahden
'Ich fasse noch einmal zusammen... Ihr Arm ist wieder heil, die anderen Kratzer sind soweit nichts mehr, was sie körperlich einschränkt und das da', er zeigte auf die Augenklappe in meinem Gesicht,'ist rein medizinischen Notwendigkeiten geschuldet und behindert sie nicht im Fronteinsatz. So richtig ?'
"Etwa so hat Marineoberstabsarzt Endermann es ausgedrückt, Herr Korvettenkapitän, aber das haben Sie ja bereits schriftlich. Besondere Lichtempfindlichkeit durch Verletzung. Ich bitte daher formell darum, den Dienst wiederaufnehmen zu dürfen."
Korvettenkapitän von Rahden schritt einmal um seinen Schreibtisch herum und blieb genau vor mir stehen.
'Was genau ist das eigentlich an mir, das Sie und diesen Endermann denken läßt, ich wäre auf diese spezielle Art blöd, Oberleutnant ? Was hier gespielt wird, sieht ja ein Blinder.'
"Tatsächlich, Herr Korvettenkapitän ?"
'Tatsächlich, Oberleutnant. Sie werden also ihren Persilschein da nehmen, ihn in klitzekleine Fitzel reißen und sich von dem Gedanken an jedwede Diensterleichterung umgehend verabschieden, habe ich mich klar ausgedrückt ?'
"Glasklar, Herr Korvettenkapitän !"
Er umrundete seinen Schreibtisch erneut und setzte sich wieder.
'Die Kommunisten haben ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie haben die Unabhängigkeit der baltischen Staaten und der Ukraine anerkannt, weigern sich aber standhaft, unsere Friedensbedingungen zu akzeptieren und spielen weiter auf Zeit. Daher wurden die Kampfhandlungen im Osten wieder aufgenommen, um die Bolschewiken zur Annahme der Bedingungen zu zwingen. Das bedeutet natürlich, daß die Verlegung der Ostverbände und damit die entscheidende Offensive sich weiter verzögern. Daher müssen wir weiterhin verstärkt die Nachschubwege angreifen, um die gegnerische Armee zu schwächen ! Sie werden daher erneut Yarmouth anlaufen und die Hafenzufahrt verminen. Danach patrouillieren Sie die Doggerbank und greifen die feindliche Handelsschiffahrt an.'
Ich salutierte und erhob mich, dann verließ ich das Arbeitszimmer. Was in mir vorging war schwer zu beschreiben. Einerseits hatte ich es geschafft, den Dienst wiederaufnehmen zu können, aber andererseits war ich so wieder in einer Position in der ich erneut mein Leben in die Waagschale werfen mußte ! Normalerweise hätte ich argumentiert, daß Mine gut mit der Gewißheit hätte leben können, daß ich ein Landkommando ausfüllte und nicht mehr regelmäßig nach draußen fuhr, von wo immer mehr Männer nicht mehr zurückkamen. Aber auf der anderen Seite fühlte ich mich meinem Boot und meiner Mannschaft ebenso verpflichtet, genauso wie der Gesellschaft und natürlich dem Staat. Nein, so sehr ich Mine zuliebe wünschte, den einfachen Ausweg nehmen zu können, das Seeoffizierskorps hatte von den Deutschen vor dem Krieg einen großen Vertrauens- und Ansehensvorschuß bekommen, den wir jetzt rechtfertigen mußten ! Nein, würde ich jetzt kneifen, könnte ich keinem Menschen auf der Straße jemals wieder in die Augen sehen.
Die Mannschaft erwartete mich am Auslauftermin bereits am Boot angetreten. Schulte gab das Kommando.
'Aaachtung ! Augeeeen rechts ! Augen geradeeeeaus ! Zur Meldung an den Kommandanten die Augeeeen rechts !
Melde UC-83 wieder vollständig einsatzbereit und die Mannschaft vollzählig angetreten, Herr Oberleutnant !'
Die Mannschaft brachte ein dreifaches Hurra aus und Schulte gab ein Zeichen, woraufhin Steuermann Marek die Reichskriegsflagge am Boot hochzog. Oder zumindest, was ich zuerst dafür gehalten hatte. Als eine Windboe das Tuch erfaßte, enthüllte sich ein komplett schwarzes Tuch, auf dem ein weißer Totenkopf mit einer Augenklappe und zwei Knochen zu sehen waren. Ich traute meinen Augen nicht... Auch nicht, als noch eine weitere Person zwischen den Männern hervortrat und sein Männchen baute.
"Sie hier, Herr Larsen ?"
'Korvettenkapitän von Rahden hat mir erlaubt, bei der nächsten Patrouille mit rauszufahren. Hat er sie nicht informiert ?' Ich überlegte, war aber nicht sicher. Ich hatte von Rahden's Papieren zuhause zugegebenermaßen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Hatte ich etwas übersehen ? 'Erbitte ihre Erlaubnis, auf der Feindfahrt an Bord sein zu dürfen.' Vermutlich sah ich nicht sehr intelligent aus. Larsen grinste. 'Sie dachten ich würde kneifen sobald ich nüchtern bin, nicht ?'
"Ja, ehrlich gesagt schon, Leutnant." 'Zugegeben, ich klinge angetrunken immer ziemlich großkotzig, aber bei mir sind die kitzligen und riskanten Dinger immer noch Chefsache !'
Ich lachte. "Solche Leute können wir gebrauchen ! Seien sie mein Gast, Herr Larsen !"
UC-83 lief wie gehabt hinter dem Sperrbrecher her und ließ Helgoland an der Kimm zurück. Ich und Larsen standen mit einer Tasse Ersatzkaffee auf der Brücke.
"Also erzählen sie mal, Herr Larsen. Wieviel Seemannsgarn war bei ihren Referenzen dabei ?"
'Gar nicht so viel, Herr Oberleutnant ! ich bin ja eigentlich von Haus aus auf Linienschiffen gefahren und bin dann von da aus ein paar Mal mit den kleinen Einheiten raus. Dazu kommen eine Feindfahrt nach England auf einem Marineluftschiff und 5 Wochen bei einer Marinefliegerstaffel in Zeebrügge.' Er tippte an das Band seines EK II, das an seiner Uniform sichtbar war, mir aber jetzt erst auffiel. 'Flandern, 1. Marinedivision. Das war bisher das Spannendste und Gefährlichste, das ich mitgemacht habe. Aber die Berichte... ich sag ihnen... Sowas finden sie so schnell nicht wieder.'
"Mal sehen, ob sie ihre Seebeine noch haben, Herr Larsen ! Ein Zuckerschlecken wird das hier auch nicht."
'Kann mir nur recht sein, Herr Oberleutnant ! Verfügen sie frei über mich, wie sie belieben !'
Ich nickte und schlürfte nachdenklich an meinem Kaffee. Ich war noch nicht sicher, was ich von Larsen halten sollte. Grundsätzlich mochte ich ihn, er hatte Mut, war intelligent und sich nicht zu fein, sich die Hände schmutzig zu machen. Andererseits schien er einen Hang zum Leichtsinn zu haben und es mit seiner eigenen Sicherheit nicht zu genau zu nehmen. Ein Mann der die Gefahr suchte...
Das Boot machte gut Fahrt und den ersten Seetag konnten wir ungestört verbringen. Larsen schien überall zu sein und ließ sich die Funktionsweise des Bootes haarklein erklären. Besonders mit Schröder schien er sich gut zu verstehen. Zu meiner Überraschung war ihm gar nicht so sehr daran gelegen, Photos zu machen, ich sah ihn tatsächlich nie mit einem dieser sperrigen Apparate. Stattdessen kritzelte er immerzu Notizen in sein kleines Buch und wenn er nichts zu tun hatte, schloß er sich der Seewache an oder saß hinten auf dem Turm und zeichnete. Ich war zufrieden damit, daß dieser Mann sich selber beschäftigen konnte, ohne allzusehr im Weg zu stehen und sich in die Mannschaft einzufügen versuchte. Trotzdem wollte ich, daß er einen Aufpasser hatte. Schröder übernahm diese Rolle freiwillig.
Am 15. Januar hatten wir um 3 Uhr nachts den ersten Feindkontakt. Ich ließ nach Larsen schicken und ging auf Tauchstation. Der Leutnant spähte aufgeregt durch das Periskop.
"Sehen sie, was ich sehe ?" Larsen gab das Seerohr wieder frei. 'US-Zerstörer, ich würde sagen 5000 m, schnell näherkommend. Was werden wir jetzt tun, Herr Oberleutnant ?'
"Nun, bei dem Winkel wird er bald wieder in der Ferne verschwinden, aber ich denke, wir können einen Schuß riskieren... Aber zunächst lassen wir ihn noch etwas dichter herankommen." Ich wartete, bis der Zerstörer auf 37 hm heran war.
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
Ich gab die Werte durch und der Torpedoraum bestätigte sie. Würde es klappen oder gab es einen Vorführeffekt ? Immerhin waren 37 hm für einen Torpedoschuß nicht unriskant. Aber vielleicht hatten wir Glück !
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Ein Ruck ging durch das Boot und der Torpedo schoß aus dem Rohr. ich sah auf die Taschenuhr und überließ das Periskop Leutnant Larsen. 2 Minuten waren vorbei, zäh wie Melasse vergingen sie. Schließlich warn noch 20 Sekunden übrig. Dann 15.
10.
Larsen wurde angespannt, gleich würde sich entscheiden, on Larsen Glück brachte, oder nicht. Oder eben Pech, oder nicht !
5 Sekunden.
4...
3...
So ein Cliffhanger schon wieder und das nach der Rückkehr des Rekonvensolventen, sprich Verletzten Kommandanten und dann noch ein Pressefuzzi an Bord von der Propagandatruppe der kaiserl. Marine. Da geht ja gleich wieder die Post ab. Wir sind gespannt, ob die Amis genauso fit sind wie die Tommies...:ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *LIEB VATERLAND MAG RUHIG SEIN...!!*
Keiner von uns konnte sehen, was draußen vorging, aber die Detonation sagte alles, was wir wissen mußten... Treffer ! Ich bedeutete Larsen, das Periskop einzuziehen und befahl auf Tiefe zu gehen, um dann abzulaufen. Bald erkundigte sich Larsen nach den Geräuschen, die von draußen zu hören waren. Schulte erklärte, daß es sich um die brechenden Schotten des sinkenden Schiffes handelte und wahrscheinlich die Reaktion des Kessels auf das eiskalte Seewasser. Larsen wirkte leicht beklommen, versuchte das aber gekonnt zu überspielen. Als wir wieder aufgetaucht auf Kurs waren, diskutierten Larsen und Schröder gerade über das Wohl und Wehe des uneingeschränkten U-Boot Krieges, aber eine richtige Diskussion kam nicht in Gang, da sie sich in den Hauptpunkten weitestgehend einig waren. Ich hatte mich mit Schulte beraten und wir waren übereingekommen, Larsen wegen seiner durchaus vorhandenen Seeerfahrung als dritten Wachoffizier neben Schulte und Obersteuermann Marek einzusetzen. Ironischerweise hatte er auch gerade Wache, als Gehring gegen 19 Uhr einen Frachter sichtete, der unseren Kurs kreuzen würde. Da die Lichtverhältnisse günstig waren, schliche wir uns näher und wurden erst auf 30 hm entdeckt. Als der Kapitän drüben volle Leistung auf die Maschinen gab, war es bereits zu spät und Braun eröffnete das Feuer ! Unser Gast nahm regen Anteil, um die Szene auf seinem Block festzuhalten, wurde aber immer wieder abgelenkt, da ihn die Szenerie doch zu sehr faszinierte. Letztenendes gelang es dem Frachter nicht, rechtzeitig aus dem Feuerbereich des Deckgeschützes zu entkommen und nachdem die Besatzung sich von Bord gemacht hatte, sank das Schiff bald brennend über das Heck.
'Oberleutnant Ruschendahl hatte recht, sie haben eine Menge Schwein, Herr Oberleutnant !' "Nana, nicht übertreiben, Herr Larsen ! Wir sind ja gerade erst den zweiten Tag auf See." 'Deshalb ja, viele müssen deutlich länger warten, bis sie was finden, aber sie sind wohl nicht umsonst einer der besseren Kommandanten, was die Tonnage angeht.' "Mit der Tonnage können die in Berlin rechnen bis sie umfallen, Herr Larsen. Hier draußen zählt einzig die Erfüllung des Auftrags und daß man das Boot und die Männer heil wieder nach Hause bringt. Haben sie eigentlich Familie ?" 'Drei Schwestern und einen Halbbruder, sonst nichts. Keine Frau oder anderweitiger Anhang, wie sich das für einen schneidigen Herrn Leutnant in Kriegszeiten gehört !' Er grinste sardonisch und zündete sich eine Zigarette an. 'Verheiratete Offiziere, am besten noch mit Kindern, da würde die Militärbürokratie gar nicht mehr hinterherkommen... Und dann die Hinterbliebenenrenten. Näh, da hat sich der alte Fritz schon was bei gedacht, der mochte seine Helden auch am Liebsten jung und ungebunden...
Bleiben sie mal bitte genau so, meine Herren ! !'
Der Leutnant hatte schon seinen Block gezogen und nahm sich die Deckgeschützbesatzung vor, die gerade ihren Krempel wieder verstaute. Mit groben Striche fing er zu skizzieren an und ich nutzte die Gelegenheit, unter Deck zu verschwinden. Ganz durchschaut hatte ich diesen Mann immer noch nicht ! Als er soweit fertig war, hatte er wohl noch Bootsmannmaat Braun in Beschlag genommen, um mit ihm über das Deckgeschütz und seine artilleristischen Erfahrungen zu reden. Die Fliegergefahr war immer noch gegeben, aber seltsamerweise ließen die Herren jetzt schon lange auf sich warten. War es möglich, den ganzen Krieg über keinen einzigen dieser gefürchteten Marineflieger zu Gesicht zu bekommen ? Die Seewache blieb natürlich aufmerksam, aber seltsam war es schon !
Den ganzen Rest des Tages passierte allerdings nichts. Und den gesamten nächsten Tag auch nicht. Mir war das nur recht. Zwar wäre es einfacher für mich, aber ich war ganz zufrieden, wenn die Briten ihre Schiffe aus der Nähe von Helgoland und der Bucht heraushielten ! Ich ließ einige Übungsdrills abhalten, ließ die Leute ansonsten aber auf ihren Stationen in Ruhe. Sie würden ihre Energie brauchen, wenn es wieder losging...
Um 11 Uhr 47 am 17. Januar sichtete die Seewache einen Frachter in der Ferne, der sich als wir uns langsam näherschoben als Franzose entpuppte. Der Schuß vor den Bug ließ das Schiff langsamer werden und schließlich stoppen. Drüben bereitet man sich darauf vor, in die Boote zu gehen. Zu meinem Leidwesen hatte irgendjemand nach dem Auftauchen die verflixte Piratenflagge direkt unter der Reichskriegsflagge aufgezogen...
"Haben sie schonmal ein Schiff aufgebracht, Herr Larsen ?" 'Da müßte ich lügen, Herr Oberleutnant !' "Gut, dann gehen sie mit Oberleutnant Schulte rüber. Da die Sprengpatronen leider, hm, defekt sind, werden wir das Schiff danach mit Bordmitteln versenken." 'Ich verstehe ein bißchen was von Sprengmitteln, soll ich sie mir mal ansehen, Herr Oberleutnant ?' "Nein, das ist leider nicht möglich, Herr Larsen. Nehmen sie es nicht persönlich, aber ich lasse nicht jeden, der 'ein bißchen was davon versteht' an Sprengmitteln in meinem Boot herumfummeln." 'Zu Befehl, Herr Oberleutnant !' Ich atmete innerlich auf. So würde Larsen wenigstens nicht rausfinden, daß in der Sprengmittelkiste meine eiserne Reserve für Notfälle verstaut war. Zwei Pfund Bohnenkaffee waren schwer zu bekommen und konnten eine Menge Unruhe auslösen, wenn sie gefunden wurden. Zumal ich nicht definitiv wußte, wie genau Larsen zu Vorschriften stand. Jedenfalls wußten im Moment nur ich, der Schmutt, Braun und Schröder davon, welcher Schatz in dieser Kiste ruhte, und so sollte es auf absehbare Zeit auch bleiben ! "Haben sie eine Waffe, Herr Larsen ?" 'Nicht am Mann, Herr Oberleutnant. Ich habe gewöhnlich wenig Verwendung für die Dinger, also schleppe ich sie nicht ständig mit mir herum. Meinen Sie, ich sollte sie holen ?' "Nein, nehmen sie meine. Bringen sie sie nur wieder mit." Ich händigte ihm meine Mauserpistole aus. "Noch etwas, wenn sie diese Szene festhalten möchten, achten sie bitte darauf, daß auf dem Boot nur eine Flagge zu sehen ist. Die richtige Flagge." Der Leutnant setzte sein verwegenstes Lächeln auf und salutierte. 'Zu Befehl, Herr Oberleutnant ! Melde mich ab auf feindlichen Frachter !'
Spielerisch turnte er die Jacobsleiter herunter und saß bald darauf in dem Boot, das auf den Frachter zuhielt. Sie verbrachten beinehe eine Stunde dort drüben, während ich und die Seewache immer unruhiger wurden. Letztendlich kamen sie aber mit dem Nachweis, daß das Schiff versenkbar war, zurück und Braun setzte dies mit dem Deckgeschütz in die Tat um. Ich ließ mir von Larsen seine Skizzen zeigen, auf denen tatsächlich nur die gewünschte Flagge zu sehen war...
Allerdings hatten wir bedenklich lange gewartet und zahlten nun den Preis dafür. Keine zwei Stunden später lief uns ein Schiff entgegen, das wohl direkt auf die Versenkungsstelle zuhielt. Larsen musterte das Schiff durch das angebotene Fernglas. 'Ein Handelskreuzer ?' "Ja, ein Handelsschiff, das für die Royal Navy fährt und für Begleit- und Sicherheitsaufgaben umgerüstet wurde. Eine Sloop eben. Wir werden sehen, ob wir dicht genug rankommen, um einen Angriff zu fahren." 'Sie gehen aber ran, Herr Oberleutnant !' "Von nichts kommt nichts, Herr Larsen !" 'Auch wieder wahr...'
Also warteten wir im Keller auf die Sloop, die uns den Gefallen tat, näher und näher zu kommen. Auf 37 hm feuerte ich um sicher zu gehen, gleich zwei Torpedos ab.
Nichts ! Fehlschuß !
Ich überlegte noch, ob ich einen dritten hinterherjagen sollte, als es drüben aufblitzte. "Sie haben das Sehrohr entdeckt ! Bringen sie uns auf 30 Meter, Herr Schröder. Marek, legen sie ursprünglichen Kurs wieder an, hier wird es entschieden zu ungemütlich !" Etwas hinter uns klatschten die Artilleriegranaten ins Wasser, aber wir waren bereits unterwegs in tiefere Gewässer. 'Haben diese Sloops eigentlich auch Wasserbomben an Bord ?' wollte Larsen wissen. "Ich hab es noch nie ausprobiert, aber grundsätzlich gehe ich davon aus. Abr wenn unser Kurswechsel ausreicht, findet er uns nicht. Hausmann ?" 'Schraubengeräusche wandern aus, Herr Oberleutnant, werden schneller !' "Sie haben aufgegeben, das ist schonmal etwas..."
Am nächsten Tag erreichten wir abends das Zielgebiet und brachten befehlsgemäß und ungestört die Minen aus. Eine halbe Stunde nach Mitternacht, etwa drei Stunden nachdem wir Kurs auf die Doggerbank genommen hatten, sichtete Oberleutnant Schulte's Seewache einen Tanker in der Ferne, der sich mit 8 Knoten durch die See schob. Wir brauchten nicht mal auf Abfangkurs gehen, nur tauchen und warten, sobald das Boot positioniert war. Um kurz vor ein Uhr hatte dr Tankr gedreht und lief wieder aus dem Hinterhalt heraus. Mehr aus Not peilte ich ihn über den Daumen an und feuerte trotz der Entfernung von etwa 5 km einen langsamlaufenden Torpedo auf den Briten ab, ließ das Periskop einziehen und auf Tiefe gehen. Die Detonation überraschte keinen so sehr wie mich.
'Torpedotreffer !' meldete sich Hausmann am Horchgerät zu Wort. 'Schiff sinkt !'
Eine weitere unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte ! Da man das Sinken nicht mehr sehen konnte, wurde ich danach von Larsen genötigt, mich noch einmal für eine kurze Impression am Periskop zu positionieren und den Moment des Abfeuerns der Torpedos nachzustellen. Zum Glück war er ein schneller und sicherer Zeichner !
Einen weiteren Anlauf auf einen US-Frachter mußten wir am 20. Januar abbrechen, da wir von drei feindlichen Zerstörern abgedrängt wurden und entsprechend nicht zum Schuß kamen. Mit den restlichen Reserven schafften wir es, auf der Rückfahrt jeweils einen amerikanischen und britischen Frachter sowie einen US-Tanker zu versenken. Ein britisches Küstenschiff, das sich vor die holländische Küste wagte, mußten wir mangels Munition laufen lassen.
Am 22. Januar 1918 um 15 Uhr 37 lief UC-83 in den Hafen des Marinestützpunktes ein, wo wir an der Mole bereits von einer größeren Menge erwartet wurden. Auch eine Kapelle war anwesend und begann zu spielen, als wir anlegten. Anscheinend gab es übermäßig gute Nachrichten, wenn von Rahden diese Form wählte. Oder die Kriegslage hatte die Besatzung von Helgoland derart ausgedünnt, daß er nicht mehr genug Leute für eine Präsentation im nicht-beengten Rahmen fand. Ich wußte es nicht und so genau wollte ich es auch nicht wissen...
https://www.youtube.com/watch?v=i9xTGAWiGdc
'Oberleutnant, mit den auf ihrer Feindfahrt gemeldeten Versenkungen haben sie jetzt mehr als 300.000 Tonnen feindlichen Schiffraumes versenkt ! Der Admiralstab hat mich daher ermächtigt, Sie wegen ihrer hervorragenden Leistungen und der beispielhaften Führung ihres Bootes und ihrer Mannschaft bevorzugt zum Kapitänleutnant zu befördern. Weiterhin haben ihre Leistungen im November den Großherzog von Mecklenburg-Strelitz dazu bewogen, Ihnen als Zeichen der öffentlichen und sichtbaren Anerkennung ihrer Verdienste das Ritterkreuz des Greifenordens zu verleihen, das ich ihnen hiermit überreichen darf !
Herzlichen Glückwunsch, Kapitänleutnant ! Machen sie weiter so !'
Die Überraschung wurde allerdings auch durch weitere Befehle getrübt. So erhielt ich im Anschluß Marschbefehle für Teile meiner Mannschaft, es kamen wohl neue Boote, die es zu bemannen galt, und da war es von Rahden lieber, einige Veteranen mit an Bord zu wissen, als die Boote rein mit Frischlingen, ja halben Kindern, bemannt rauszujagen. Wenn das bedeutete, einige Mannschaften auseinanderzureißen, dann war das eben so ! Hinter diesem Schreibtisch mochte der Krieg wohl ganz einfach aussehen... Grundsätzlich hatte von Rahden ja Recht, aber ich war davon getroffen, gute Männer abgeben zu müssen. So galt es im Offizierskasio nicht nur den Orden und die Beförderung zu feiern...
Immerhin hatten alle drei Wachoffiziere der verbliebenen Schwesterboote nun ihr eigenes Kommando ! Oberleutnant zur See Wiedau würde UC-87 befehligen, Oberleutnant zur See Schulte bekam UC-88 und Oberleutnant Ruschdahl UC-89. Interessanterweise waren es alles UC-II Minenboote, die wir neu bekamen. Der Großteil der auf der Basis Helgoland stationierten Boote war ja vom UB-Typ. So würden die sieben Boote sich also verbunden bleiben, sofern sie nicht durch die Admiralität anderslautende Destinationen erhielten. Das war wenigstens etwas... So hatten auch die Wachoffiziere ordentlich etwas springen zu lassen, und auch Larsen ließ sich zum Abschied nicht lumpen. Er meinte, es wäre interessant gewesen und er wäre gerne nochmal dabei. An meine Antwort konnte ich mich am nächsten Morgen aber nicht mehr erinnern. Der einzige Wehmutstropfen war, daß die Unterlagen der neuen Wachoffiziere und Mannschaften noch nicht vorlagen, aber ich hoffte, daß wenigstens die Männer bis zum nächsten Auslauftermin ankommen würden.
[OOC: Man merkt sicher, daß wir uns momentan ein bißchen in die Ecke geschrieben haben und Mühe haben, die Feindfahrten abwechslungsreich zu halten. Ein großes Manko im Moment. Wir werden einen Versuch starten, auch für uns wieder mehr Spannung hineinzubringen, da wir deutlich zu weit gespielt haben und uns jetzt teilweise auch die Ungeduld im Nacken sitzt, endlich wieder das Spiel einzuholen, damit es weitergehen kann ! Insofern entschuldigen wir uns für den in letzter Zeit eingerissenen Telegrammstil und hoffen, die Darbietunsform wieder etwas bunter machen zu können.]
Werter Graf, wir sind mit eurer Erzählweise bislang sehr zufrieden, daher kommt auch keinerlei Kritik von uns, aber dafür grosses Lob für den lebhaften Schreibstil...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Sonntag, 3. März 1918, Marinebasis Helgoland
Inzwischen waren die neuen Männer eingetroffen. Leutnant zur See Steinbach war 22 Jahre alt, Sohn eines Beamten aus Stettin. Ich blätterte die passenden Einträge noch einmal durch. Eintritt in die Marine als Kriegsfreiwillige mit der Anwartschaft auf die Seeoffizierlaufbahn Januar 1915. Körperlich unauffällig, schmächtig, aber nichts, was die Tauglichkeit herabsetzte. Infanteristische Grundausbildung bei der 1. Matrosendivision in Kiel ( Die Marineschule in Mürwik hatte ja seine Tore bei Kriegsausbruch geschlossen und war zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder geöffnet worden) Februar und März 1915. Beurteilungen durchschnittlich. April 1915 Borddienst auf dem Schulschiff 'Freya', danach von Mai 1915 bis Mai 1916 Borddienst im II. Geschwader auf dem Linienschiff 'Hessen'. Den Skagerrak hatte er also nur knapp verpaßt. Sicher im Umgang mit Vorschriften und fachlichen Kenntnissen, Defizite in Menschenführung, ein Symptom der Kriegsausbildung, an sich aber ja nach Ausprägung nur ein geringfügiges Problem. Ich mußte lächeln, als ich an den alten Pott und meine eigene Zeit beim II. Geschwader dachte. Ich hatte allerdings damals auf der 'Schleswig-Holstein' meinen Borddienst abgeleistet, war aber ein paarmal im Auftrag auf der 'Hessen' gewesen, etwa als Bootsmann Jacobs mit einem der Deckoffiziere gewettet hatte, wir würden es nicht schaffen, ihm einen der Stander vom anderen Schiff zu 'besorgen'... Juni bis August 1916 Marineschule Mürwik, unter anderem Navigationslehrgang. Noten überdurchschnittlich, charakterliche Eignung mit Abstrichen vorhanden. September und Oktober 1916 Artillerielehrgang. Danach Borddienst bei den Schulbooten. Seeoffiziershauptprüfung bestanden mit 'Gut' in den meisten Bereichen, Beförderung zum Leutnant zur See am 1. Juni 1917 mit passendem Rangdienstalter. Danach zurück zum Flottendienst als Divisionsoffizier auf dem Schlachtkreuzer 'Derfflinger' und schließlich Meldung zu den Untersebooten. Nun war er also hier.
Die Männer, die er mitbracht, waren frisch aus der Stammeinheit, der älteste 19, die anderen beiden 18 Jahre alt. Neben ihnen wirkte die Besatzung nochmal älter, auch wenn es bei vielen nur 2 oder 3 Jahre waren. Die Beurteilungen waren durchschnittlich, keiner stach hervor, weder als As noch als Querulant, das gab Grund zur Hoffnung. Einer würde zu Bremers Schwarzfußindianern kommen, die anderen beiden waren Deckspersonal. Im Grunde war ich froh, daß ich keinen Decksoffizier oder Unteroffizier hatte abgeben müssen. Sogar Schröder hatte ich behalten können, obwohl seine Verdienste und Auszeichnungen ihn geradezu prädestinierten. Ich würde mich nicht darüber beschweren.
Insgesamt hatte 1918 die Erwartungen bisher nicht enttäuscht. Im Januar hatte es in Berlin und anderen Städten einen großangelegten Streik gegeben, der aber Anfang Februar zusammengebrochen war. Trotzdem war es ein Warnsignal, daß Deutschland den Krieg nicht mehr ewig würde führen können und daß die Versorgungslage kritischer wurde. Auf der anderen Seite hatte es allerdings vor wenigen Tagen erst Nachrichten gegeben, die es möglich erschienen ließen, trotz dieser Umstände den Krieg doch noch zu einem guten Ende zu bringen: Nach den wiederaufgenommenen Offensivaktionen hatte Rußland den Friedensbedingungen des Reiches zugestimmt. Man mochte davon halten was man wollte, aber das machte den Weg frei für die Offensive, die im Westen die Entscheidung bringen sollte und mußte. ich hoffte, daß es nicht zu spät war. Das Beharren auf einen Siegfrieden im Osten hatte zwar jetzt den Brotkorb der Ukraine für Deutschland geöffnet und auch Polen und das Baltikum konnten herangezogen weden, die Bevölkerung zu versorgen, aber mit dem, was die Amerikaner heranschafften, war es immer noch ein Rennen gegen die Uhr, rechtzeitig offensiv zu werden bevor man uns das Heft des Handelns aus der Hand riß... Während also die Divisionen nach Westen strömten, hoffte ich, daß nicht zuviel Zeit mit dem Erzwingen des Friedens verlorengegangen war ! Wir würden es sehen. Diese Offensive würde mit allen freien Divisionen geführt. Wenn sie nicht durchkam, würde der Krieg wer wußte wie lange dauern. Das galt es um jeden Preis zu verhindern !
Aber in der Zwischenzeit gab es Dinge zu tun, die uns direkter betrafen. Korvettenkapitän von Rahden eröffnete mir in Kurzform die selben Nachrichten. Deutsche Divisionen die nach Westen verlegten. Das Getreide aus Polen und der Ukraine. Die Moralhebung, die daraus erwuchs und wie diese Frühjahresoffensive den Krieg entscheiden konnte. Ebenso umriß er kurz, wie mehr und mehr amerikanische Marineeinheiten in englischen Gewässern anzutreffen waren und daß der Feind weiter unter Druck gesetzt werden mußte, koste es, was es wolle ! Dazu würden alle sechs UC-II Boote am 8. März auslaufen und verschiedene Positionen verminen und danach um die britische Insel patrouillieren. UC-83 wurde erneut der Solent Mündung an der Isle of Wight zugewiesen, um die Einfahrt für Portsmouth und Southampton zu sperren. Unser Patrouillengebiet würde die Iroise sein, genauer, der Westeingang des Ärmelkanals ! Ansonsten freie Jagd, um dem Gegner den größtmöglichen Schaden zuzufügen.
So trafen sich die Kommandanten aller sechs Boote an der Mole, um ein weiteres Mal abzustecken, wer wann wo sein würde, damit wir uns nicht gegenseitig umfuhren. Ich hatte ja die Solentmündung zugewiesen bekommen. Oberleutnant Ruschdahl würde am Kap Hague vor der Halbinsel Cotentin operieren, Oberleutnant Schulte am Firth of Forth und Oberleutnant Hansen vor Aberdeen. Oberleutnant von Wiedau sollte Plymouth anlaufen und Oberleutnant von Müller vermite den Seehafen von Brest. Drei Tage nach uns würde ein neuer Offizier, der noch nicht namentlich bekannt war, da er noch eintreffen mußte, mit Jaedickes Boot rausfahren und Calais verlegen. Die UB Boote waren wohl ebenfalls zur Jagd auf Konvoi und Einzelfahrer abgestellt und rotierten in Schichten, um eine möglichst lückenlose Überwachung sicherzustellen. Es ging ab jetzt um sehr viel, jeder von uns wußte es und jeder wußte, daß die Ententemächte wußte, daß wir es wußten. Im Gesicht jedes einzelnen Kommandanten stand deutlich zu lesen, was alle wußten aber keiner aussprach:
Bisher war schon mit harten Bandagen gekämpft worden, aber gerade jetzt, wo alles auf Messers Schneide stand, würde es da draußen kein Pardon mehr geben !
Inzwischen war ich der rangdienstälteste Offizier, was mir die Autorität gab, das Treffen zu beschließen. Ich musterte jeden der Kommandanten um mich herum. Jeder einzelne wirkte fest entschlossen, seine Pflicht zu tun, jetzt mehr als jemals zuvor. Ich rollte die Einsatzkarte zusammen.
"Meine Herren, ich muß sie nicht auf die Lage hinweisen oder ihnen politische Erwägungen auseinandersetzen. Jeder von uns weiß, warum er hier ist und was dort draußen von ihm erwartet wird. Es wird nicht leicht werden, gerade mit den amerikanischen Kübeln über die ganze See verstreut, aber wir werden auch diesen Handschuh aufnehmen. Halten sie sich vor Augen für wen sie kämpfen. Erfüllen sie den Auftrag. Bringen sie ihre Männer heil wieder nach Hause. Ich erwarte sie nach dem Einsatz alle ohne Ausnahme wieder zurück. Besonders viel Glück wünsche ich den kameraden, die heute ihre erste Feindfahrt als Kommandant absolvieren. Ich weiß sie werden sich hervorragend schlagen. Jeder von ihnen hat vielfach bewiesen, wozu er fähig ist.
Das wäre alles. Mast- und Schotbruch und Gott befohlen ! Viel Erfolg da draußen !"
Ich salutierte und die Kommandante grüßten zurück. Ich verabschiedete jeden von ihnen mit Handschlag, dann löste sich unsere Gruppe auf und jeder strebte seinem Boot zu. Die Vorpostenboote warteten schon. An der Mole angekommen enterte ich auf den Turm von UC-83, wo mein neuer Wachoffizier bereits am Schanzkleid stand.
"Boot klar zum Auslaufen, Herr Steinbach ?"
'Jawohl, Herr Kapitänleutnant ! Boot und Besatzung sind klar !'
"Gut. Lassen sie die Leinen losmachen und bringen sie uns raus !"
Steinbach löste diese Aufgabe zu meiner Zufriedenheit und so ließ UC-83 den Stützpunkt hinter sich, um seine 9. Feindfahrt anzutreten.
Wir als eifriger Mitleser eurer Fahrtberichte, wünschen euch dazu viel Glück und viel Erfolg...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
So, wir haben Uns versuchsweise ein Aufnahmeprogramm besorgt und die letzte Feindfahrt (diejenige nach der, die gerade begonnen hat) mitgeschnitten. Vielleicht bekommen wir daraus ein paar brauchbare Screenshots. Versprechen wollen wir aber nichts ! Ein wenig leid täte es ja schon um das verschenkte Potential... Aber warten wir es ab !
Werter Graf,
auf die Bilder freuen wir uns bereits...!! :)
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
So, Wir sind auch wieder auf dem neusten Stand. Sehr gut geschrieben, werter DerGraf! :top: Weiter so! Wir sind auch schon auf das Ende des AAR gespannt - ja, und nun dürft Ihr Uns hauen! :D
Ich beugte mich neben Obersteuermann Marek über die Karte und kaute auf dem Mundstück der Pfeife. Das Boot lief mit äußerster Geschwindigkeit auf Kurs 310 und bahnte sich seinen Weg durch die See, dem Ziel entgegen. Leutnant Steinbach war als Wachhabender auf dem Turm und kontrollierte die Seewache. Für die Mission war es eigentlich am zweckmäßigsten, durch die Doverpassage zu fahren, das Minenfeld zu durchbrechen und dann den Kanal in voller Länge zu durchqueren, um nach verminen des Zielgebietes die Westzufahrt zu patrouillieren. Aber im Hinblick auf die zunehmende Bewachung der Sperre und die immer noch bestehende Lücke nahe Scapa Flow hatte ich mich für den Weg über die Nordpassage entschieden. Getaucht würden wir wohl mit etwas Glück durchkommen und um die Minen herumkommen. Der Betriebsstoffvorrat des Bootes erlaubte diesen Umweg, sofern die Patrouille sich nicht zu lange hinzog. So mußte das Boot durch das Operationsgebiet und die Hälfte des Kanals sowie danach noch einmal halb durch den Kanal, aber ich rechnete mir aus, daß man aus dieser Richtung nicht mit uns rechnen würde und wir weniger Widerstand hätten. Wenn dann noch das Wetter mitspielte und keine Flieger unterwegs waren... Alles in allem ein solider Plan, meiner Meinung nach ! In 40 Stunden sollten wir die schottische Küste erreichen, von da an war geplant, die Nordküste Schottlands entlang zwischen dem Festland und den Hebriden hindurch in die Irlandstraße und dann durch das Keltische Meer, vorbei an Cornwall, in den Kanal zu laufen.
Um unentdeckt zu bleiben, wollte ich zunächst versuchen, die Ostküste ohne Angriffe hinter mir zu lassen. Bereits gegen 19 Uhr meldete Obersteuermann Marek den ersten Kontakt, der sich als amerikanischer Zerstörer herausstellte. 40 Sekunden später schloß sich die Nordsee über dem Boot und wir liefen ohne entdeckt worden zu sein einen kleinen Bogen, um den Zerstörer auszuweichen, und kehrten dann auf den Kurs zurück. Dasselbe Spiel wiederholte sich früh am nächsten Tag, als wir einem kleinen Küstenschiff ebenfalls auswichen. Als gegen Mittag des 9. März allerdings ein Schiff unseren Kurs äußerst einladend kreuzte, mußte ich abwägen... Wir waren noch nicht so dicht an der Sperre, wie ich gehofft hatte, sondern erst auf Höhe Edinburgh. Das bedeutete, daß dieses eher kleine Schiff, ein Kohlenschiff wie Steinbach mit Hilfe des Lloyd's Register feststellte, uns einen wertvollen Anfangserfolg liefern konnte, aber eben auch in der Lage war, die Flotte zu alarmieren, sobald sie an Land anlangten. Der Abstand zwischen Scapa Flow und unserer projektierten Route war nicht groß, wenn man dort auf uns wartete, konnte es haarig werden. Nach einem weiteren Blick durch das Fernglas und einem Seitenblick auf den deutlich unternehmungsfreudigen neuen Wachoffizier, war ich geneigt, es zu wagen. Den Ausschlag gab schließlich der Kurs des Schiffes, das sich zunhemend von Schottland entfernte, und die Schiffsklasse, da Kohlenschiffe zu den Typen gehörten, die unmodifiziert nicht schneller als 10 Knoten laufen konnten. Also ließ ich Marek den passenden Kurs anlegen und die Verfolgung aufnehmen, die nach 70 Minuten damit endete, daß die Besatzung das Schiff verließ und in Richtung britische Insel ruderte. Ich hatte mir die Pfeife angezündet und wartete auf die Rückkehr des Prisenkommandos.
"Also, Herr Steinbach, wir haben ein Schiff in feindlichen Gewässern, das ich angehalten und nicht warnungslos versenkt habe. Begründen Sie meine Handlungsweise anhand der Prisenordnung und legen sie fest, warum ich das getan habe und wie mit dem Schiff zu verfahren ist."
Leutnant Steinbach wirkte zuerst etwas verunsichert, dachte dann aber angestrengt nach. Persönlich ging mir das etwas zu langsam, aber er war ja noch neu, also ließ ich ihm Zeit. Ich fand es wichtiger, daß er seine Vorschriften kannte, als daß er in kürzester Zeit eine wacklige Antwort gab, derer er sich nicht sicher war. Die Schrauben anziehen würde ich später. Nach einer Zeit meldete er sich schließlich zu Wort.
'Herr Kapitänleutnant haben das Schiff als Kauffahrteischiff eingeordnet und durch die Flagge die Feindlichkeit bestimmt.' Ich nickte, und er fuhr fort. 'Da es ein feindliches Schiff ist, sind Herr Kapitänleutnant berechtigt, es anzuhalten und zu durchsuchen. Es handelt sich bei der Ladung um Kohle, also Banngut, weshalb das Schiff nach dem Seerecht als Prise genommen oder versenkt werden darf.' Ich nickte erneut. "Wo genau liegt der Unterschied zwischen der Behandlung eines feindlichen und eines neutralen Schiffes, Herr Steinbach ?" Wieder überlegte er etwas. 'Ein neutrales Schiff wird nur dann als feindlich behandelt, wenn es sich den Prisenmaßnahmen, wie etwa einer Durchsuchung gewaltsam widersetzt. Weiterhin wenn es die Blockade bricht, Konterbande ist, etwa ein Kriegsschiff, oder mehr als die Hälfte der Ladung aus Konterbande besteht. Selbiges gilt, wenn es den feind neutralitätswidrig unterstützt, etwa durch Beförderung von Nachrichten, Truppen oder unter Umständen auch Einzelpersonen von hoher Relevanz.' Ich hätte ihn mit einigen der etwas verzwickteren Verordnungen durchaus noch etwas weiter treiben können, beschloß aber, daß das für heute genug Seerecht gewesen war. Was diese Grundlagen anging, war Steinbach also mehr oder weniger vorbereitet.
"Ganz recht. Herr Steinbach, versenken Sie das feindliche Schiff !"
Damit begab ich mich in das Bootsinnere und überließ die Versenkung dem Wachoffizier, der die Versenkung etwa 7 Minuten später melden konnte. ich verzeichnete die etwa 2.700 BRT im Logbuch und wir tauchten wieder ab, um uns von der Untergangsstelle zu entfernen, um dann wieder auf Kurs zu gehen. Nach dem Anfangserfolg blieb die weitere Fahrt ruhig und auch von der Navy oder den Marinefliegern blieben wir verschont. Gegen Mitternacht passierte das Boot Aberdeen und arbeitete sich durch die Minensperre, wo ebenfalls weder Bewacher oder Flieger noch sehen waren, bevor wir langsam die Nordküste Schottlands entlangfuhren. Die folgende Nacht verlief ebenfalls ruhig.
Am 11. März um 7 Uhr 20 erreichten wir die Einfahrt des Nordkanals, der Meerenge zwischen Irland und Schottland. ich stand zusammen mit Steinbach und der Seewache auf der Brücke, einen Becher Ersatzkaffee in der Hand. Der kitzligste Teil der Fahrt stand uns damit nun bevor. Von der Seewache auf einen Punkt an der Kimm hingewiesen sah ich genauer hin. Ein US-Zerstörer, der hier wohl zwischen Cairnryan und dem Mull of Kintyre Patrouille fuhr, kam uns recht schnell entgegen. Hatte er uns entdeckt ? Eilig gab ich den Befehl zum Einsteigen und ließ Schröder sofort auf Sehrohrtiefe gehen, dann, als der Zerstörer weiter auf uns zulief, auf 40 Meter. Damit hatten wir noch 10 Meter Spielraum, danach riskierten wir das Boot... Da wir nicht feststellen konnten, ob der Zerstörer auf uns zuhielt oder nur seinen Kurs lief, blieben wir im Keller und Marek navigierte blind durch die Fahrrinne, wo es am tiefsten war. Wenn wir entdeckt waren, würden die Wasserbomben das schon zeigen, aber jeder hoffte das beste. Besonders der Leutnant wirkte arg blaß um die Nase.
'Laute Schraubengeräusche, Herr Kapitänleutnant ! Zerstörer überläuft uns !'
Ein Glück, dass im grossen Krieg(WKI) die Alliierten nicht über ASDIQ oder Sonar verfügten, sondern nur über Hydrophone, daher könnte es gelingen, dem Zerstörer zu entkommen. Wir wünschen Euch dazu viel Glück und viel Erfolg...:ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
Aber wider Erwarten geschah... nichts ! Das Hydrophon erlaubte, mitzuhören, wie der Zerstörer ablief und immer leiser wurde, bis er in der Ferne verschwand. Auch zwei britischen Zerstörern mußten wir in den folgenden 10 Stunden noch ausweichen, bis wir die Zufahrt zum Hafen von Belfast unentdeckt und unbehelligt erreichten.
"Projektierter Kurs, Herr Marek ?"
'Wenn das Boot weiter aufgetaucht und mit voller Kraft Fahrt macht, erreichen wir das Zielgebiet in 42 Stunden, Herr Kapitänleutnant ! In nicht ganz 25 Stunden sollte das Boot Cornwall erreichen.'
Wie zur Bestätigung streckte er sich etwas. 'Ich weiß nicht, wie sie das sehen, aber ich habe bei dieser Fahrt ein gutes Gefühl.' "Dann hoffen wir das Beste, Herr Marek !"
Das Gefühl des Steuermanns sollte sich bestätigen. Ohne weitere Kontakte erreichte UC-83 gegen Mitternacht die Linie Dublin-Liverpool und arbeitete sich weiter südwärts vor. Um 5 Uhr 16 Minuten erreichte das Boot die Cardigan Bay vor der walisischen Westküste und wich auch dort einem S-Klasse Zerstörer aus. Ich war zu der Vermutung bereit, daß es ein Einzelfahrzeug war, das den Auftrag hatte, die Bucht vor U-Booten zu schützen. Immerhin gab es dort nicht nur Seebäder und angeblich sogar Delphine, sondern auch eine starke Werftindustrie, die in der momentanen Kriegslage wohl auch rüstungstechnisch überaus bedeutend war... Ich hatte aber nicht vor, mich nur wegen eines möglichen Jagdgrundes unnötig mit einem Zerstörer einzulassen, weshalb wir die Bucht getaucht passierten und dann wieder auf Kurs gingen.
'Schiff Steuerbord voraus, Peilung 257, mittlere Fahrt ! Entfernung etwa 100 hm.'
Das war um 5 Uhr 46 gewesen. Für den fünften Seetag alles andere als schlecht ! Ein Blick durch das Fernglas verbesserte die Laune noch. Es war definitiv ein Tanker, der da zwischen uns und der irischen Küste seine Bahn zog. Das Boot wurde in Gefechtsbereitschaft versetzt und ging auf Abfangkurs. Ich schob die Mütze etwas in den Nacken und beobachtete, wie der Vorsprung des Tankers langsam aber stetig dahinschmolz. Nach etwa 26 Minuten hatte sich der Abstand bereits auf etwa 68 hm verringert.
'Tanker Backbord achteraus, Herr Kapitänleutnant ! Kleine Fahrt, Kurs 337.'
Ich sah nach. Tatsächlich ! Ein zweiter Tanker, dummerweise aber mit Kurs Nordnordwest, also wahrscheinlich Dublin oder Belfast. Gesunder Menschenverstand diktierte, den zweiten Tanker vorerst zu ignorieren, er war weiter entfernt und hatte noch ein gutes Stück Strecke vor sich, sodaß zumindest dort die Chance bestand, ihn vor dem Ziel abzufangen. Also blieben wir auf dem Kurs und schoben uns weiter an den ersten Tanker heran. Der zweite verschwand bald an der Kimm. Pech ! Vielleicht konnten wir ihn einholen, sobald der erste erledigt war ! Dieser verhielt sich trotz der Nähe der irischen Küste verständig und gab auf, als das Boot dicht genug heran war, um das Schiff anzublinken. Da das Schiff still auf der See lag, nachdem die Besatzung es verlassen hatte, war die Torpedolösung keine Kunst. Steinbach löste die Aufgabe zu meiner Zufriedenheit während Marek das Boot in eine geeignete Position brachte, um den Fangschuß anzusetzen. Um 6 Uhr 46 detonierte der aus 6 hm abgeschossene Torpedo am Bug des Frachters, der daraufhin Feuer fing und langsam brennend in der See versank. Dieses Öl würde Cork nicht erreichen ! Danach ließ ich Marek umgehend Kurs Nordnordost setzen, um zu versuchen, den zweiten Tanker doch noch einzuholen... Ich rechnete nach. Mit einer Marschfahrt von 8 Knoten hatte der Tanker jetzt über den Daumen knapp eine Stunde Vorsprung. Mit 11 Knoten sollten wir ihn also, wenn er weiter auf seinem Kurs war, in grob drei Stunden eingeholt haben. Gewiß, eine grobe Überschlagsrechnung, aber meiner Meinung nach für diese Zwecke völlig ausreichend.
Aber wir fanden das Schiff nicht wieder ! Erst nach 9 Stunden in der irischen See meldete die Seewache auf der Höhe Dublin-Liverpool wieder einen Kontakt, als wir schon wieder auf dem Weg nach Südosten waren. Allerdings war es nicht etwa der Tanker, den wir suchten, oder ein anderer. Nein, mit unserem Glück schnitten wir den vorausberechneten Kurs einer Berberis-Sloop. Leutnant Steinbach wollte das Schiff wohl gerne angreifen, das war nicht schwer abzulesen. Auch ich hatte gut Lust, es zu versuchen, immerhin lagen wir günstig. Also steckte Marek den beobachteten Kurs ab und berechnete ihn weiter, während das Boot tauchte und sich entlang dieses Kurses in den Hinterhalt legte. Dann blieb nur noch das Warten ! Mit gestoppten Maschinen hing das Boot am Sehrohr, das immer wieder tief unterschnitt, aber ich war nicht gewillt, den Spargel zu weit aus dem Wasser zu schieben. Wenn das Periskop entdeckt wurde, würde kein Auge trocken bleiben, soviel war klar ! Aber das Schiff schob sich nichtsahnend immer weiter heran. Ich tüftelte an einer Schußlösung und ließ Steinbach die Lage beobachten und mir regelmäßig die Werte durchgeben. Der Schuß mußte sitzen, aber zu dicht konnte man das Schiff nicht heranlassen. Der verflixte Teufelskreis des U-Bootfahrers ! Als ich Steinbach ablöste, war die Sloop noch 47 hm entfernt. Für einen Schuß riskant, gerade bei der Geschwindigkeit des Schifes, aber das Periskop durfte nicht gesichtet werden, bis der Torpedo am Ziel war. Hier das Maß zu finden, war schwierig ! Aber hier waren wir, also würden wir angreifen !
"Entfernung zum Ziel 47 hm. Feindkurs 239, Peilung 160. Feindgeschwindigkeit 8 Knoten."
'Bestätige: 47 hm Zielentfernung, Kurs 239, Peilung 160 !'
"Torpedo auf 2 m Tiefe einstellen. Torpedogeschwindigkeit 26 Knoten."
'Torpedo auf 2m Tiefe und 26 Knoten eingestellt !'
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
Ich sah auf die Uhr. 16 Uhr und 52 Minuten. Der Torpdeo würde eine Laufzeit von nicht ganz sechs Minuten haben. 360 Sekunden in denen viel passieren konnte ! Aber das war nicht mehr zu ändern. Bangemachen galt nicht !
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Da uns jetzt das Gesetz des Handelns aus der Hand genommen worden war, und der Lauf der Dinge nicht mehr zu beeinflussen war, zog ich das Sehrohr wieder ein, um die Entdeckungschance zu verringern, und fixierte die Uhr, während die Sekunden nur zögerlich und quälend langsam verstrichen. Schließlich waren die 360 Sekunden dann doch beinahe um...
'Torpedotreffer !'
Die Detonation war durch das Wasser gut zu hören, aber dank des Abstandes wurden wir nicht durchgeschüttelt. ich entschied mich demnoch, nicht sofort zurück auf den Generalkurs zu gehen, sondern einen kleinen Bogen zu schlagen, um zu sehen, ob vor Cork nicht noch etwas zu finden war. Im Hinblick auf unseren Treibstoffvorrat glaubte ich, mir das erlauben zu können. Und was von Rahden anging, der würde es zwar recht bald herausfinden, aber ich konnte mir vorstellen, daß er das nicht so genau nehmen würde, solange die Ergebnisse stimmten. Zumal ich ja als Vorzeigekommandant der 2. Flottille auch noch sozusagen etwas Kredit bei ihm hatte. Und mit dem bisherigen Stand der Feindfahrt war ich schon ganz gut bedient, wenn auch nicht für die Verhältnisse, die von Rahden von mir gewohnt war, aber man wurde ja bescheiden mit der Zeit. 17.400 BRT waren ja zumindest ein guter Anfang !
Der 13. März brach an und das Boot war noch immer mit Destination Cork unterwegs. Bislang war alles ruhig gewesen und keine Schiff störte die Idylle, die an Irlands Küste zu herrschen schien. Dachte man sich das Deckgeschütz und die Torpedowaffe an Bord sowie die militärischen Ränge und ähnliches weg, konnte man sich fast wie im Frieden fühlen ! Ich saß mit einem Becher Ersatzkaffee auf der Brücke und ließ mir ein Brot mit Streichfett munden, das meiner Meinung nach doch sehr nach Steckrübe schmeckte, aber der Schmutt konnte ja auch nur einbauen, was an Bordmitteln vorhanden war. Mit der gepriesenen Vierfruchtmarmelade hätte ich den Geschmack noch weiter abmildern können, aber dieses Gepansche war dann sogar mir widerlich. Marineoberingenieur Schröder und Obersteuermann Mark zeigten keine solchen Hemmungen, was die Qualität des Brotaufstrichs anging. ich wußte nicht, ob ich sie dafür beneiden sollte, oder lieber nicht !
'Fast wie im Frieden, nicht ? Da wünscht man sich doch die Entscheidung bald herbei !' Das war Schröder gewesen, der immer noch auf beiden Backen kaute. 'Nicht, daß wir irgendwann nach Hause kommen und Leute sind komplett aus. Dann lieber wie im Osten. Zack und weg und Frieden.' "Ich denke, daß ist der Plan, Herr Schröder, deswegen die Frühjahrsoffensive." Bei solchen Gesprächen fiel mir dann immer ein, daß Schröder ja weitestgehend unbeteiligt am Kriegsgeschehen war. Familie, die über seine Eltern und zwei ältere Schwestern hinausging, hatte er ja nicht. "Gewissermaßen alles auf eine Karte gesetzt. Deshalb sind ja auch die Sperreinsätze so wichtig." 'Nur muß die Karte auch stechen, sonst ist's Essig. Nicht zuletzt auch mit den Konzessionen im Osten.' meinte Schröder. Marek äußerte sich zu dem Ganzen nicht, sondern leerte nur seinen Kaffee und langte nach dem Brot, um sich noch eine Scheibe zu schmieren. ich hätte viel darum gegeben, zu wissen, wie es in diesem alten Fahrensmann aussah ! Immerhin war der Steuermann auch schon 50 Jahre alt, hatte die Entstehung und den Werdegang des Reiches von frühauf verfolgen können und war nicht zuletzt seit 30 Jahren Marinesoldat. Wenn ich mich recht erinnerte hatte Marek 6 Kinder zuhause, auch wenn ich nicht wußte, wie es um Enkel bestellt war oder wieviele von besagten Kindern selbst schon an der Front waren, oder ob er auch schon Angehörige an den Krieg verloren hatte. In Situationen wie diesen kamen mir wieder die gesellschaftlichen Schranken in den Sinn, die dafür sorgten, daß die einzelnen Gruppen weitestgehend unter sich blieben. Die Akten der Männer kannte ich, aber darüber hinausgehende, persönlichere Dinge, die ich nicht im täglichen Umgang bemerkt hatte, kannte ich trotz der gemeinsamen Fahrenszeit nicht. Ich beschloß, darauf in Zukunft mehr zu achten. "Den Landkrieg können wir ja doch nur mittelbar beeinflussen, Herr Schröder. Tun wir also was wir können und überlassen wir das den Fachleuten." Schröder lachte nur. 'Der Krieg ist viel zu schade, um ihn den sogenannten Fachleuten zu überlassen. Genau wie die Politik.' Meine scharfe Erwiderung wurde durch die Seewache übertönt.
'Schiff gesichtet ! Peilung 26, Kurs 280, mittlere Geschwindigkeit !'
Ich beautragte Schröder, das Frühstückstablett nach unten zu bringen, dann nahm ich das Ziel selbst unter die Lupe. Auf die große Entfernung war nicht viel auszumachen. Die Größe kombiniert mit den Ladebäumen ließ es wie einen Frachter aussehen. Ich rief mir die Seekarte und unsere Position ins Gedächtnis. Kurs 280 bedeutete, daß was-auch-immer es war tatsächlich nach Cork wollte und uns direkt in die Arme lief. Nun, da gab es doch einen Spruch mit günstigen Pferden und ihren Gebissen, oder ?
"Kurs 320, beide Maschinen volle Leistung !"
'Kurs 320 liegt an, Herr Kapitänleutnant !' echote es durch das Sprachrohr. 'Volle Leistung.'
Wir brauchten eine halbe Stunde, um auf Signaldistanz zu kommen. Noch während die Signale hinübergeblinkt wurden, spekulierte ich, was uns erwarten würde. Würde der Brite aufgeben ? Würde er fliehen ? Würde er kämpfen ? ich hatte bereits von bewaffneten Booten gehört, die als Q-Schiffe eingesetzt wurden, sogenannte U-Bootfallen. Bisher hatten wir Glück gehabt ! So auch jetzt. Die Mannschaft ging von Bord und Braun versenkte das Schiff gekonnt mit der ihm eigenen Übung. Als wir wieder in Richtung Kanal drehten, behelligte uns niemand auf unserem Kurs.
11 Stunden später passierte das Boot Land's End, bereits beladen mit Versenkungen im Wert von 23.700 Tonnen. Aber das war nur das Vorgeplänkel gewesen, 6 Torpedos und etwa 100 Granaten hatten wir ja noch an Bord ! Im Kanal würde es ernst werden... Am 14. März sichtete die Seewache schließlich 3 1/2 Stunden vor dem Zielgebiet einen V-Klasse Zerstörer. Wir würden ihn umlaufen müssen und dann am Besten getaucht an das Zielgebiet heranlaufen, dort ebenso getaucht die Minen ablegen und dann zur Westeinfahrt durchbrechen. ich entschied mich, dafür durch den Solent zu fahren, anstatt wie auf dem Hinweg auf der Kanalseite um die Isle of Wight zu fahren. Dann über Cherbourg und Plymouth zurück in die Iroise und vielleicht sogar die französische Atlantikküste herunter. Das würde sich zeigen !
Außer zwei Zerstörern in sicherer Entfernung begegnete uns den ganzen Tag kein Schiff. Um 8 Uhr früh erreichten wir am 15. schließlich Plymouth. Der 7. Seetag. Erneut plante ich den Kurs zusammen mit Marek. Steinbach sah interessiert zu, hielt sich aber zurück. Wir kreuzten noch etwas vor Brest und steuerten Kurs SSO, die französische Küste herunter. Bordeaux sollte der Wendepunkt sein, dort angekommen ging es wieder in die Iroise zurück und dann, würden wir weitersehen. Die Dieselreserven waren noch reichlich vorhanden, darum brauchte ich mir keine Sorgen machen. Um 20 Uhr erreichte das Boot Brest und folgte dem Kurs entlang der Küste, wie geplant. Zwischen Nantes und Bordeaux gingen uns nacheinander zwei Frachter ins Netz. Einer von beiden hatte versucht zu flüchten. Erneut ärgerte ich mich über die geringe Überwassergeschwindigkeit des Bootes und dachte an Brinkmanns Boot zurück. Im Mittelmeer hatten wir Diesel-Flottenboote gehabt. Etwas älter als der UC Typ, aber dafür mit 16 Knoten über Wasser deutlich schneller und vor allem sauber. Brinkmann hatte gern erzählt, wie es ganz am Anfang auf den alten Petroleum-Booten zugegangen war... Nähme man alles für bare Münze, müßten alle Petrolbootfahrer bereits an Lungenkrebs gestorben sein, also nahm ich an, daß Brinkmann ordentlich Seemannsgarn eingeflochten hatte.
20 Uhr, 16. März 1918. An Land waren die Lichter von Bordeaux zu sehen. Also wieder Kurs NNW. Um Mitternacht Meldung der Seewache: Kontakt ! Ein US-Zerstörer, der hier ganz allein vor der französischen Küste patrouilierte, den wir aber schnell hinter uns ließen. Eine Stunde später, ein US-Frachter kam in Sicht. ich wollte ihn wohl gerne angreifen, aber ein Blick achteraus bestätigte meine Befürchtungen. Der Zerstörer war immer noch in Sichtweite ! ich schätzte die Maximalentfernung auf etwa 6 sm, also konnte der Zerstörer mit 22 Knoten Höchstfahrt in etwa 15 Minuten hier sein, 10, wenn er nur in Geschützreichweite wollte. Nicht, daß ich Braun nicht vertraute, ich wußte, wie schnell er ein Schiff unter Wasser bekam, aber ein Wagnis war es doch. Vater hatte immer gesagt, wenns dem Esel langweilig wird, geht er auf dem Eis tanzen. Nun, wenn dem so war, würden wir bald sehen, ob die Herren Amerikaner das Tanzbein zu schwingen vermochten ! Getaucht liefen wir auf den Frachter zu, aber Torpedos wollte ich nicht verbrauchen, wenn nicht nötig, also tauchten wir etwa 7 hm vor dem Schiff auf und eröffneten, als dieses sich zur Flucht wandte, das Feuer.
In der Tat blieb das nicht unbemerkt und der Zerstörer lief bald mit immer größer werdende Bugwelle auf unsere Position zu.
Wer würde schneller sein ?
Ein in der Tat sehr riskantes Spiel...:fecht: Wir hoffen mal, dass es dem werten Graf gelingt, das Boot noch rechtzeitig runter zu bekommen...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
edit: eure cliffhanger machen das Ganze noch spannender...
Braun ging mit seiner bekannten Verläßlichkeit zu Werke und schickte eine Granate nach der anderen gegen den Frachter, während dessen Landsmann beängstigend schnell aufholte. Ich ließ bereits das Boot zum Tauchen vorbereiten, während die Seewache nur noch auf den Zerstörer achtete, der sich Seemeile um Seemeile heranschob. Um 2 Uhr 32 Minuten in der Frühe verschwand der Frachter brennend im Wasser und wir bemühten uns, es ihm gleichzutun. Sobald Braun und seine Männer alles verstaut hatten, tauchte UC-83 schnellstmöglich ab und ging auf 40 m Tiefe. Mit einem Haken in Richtung Küste setzten wir uns vom Versenkungsort ab und liefen ab, den Zerstörer und einige vereinzelte Wasserbombendetonationen hinter uns zurücklassend. 39 Granaten befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch an Bord.
Der 17. März verging ohne Ereignisse, am 18. um 0 Uhr 20 erreichte UC-83 die Iroise vor Brest und lief noch einen kleinen Umweg über Cherbourg. Idealerweise wollte ich dort vor dem Rückmarsch noch einige Torpedos loswerden... In der Tat konnten wir hier gegen 10 Uhr vor der Küste des Departements Cote du Nord einen britischen Frachter stellen. Der Kapitän versuchte noch, dem Boot zu entkommen, aber da kein Hafen in Reichweite und die Distanz auch bereits zu klein war, hatte er keine Chance und zog es vor, das Schiff schließlich aufzugeben und sein Heil in Richtung der Steilküste zu suchen. 2 Stunden später lief uns ein Tanker in die Arme, dem wir einen Hinterhalt legten. Um 13 Uhr 16 wurde auch dieses Schiff Opfer des auf es abgefeuerten Torpedos. Damit hatten wir auf dieser Feindfahrt bereits 9 Schiffe mit insgesamt 52.500 BRT versenkt, wie Leutnant Steinbach feststellte. Ich ergänzte, daß es damit insgesamt nun 71 mit über den Daumen gepeilt etwas über 350.000 Tonnen wären, die UC-83 in den vergangenen 11 Monaten versenkt hatte. ich war nicht sicher, ob Steinbach derart beeindruckt war, oder eher verunsichert, weil ich nicht so enthusiastisch darüber sprach wie er. Keine 2 Stunden später sollten wir jedoch alle ein Deja-vu haben.
Um 21 Uhr 09 meldete die Seewache Kontakt mit einem Tanker, der sich bei näherer Betrachtung als Amerikaner herausstellte. Der anliegende Kurs deutete auf Southampton als Zielort hin. Nach einer halben Stunde hatten wir uns soweit an den Amerikaner angepirscht, als es hieß:
'Zerstörer Steuerbord voraus, schnell näherkommend !'
Noch ein Amerikaner ! Sie schienen diese Tage überall zu sein... Da der Tanker aber bereits zu verstehen gegeben hatte, daß er aufgeben würde, konnte ich davon ausgehen, daß die Amerikaner ihre jeweiligen Landsmänner noch nicht entdeckt hatten und bereitete daher das Boot zum Überwasser-Torpedoangriff vor. Der Tanker war nunmehr wehrlos und der Zerstörer hatte vom Abfeuern des Torpedos an im besten Fall nur noch etwa 2 Minuten, bis das Boot von der Wasseroberfläche verschwunden sein würde. 52 Sekunden Laufzeit hatte der Torpedo, 30 Sekunden benötigte das Boot in etwa, um zu tauchen. Aber so lang wartete ich nicht. Sobald der Torpedo abgefeuert war, ging das Boot in den Keller und einzig die Detonation verriet uns, daß der Tanker ebenso wie seine Vorgänger Geschichte war ! Der Zerstörer warf in der Ferne Wasserbomben, allerdings weit achteraus und ohne das Boot wirklich gefährden zu können. Der Suchkurs führte uns durch den Kanal bis auf Höhe Le Havre, und dann wieder zurück, von wo aus ich dann gedachte, die Heimreise anzutreten.
An sich war ich mit der Feindfahrt durchaus zufrieden, auch wenn die sich vermehrenden amerikanischen Zerstörer ein Alarmsignal waren, das den Einfluß der USA sehr deutlich illustrierte. Als wir am 19. März vor Le Havre einen Frachter mit Kurs Portsmouth aufbrachten, wendete sich das Blatt jedoch ! Ich wußte, daß 39 Granaten für ein solches Schiff knapp bemessen waren, gab Braun aber trotzdem den Befehl, das Schiff zu beschießen, als es sich zur Flucht wandte. Braun gelang es, das Schiff in Brand zu schießen, aber die Briten gingen nicht in die Boote sondern versuchten, mit ihrem brennenden Schiff zu entkommen ! Die Artilleriemunition war verbraucht. Wir folgten dem Schiff, in der Hoffnung, es würde doch noch absaufen, aber den Gefallen taten die Herren uns nicht ! Nach 2 1/2 Stunden war der Brite immer noch schwimmfähig und das Maß somit voll. Die Torpedowaffe kam zu ihrem Recht. Da der Brite kurioserweise immer noch Höchstgeschwindigkeit fuhr, galt es schnell zu handeln, und so feuerte das Heckrohr auf 12 hm den Fangschuß ab.
Er traf nicht !
Also wurde in Windeseile nachgeladen und dann auf bereits 36 hm der zweite Schuß abgegeben, der auch verfehlte ! Nach 10 Minuten des Planens ließ ich die Opration abbrechen. Einen dritten Torpedo wollte ich den Seelords nicht auch noch hinterherwerfen, zumal dieser auf fast schon Maximalreichweite eine noch schlechtere Trefferchance besaß ! Um 20 Uhr 20 gelang es uns, vor der Cote du Nord einen Tanker abzufangen und durch einen getauchten Angriff zu versenken. Damit hatte das Boot nur noch zwei Torpedos und ich hätte mich spätestens jetzt für die Heimfahrt entschieden. Am 20. März passierten wir gene 14 Uhr Land's End und mußten den Rest des Tages größtenteils getaucht verbringen. Insgesamt 4 Zerstörern und einem bewaffneten Trawler mußte ausgewichen werden, aber wir blieben unentdeckt. Am Folgetag verließen wir die Irlandstraße und stampften mit äußerster Fahrt die Westküste Schottlands entlang.
Am Nachmittag des 22. März sichteten wir auf Höhe der Inneren Hebriden einen Frachter, der sich dicht an der Küste hielt und wohl in die Richtung wollte, aus der wir kamen. Etwa 60 hm trennten uns noch vom Frachter als dieser uns bemerkte und langsam den Kurs zu verändern begann. Das Wendemanöver kostete aber Zeit und so arbeiteten wir uns weiter heran. Der Matrose Vogel behielt den Gegner im Auge und machte seinem Unglauben, was er da zu sehen bekam Luft.
'Die laufen direkt auf die Felsen zu ! Sind die denn blind ??'
In der Tat wagte sich das Schiff sehr dicht an die Uferfelsen heran, um Angriffe zu erschweren, hatte ich angenommen. Nun aber machte drüben niemand irgendeine Art von Ausweichbewegung. Ich sah Menschen auf dem Deck umherlaufen, während das Schiff frontal auf die Küste zuhielt. Dann rammte die See das Schiff in den Fels. Der Frachter sank schnell, und als wir nahe der Havariestelle angelangt waren, war vom Schiff nichts mehr zu sehen.
"Maschinen kleine Fahrt voraus ! Bringen Sie uns dichter ran, Marek, vielleicht finden wir noch jemanden... Hausmann, behalten sie die Wassertiefe im Auge. Vogel klar bei VARTA-Leuchte !" 'Es hat keinen Zweck, Herr Kapitänleutnant ! Bei der Strömung und diesem Seegang finden wir keinen mehr und gefährden nur das Boot, und dazu noch für feindliche Seeleute, die dann wieder das nächste Schiff bemannen... Die sind sowieso alle erledigt !' "Herr Steinbach, gehen sie unter Deck und halten sie sich dort zur Verfügung. Jetzt !" 'Herr Kapitänleutnant meinen...' "Das ist ein Befehl, Herr Steinbach !" Steinbach zögerte, das Schlimmste, was er tun konnte, um seine Situation noch zu verschlimmern. Die Unentschlossenheit lähmte ihn. "Wegtreten, Leutnant !" Ich hatte eine Weile nicht mehr auf einem Kasernenhof gestanden und mochte es auch nicht, meine Stimme übermäßig zu erheben, aber meine Vorgesetzten hatten meine Befehlsstimme immer lobend hervorgehoben und sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Der Wachoffizier zuckte etwas zusammen, meldete sich ab und stieg in das Bootsinnere. Ich würde ihm nachher noch einmal auf den Zahn fühlen müssen... Zunächst aber galt es, die See nach Überlebenden abzusuchen ! Langsam wurde es dunkel und je länger es dauerte, desto unwahrscheinlicher wurde-
'Da vorne, Herr Kapitänleutnant ! 30°, ungefähr 100 m.' Gehring glaubte, etwas gesehen zu haben und Vogel schwenkte die VARTA-Lampe, um die Wasseroberfläche abzusuchen. Ich sah mit dem Fernglas nach. Tatsächlich, da war jemand im Wasser ! Ob er noch am leben war, war aber nicht zu erkennen. Ich fluchte. Einen Bootshaken oder etwas ähnliches hatten wir nicht, also mußte eine Leine genügen, oder jemand mußte sich selber ans Wasser begeben, um den Mann herauszuholen.
So fand ich mich dann also am Ende selber am Boot festgelascht wieder, um zu versuchen, den Mann an Bord zu holen. Wegen der Dunkelheit waren mehrere Versuche nötig, aber letztendlich bekam ich ihn zu fassen und wurde von der Deckmannschaft wieder an Bord geholt. Wir suchten insgesamt 1 1/2 Stunden, aber mehr als den einen Überlebenden fanden wir nicht ! Die Frage war jetzt nur, was ich mit ihm machen sollte. Noch war er ja bewußtlos und wurde vom Sani bearbeitet, aber dann ? Nach Deutschland wollte ich ihn eigentlich nicht mitnehmen. Dann griff ich mir den Wachoffizier und nutzte den leeren Oberfeldwebelraum, um mich etwas mit ihm auseinanderzusetzen.
'Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, daß es so wirkte, als wollten Herr Kapitänleutnant das Boot wegen der Möglichkeit eventuell noch lebende Seeleute zu finden in Gefahr bringen.'
"Das haben sie so gesagt. Sie halten es also für Mumpitz, Leute aufzufischen, Herr Steinbach ?"
'Wenn es das Boot gefährdet schon, Herr Kapitänleutnant.'
"Ich werde ihnen jetzt etwas erzählen, Herr Steinbach, und ich schlage vor, sie hören gut zu, ich wiederhole mich nicht gern. Erstens, als Mitglieder der christlichen Seefahrt ist es selbstverständlich, daß wir tun, was wir können, wenn ein Schiff an einer solchen Stelle havariert. Ich selber bin an der Doggerbank über Bord gegangen und wenn man nicht das Schiff gefährdet hätte, um mich aufzufischen, hätten wir diese Unterhaltung jetzt nicht. Ich erwarte, daß sie in sich gehen, und ihre Prioritäten ordnen, Herr Steinbach ! Auch wenn Krieg ist, heißt das noch lange nicht, daß alle moralischen Hemmschuhe wegfallen."
'Ich wollte Herrn Kapitänleutnant nicht-'
"Und zweitens, Herr Steinbach, das ist fast noch wichtiger als das Erste. Wenn ich Vorschläge mache oder um Kritik oder Meinungen bitte, können sie sich gerne einbringen, aber Sie werden niemals wieder vor der Mannschaft meine Befehle in Frage stellen. Wenn ich einen Befehl erteile, muß ich mich zwingend darauf verlassen können, daß er ohne Zögern ausgeführt wird. Sie als Wachoffizier sollen mir zuarbeiten und sich das Handwerkszeug abschauen. Bin ich verstanden worden, Herr Leutnant ?"
Steinbach schluckte und rang kurz mit sich, das war ihm anzusehen. Dann blickte er schuldbewußt auf den Boden des Bootes.
'Verstanden, es wird nicht wieder vorkommen, Herr Kapitänleutnant !'
"Gut, was mich angeht, hat dieses Vorkommnis nicht stattgefunden, solange es sich nicht wiederholt. Ansonsten leisten sie gute Arbeit, Steinbach ! Stehen Sie sich nicht selber im Weg ! Das wäre alles."
Als der Leutnant sich entfernte, sah ich ihm nachdenklich hinterher. Ich hoffte, meine kleine Ansprache hatte ihr Ziel erreicht, aber ich würde etwas besser auf ihn aufpassen müssen. Immerhin würde von Rahden bald die erste Zwischenbeurteilung haben wollen, bis dahin mußte ich mir darüber im Klaren sein, ob Steinbach generell für ein eigenes Kommando geeignet war. Fachlich war er das auf jeden Fall, aber charakterlich ? Ich war nicht sicher. Nun, kam Zeit kam Rat !
Ich begab mich zu meinem Schapp. Dort streckte ich mich, soweit es die Umgebung zuließ. Steinbach hatte es nicht so bequem. Seine Koje war ja schmaler, so daß er auf der Seite schlafen mußte. Nicht mal die Beine konnte er ausstrecken, das wurde von dem Sicherungskasten am Fußende verhindert, der sich wohl gerne einmal öffnete. Kam man dort mit den Füßen hinein konnte es schon einmal einen Kurzschluß geben ! Kein Wunder, daß die Wachoffiziere es nicht auf Dauer in dieser Position im Boot aushielten... Ich stürzte den inzwischen erkalteten Kaffee herunter und wickelte mich in die Decken, den neuen Tag erwartend.
Am 23. März passierte UC-83 die Minensperre. Ich ließ Marek einen Kurs am Firth of Forth vorbei anlegen, vielleicht konnten wir die beiden letzten Torpedos dort noch irgendwo an den Mann bringen. Aber nichts dergleichen geschah. Unser Gast war inzwischen aufgewacht und zeitweise bei Bewußtsein, war aber noch zu schwach, als daß ich ihn guten Gewissens hätte ins Dinghi setzen können... Es half nichts, er mußte mit nach Helgoland ! Als die Dieselreserven am 24. bei 45 % angekommen waren, gab ich den Befehl zum endgültigen Rückmarsch. 29 Stunden trennten uns noch von der Basis. An der Doggerbank kam uns ein kleines Geschwader von 3 feindlichen Zerstörern entgegen, deren Bekanntschaft ich nicht zu machen gedachte.
Am 25. März um 13 Uhr sichtete die Seewache auf der Höhe Borkums ein Schiff, daß sich als Berberis Sloop herausstellte. 6 Marschstunden vor Helgoland war für meine begriffe unangenehm nah an der Basis, also würden wir die Lords da drüben angreifen, um ihnen zu zeigen, warum es immer noch Deutsche Bucht hieß und nicht Britische Bucht !
"Feindpeilung 114. 43 hm Entfernung zum Ziel. Feindkurs 256, Feindgeschwindigkeit 8 kn."
'Eingestellt !'
"Torpedoeinstellung. 2 m Lauftiefe. Geschwindigkeit 26 Knoten."
'Eingestellt !'
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Rohr 1 – los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
4 Minuten würde der Torpedo laufen, eine Zeit, in der viel passieren konnte ! Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und schob die Mütze wieder richtig auf den Kopf, während Steinbach durch das Periskop die Torpedobahn verfolgte.
'Torpedotreffer !'
Die Detonation hallte über das Wasser und bestätigte die Meldung. Um 13 Uhr 43 wurde die Sloop von der Explosion erfaßt und langsam im Todeskampf unter Wasser gezogen. Wir tauchten auf und liefen ab. Die sailors hatten die Qual der Wahl, Holland oder Deutschland... UC-83 traf um 19 Uhr mit dem Vorpostenboot zusammen und lief in den Stützpunkt ein, nachdem es auf dieser Patrouille insgesamt 12 Schiffe mit beinahe 74.000 BRT versenkt hatte. Wieder war die Pier nicht stark besetzt und von Grau oder von Rahden keine Spur. Ich ließ Steinbach das Boot festmachen und übergeben, dann waren die Männer entlassen und auch ich strebte meiner Koje ebenso erwartungsvoll entgegen wie alle anderen. Aber noch war mir keine Ruhe vergönnt.
Ich fand einen Brief von zuhause in meinem Quartier vor. Mines Handschrift konnte ich schnell erkennen. Aber weder mit dem Inhalt des Briefes noch mit dem, was mich am nächsten Tag erwarten würde hatte ich gerechnet...
Zur erfolgreichen Feindfahrt gratulieren wir herzlichst. Hoffentlich steht in dem Brief von zuhause nichts Schlimmes. Nur auf den eigentlichen Empfang eurer Bootsmannschaft sind wir gespannt...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
'Helfen Sie mir, das Ganze zu verstehen, Kapitänleutnant. Sie haben die Patrouille erfolgreich abgeschlossen und fast 75.000 BRT feindlichen Schiffraumes versenkt.'
"Das ist soweit zutreffend, Herr Korvettenkapitän !"
'Sie haben laut ihrem Bericht ebenfalls ihren Hals und damit, wenn ihr Bericht über ihren Ersten Wachoffizier zutrifft, im übertragenen Sinne auch den Hals des Bootes riskiert, um einen schiffbrüchigen Zivilisten englischer Nationalität aufzufischen, den sie dann mit auf den Stützpunkt gebracht haben.'
"So ist es, Herr Korvettenkapitän. Darf ich offen sprechen ?"
'Ich bitte darum !'
"Den Mann dort in diesen Verhältnissen treiben zu lassen, besonders in seinem Zustand, konnte ich nicht verantworten. Eine Schiffsversenkung bei der die Besatzung möglicherweise umkommt ist eine Sache, aber Seeleute sozusagen sehenden Auges durch Unterlassung der Hilfeleistung elendig verrecken zu lassen kann meines Erachtens nach keine auch nur irgendwie angemessene Rechtfertigung finden. Krieg hin oder her, so etwas hat nichts mit Seemannschaft zu tun. Weswegen ich auch die beiden Versionen des Berichtes eingereicht habe, Herr Korvettenkapitän."
Korvettenkapitän von Rahden nickte und zog an seiner Zigarette.
'Darüber hatte ich mich bereits gewundert. Sie haben also vor, die Seenotrettung aus dem Dienstweg herauszuhalten ? Man würde ihnen für diese Aktion sicher gern eine Medaille verleihen.'
"Medaillen helfen mir nicht, nachts zu schlafen, Herr Korvettenkapitän."
'Aber aufsehenerregende Publikationen ihrer Exzentritäten tun das ?'
"Ich bin nicht sicher, worauf sie hinauswollen, Herr Korvettenkapitän !"
Korvettenkapitän von Rahden legte mir einen Bericht vor, der wohl in einer Art Zeitung erschienen war. 'Auf Feindfahrt mit unseren heldenhaften Unterseebooten !' lautete die Überschrift. Das war an sich nicht das Problem. Das Problem sprang mich sogleich an, als ich eine der Zeichnungen wiedererkannte, die ich zuvor nur auf dem Zeichenblock gesehen hatte, und zwar unvollendet. Auf der fertigen Druckversion war nun tatsächlich unter der Reichskriegsflagger der dämliche Stander zu sehen, dessen Abbildung ich Larsen explizit verboten hatte ! Wäre er jetzt hier, ich hätte ihn erwürgen können... Aber das war er nunmal nicht, und so durfte ich ganz allein für den Seitenhieb Larsens geradestehen.
'Sie halten so etwas wohl für komisch, Herr Kapitänleutnant. Vielleicht denken sie sogar, ihre Leistungen machen Sie unantastbar. Ich sage Ihnen, solange sie unter meinem Kommando stehen, sind sie nicht unantastbar. Nicht für mich ! Ich bin bereit, meinen Leuten kleinere Exzentritäten durchgehen zu lassen, aber fordern sie es nicht heraus und reißen sie sich zusammen, oder ich fordere sie für den Flottillenstab an. Wenn ich sie anfordere, dann bekomme ich sie auch und dann können Sie für den Rest des Krieges den ganzen Tag Papiere von einem Stapel auf den anderen und wieder zurück schieben.'
"Herr Korvettenkapitän können nicht-"
'Was ich kann und was nicht dürfen Sie getrost mir überlassen, Kapitänleutnant ! Keine Extratouren mehr, verstanden ?'
"Verstanden, Herr Korvettenkapitän !"
'Gut. Wegtreten !'
Ich stand auf, salutierte und verließ das Dienstzimmer. Da hatte sich Larsen ja einen schönen Spaß erlaubt ! Im Offizierskasino traf ich auf Hansen und von Müller, die mit Ruschdahl und zwei der neuen Wachoffiziere, Leutnant Fuhse und Leutnant Jäger, Doppelkopf spielten und dabei Bier tranken. Die Stimmung war gut, wenn auch etwas angespannt. Ruschdahl erklärte zwischen der Ansage, daß die anderen bei diesem Damensolo vielleicht mal ein paar Küstenvögeln aus großer Entfernung zuwinken konnten, aber kein bißchen Land zu sehen bekommen würden, warum. Schulte und von Wiedau waren noch draußen und hatten sich seit drei Tagen nicht mehr gemeldet. Das hatte ja nun noch nicht zwingend etwas zu sagen, aber das Unbehagen was beim letzten Mal geschehen war, kam wieder hoch. Einige der Kommandanten hatten bereits gemutmaßt, daß das Reich bei einer fast-75.000-Tonnen-Patrouille ein ordentliches Faß aufmachen würde. Hansen bestätigte das, während er Ruschdahls ausgespielte Dame abstach. Nichts offizielles, natürlich, aber er hatte sich Grau mal bei ein paar Bier vorgenommen, in die sich wohl auf unbekannte Weise etwas Schnaps verirrt hatte. Nächste Woche würde also mal wieder großes Trara kommen und es würden auch ein paar Orden für jeden abfallen. Der Kaiser in seiner unendlichen Weisheit hatte es wohl als angemessen befunden, einige Abzeichen zu stiften, die jetzt im großen Stil verteilt werden würden, 'fast wie das EK II', wie Hansen stichelnd dazwischenwarf. Man durfte also gespannt sein ! Ich bestellte ein Bier und einen Korn und setzte mich dazu. Von Müller zündete sich eine Zigarette an und schob mir die Karten zu. Ich begann zu mischen...
https://www.youtube.com/watch?v=K5ab0Bgb1zU
So standen wir am 28. März, dem Gründonnerstag des Jahres 1918 angetreten auf dem Paradeplatz, wo Vizeadmiral Jacobson eine kämpferische Rede auf die gegenwärtige Bewährungsprobe der Nation hielt und uns anhielt, unser Bestes zu geben und durchzuhalten, wie die heldenhaften Soldaten in Frankreich es vormachten, die während wir hier sprachen, enorme Geländegewinne machten. Die Verleihung der Auszeichnungen überließ er aber Korvettenkapitän von Rahden. In der Tat hatte der Kaiser bereits im Februar ein U-Boot-Kriegsabzeichen gestiftet, das jeder erhalten sollte, der mindestens 3 Feindfahrten absolviert hatte. Korvettenkapitän von Rahden zeichnete in diesem Rahmen natürlich vornehmlich die Offiziere aus und ließ die Mannschaften im Anschluß von den jeweiligen Kommandanten versorgen, allein schon wegen des Zeitaufwandes. Für versonders verdiente Soldaten machte er aber Ausnahmen. Zusammen mit Marineoberingenieur Petermann und einigen wenigen anderen erhielt ich ebenfalls (für meine Verwundungen im Dezember sowie an der Doggerbank) das Marine-Verwundetenabzeichen, das wohl ebenfalls im Februar ins Leben gerufen worden war.
Weiterhin betonte er, daß sich die Kunde meiner Leistungen wohl weiter verbreitet hatte. Wie das geschehen war, wußte auf der Insel inzwischen wohl jeder und einige, besonders Schröder und Ruschdahl, mußten sich ein grinsen hart verkneifen. Die hatten mit Larsens Spaß deutlich mehr Spaß als ich es zunächst gehabt hatte ! Daher hatte es dem Senat der Freien und Hansestadt Bremen gefallen, mir das Hanseatenkreuz der Stadt zu verleihen, um meine Leistungen anzuerkennen. Ebenfalls als Anerkennung der außergewöhnlichen Tapferkeit und als Ausdruck der Zustimmung hatte er allerdings noch eine weitere Preziose in Grau's Händen: Das Ritterkreuz II. Klasse des Oldenburgischen Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig mit Schwertern, das mir anscheinend Friedrich August, der amtierende Großherzog von Oldenburg, verliehen hatte. Daß der Großherzog an solchen Dingen Anteil nahm, überraschte mich in Nachhinein natürlich nicht. Jeder wußte, wie sehr er sich für die Seefahrt interessierte, was ja schließlich auch dazu geführt hatte, daß er als einziger Landesfürst Admiral der Marine war, einen Schiffspropeller erfunden hatte und auch selbst die Seefahrt recht kundig und ernsthaft betrieb. Für ihn mußte es besonders löblich sein, daß eines seiner Landeskinder sich daran machte, an der Spitze der besten Kommandanten mitzumischen. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich ganz andere Probleme. Etwa den Abend zu überleben, an dem immerhin einiges an Runden umging. Über Ostern war zum Glück nicht mit viel Dienst zu rechnen, aber trotzdem würden die nächsten Tage mörderisch werden, soviel war sicher ! Über den Inhalt meiner Post konnte ich Stillschweigen bewahren, worauf ich angesichts des Alkoholkonsums auf der Feier durchaus stolz war. Die Natur und der Inhalt meiner Korrespondenz mit meiner Frau ging, ehrlich gesagt, die wenigsten hier etwas an. Und was hätte ich auch groß verbreiten sollen ?
Natürlich hatte ich mich gefreut und gleich zurückgeschrieben. Aber zwei Mitteilungen hatten dann doch aus dem Rest herausgeragt. Zum einen war Max wohl auf einem seiner Aufklärungsflüge abgeschossen worden und galt seit zwei Wochen als vermißt, ein herber Schlag besonders für seine Frau ! Aber dann hatte Mine noch einen extra Briefbogen angehängt, auf dem sie mir in der ihr eigenen Art und Weise in Aussicht stellte, in diesem Jahr noch einmal Vater zu werden. Ein Umstand, den ich in meinem eigenen Interesse noch etwas geheim zu halten gedachte. Die Situation schien derzeit überhaupt nicht geeignet, Kinder in die Welt zu setzen, aber das war mir in dem Moment, als ich die Nachricht gelesen hatte ehrlich gesagt egal gewesen ! Meine nachfolgende gute Laune hatten die meisten tatsächlich auf die Feindfahrt oder den Ordensregen geschoben.
Wenn die gewußt hätten... !
Werter Graf,
endlich sind die Helden erfolgreich heimgekehrt und wurden auch mit Orden überschüttet...:top: Und als Krönung des Berichtes die Mitteilung, dass der Protagonist wieder Vater werden wird. Alles in allem ein schöner Abschluss der bisherigen Feindfahrt...:ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
Ritter Kunz
06.04.17, 17:12
Auch Wir lesen weiterhin mit und finden Eure Geschichte sehr schön geschrieben. In Ermangelung grüner Kekse wird das Lob hiermit schriftlich erteilt ;)
Natürlich freuen wir Uns über den Zuspruch und hoffen, daß der AAR auch weiterhin zu fesseln wissen wird !
Mit dem nahenden Kriegsende stellt sich natürlich die Frage einer Fortsetzung, die aber noch nicht entschieden ist. Immerhin soll man sich nicht über ungelegte Eier Gedanken machen.
Sonntag, 28. April 1918, Marinestützpunkt Helgoland
Ich stand unter einer Plane, die über die Brücke gespannt worden war, und rauchte während Leutnant Steinbach die Männer lautstark über das Deck hetzte. Der strömende Regen trieb die Männer fast mehr zur Eile als der Wachoffizier und so ging die Beladung flott von der Hand, trotz der miesen Sicht und der Feuchtigkeit, die das Beladen erschwerte. Irgendwo zwischen den Soldaten in ihrem Ölzeug wußte ich den diensthabenden Bootsmann. An der Luke stand leicht vornübergebeugt Obersteuermann Marek, der den einzelnen Männer die Entladepositionen zuwies, damit seine berechnete Trimmung stimmte. Zwar mußte auch er sich lautstark bemerkbar machen, war dabei aber weniger aufgeregt als der Leutnant, man merkte, daß er sein Geschäft schon länger verrichtete und daher von den Männern auch deutlich stärker respektiert wurde, auch wenn das natürlich niemand dem jungen Wachoffizier aufs Brot schmierte.
'Die Woche fängt ja vielversprechend an, Herr Kapitänleutnant.' Marineoberingenieur Schröder tauchte mit seiner Deckelpfeife im Mundwinkel im Luk auf und kletterte auf die Brücke. Anscheinend hatte er seine Aufgaben erledigt und den Rest an den Obermaschinisten delegiert. Er schob sich die Mütze in den Nacken und lugte an der Plane vorbei skeptisch in den Himmel. Ich folgte seinem Blick. "Es sollte bald aufklaren, wenn nicht, wird das Auslaufen verschoben. Aber das wird denke ich nicht nötig sein." 'Eh, ihr Wort in Gottes Ohr. bei dem Wetterchen auszulaufen wäre kein Vergnügen.' "So richtig, aber es ist ja noch Zeit. Ist die Maschinenanlage klar, Herr Schröder ?" 'Diesel klar, Elektrik klar, Kraftstoffbunker aufgefüllt und Batterien geladen. FT Sender-Empfänger ist klar, Hydrophon ist klar. Tiefenruder und Tauchanlage voll funktionsfähig. Am Boot soll es nicht liegen, Herr Kapitänleutnant !' Ich nickte. "Gut." Dann über den Rand des Schanzkleids gebeugt. "Frage: Restliche Dauer des Beladens ?" 'Steinbach sah auf den Steuermann und dann auf die Uhr. 'Etwa Zwanzig Minuten, Herr Kapitänleutnant !'
Wir lagen im Zeitplan, das war gut ! Gute Dinge waren nötig in diesen Tagen. In den Briefen von zuhause konnte ich zwischen den Zeilen herauslesen, daß sich die Versorgungslage langsam weiter zuzuspitzen begann. Schulte war nach seiner Patrouille erfolgreich wieder zurückgekehrt und hatte auch einige Versenkungen vorzuweisen. Von Oberleutnant von Wiedau hatte man nichts mehr gehört. Er war draußen geblieben, wie viele andere vor ihm. Ob und wann wir ein Ersatzboot bekommen würden, stand noch nicht fest. Vor drei Wochen war man obendrein gezwungen gewesen, die Offensive im Westen nach fast 100 km Geländegewinn doch noch abzubrechen. Wir hatten den Wettlauf gegen den Amerikaner verloren und würden sehen müssen, wie es weiterging. Philipp war in den Kämpfen verwundet worden und hatte aus dem Lazarett geschrieben, es ginge ihm soweit gut. Zumindest etwas ! Wie um zu zeigen, daß es jetzt langsam an die Substanz ging, wurden auch die Helden aus der Presse langsam weniger. Der Luftschiffkommandeur Kapitänleutnant Ludwig Bockholt, der vor einem Jahr eine britische Dreimastbark aufgebracht und als Prise eingefahren hatte ? Gefallen. Kapitänleutnant Richard Beitzen, der jüngst das Ritterkreuz des Hausorden von Hohenzollern erhalten hatte ? Gefallen, den Orden gab es posthum. Walter Göttsch, Flieger-As und Kommandeur der Jagdstaffel 19 ? Gefallen. Vor einer Woche war dann auch einer der sichtbarsten Helden des Reiches zum letzten Mal in den Zeitungen und Meldungen gewesen.
Rittmeister Manfred von Richthofen, der Rote Baron. Fliegerkönig und erfolgreichster Kampfflieger der Welt. 26 Jahre alt und anscheinend unbesiegbar, hatte auch er letztendlich sein Fliegerglück ausgereizt und war an der Somme im Luftkampf getötet worden. Wenn sogar ein derart begnadeter Soldat den Kugeln nicht entkommen konnte, worauf konnten wir in unseren stählernen Röhren dann hoffen ? Im Kontrast dazu wurde auch der Nachersatz immer jünger. Wenn man sich ansah, was bereits in den Stammabteilungen auftauchte, konnte einem anders werden... Die Soldaten wirkten nicht viel älter als Primaner oder Sekundaner, wenn überhaupt. Hansen hatte nur gemeint, das Hemd werde eben immer kürzer, aber eben auch bei den Damen und zum Glück wäre ja auch bald Sommer, da würde es wenigstens nicht zu kalt ! Was sollte man dazu noch sagen ? Ich wußte es nicht.
Aber es gab wichtigeres zu tun, daß mich auch um die Sorgen um meine Familie ablenkte. In diesem Fall die neuen Befehle ! Korvettenkapitän von Rahden hatte deutlich gemacht, daß es jetzt besonders darauf ankam, den Nachschub zu stören, um die erwarteten Gegenoffensiven zu schwächen und eventuell neue Öffnungen für erneute Offensiven zu schaffen. Zu diesem Zweck sollte das Boot zwischen Islay und Kintyre nahe der Einfahrt in die irische See ein Minenfeld anlegen. Ein Jagdgebiet hatte man uns diesmal nicht zugewiesen, ich hatte beim weiteren Vorgehen vollkommen freie Hand. Eine lange Anfahrt und wohl auch eine längere Zeit auf See standen uns bevor. Die Unruhe zu verbergen fiel mir schwer. Wir waren das letzte Boot. Die anderen waren bereits wieder draußen, wie würde es uns und ihnen wohl ergehen ? Würden diesmal alle zurückkommen ?
Ich überließ das Kommando vorerst Leutnant Steinbach und machte einen kleinen Gang durch das Boot. Im Bugtorpedoraum konnte ich Torpedomaat Jürges und seine Männer durch das Luk erspähen. ich warf nur einen kurzen Blick in den Raum, ohne mich bemerkbar zu machen. Alles sah soweit in Ordnung aus.
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Auch in der Zentrale wirkte alles soweit geschäftig und betriebsbereit. Das Boot schaukelte etwas in der Dünung, aber bald genug würden wir losmachen können. Ein kurzes aufmunterndes Nicken zu Hausmann am FT und zum Zentralemaat, dann schritt ich weiter.
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Ein letzter Blick auf die Karte, in dem das Einsatzgebiet bereits markiert war. Wie üblich hatte Marek die Minensperren und stark befahrenen Schiffsrouten eingezeichnet und farblich hervorgehoben. Im Moment spitzte er die verschiedenen Stifte nach, Zirkel und Lineale neben sich bereit.
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Etwas erleichtert kletterte ich auf die Brücke zurück. Das Wetter hatte zwischenzeitlich aufgeklart und so war die See vergleichsweise glatt. Ich blickte voraus, die Weiten der Nordsee und der sich anschließenden Gewässer erahnend, die Augen auf die Kimm gerichtet.
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"Kurs 50 anlegen, volle Kraft voraus !"
'Kurs 50, volle Kraft !' kam es zurück. Dann erwachten die Motoren des Bootes brüllend zum Leben und und schoben das Boot voran, zunächst langsam, dann immer schneller, bis schließlich die Marschgeschwindigkeit erreicht war. Es ging erneut gegen England. Was hätten Albions Gewässer diesmal für uns bereit ?
Wie es aussieht, ist der Graf der letzte Held, der dem Reich noch geblieben ist. Wir wünschen ihm gute Fahrt und gute Jagd und vor allem weiterhin viel Glück und viele Erfolge im Kampf gegen die Alliierten...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
Zu viel der Ehre, werter Hohenlohe !
Noch hat das Reich genügend Helden, die den Krieg überstehen werden und von denen viele dem historisch Kundigen später noch einmal begegnen werden. Wir erinnern an Lothar von Arnauld de la Periere, Waldemar Kophamel, Walter Forstmann, Max Valentiner, Werner Fürbringer, Martin Niemöller, Gustav Sieß, Theodor Krancke, Alfred Saalwächter, Wilhelm Canaris und den in vielen AARs aufgetretenen Karl Dönitz ebenso wie an Lothar von Richthofen, Ernst Udet, Alfred Keller, Paul Bäumer, Rudolf Berthold, Carl Degelow, Gerhard Fieseler, Theodor Osterkamp oder den 'schwarzen Ritter' Eduard von Schleich. Konzentriert man sich in der Armee nur auf einige Träger des Pour le Merite, so kommen auch dort bekannte Namen heraus. Werner von Blomberg, Fedor von Bock, Franz von Epp, Ernst Jünger oder Erwin Rommel.
Da ist also trotz allem kein Mangel !
Aber mal sehen, wie es weitergeht.
Da waren wir wohl ein wenig zu überschwänglich mit unserem Lob...:D Man möge uns dies nachsehen...:ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top:
UC-83 erreichte die nördliche Minensperre am zweiten Seetag, kurz nach Mitternacht des 30. April. Erneut gab es trotz der Nähe zur Feindbasis keine Feindberührung, so daß der Marsch um Schottland herum reibungslos ablief. Etwas zu reibungslos für meinen Geschmack. Natürlich mochte ich die unentdeckte Anfahrt, aber zu wenig Feindkontakt ließ mich immer an eine böse Überraschung denken ! Doch auch Flieger waren nicht zu sehen, also setzten wir den Weg fort.
'Vielleicht haben sie alles um Frankreich zusammengezogen, um dort die Gegenoffensive abzusichern ?' bot Steinbach an. Möglich, natürlich, aber da sie ja wußten, daß wir da waren, meiner Meinung nach nicht besonders wahrscheinlich. Besonders, da wir ja sozusagen mal wieder unter ihrer Nase durchgefahren waren, auch wenn Scapa Flow an sich natürlich abseits blieb. So verrückt, dort einzufallen, war nicht jeder ! Der bislang einzige Versuch war gescheitert. Im November 1914 hatte Kapitänleutnant von Henning auf SM U-18 versucht, dort einzudringen, hatte aber sein Boot verloren und war in Gefangenschaft geraten, wenn man den Berichten des Roten Kreuzes glauben schenken durfte.1 Seitdem war keiner so wahnsinnig gewesen, es erneut zu versuchen und ich würde mich in die Reihe der geistig gesunden Kommandanten einreihen und Abstand halten... Also schärfte ich der Seewache äußerste Aufmerksamkeit ein und ließ die kritischen Wachen von meinem zweiten Wachoffizier, Obersteuermann Marek, leiten und hoffte auf das Beste !
Und das geschah auch. Ohne irgendwie gestört zu werden fuhren wir an der friedlich wirkenden Nord- und Westküste Schottlands herunter und erreichten am 1. Mai um 13 Uhr sicher und ungesehen das Zielgebiet. Da alles ruhig schien, glaubte ich es vertreten zu können, für das Verminen der Gewässer aufgetaucht zu bleiben, um den Männern etwas mehr Frischluft zuteil werden zu lassen. Tatsächlich wurden wir von nichts an unserer Mission gehindert und hatten diese gegen 15 Uhr abgeschlossen. Zusammen mit Obersteuermann Marek und Leutnant Steinbach legte ich den neuen Patrouillenkurs fest.
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Der projektierte Kurs führte durch die Irische See in Richtung Iroise, mit einem kleinen Schlenker über Cork und dann durch den Kanal. Fand sich dort auch nichts, gedachte ich, es erneut vor der französischen Atlantikküste zu versuchen, aber soweit waren wir noch nicht.
"Was denken Sie, meine Herren ?"
Steinbach nickte enthusiastisch. Marek fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. 'Könnte klappen, Herr Kapitänleutnant. Hat es schließlich schonmal. Nur Glück müssen wir haben !'
Da hatte er recht, aber was war der Soldat schon ohne Glück ? Also ließ ich auf Kurs gehen und harrte der Dinge die da kamen. Ich war guter Dinge und glaubte an mein Glück, das mir auch diesmal hold sein würde...
Auf Höhe der Südspitze der Isle of Man begegneten wir dem ersten Gegner. Auf Peilung 357 wurde in 104 hm Entfernung ein Zerstörer der S-Klasse gesichtet, der in Richtung ONO unterwegs war und uns nicht entdeckt hatte. So dicht vor der feindlichen Haustür, um nicht zu sagen im Vorgarten wollte ich keinen Kampf anfangen, also ließ ich den Zerstörer wieder aus dem Blickfeld verschwinden und lief weiter. Vor Cork gab es keinen Schiffverkehr und ich entschied mich, dort nicht zu kreuzen, sondern schnellstmöglich in den Kanal vorzustoßen. Mittags am 3. Mai erreichte das Boot Land's End und ging auf Kurs Cotentin. Bis gegen 20 Uhr 27 kurz vor Plymouth die Meldung kam.
'Kontakt auf 114 ! Macht schnelle Fahrt, etwa 110 hm entfernt ! Kurs ungefähr 142.'
"Vorbereiten zum Tauchen ! Marek, bringen Sie uns auf Abfangkurs !"
Doch der Frachter entkam ! Kein guter Beginn des Einsatzes, aber als das Schiff den Kurs ändert, kann das Boot nicht mehr mithalten, vor allen Dingen nicht unter Wasser. Dem S-Klasse Zerstörer, der uns keine drei Stunden später beim Auftauchen fast über den Haufen karrte, konnte UC-83 durch Alarmtauchen entkommen ! Ob unsere Freunde auf dem Frachter ihn gerufen hatten ? Durchaus möglich !
Gegen 3 Uhr 47 sichtet die Seewache ein weiteres Schiff mit Kurs England. Ich entschließe mich zum Angriff. Hier sollte unsere Flaute enden !
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Es war auf die Entfernung durch das Glas schwer zu erkennen, aber ich war fast sicher, daß es sich um ein Feindschiff handelte. Der Umriß mit dem einzelnen Schornstein ließ auf ein Kohlenschiff schließen, nicht die fetteste Beute, aber ein guter Anfang, immerhin hieß das, daß es uns auch über Wasser nicht entkommen konnte !
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Die Entfernung war daher schnell zu überbrücken und Braun am Deckgeschütz machte kurzen Prozess, nachdem die Besatzung das Schiff fluchtartig verlassen hatte.
Um 4 Uhr 3 Minuten versank das Kohlenschiff brennend in den Fluten und wir hatten den ersten Erfolg dieser Feindfahrt.
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1: Tatsächlich drang Heinrich von Henning durch den Hoxa Sound am 23. November 1914 in den Flottenstützpunkt ein, fand dort aber keine feindlichen Schiffe vor, da diese allesamt auf See waren. Auf dem Rückweg wurde U-18 von dem Trawler Dorothy Gray entdeckt und zweimal gerammt. Ein Mann wurde getötet und das Boot mußte hinter dem Hoxa Sound aufgegeben werden. Kapitänleutnant von Henning und die verbliebenen 22 Mann der Besatzung wurden von den Briten aufgefischt und gerieten in Gefangenschaft. Der Verlust des Bootes ließ die deutsche Marineführung annehmen, der Stützpunkt wäre schwer befestigt, da U-18 als Vorkriegs-Hochseeboot kein Funkgerät an Bord hatte und so die Schutzlosigkeit des Ortes nicht weitermelden konnte, bevor es versenkt wurde. Erst im Oktober 1918 versuchte Oberleutnant zur See Hans Joachim Emsmann auf UB-116 es erneut, aber wir wollen der Geschichte nicht vorgreifen !
Das Boot lief getaucht ab und tachte eine Stunde später wieder auf, um seinen Kurs fortzusetzen. Tatsächlich lief ein V-Zerstörer auf die Versenkungsstelle zu, den das Boot aber vermeiden konnte. ich war immer noch nicht allzu scharf darauf, mich mit Zerstörern unnötig anzulegen. Eine Prestigesache, sicher, aber besonders jetzt hatte ich gerne alle Vorteile auf meiner Seite. Also warteten wir auf eine leichtere und tonnagerelevantere Beute ! Um 14 Uhr 37 sichtete die Seewache ein kleines Küstenschiff, daß dem Deckgeschütz ohne viel Aufhebens zum Opfer fiel. Aber der große Befreiungsschlag war noch nicht erreicht ! Als das Ende des Kurses erreicht war, drehte das Boot auf Kurs Iroise.
'Kontakt Steuerbord voraus, Herr Kapitänleutnant !'
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Ein Frachter. Der Kurs war günstig, also konnten wir angreifen, aus Vorsicht allerdings getaucht ! Wenn Sie den Kurs nicht änderten würde Marek uns an eine günstige Abschußposition bringen können und dann hätten wir sie ! Das Boot schob sich, am Periskop hängend, durch die See, beinahe im rechten Winkel zum Kurs des Feindschiffes. Auf 40 hm wollte ich es wagen.
"Anlauf beginnt ! Maschinen halbe Fahrt voraus ! Zielgeschwindigkeit 7 Knoten. Zielkurs 100, Feindposition 320. Eigener Kurs 5, Eigene Geschwindigkeit 3 Knoten."
'Eingestellt !'
"Torpedo auf 2 m Lauftiefe, Torpedogeschwindigkeit 31 Knoten. Entfernung zum Ziel 39 Hektometer. "
'Eingestellt !'
Der Wellengang erschwerte das Zielen enorm. Ab und an konnte man nur noch die Rauchfahne des Amerikaners sehen, aber er hielt soweit man das erkennen konnte, Kurs. Aber das mußte man dann eben riskieren.
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
Das Schiff verschwand wieder hinter einem Wellenberg und das Sehrohr schnitt unter... Einerlei !
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"Rohr 1 los !"
'Rohr 1 abgefeuert !' 'Torpedo läuft !'
Marek sah auf die Uhr für die Laufzeit des Torpedos. Etwa 2 1/2 Minuten... Langsam verrannen sie, während ich versuchte, das Schiff im Blick zu behalten, während das Periskop des Bootes langsam durch die Fluten schnitt.
"Torpedotreffer !"
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'Schiff sinkt, Herr Kapitänleutnant !' meldete sich Hausmann zu Wort. Damit konnte es jetzt also richtig losgehen !
Wir freuen uns über die schönen Screenshots und auch über die diversen Erfolge des Grafen beim Kampf gegen die alliierte Schiffahrt...!! :top:
Nur weiter so...!! Wir wünschen euch weiterhin viel Glück und viele Erfolge...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE FAHRT UND GUTE JAGD!!*
Sonntag, 5. Mai 1918, Grenzgebiet zur Iroise
Die geschätzt etwa 9.000 BRT bisher waren ein guter Beginn gewesen und so durfte ich mir von der französischen Küste viel versprechen ! Bis dahin zutzten wir das hervorragende Wetter, um voranzukommen und arbeiteten uns vor in Richtung Brest. Das FT blieb gewohnt still und auch sonst war nicht viel vom feindlichen Schiffsverkehr zu bemerken, seit wir das letzte Schiff versenkt hatten. Marineoberingenieur Schröder war irgendwo im Inneren des Bootes unterwegs, keiner wußte, wo. Obermaschinist Bremer überwachte die Diesel und ließ nebenher ein paar kleinere Trockenübungen machen, damit die Leute nicht einrosteten. Der Schmutt hatte sich zwei Mann gegriffen die für das Mittagessen Kartoffeln schälten. Ich selber hielt mich auf der Brücke auf. Obersteuermann Marek hatte es sich ebenfalls auf der Brücke bequem gemacht und machte einige Eintragungen ins Logbuch und ließ Leutnant Steinbach mit dem Sextanten sein Können unter Beweis stellen ließ. Die ermittelten Angaben schienen den Ansprüchen des Navigators zu genügen. Die Position mußte er ja erst in zwei Stunden wieder koppeln, aber anscheinend mochte er seine Positionsangaben exakt und regelmäßig.
'Kontakt Backbord voraus, Herr Kapitänleutnant ! Peilung 182.'
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Ich stand auf und ließ mir das Fernglas geben. Tatsächlich ! Und ein ziemlich großes Schiff noch dazu. Ein Tanker vielleicht ? Die Flagge war nicht zu erkennen, aber der Kurs war günstig. Also Abfangposition.
"Kurs 270, Maschinen kleine Fahrt zurück ! Alles einsteigen und auf Sehrohrtiefe gehen !"
Wenn sich der Kurs nicht änderte, müßte er direkt an uns vorbei... Aber er schob sich schnell und nichtsahnend näher. Vielleicht etwas zu schnell !
"Maschinen volle Fahrt zurück !"
Ich fluchte, als das Sehrohr unterschnitt und der Tiefenmanometer an der 7-Meter Marke vorbeischoß und bis auf 13 Meter fiel, dann aber wieder bis auf 3 Meter aufkam und wieder den Weg nach unten antrat.
"Herr Schröder, pendeln sie das verfluchte Boot ein ! Kurs 235, Alle Maschinen stopp !"
Ich gab noch einige kleinere Kurskorrekturen weiter und dirigierte das Boot hin und her. Immerhin war das kein Reiter, der sich auf einem Fünfmarkstück tummeln und wenden können sollte. Schließlich war das Schiff noch etwa 37 hm entfernt und jetzt klar als Tanker zu identifizieren ! Mit Kurs England also ein legitimes Ziel.
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"Maschinen kleine Fahrt voraus ! Kurs 270."
Der Anlauf konnte beginnen !
"Feindkurs 358, Feindlage 212. Geschwindigkeit 12 Knoten. Entfernung zum Ziel... 37 hm."
'Eingestellt !'
"Eigener Kurs 269, Eigene Geschwindigkeit 2 Knoten. Lauftiefe des Torpedos 2 Meter ! Torpedogeschwindigkeit 31 Knoten."
'Eingestellt !'
"Achtung bei Rohr 1 !"
'Rohr 1 feuerbereit !'
"Rohr 1... los !"
'Rohr 1 abgefeuert !'
Laufzeit 180 Sekunden. In drei Minuten konnte viel passieren, aber wenn wir unentdeckt blieben, und der Tanker nicht zackte, war die Chance ihn zu erwischen nicht schlecht ! Die Zeit war fast um, als das Boot erneut wegsackte ! So war der Torpedoeinschlag nur zu hören, aber das reichte ja auch. Schröder war mit den Tiefenrudern beschäftigt, aber die Sinkgeräusche verrieten, was man wissen mußte, und mir wurde die Unzuverlässigkeit der Tiefenruder zu bunt.
"Auftauchen !"
Von der Brücke aus war der Tanker dann auch in seiner vollen Größe zu sehen, wie er nur langsam vollief.
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Ich beobachtete das einzelne Rettungsboot, das auf die französische Küste zuhielt und befahl, dann wieder auf Kurs zu gehen, um zu sehen, was noch unterwegs war...
Amazon ist da wohl eine nette Quelle, werter Zardoz, aber man sollte sich auch über die Schwächen des Programms im Klaren sein, zu denen Wir am Schluß noch ein paar Worte verlieren wollen.
Zusammengefaßt wäre dieses Spiel gern Silent Hunter, kommt aber nicht daran heran, da es übereilt fertiggestellt wirkt. Keine Speicherfunktion auf See, kein nennenswertes Schadensmodell, zu niedriger Schwierigkeitsgrad sind Unsere Hauptkritikpunkte. Wir lassen uns aber bei Interesse gern etwas ausführlicher darüber aus !
Zum Mittag servierte der Schmutt Labskaus. Nun, er war nicht gerade ein Künstler, aber man mußte nehmen, was da war und mit Rationen haushalten konnte er ! Das Boot nahm wieder Fahrt auf und wir drangen weiter in die Iroise vor, wo die Seewache um 16 Uhr 40 einen Frachter entdeckte, der sich an Frankreich heranschob. Da wir ihn rechtzeitig bemerkt hatten, legte ich das Boot getaucht auf die Lauer und feuerte auf 46 hm einen Torpedo auf den Gegner ab. 4 Minuten später besiegelte die Detonation das Schicksal des Engländers !
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Aber ich war in diesem Seegebiet noch nicht fertig. Da es gut lief und wir noch ein paar Torpedos übrig hatten, ging es wie geplant die französische Küste herunter, vielleicht ließ sich etwas von dem Rahm abschöpfen, der versuchte, Nachschub nach Frankreich zu bringen ? Es dauerte und wir waren den ganzen Tag unterwegs, aber schließlich lief uns des Nachts vor Nantes ein Tanker in die Arme.
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Ein gefundenes Fressen und ein leichtes Ziel, besonders in der Dunkelheit. Auf 48 hm wagte ich den Schuß. Zugegeben im Nachhinein etwas leichtsinnig, aber ich wollte die Entdeckungsgefahr gering halten ! Die Quittung kam prompt... Sieben Minuten schwitzten wir Blut und Wasser, aber am Ende verrann die Laufzeit ereignislos. Rohr 1 war damit komplett leergeschossen. Normalerweise war ich kein Freund davon, gute Torpedos hinter schlechten hinterherzuschießen, aber ich wollte diesen Tanker ! Also verließ um 4 Uhr 44 morgens der Torpedo das zweite Rohr, das damit auch leer war. 39 Hektometer, immer noch eine gewagte Distanz, aber da es langsam hell wurde, mußten wir uns beeilen.
Umsonst ! Auch der kostbare zweite Torpedo traf nicht. Also half nur eines, das Boot hochbringen und den Tanker mit dem Deckgeschütz angreifen ! Braun nahm das Schiff routiniert unter Feuer und bald versank es brennend in den Fluten. Allein, die Seewache hatte eine böse Überraschung: Im Schutze der Dunkelheit war ein Berberis Handelskreuzer an die Kampfstelle herangekommen ! Was tun ?
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Da sich die Sloop mehr für die Versenkungsstelle interessierte als für uns, zumindest noch, hatte ich etwas Zeit. Ich beschloß, anzugreifen. Das würde ich aber mit dem Heckrohr tun müssen, was die ganze Sache verkomplizierte ! Auf 26 hm ließ ich Steinbach den Torpedoangriff auf das mittlerweile ruhig im Wasser liegende Schiff ausführen. Ob sie nach Schiffbrüchigen suchten ? Sie hatten keine Boote ausgesetzt und ich sah auch keine Scheinwerfer. Ich wischte die Bedenken beiseite. Es war immerhin Krieg ! Ich übernahm das Sehrohr und wartete auf den Torpedoeinschlag. Dann knallte es draußen auf See und helles Licht blendete mich kurzzeitig.
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Das Pfeifen überzeugte mich davon, daß das nicht der Torpedoeinschlag gewesen war.
"FEINDSCHIFF SCHIEßT !"
Ich zwang mich, die Augen am Zielokular zu behalten und ließ Steinbach die Zeit beobachten. Fünf Sekunden später knallte es erneut und noch bevor die Geschosse hinter uns in die See hieben, detonierte der Torpedo und setzte die Sloop in Brand. Die Druckwelle der Mittelartillerie war nicht stark, aber das Boot wurde trotzdem gut durchgeschüttelt. Verletzt wurde aber niemand.
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Nach diesem Erlebnis, von dem sich die Mannschaft erst einmal erholen mußte, beschloß ich, auch wegen der Munitionslage, den Rückmarsch zum Stützpunkt und ließ Marek einen geeigneten Kurs berechnen. Erneut durch die Iroise brechend, feuerten wir am 6. Mai den vorletzten Torpedo hinter einem französischen Frachter her, der allerdings das Weite suchte und dem Torpedo und seinen Verfolgern entkam. Ein Tanker, der danach vor das Heckrohr geriet, hatte nicht so viel Glück, der letzte Torpedo brach ihm das Genick !
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Ebenso erging es einem französischen Frachter, der auf Höhe Cork den Kurs von UC-83 kreuzte ! Das Deckgeschütz machte kurzerhand kurzen Prozeß und der Franzose sackte über das Heck weg !
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Zwei englischen Kohlenschiffe folgten auf der fahrt um Schottland herum. Alles in allem eine sehr erfolgreiche Fahrt ! Leutnant Steinbach schätzte die Bilanz auf 9 Schiffe mit etwa 50.000 Tonnen und spekulierte, wieviel das wohl insgesamt für die Bilanz des Bootes ergäbe. Die wiederum war mir relativ egal, was Steinbach mit Unverständnis zur Kenntnis nahm.
Am 12. Mai 1918 liefen wir somit gegen 11 Uhr 15 mit Versenkungswimpeln reich versehen wieder in Helgoland ein. Die lange Anfahrt lag hinter uns und UC-83 hatte seine zehnte Feindfahrt beendet ! Am Anleger wartete bereits eine große Menge auf uns. Als Steinbach mich auf die Brücke holte, konnte ich die Militärkapelle bereits spielen hören... Direkt daneben war eine Ehrenformation angetreten und auch Korvettenkapitän von Rahden und Grau konnte ich erkennen... Als das Boot am Kai festmachte und die Gangway angelegt wurde, waren Grau und von Rahden bereits auf dem Deck, dicht gefolgt von einer Gestalt, die ich hinter der Kamera als Leutnant Larsen erkannte ! Bevor ich meinem Ärger Luft machen konnte, nahm der Chef mich bereits in Beschlag und drückte mir die Hand. Reflexartig trat ich in die Habacht-Stellung, in der ich verharren mußte, als Grau sich hinter meinem Rücken an meinem Kragen zu schaffen machte.
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'Es hat länger gedauert als erwartet, aber nach der Meldung der Erfolge ihrer letzten Feindfahrt ist meine Eingabe endlich genehmigt worden, Kapitänleutnant ! Sie haben auf 10 Feindfahrten offiziell bestätigt 83 Schiffe mit insgesamt 427.000 Bruttoregistertonnen versenkt. Für diese Leistung darf ich ihnen im Namen Seiner Majestät Wilhelms des Zweiten das Ritterkreuz des Ordens 'Pour le Merite' verleihen. Mit der Verleihung der höchsten Auszeichnung für Tapferkeit, die Preußen zu vergeben hat, ehrt die Heimat ihre beispiellose Tapferkeit, Entschlossenheit und Führungsstärke. Wir alle sind stolz auf Sie !'
Ich kam gar nicht dazu etwas zu erwidern, ehe der Korvettenkapitän mir bereits den Orden um den Hals hängte. Als Grau meinen Kragen wieder herunterschlug, verstummte die Musik und die versammelte Mannschaft salutierte wie ein Mann. Ich war geehrt und geschmeichelt, aber irgendetwas war da noch, das ich nicht konkret benennen konnte... In von Rahdens Büro angekommen, bot er mir den Stuhl und etwas Branntwein an, bevor er mir ein Papier vorlegte, das ich einmal und dann noch einmal las. Dann senkte ich das Blatt.
'Eine Versetzung auf einen Posten im Ausbildungswesen der Unterseebootwaffe. Das mindeste für einen der führenden Helden unserer Waffengattung. Dies beinhaltet einen Posten an Land, eine angemessene Dienstwohnung und Sie können ihre Erfahrungen an die nächsten Jahrgänge weitergeben.'
"Was wird aus meinem Boot, Herr Korvettenkapitän ?"
'Nun, UC-83 ist weiterhin Teil der Flotte, also bleiben Boot und Mannschaft hier und kämpfen weiter, unter einem neuen Kommandanten, natürlich.'
"Natürlich." erwiderte ich rein reflexhaft.
Wir beide wußten, wie die neuen Jahrgänge aussahen... Halbe Kinder, geführt von Offizieren mit überhasteter Ausbildung. Auf der anderen Seite bedeutete eine Versetzung, daß ich den Krieg auf jeden Fall überleben würde. Ich könnte Mine und Paul nachholen und endlich mehr Zeit mit ihnen verbringen ! Ich las das Papier erneut. Von Rahden nickte mir aufmunternd zu. Ich hatte immer gefürchtet, an diesem Punkt zu enden, zwischen dem Wohl meiner Familie und dem Wohl meiner Mannschaft wählen zu müssen ! Aber hier war ich nun. Wer wußte, wie lange der Krieg noch dauern würde ? Würde ich mich die gesamte Zeit über auf mein Fortune verlassen können ? Ich wußte es nicht. Ich überflog das Schreiben nochmals. Marschbefehle, Fernsprechverbindungen, Adressen... Alles war bereits fertig, bis hinunter zur Unterschrift des Chefs der Flotte, Admiral Scheer. Nur der Korvettenkapitän und ich mußten noch unterschreiben, dann wäre alles amtlich und unverrückbar.
"Es ist ein einmaliges Angebot, Herr Korvettenkapitän. Ich weiß das zu schätzen."
'Sie haben es sich verdient. Werden Sie annehmen ?'
"Ich werde Bedenkzeit brauchen, Herr Korvettenkapitän."
'Ich brauche eine Entscheidung in spätestens zwei Wochen, Kapitänleutnant. Die Stelle wurde extra für sie freigehalten, aber es gibt noch andere Bewerber. Lassen sie sich nicht zu viel Zeit.'
"Verstanden, Herr Korvettenkapitän !"
'Gut. Noch einmal herzlichen Glückwunsch, Kapitänleutnant ! Holen sie beim Schreibstubenfeldwebel die Ausgangsscheine ab und gehen Sie zu ihren Männern.'
Das tat ich dann auch.
Aber meine Gedanken kreisten immer noch um das Schreiben in meiner Jackentasche...
Werter DerGraf,
Wir sind der Meinung, dass sich der Graf (he-he) diese Versetzung redlich verdient hat! Falls es keine weiteren Orden/Boote/Beförderungen im Spiel mehr gibt, wäre dies der perfekte Zeitpunkt mit diesem alten Silent-Hunter-Klischee ("Ich darf meine Besatzung nicht im Stich lassen!") zu brechen! Immerhin könnte man als Ausbilder den Kriegsverlauf stärker beeinflussen, als wie ein Kommandant. (Naja, nicht 6 Monate vor Kriegsende... Aber das kann der Graf (he-he) nicht wissen.)
Ansonsten möchten Wir Uns erneut für diesen fabelhaften Spielbericht bedanken! :top:
Auch wir gratulieren zum BLAUEN MAX...!! Eine wohlverdiente Auszeichnung...!! Nun ein krönender Abschluss als Ausbilder an einer Kriegsschule. Das wäre dieses Mal ein wohlverdienter Abschluss des AARs.
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top:
Werter dimovski !
Orden und Boote sind in der Tat ausgeschöpft, aber Beförderungen wären mit den richtigen Leistungen noch möglich. In jedem Fall bedanken Wir Uns für den Zuspruch und das rege Interesse !
Werter Zardoz und werter Hohenlohe !
Vielen Dank und ja, Kriegsschule wäre in der Tat die realistischte Option, da gehen wir d'Accord.
Am Abschluß arbeiten wir noch, vielleicht können wir ja noch ein paar Dinge einbauen...
Ich zog es vor, Mine nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, also warnte ich sie rechtzeitig vor. Während unseres kurzen fernmündlichen Gesprächs wollte ich eigentlich auch meine momentane Situation ansprechen und die Möglichkeiten erörtern, tat das aber dann doch nicht. Wenigstens schien es ihr soweit gut zu gehen, auch wenn ich den Verdacht hatte, daß die Rationierungsmaßnahmen auch bei ihnen zuhause noch stärker ins Gewicht fielen... Ich war beunruhigt. Das Gespräch plätscherte noch eine Weile dahin, auch wenn ich es eigentlich nur weiterführte, um ihre Stimme noch ein wenig hören zu können. In der Vermittlung verdrehten sie wohl nur noch die Augen, aber das interessierte mich nicht. Als ich schließlich doch das Gespräch beendet hatte, stand mein Entschluß fest. Zwanzig Minuten später hatte ich Korvettenkapitän von Rahden das unterschriebene Dokument eingereicht und somit meine Marschbefehle, die mich vom Stützpunkt Helgoland trennen sollten, in der Tasche. Als ich das Dienstzimmer des Chefs verließ, sah ich erneut auf das Papier, als ob der Eintrag verschwinden würde, wenn ich es nicht tat, aber er war immer noch vorhanden.
'Kommandiert zur Inspektion des Unterseebootswesens, I. Marineinspektion - Kiel.'
Ein wenig wunderte ich mich doch, wie entschlossen ich den Schritt getan hatte, aber ich hatte über 3 1/2 Jahre meine Pflicht getan. Die Männer waren tüchtig und würden auch ohne mich zurechtkommen können. Unter den gegebenen Umständen hielt ich es für vertretbar, jetzt zunächst einmal an mich und meine Familie zu denken. Ich würde es den Männern später sagen, wenn Sie aus dem Heimaturlaub zurückkamen ! Während also die Mannschaft und die übrigen Offiziere die Insel verließen, blieb ich zurück, um mein Kommando abzuwickeln. Ich bereitete alles für die Übergabe vor, sah die Papiere und Dokumentationen noch einmal durch und prüfte sie auf Vollständigkeit und schrieb die Abschlußbeurteilungen für die meine Männer. Ein wenig wehmütig war mir jetzt doch zumute, als mir verschiedene Situationen, die wir auf den Feindfahrten zusammen erlebt hatten, beim Schreiben wieder vor das geistige Auge traten. Immerhin waren wir für über ein Jahr eine Schicksalsgemeinschaft gewesen, in der jeder sich auf den anderen verlassen können mußte. Das machte es mir auch leicht, geeignete Beurteilungen für jeden der Männer zu erstellen. Nur bei Leutnant Steinbach sah ich die Sache etwas problematischer.
'(...)Leutnant zur See Steinbach zeigt durchgehend überdurchschnittliche dienstliche Kenntnisse und verfügt über eine gute Auffassungsgabe und geistige Beweglichkeit. Er ist ein williger und tüchtiger Untergebener, dem allerdings noch die Praxis in der Führungstechnik weitestgehend fehlt und der weiterhin einer straffen, beaufsichtigenden Führung bedürfen wird, um seine Führungspersönlichkeit und Befehlsgabe weiter zu entwickeln. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist Leutnant Steinbach meines Erachtens nach noch nicht entschlußfreudig und energisch genug um der Verantwortung eines eigenen Kommandos gerecht werden zu können. Obwohl er sich auf einem Dienstposten an Land gut führen würde, empfehle ich ausdrücklich weitere Bordverwendungen unter einem geeigneten Kommandanten.'
Der Hauptpunkt war sowohl mir als auch Korvettenkapitän von Rahden natürlich klar, ohne daß ich ihn gesondert aufführen mußte. Der Leutnant war schlicht zu jung für ein eigenes Kommando ! 22 war einfach kein Alter für die Verantwortung und so würde er wohl den Rest des Krieges in untergeordneten Positionen verbringen, während seine Ambitionen sich langsam und vor seinen Augen in Rauch auflösten. Ein hartes Brot, aber leider nicht zu ändern ! Ich legte den letzten Beurteilungsbogen auf den Stapel und ging schlafen. Kam Zeit, kam Rat !
Am härtesten traf mich natürlich, daß die Sicherheitsbestimmungen des Stützpunktes mich bereits als Außenseiter ansahen. Da ich kein Admiral war, brauchte ich eine schriftliche Genehmigung, um mein Boot betreten zu dürfen. Aber dasselbe galt auch für meinen Nachfolger, solange er sein Kommando noch nicht angetreten hatte ! Oberleutnant zur See Friedrich Schreiber war ein überaus liebenswürdiger Mann, wenn auch meiner Meinung nach charakterlich etwas blaß und farblos. Wir gingen die Personalakten durch und er zeigte großes und in Einzelheiten durchaus auch gezieltes Interesse sowohl an der Mannschaft als auch am Boot an sich. Ich hatte das Gefühl, daß beide bei ihm in guten Händen waren, was mir die anstehende Trennung zumindest etwas erleichterte... Auch meine Verabschiedung brachte ich lieber kurz und schmerzlos mit einer kurzen Ansprache hinter mich, bevor ich das Kommando an Oberleutnant Schreiber übergab. Nach einer eigenen Rede durch Obermaschinist Bremer und Obersteuermann Marek, die als Sprecher der Männer fungierten, händigte mir die Mannschaft ein Abschiedsgeschenk aus: Einen täuschend echt aus Holz geschnitzten Pour le Merite, ein Modell des Bootes sowie eine gerahmte Photographie, die uns alle mit unserem Boot zeigte. Ich erinnerte mich nicht genau, wann das Bild aufgenommen worden war, aber das war mir in diesem Moment auch nicht so wichtig.
Auch im Offizierskasino wurde an diesem Abend noch so manche Rede gehalten und so manches Bier geleert, während wir die alten Kamellen aufwärmten und verschiedene Anekdoten zum Besten gaben, die wir während unserer Zeit auf Helgoland erlebt hatten. Es war fast so wie immer, nur, daß jedem von uns klar war, daß die gemeinsame Zeit eben vorbei war. Wer wußte schon, wann wir uns wieder treffen würden. Oder ob es dazu überhaupt kommen würde. Ich für meinen Teil mochte Abschiede nicht, sie hatten etwas melancholisches, und auch wenn in jedem Ende ein Anfang steckte, so war Helgoland doch trotz der weniger schönen Erlebnisse eine Zeit gewesen, die ich nicht missen wollte. Aber trotzdem bestimmte auch hier der krieg den Gang der Dinge und als Marineoberingenieur Schröder und Oberleutnant Ruschdahl das Kasino zu später Stunde als letzte verließen, blieb ich allein zurück. Die Ordonnanz war taktvoll genug, mich nicht sogleich hinauszukomplimentieren, und so verließ ich nach einer Weile dann auch das gebäude und begab mich über die immer noch viel zu leere Insel zu meinem Quartier. In Kiel würde es Zivilisten geben, fiel mir ein.
Am Dienstag, den 28. Mai 1918 bestieg ich die Fähre, die mich ans Festland bringen sollte, von wo ich dann weiterreisen würde. Langsam verschwand Helgoland am Horizont und auch als die Insel nicht mehr zu sehen war, sah ich ihr noch lange an der Reling stehend nach.
Was würde mich in Kiel erwarten ?
Werter Graf,
wir sind erfreut, dass der Protagonist sich für eine Beschäftigung an Land entschieden hat. Wir sind trotzdem gespannt, wie es nun weitergeht...!! :ph:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Mitte August 1918, I. Marineinspektion, Kiel
Drei Monate später hatte ich mich in Kiel soweit eingelebt. Die Dienstwohnung war etwas klein, aber wohnlich genug für Mine, Paul und mich. Rudolf hatte ein kleines Zimmer in der Nähe bezogen. Die vorhersehbaren Dienstzeiten und jeden Tag bei meiner Familie sein zu können waren in der Tat Umstände, die den zumeist drögen Papierkrieg, den ich führen mußte, wenn ich nicht gerade unterrichtete, einigermaßen wieder aufwog. Mit den anderen Offizieren kam ich gut genug aus. Bei genauerem Hinsehen fiel allerdings gerade hier die Trennung zwischen Etappenoffizieren und ehemaligen Frontsoldaten auf. Die teilweise auch gegen ihren Willen an Land verbliebenen Offiziere waren meiner Meinung nach teilweise zu deutlich darauf bedacht, ihren Rang herauszukehren, gerade wenn dieser das einzige war, was sie über die aktiven Gedienten heraushob. Aber schwarze Schafe gab es auf beiden Seiten. Ich fand trotzdem relativ schnell Anschluß. Auf Anhieb verstand ich mich mit einem der Offiziere, der in der infanteristischen Grundausbildung eingesetzt war, einem Reserve-Oberleutnant namens Scharnetzki. Er hatte Ende 1917 als Marineinfanterist in Flandern einen Arm verloren und war nach seiner Rekonvaleszenz etwa drei Monate vor mir nach Kiel gekommen. Zusammen mit einem älteren Reservisten aus dem Marineartilleriedepot, Oberleutnant Leclaire, der aus Königsberg kam und im Zivilberuf Pastor war, teilten wir uns meist einen Tisch, wenn wir konnten und schwatzten dabei auch gerne mal über Gott und die Welt, und wenn die Umstände es erforderten eben auch über den Krieg.
Alles in allem ließ es sich in Kiel also durchaus aushalten und besonders jetzt konnte ich eigentlich ganz froh sein, eine geregelte und friedliche Stelle zu haben, die mir auch einigermaßen Spaß machte. Mine's voraussichtlicher Termin war auf Mitte September gelegt worden und so fieberten wir auch diesem entgegen. Aber nachdem sich die anfängliche Aufregung gelegt hatte und ich mich in die Routine eingearbeitet hatte, eriwschte ich mich immer wieder dabei, wie ich auf dem Weg nach Hause den kleinen Umweg in Richtung Hafen machte. In der Ausbildung hatten sie uns beigebracht, das Meer zu lieben, aber jetzt, an Land ? Niemand hatte uns darauf vorbereitet damit von jetzt auf gleich aufhören zu müssen... Die Seeluft, das Krängen des Decks in der Dünung, das Wasser und der Wind, eine Mannschaft auf die man sich verlassen konnte und mit der man Höhen und Tiefen durchlebt hatte... Das alles fehlte mir und der reglementierte Dienst machte noch deutlicher, wie gut es mir gefallen hatte, als ich zwar noch meine Haut hatte zu Markte tragen müssen, aber dafür abseits des Stützpunktes mehr oder minder mein eigener Herr gewesen war. Gelegentliche Fahrten auf einem Ausbildungsboot halfen etwas, aber eben nicht umfassend. Auf der anderen Seite war mir trotz alledem durchaus klar, daß es nie wieder so werden würde wie vorher, egal was ich tat. Und das nahm noch nicht einmal die wie auch immer geartete Friedenssituation in die Betrachtung, denn da würden wir mit den vorhandenen Booten im besten Fall in den deutschen Gewässern Patrouille fahren, vielleicht sogar in den größeren internationalen Wassern, aber weiter reichten die Boote ja schließlich auch nicht ! Nein, meine Karriere hatte ihren Zenit überschritten, das war glasklar. Aber Logik und Gefühle gingen besonders in solchen Angelegenheiten gewöhnlich nicht gut zusammen, was es nicht eben leichter machte.
An der Front im Westen verschärften sich die Probleme weiter. Ein zweiter Versuch der Österreicher, die Otrantosperre zu durchbrechen war schon vor Monaten gescheitert, die Konvois und Anti-Unterseeboot taktiken und -ausrüstungen der Ententemächte wurden immer ausgefeilter und erfolgreicher. Auch an Land war den Aliierten beinahe ein Durchbruch gelungen, der Angriff hatte nur mühsam gestoppt werden können. Gerüchte wollten wissen, daß Ludendorff seinen Rücktritt angeboten hatte, was aber abgelehnt worden war. An einen Siegfrieden zu glauben, wie man ihn noch 1914 anvisiert hatte, fiel schwerer und so blieb einzig die Hoffnung, einen annehmbaren Frieden herausschlagen zu können. Ja, man war bescheiden geworden 1918 im Reich ! Aber würden die Schlachtenlenker das ebenso einsehen, oder würde es zu einem Annexionsfrieden kommen ? Auch die Nachrichten aus der alten seemännischen Heimat waren nichts, was zu zuviel Optimismus animierte.
Schulte war vor zwei Monaten ebenfalls als vermißt gemeldet worden, allerdings hatte das Rote Kreuz eine Karte weitergeleitet, aus der hervorging, daß er mit seiner Mannschaft in England in Gefangenschaft war. Oberleutnant Hansen war vor drei Wochen bei einem Fliegerangriff verwundet worden, allerdings mittlerweile schon wieder auf dem Weg der Besserung. Von Müller war inzwischen Kapitänleutnant geworden und hatte vor kurzem das Ritterkreuz des Hausordens von Hohenzollern erhalten. Der einzige von dem es weder übermäßig positives noch negatives zu vermelden gab, war Ruschdahl. Die anderen Kommandanten der Minenlegergruppe kannte ich nicht, was über sie in der Post stand (von der ich nicht wußte, wie sie an den Zensoren vorbeikam) vergaß ich recht schnell wieder. Zumindest einige Dinge waren also wohl noch beim Alten in Helgoland. Oberleutnant Schreiber war anscheinend ein recht fähiger Kommandant, der von der Mannschaft gut aufgenommen wurde. Bislang hatte er wohl auch ein glückliches Händchen gehabt und daher letzten Monat das EK II bekommen. Nicht so schnell wie ich, aber immerhin waren die Voraussetzungen ja auch ganz anders ! Aber in diesen Zeiten beruhigte es mich doch, meine Mannschaft in guten Händen zu wissen ! Umso überraschter war ich, als es eines Tages hieß
'Kapitänleutnant Graf von Eskens-Kalpenbach umgehend zum Chef !'
Der Adjutant konnte mir auch nicht sagen, worum es dabei ging. Also machte ich mich mit mehr Fragen als Erwartungen auf den Weg zum Dienstzimmer. Als ich eintrat, fand ich den Chef im Gespräch mit einem anderen Offizier vor, den ich anhand der Stimme sofort erkannte. Es war Korvettenkapitän von Rahden, der sich zu mir umdrehte und mich eindringend durch sein Monokel musterte ! Neben seinem Stuhl konnte ich den Umriß seiner Aktentasche erkennen. Ich war nicht sicher, was er konkret hier wollte, aber ich hatte kein gutes Gefühl dabei. Mein Mißtrauen verstärkte sich, als die beiden sich die Hand gaben und ich mich kurz darauf mit von Rahden allein im Dienstzimmer wiederfand.
'Es ist eine Weile her, Kapitänleutnant, aber mir ist bereits versichert worden, daß sie sich gut eingelebt haben. Das freut mich natürlich zu hören. Wie geht es ihnen und ihrer Frau ?'
"Soweit gut, Herr Korvettenkapitän, Kiel gefällt Mine ausnehmend gut."
'Gut so. Und wie geht es ihnen ?'
"Nun, ich habe mich in meinen Posten eingearbeitet und den Lehrbetrieb aufgenommen. Es ist eine interessante Aufgabe, die ich gern ausfülle. Ich würde mich gern noch einmal dafür bedanken, daß mir diese Möglichkeit eröffnet worden ist."
'Schon Friedrich der Große wußte, daß erfahrene Officirs ein Schatz sind, den man konservieren muß. Sie waren der Richtige für den Posten und ihre Zeit war reif. Ich freue mich, daß ich sie richtig eingeschätzt habe, als ich sie vorschlug.'
Er zog ein Etui hervor und bot mir eine Zigarette an. Ich bedankte mich, griff zu und gab ihm Feuer, bevor ich meine eigene Zigarette anzündete und das Streichholz in den Aschenbecher warf.
'Ihre Arbeit in den letzten Monaten kann sich sehen lassen. Die Beurteilungen sind gut. Deshalb schmerzt es mich, gerade zu diesem Zeitpunkt an sie heranzutreten, aber die Umstände dulden keinen Aufschub. Wir beide wissen, wie die Situation im Westen aussieht. Der schnelle Sieg im Westen ist uns entglitten und die Übermacht der amerikanischen Truppen, die beinahe in Millionenstärke in Frankreich eintreffen, verschiebt das Kräftegleichgewicht immer weiter zu unseren Ungunsten. Mit der andauernden Blockade ist der Krieg spätestens 1919 entschieden, auch wenn wir derzeit immer noch überall auf feindlichem Gebiet stehen. Sollten die Herren in Berlin bis zuletzt an einem Siegfrieden festhalten, können sie sich vorstellen, was uns bevorsteht.'
"Das kann ich, Herr Korvettenkapitän."
'Da der Sieg an Land auf konventionelle Weise wohl nicht mehr erreicht werden kann, hat die Admiralität mit dem OKH einen Plan entworfen, mit dem versucht werden soll, das Ruder noch einmal herumzuwerfen. Es ist eine riskante Angelegenheit und wahrscheinlich wird das Reich gewaltig bluten müssen, aber wenn es gelingt und wir einem zu harten Friedensvertrag entgehen können, ist es das wert, oder was denken sie ?'
"Möglicherweise, aber was genau hat die Admiralität da im Sinn, Herr Korvettenkapitän ?"
'Zu tun, was seit 1916 hätte getan werden müssen, Kapitänleutnant: Wir suchen die Entscheidungsschlacht in der Nordsee. Stellen sie es sich vor... Die gesamte Hochseeflotte läuft gen England, alle Stationen und jedes verfügbare Schiff. Die Royal Navy wird den Verband natürlich stellen wollen. Eine ausreichende Schwächung der Royal Navy wird die Konvois wieder zugänglicher für die Unterseeboote machen und den Nachschub in Frankreich in Frage stellen, abgesehen vom Achtungserfolg. Wenn der große Wurf gelingt, sollte das unsere Verhandlungsposition genug stärken, um einen annehmbaren Frieden aushandeln zu können.'
"Oder um noch härtere Auflagen zu erlassen. Und das auch nur, wenn die Schlacht gewonnen wird, nicht wie am Skagerrak, sondern ein überwältigender Sieg, ein deutsches Trafalgar. Und das ist meiner Ansicht nach schon rein zahlenmäßig illusorisch, um nicht zu sagen, Augenwischerei geradezu kriminellen Ausmaßes !"
'Für sich genommen ist es das rein faktisch natürlich, da kann es objektiv betrachtet keine zwei Meinungen geben.' stimmte von Rahden freimütig zu. 'Aber da kommen wir ins Spiel, Kapitänleutnant ! Die genauen Vorbereitungen und Termine sind natürlich geheim, aber ich kann ihnen sagen, daß unter diesen Bedingungen und bei dem, was auf dem Spiel steht, natürlich nicht von uns erwartet werden kann fair zu kämpfen. Deshalb wurden einige Operationen geplant, für die nur die besten Kommandanten in Frage kommen ! Nicht alle sind verfügbar, und Sie standen mit ganz oben auf meiner Liste !'
Der Korvettenkapitän bot mir eine dünne Mappe dar und nickte mir auffordernd zu. Ich öffnete sie und überflog den Inhalt schnell. Mit einem ungläubigen Keuchen schob ich sie von mir weg über den Tisch.
"Sie wollen, daß wir Scapa Flow angreifen, Herr Korvettenkapitän ?"
Von Rahden musterte mich eingehend und zog an seiner Zigarette.
'So ist es, Kapitänleutnant ! Weder das Verminen der Zufahrten, noch der Angriff auf die feindlichen Großkampfschiffe an ihren Liegeplätzen wird den Kampf entscheiden. Aber beide Maßnahmen, gut abgestimmt mit der Gesamtoperation und mit einem nachfolgenden Unterseebootschirm entlang der Anmarschrouten sollten der Hochseeflotte zumindest eine Chance verschaffen können. Deshalb werden Boote auf alle Flottenliegeplätze angesetzt. Ich sähe es gern, wenn sie das Boot kommandierten, das auf Scapa Flow operiert !'
Meine Gedanken überschlugen sich. Scapa Flow war eine Festung und vom einzigen Boot, das jemals auf den Stützpunkt vorgedrungen war, hatte man nie wieder etwas gehört ! Ich schüttelte den Kopf.
"Das ist Wahnsinn, Herr Korvettenkapitän ! Selbstmord ! Glauben sie wirklich, daß das funktioniert ?"
'Was ich glaube oder nicht glaube, ist hier nicht von Belang, Kapitänleutnant ! Die Befehle sind es.'
"Warum lassen Sie es nicht einen anderen Kommandanten machen ? Ruschdahl, Hansen oder von Müller ?"
'Die Herren, die in ihrer Aufzählung in Frage kamen, habe ich bereits gesprochen. Sie haben sich geweigert. Eine Möglichkeit, die ihnen selbstverständlich ebenfalls offen steht. Aufgrund des Risikos basiert die Teilnahme an dieser Operation auf Freiwilligkeit. Ich kann sie nicht zwingen und werde ihnen nichts befehlen. Die Entscheidung liegt bei Ihnen und bei Ihnen allein.'
"Ich fasse zusammen, Herr Korvettenkapitän: Sie möchten, daß ich in einer beinahe entschiedenen Situation freiwillig kurz vor der Niederkunft meiner Frau mein Leben riskiere, um einer fragwürdigen Operation den Anstrich von Durchführbarkeit zu geben, mit dem dann hunderte Männer ihr Leben fraglos opfern werden für die Annahme, daß es eine Chance gibt, die Lage vielleicht zu verbessern ?"
'Bei ihnen klingt das sehr negativ, aber im Grundsatz richtig.'
"Warum sollte ich ihrer Meinung nach zusagen, auf diese Fahrt zu gehen, Herr Korvettenkapitän ?"
'Sie könnten wieder raus aufs Wasser. Ich würde ihnen ein Boot geben, und soviele Männer ihrer Mannschaft, wie sich greifen lassen. Sie hätten wieder ein Kommando.'
"Was noch ?"
'Angenommen, ich ersetzte sie durch einen anderen Kommandanten und die Operation gelänge nicht... Erinnern sie sich an 1914, an die Kriegsziele, mit denen wir loszogen. An die, die 1917 festgeschrieben wurden. Stellen sie sich vor, wie es hier aussehen würde, wenn uns ein solcher Diktatfrieden träfe. Könnten Sie noch vor die Tür, wissend, daß sie die Chance hatten, etwas dagegen zu tun und sie nicht genutzt haben ? Könnten sie irgendeinem Deutschen auf der Straße in die Augen sehen ? Ihrer Frau ? Ihren Kindern ? Würden sie sich nicht den Rest ihres Lebens fragen, was hätte sein können, wenn sie an jenem Tag ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in die Waagschale geworfen hätten ? Andere könnten das, aber sie ? Sie nicht.
In was für einem Deutschland sollen ihre Kinder aufwachsen ? In einem, das diesen Namen verdient ? Oder in einem Gebilde, das mit dem, was wir kennen nur noch wenig gemein hat ?'
Er sah mich forschend und auch abwartend an, als er seine Zigarette ausdrückte.
OOC:
Und hier geben wir den Ball an die Leser weiter ! Soll der Kapitänleutnant auf diese letzte Fahrt gehen, oder soll er nicht ?
Meinungen, Anregungen, Nachfragen und Diskussion sind ausdrücklich erwünscht !
Wir wissen alle, wie die letzte Fahrt der deutschen Hochseeflotte endete, nämlich mit einer Meuterei. Daher raten wir dem Grafen, auch mit Rücksicht auf die Familie, zur strikten Ablehnung dieses dämlichen Einsatzes...:rot:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE HEIMFAHRT!!*
Werter DerGraf,
falls es ein Spiel gibt, in dem Ihr einen äußerst verbitterten Grafen in den 40-ern spielen könntet, wären Wir gegen diesen Einsatz.
(Stellt Euch nur den Grafen in der Rolle von Theodor Krancke vor :eek: )
Werter dimovski !
Nein, die Tage des Grafen als primärer Protagonist sind wohl nach diesem AAR erstmal vorbei ! Aber vielleicht machen wir einen Folge-AAR in dem er einen Gastauftritt oder eine Nebenrolle bekommt, wenn es denn die Umstände gestatten ! ;)
Wir sind ja allgemein ein Freund von wiederkehrenden Charakteren.
Werter dimovski, unser Held ist Familienvater und braucht als Träger des Blauen Max keine weitere Bestätigung mehr...*freu*
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top: :D
Ritter Kunz
18.04.17, 23:11
Wir sind hin- und hergerissen. Aus der Situation des Grafen betrachtet würden Wir mit Blick auf die Familie ablehnen. Als Leser dieses AAR's hingegen, der sich gern der Vorstellung hingibt, die deutsche Hochseeflotte hätte mit der Unterstützung durch die U-Boot-Waffe noch eine Chance, plädierten Wir auf unbedingtes Durchführen des Einsatzes. Und nun stehn' Wir hier, Wir armer Tor...
;)
Hm, bislang ein recht einstimmiges Bild... Wir werden noch etwas warten bevor wir die neue Teuf-, ähm, weitere Pläne ausformulieren !
Auf eure "PLÄNE" sind wir sehr gespannt...!! :D
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Haben die Mission jetzt noch einmal gespielt, um Bildmaterial zu haben, damit ist der bisherige bericht an dieser Stelle nunmehr gegenstandslos. Daher geht es in einem neuen Post weiter !
Auweia, was erwartet uns nun...?? Wir wünschen dem Grafen dennoch das Beste...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD UND GUTE HEIMKEHR!!*
Obacht, werte Regenten, der obige Post wird noch einmal editiert !
Na, da sind Wir mal gespannt und drücken die Daumen! :top:
Hoffentlich klappt es mit dem neuen Video...!!
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top:
Sonntag, 1. September 1918, Marinestützpunkt Helgoland
Die Geschäftigkeit hatte wieder neue Höhepunkte erreicht, als UC-83 zum Auslaufen vorbereitet wurde. Überall waren Mitglieder der Mannschaft am 'machen und tun', wie man so schön sagte. Vorräte waren an Bord geschafft worden, das Maschinenpersonal prüfte ein letztes Mal die Anlage, auf die es auf diesem Einsatz wohl besonders ankam. Oben auf der Brücke stand der Obersteuermann am Schanzkleid und rechnete an der Trimmung, während der Wachoffizier die Männer über das Deck scheuchte. Seit der Kapitänleutnant ihn damals vom Turm entfernt hatte, pflegte der Leutnant einen deutlich rauheren Ton mit der Mannschaft. Vermutlich glaubte er, so seine Autorität zu unterstreichen. Wenn der wüßte...! Aber das war ja nicht mein Problem, im Gegensatz zu dem Jungen hatte ich einen Beruf, mit dem man auch im Frieden was anfangen konnte, egal wie der Krieg ausging. Am Anleger stehend ging ich noch einmal die Berichte Bremers und der Obermaschinistenmaate durch. Soweit keine Auffälligkeiten. Es gab ein paar kleinere Dinge, die mir nicht gefielen, aber das waren Kleinigkeiten und noch dazu übliche Verdächtige. Mit einer anständigen Werftliegezeit und brauchbaren Ersatzteilen wäre dem wohl beizukommen gewesen, aber bei dem momentanen Einsatzintervall hieß die Devise eben Flickschusterei. Ich gab mich keiner Illusion hin, auf wen der Finger zeigen würde, wenn der Kahn tatsächlich irgendwann mal richtig durchsiffte und dann absoff ! Also zeichnete ich den Reparaturbericht der Inst ab und harrte der Dinge, die da wohl kommen würden. Schmieröl vorhanden, mengentechnisch etwas wenig, würde aber hinkommen. Das Schweröl für den Diesel genauso. Wenigstens panschten sie das noch nicht, aber wenn wir durch die Winterpause kämen, würde das wohl auch bald anfangen...
'Alles klar, Herr Schröder ?'
Ich hatte Oberleutnant Schreiber nicht kommen hören, aber das tat kaum jemand. Hausmann, der FT-Gast natürlich, aber sonst ? Ob er das bei von Rahden genauso machte ? Nicht, daß der jetzt noch einen Herzkasper bekam, obwohl der Gedanke mich belustigte. Ich klappte die Mappe mit den Berichten zu, drehte mich zum Kommandanten um und baute mein Männchen.
"Jawohl, Herr Oberleutnant. Anlagen und Maschinen klar, Betriebsstoff und Schmierstoffe übernommen und gebunkert ! Boot ist gewartet und uneingeschränkt einsatzbereit."
'Gut, besondere Vorkommnisse ?'
"Keine, Herr Oberleutnant !"
'Hervorragend. Weitermachen !'
Damit war er auch schon wieder weg und kurz darauf sah ich ihn beim Steuermann auf dem Turm. Schreiber war ein mehr als brauchbarer Komandant, aber die Mischung aus der Höflichkeit, die er immer an den Tag legte und seiner unemotionalen, effizienten Art ließ viele Fragen offen. Kurz darauf meldete auch Steinbach. Die Uhr zeigte 11 Uhr, also Auslaufbefehl in 15 Minuten. Ich klemmte mir die Mappe unter der Arm und begab mich an Bord. Die dreizehnte Feindfahrt des Bootes, und noch dazu mit Sonderauftrag. Interessanterweise sahen die meisten Männer darin eher eine Glücks- als eine Unglückszahl, und von dem Sonderauftrag wußten sie ja noch nichts. Ich ja offiziell bis vor kurzem auch nicht. Inoffiziell hatte Petermann einige Dinge aufgeschnappt, und als herausgekommen war, daß Schreiber die Sondertour fahren würde, hatte der dämliche Hund mir gesteckt, was auf uns zukam. Das Gegenteil von 'gut' war eben immer noch 'gut gemeint', ich könnte ihm immer noch in die Fresse hauen, aber da ich nicht mehr vergessen konnte, was ich wußte, hätte das auch nichts gebracht. Bei meinem Glück hätte man mir gesagt, daß mein Zimmer im Cafe Caree nach der Feindfahrt bezugsfertig sein würde. Also hatte ich mich und das Boot bestmöglich vorbereitet.
Als wir Helgoland verließen und Kurs auf Schottland nahmen, wußten nur vier Männer an Bord von der Natur unserer Mission. Der Kommandant, ich und die beiden Wachoffiziere, Leutnant Steinbach und Steuermann Marek. Bis auf weiteres würde das auch so bleiben. Da die Patrouille kurz werden würde, ließ Oberleutnant Schreiber volle Kraft auf die Maschinen geben und mit Höchstfahrt auf Kurs gehen. In der Nacht vom 2. auf den 3. September wollte er bereits am Zielort ankommen. Nun, wir würden sehen !
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'Schiff gesichtet !' klang es durch das offene Turmluk in die Zentrale. Kurz darauf war Steinbach zu hören, nachdem er eine wohl eine Weile am Glas verbracht hatte, um das Schiff zu identifizieren.
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'Zerstörer backbord voraus, Herr Oberleutnant.'
'Alles einsteigen ! Herr Schröder, auf 20 Meter gehen, bitte !'
Ich tat wie mir geheißen, pendelte das Boot durch und wir setzten die Fahrt fort. Nach einer Stunde ließ Oberleutnant Schreiber auftauchen und die Fahrt über Wasser fortsetzen. Das Boot erreichte die Kante der Nordsperre gegen 3 Uhr am 2. September. Die Begegnung mit dem Zerstörer hatte einiges an Zeit gekostet ! Auch vor Scapa Flow wurde bald ein Zerstörer gesichtet, interessanterweise ein Amerikaner.
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Oberleutnant Schreiber hatte sich gegen ein Eindringen durch den Hoxa Sound entschieden. Er war ihm zu breit und offen, wie er sagte. Das lud eine Masse an Sicherungsmaßnahmen ein, die man bedenken mußte. Wie recht er hatte, lernten wir erst nach dem Krieg2. Von der Ostseite über die Minensperre durch den Holm Sound zu kommen, versprach ihm mehr Erfolg. Die Zufahrten dort waren eng, nicht sonderlich tief und die Tiden stark genug, um einem Uboot große Probleme zu machen. Daher wären dort die Sicherheitsvorkehrungen vermutlich am leichtesten. Zu schmal für Blockschiffe, zu flach für Netze. Das leuchtete ein, aber es würde trotzdem ein riskanter Ritt werden, soviel war mir klar. Mit der Strömung würden wir zu kämpfen haben, besonders, wenn sie uns nicht auf Grund werfen sollte. Nein, ich freute mich nicht darauf ! Nicht, daß Schreiber das kümmern würde. Er hatte seinen Plan vorgestellt und ging jetzt so selbstverständlich, wie man in einer Bar ein Glas Bier bestellt daran, diesen Plan umzusetzen.
Erneut ging das Boot auf Sehrohrtiefe und wir liefen in das Minenfeld, stumpf nach Karte navigierend. Vor der Einfahrt wollte Oberleutnant Schreiber noch einmal schauen, ob die Luft rein war. nach einem kurzen Rundsehen ruckte er am Sehrohr wieder herum.
'Da haben wir es ! Entweder ein Bewacher, oder ein Schiff, das weit außen vor Anker liegt... Herr Steinbach ?'
Er ließ Steinbach durch das Sehrohr blicken, der nebenbei durch ein Erkennungsbuch blätterte und seine Aufmerksamkeit mal auf das Buch, dann wieder auf das ominöse Schiff richtete. Schließlich hatte er die passende Seite gefunden.
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https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/40/Lion_class_battleship_-_Jane%27s_Fighting_Ships%2C_1919_-_Project_Gutenberg_etext_24797.png
'Schlachtkreuzer der Lion-Klasse, Herr Oberleutnant ! Entweder 'HMS Lion' selbst oder 'HMS Princess Royal'. 8 Geschütze 13 1/2 Zoll, 16 Geschütze 4 Zoll, 2 Torpedorohre. 1100 Mann Besatzung, über alles gut und gerne 30.000 Tonnen. Entfernung 1500 Meter.'
Steinbach leckte sich die Lippen. Er war nervös, soviel war klar, mit einem echten Kriegsschiff hatte er es in seiner Karriere wohl noch nicht zu tun gehabt. Nun, ich ja schließlich auch nicht, aber für Seeoffiziere war das wohl nochmal etwas anderes. Er sah zum Kommandanten, der den Platz am Sehrohr wieder einnahm. Schreiber war völlig ruhig, wie konnte ein Mensch in so einer Situation derartig ruhig sein ? Er spähte wieder durch das Rohr.
'Rohr 1 und 2 klar zum Unterwasserangriff. Entfernung zum Ziel 1500 Meter, Zielfahrt 0, Zielpeilung 320. Torpedos auf 36 Knoten einstellen.'
'Torpedo auf 36 Knoten, 1500 Meter, Peilung 320 !' bestätigte Jürges aus dem Bugtorpedoraum.
'Rohr 1 und 2... los !'
'Rohre 1 und 2 abgefeuert !'
Mit einem Ruck verschwand ein Viertel unserer Torpedozuladung im Wasser und schoß auf das Schiff zu. Die Blasenbahn war deutlich zu erkennen, aber auf diese Entfernung würden sie den Pott niemals schnell genug manövrierfähig bekommen. Wenn die Angaben hinkamen, saß der Brite wie auf dem Präsentierteller. Ich hätte das Schiff umgangen, um nicht den ganzen Stützpunkt aufzuschrecken, aber Schreiber schien es wissen zu wollen. Also warteten wir...
http://i1296.photobucket.com/albums/ag12/DerGraf/vlcsnap-2017-04-20-15h47m25s658_zpskyoifoqg.png
Zwei Detonationen dröhnten über das Wasser und vom Schiff drang dicker Qualm ins Freie. Volltreffer ! Aber keiner jubelte, denn das Schiff sank nicht. Ob es bereits tödlich verwundet war, war unklar. Indessen hörten wir jetzt auch die Alarmsirenen auf dem Schiff. Selbst wenn das Schiff noch unterging, waren die Briten nun doch gewarnt, oder ?
'Kurs 305, Maschinen kleine Fahrt voraus ! Wir dringen in den Holm Sound ein.' befahl Schreiber hinter mir und zog das Sehrohr ein.
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2: Oberleutnant zur See Hans-Joachim Emsmann auf UB-116 versuchte am 28.10.1918 durch diese Einfahrt in den Hafen einzudringen, um die britische Flotte vor der Attacke der Hochseeflotte zu schwächen. Hier hatten die Briten allerdings eine fernzündbare Minensperre mit Hydrophonen installiert. Um 21 Uhr 21 wurde das Boot erkannt und um 23 Uhr 32 meldete ein Galvanometer, daß sich das Boot im Minenfeld befand. Von Land aus wurde eine Reihe Minen daraufhin ferngezündet und am nächsten Morgen warf man über dem Ölteppich und den steigenden Luftblasen Wasserbomben ab, die Trümmer an die Oberfläche brachten. Taucher bargen am 4. November das Logbuch von UB-116. Es gab keine Überlebenden.
Werter Graf, ist dies nur ein Versuch oder ernsthaft ein Neuanfang...??
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Inwiefern, werter Hohenlohe ?
Wir sind, wie der werte Hohenlohe, etwas verunsichert - aus welchen Augen sehen Wir denn dieses Update?
Apropos Update: :eek:
Werter DerGraf, Ihr wisst wirklich wie man ein spannendes Finale schreibt :top: (Tatsächlich ist für Uns Euer AAR eine wahre Goldgrube in Sachen Wortschatz! Wer hätte gedacht, dass sich ein Wort wie "Tide" im Korpus der deutschen Sprache befindet!)
Argh, ja, das hätten wir deutlicher machen können ! Jetzt fällt uns auf, daß die Beibehaltung der ersten Person möglicherweise verwirrend ist.
Da der Graf logischerweise nicht an Bord ist, ist der Erzähler für diese Mission der LI, Marineoberingenieur Günther Schröder. Wir haben uns für diese Lösung entschieden, da es ja in einem solchen AAR auch um die Mannschaft und vor allem das Boot gehen sollte. Außerdem wollten wir den werten lesern diese Mission nicht vorenthalten. ;)
Für euer Lob bedanken wir uns ! Es hat uns schon immer Spaß gemacht, mit Worten zu jonglieren und zu den selteneren Worten und Formen der deutschen Sprache fühlen wir uns besonders hingezogen.
Jetzt wissen wir wenigstens, wer der Erzähler dieser Missionsgeschichte ist...*freu*:) Bitte weitermachen...!!
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Dienstag, 3. September 1918 - Scapa Flow
Fünfzehn Minuten liefen wir mit 3 Knoten weiter in den Sund ein. Im Boot war es totenstill, nicht nur wegen der möglichen Sinkgeräusche, sondern vor allem um zu hören, ob etwas am Drückkörper entlangkratzte, denn wenn das nicht frühzeitig erkannt wurde, konnte das Boot schwer beschädigt werden oder verloren gehen ! Einige angespitzte Eisenträger mochten reichen, wenn das Boot sich mit zu viel Leistung selbst auf den Spieß schob. Wenn dann noch eine Sprengladung daran saß... Die Anspannung war greifbar, besonders bei Hausmann, der am Hydrophon saß und in diesem Moment als Ohr des Bootes fungierte. Nur der Oberleutnant wirkte vollkommen ruhig, fast so als wäre er auf einer völlig ungefährlichen Überführungsfahrt. Langsam drehte er das Periskop und fuhr es aus.
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'Rohr 4 klar zum Unterwasserangriff. Zielpeilung 78, Entfernung 500 Meter. Torpedo 36 Knoten.'
'Eingestellt !'
'Rohr 4... los !'
Der Torpedo fauchte aus dem Heckrohr. Auf diese Entfernung konnte die Artillerie des Kreuzers uns nichts anhaben, aber wer wußte schon, welche Teufeleien noch unterwegs waren ? Eigentlich wären ein paar Flieger ja möglich ? Einerlei. Steinbach sah auf die Uhr mit der Torpedolaufzeit. Lang konnte sie nicht sein, ich schätzte sie auf 30 Sekunden. Gerade als der Wachoffizier den Kopf hob, ertönte über uns ein weiterer Knall. Alles hielt den Atem an, aber wieder nichts mehr zu hören. Schreiber zog das Sehrohr wieder ein und ließ auf halbe Kraft gehen, um aus dem engen Sund herauszukommen. Logisch, wenn jetzt Alarm war, mußten wir ins offene Wasser kommen, sonst wären wir erledigt ! Nur dumm, daß die Versenkung nicht geklappt hatte !
Fünf Minuten später wisperte Hausmann etwas in die Zentrale, das die Stimmung sofort hob.
'Schlachtkreuzer sinkt !' Der aufbrandende Jubel wurde vom Ernst unserer Lage und dem Primat der Ruhe im Boot schnell erstickt, aber zumindest hatten wir den ersten Erfolg. Aber um welchen Preis ? Wenn die Lords drüben jetzt auf uns warteten und alles zumachten, saßen wir in der Falle. Im Sund durch den wir gekommen waren, lag ja jetzt der Schlachtkreuzer als Blockschiff, auch wenn die Herren von der Admiralität das deutlich billiger hätten haben können ! Späterstens wenn sie die Überlebenden aus dem Wasser holten, wäre hier also die Hölle los.
Aber wir schafften es !
Auch hier auf der weiten Wasserfläche ließ Schreiber das Boot anhalten. Alles achtete auf Hausmann.
'Schnelle Schraubengeräusche backbord voraus, Herr Oberleutnant ! Mittlere Distanz, entfernen sich !'
Schreiber nickte und fuhr das Periskop aus, um die Wasseroberfläche zu begutachten.
'Großkampfschiff voraus, Peilung 332. Weitere Schiffe Peilung 33 und Peilung 80.'
Wieder überließ er es Steinbach die Schiffe zu identifizieren. Das Blättern raschelte durch das Boot, in dem man eine Stecknadel hätte fallöen hören können.
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'Schiff Peilung 332 ist Schlachtschiff Iron Duke Klasse: HMS Iron Duke, HMS Marlborough, HMS Benbow oder HMS Emperor of India. 10 Geschütze 13 1/2 Zoll, 12 Geschütze 6 Zoll, 4 Torpedorohre. Circa 28.000 Tonnen. Das Modernste, was sie 1914 hatten !'
Er schwenkte das Periskop weiter und blätterte, die Silhouetten vergleichend.
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'Schiff Peilung 33 ist Panzerkreuzer Cressy- Klasse. HMS Sutlej, HMS Bacchante oder HMS Euryalus.' Die Namen der drei anderen kannte in Deutschland jedes Kind: Hogue, Aboukir und Cressy, die drei Schiffe die Otto Weddigen im September 1914 versenkt hatte ! Nun sollte es also einem weiteren dieser Schiffe an den Kragen gehen ! '2 Geschütze 9 1/5 Zoll, 12 Geschütze 6 Zoll, 12 Geschütze 12 Pfund, 2 Torpedorohre. Besatzung etwa 700 Mann, Verdrängung circa 12.000 Tonnen.'
Er brachte das Periskop weiter herum, spähte hindurch, sah auf das Buch und noch einmal auf das Schiff.
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'Schiff Peilung 80 ist schwer zu identifizieren. Aus dieser Richtung und Entfernung am ehesten Cressy oder Diadem Klasse, Herr Oberleutnant. Sieht für mich mehr nach Cressy Klasse aus.'
Damit hatten wir es also ! Oberleutnant Schreiber schien das ebenso zu sehen.
'Das Schlachtschiff ist als relativ modernes und größtes Schiff das Primärziel. Die Panzerkreuzer werden nur angegriffen, wenn noch Torpedos da sind und der Angriff sinnvoll scheint.'
Das ergab Sinn, die beiden Rosteimer würden zwar auch wehtun, aber das Schlachtschiff war deutlich schwerer abzuschreiben oder gar zu ersetzen. Schreiber machte einige Markierungen auf einer Karte und zog das Sehrohr ein.
'Beide Maschinen halbe Fahrt, Kurs 150. Anlauf beginnt !'
Werter Graf, ihr wollt wohl die britische Homefleet im Alleingang versenken...?! :D Nur zu..., Hauptsache ist, dass ihr heil aus Scapa Flow wieder rauskommt...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe, der alles Gute wünscht...:top: *GUTE JAGD UND GUTE HEIMKEHR!!*
Kommt schon, das schafft Ihr! Ist zwar heikel, aber machbar. :top:
Schöne Updates übrigens! Wir sind gespannt auf´s große Finale! :burns:
Dienstag, 3. September 1918 - Scapa Flow
Eine Viertelstunde bewegten wir uns ungesehen durch das Becken des Naturhafens, bis der Oberleutnant wieder den Befehl zum Stoppen gab, einen versichernden Blick auf die Karte warf, wo noch immer seine Markierungen zu sehen waren, und dann das Sehrohr behutsam ausfuhr. Selbst wenn der Schlachtkreuzer als Übung durchging, würde hier gleich richtig was los sein ! Schreiber spähte nach seinem Ziel und fand es recht schnell.
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'Rohr 1 und 2 klarmachen !'
'Rohr 1 und 2 sind klar !'
'Feindpeilung 326, Entfernung zum Ziel 1900 Meter. Feindgeschwindigkeit 0, eigene Geschwindigkeit 0. Torpedo auf 36 Knoten einstellen. Lauftiefe 2 Meter.'
'Peilung 326, 1900 Meter. Geschwindigkeit 0. Torpedo 2 Meter, 36 Knoten !'
'Rohr 1 und 2... los !'
'Rohr 1 und 2 abgefeuert !'
Die Torpedos verließen die Torpedorohre und die Laufzeit begann. 62 Sekunden, wenn Leutnant Steinbach recht hatte. Nun, in 62 Sekunden konnte viel passieren.
'Schraubengeräusche, Herr Oberleutnant ! Schlachtschiff nimmt Fahrt auf !'
Wenn Schreiber es gehört hatte, ließ er es sich nicht anmerken, er stand unbeweglich am Sehrohr und verfolgte die Torpedobahnen. Dann knallte es zweimal kurz hintereinander. Torpedotreffer ! Aber wieder waren zwei Torpedo wohl zu wenig, um das Schiff zu versenken.
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'Maschinen kleine Fahrt voraus.'
Er zog das Sehrohr ein und wir machten zehn Minuten in Stille Fahrt. Ich nahm mir die Zeit, mich umzusehen. Alle Blicke waren nach oben gerichtet, als könnte man durch die Decke und das Wasser die Oberfläche sehen, wenn man sich nur genug anstrengte. Leutnant Steinbach nagte an seiner Unterlippe und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Der Zentralemaat und Hausmann nur kurz mit dem Ärmel, der Obersteuermann gar nicht, aber auch bei ihm waren einzelne Schweißperlen zu erkennen. Ich ließ einfach laufen und war bereit, auf die Bibel zu schwören, daß Oberleutnant Schreibers Stirn völlig trocken war und daß ich ihn von diesem Moment an für einen hervorragend abgekochten Sauhund hielt, was im übrigen nicht im Geringsten despektierlich gemeint war. Dann kam die Meldung, auf die er gewartet hatte.
'Rohr 1 nachgeladen !'
Schreiber fuhr erneut das Sehrohr aus und suchte sein Opfer. Kalt, methodisch, ohne irgendeine emotionale Reaktion. Dann hatte er es !
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'Rohr 1 klarmachen zum Unterwasserschuß !'
'Rohr 1 ist klar !'
'Feindpeilung 337, Feindkurs 151. Entfernung 1500 Meter. Feindfahrt 3 Knoten. Eigene Fahrt 1 Knoten. Torpedo auf 36 KNoten einstellen, Lauftiefe 2 Meter.'
'Eingestellt !'
Schreiber verzog etwas unwillig das Gesicht, maßregelte den Torpedomann aber nicht.
'Rohr 1 los !'
'Abgefeuert !'
Der Torpedo raste los, nun hieß es warten ! Das Schlachtschiff zackte anscheinen oben über die Wasseroberfläche. Würde der Torpedo treffen ? Wann wären die Zerstörer hier ?
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RUMMS !
'Torpedotreffer, Herr Oberleutnant !'
Steinbach hatte es unbeherrscht ausgerufen. Eine knappe Handbewegung brachte ihn zum Schweigen. Bald darauf waren die charakteristischen Geräusche brehcneder Schotten zu hören. Dann eine Kesseldetonation. Das Schlachtschiff hatte genug !
'Schlachtschiff sinkt !'
Ein kurzer freudiger Aufschrei ging durch das Boot. Damit hatten die Briten in diesem Moment insgesamt 58.000 Tonnen Kriegsschiffsraum verloren. Wenn Weddigens Tat schon ein Schluck aus der Pulle gewesen war, was war dann das hier ? Nun würde es aber wohl recht hitzig werden... Das Sehrohr wurde wieder eingezogen.
'Schnelle Schraubengeräusche Steuerbord voraus, Herr Oberleutnant ! Hält Kurs auf Schlachtschiff, vermutlich Zerstörer !'
Da hatten wir es !
'Maschinen halbe Fahrt, Kurs 90 !'
Als ob der Zerstörer in seinem Plan nicht existierte und deshalb unwichtig war ! Dabei waren wir gerade Sieben Meter unter der Wasseroberfläche. Alles was uns vor Wasserbomben im Moment schützte war die Gefahr, daß sich der Zerstörer selber mit sprengte und daß uns noch keiner gesehen hatte ! So aber flanierte das Boot förmlich durch das becken als ob der ganze Trubel auf der Oberfläche es nichts anginge. Dann kontrollierte Schreiber nach flüchtigem Sondieren der Oberfläche und einem anschließenden kürzeren Unterwassermarsch seine Markierungen und machte das Sehrohr bereit.
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'Rohr 3 klarmachen !'
'Rohr 3 klar !'
Schreiber studierte noch einmal kurz das Schiffsdiagramm im Erkennungsbuch.
'Peilung 3, Feindfahrt 0, Eigene Fahrt 3, Entfernung 1300 Meter. Torpedo 36 Knoten, Lauftiefe 2 Meter !'
'Peilung 3, Fahrt 0 und 3, 1300 Meter, Torpedo 36 Knoten, Lauftiefe zwo.'
'Rohr 3... los !'
'Abgefeuert !'
Würde für das 12000 Tonnen Schiff ein einzelner Torpedo ausreichen ? Als es eine Minute später knallte, zuckte einiges an Bord zusammen und während wir immer noch abliefen, hörte man schließlich auch hier, wie das Schiff absoff !
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70.000 Tonnen ! Bei solchen Zahlen mußte einem ja schwindlig werden, ganz zu schweigen von den Lords da draußen, die wir offensichtlich mit heruntergelassenen Hosen erwischt hatten ! Die Abrechnung würde sich sehen lassen können ! Aber diese Gedanken fochten Oberleutnant Schreiber nicht an, wenn er denn an so etwas Triviales wie rachsüchtige Engländer überhaupt dachte... Würde er das noch einmal fertigbringen und mit dem letzten Torpedo das letzte Panzerschiff versenken ?
Als Antwort auf diese stumme Frage trat er wieder ans Sehrohr und schob es durch die Wasseroberfläche, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Er würde es versuchen soviel stand fest !
'Sie hatten Recht, Herr Steinbach, ebenfalls Cressy-Klasse !' stellte er kurz klar.
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'Klar bei Rohr 4 !'
'Rohr 4 ist klar !'
'Peilung 330, Feindfahrt 0, eigene Fahrt 3 Knoten. Entfernung 600 Meter. Torpedo auf 36 Knoten, 2 Meter.'
'Eingestellt !'
Man hörte in der leicht zitternden Stimme des Torpeders die Aufregung mitschwingen. ich atmete aus und wischte mir das gesicht mit dem Ärmel ab. Jetzt kam es also nochmal drauf an.
'Rohr 4 los !'
'Abgefeuert !'
Auf 600 Meter würde der Torpedo keine 30 Sekunden zu laufen haben und in der Tat knallte es bald, wenn sich auch die Laufzeit langzuziehen schien.
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Torpedotreffer !
Schreiber war anscheinend zufrieden und zog das Sehrohr wieder ein. War es das schon ? Erst drei Minuten später hörten wir es... Das Panzerschiff ging unter. 82.000 Tonnen an einem Tag ! Wenn mich jetzt der Blitz traf, wäre das vollkommen in Ordnung gewesen, jetzt hatte ich alles gesehen ! Aber noch waren wir nicht heraus aus dem Hexenkessel !
Der Oberleutnant setzte einen neuen Kurs der uns im Bogen noch einmal quer durch das Hafenbecken führte, in Richtung Hoxa Sund, dort wollte er wohl heraus. Bis mir einfiel, daß wir ja noch 18 Minen dabei hatten ! Ich konnte mich nicht recht auf das Muster konzentrieren, als wir unter der Nase der Briten ihre Ausfahrt verminten, mittlerweile seit fast 10 Stunden getaucht, was man an der abgestandenen Luft auch merkte. Alles atmete auf, als Schreiber Kurs Ausfahrt setzen ließ.
'Alles klar bei Tauchretter.'
Der Befehl machte klar, daß es jetzt gefährlich wurde ! Stück für Stück schoben wir uns in die Ausfahrt, während hinter uns drei Zerstörer über das Wasser kurvten und Wasserbomben ins Hafenbecken warfen und kleinere Boote die Überlebenden aus dem Wasser holten ! Eine Zeit lang ging das auch gut, aber dann hörten wir, ganz sachte, ein ekelhaftes Kratzen am Druckkörper. Ein Netz ? Oder doch eher gespitzte Stahlträger ? Wir fanden es nie heraus, aber die folgenden vier Stunden waren die schlimmsten meines Lebens. ich machte meine Runden durchs Boot um in den einzelnen Abteilungen zu horchen, ob es Einbrüche oder Leckagen gab, aber alles verlief soweit gut.
Um Mitternacht waren wir heil aus der Basis heraus, aber erst um 1/2 2 Uhr nachts ließ der Oberleutnant auftauchen und das Boot durchlüften ! Als wir den frischen Sauerstoff gierig in die Lungen zogen wurde uns erst richtig klar, daß wir es geschafft hatten ! Die Rückfahrt war ruhig und abgesehen von einem merkwürdig euphorischen Gefühl, noch am Leben zu sein, erinnerte ich mich später an nicht viel.
Gegen 8 Uhr morgens am 7. September 1918 lief UC 83 wieder im Stützpunkt Helgoland ein und der wahre Hexenkessel brach über uns herein ! ich erkannte von der Brücke aus eine Kapelle, viele versammelte Soldaten und die anderen Komandanten, die in Trauben am Anleger standen und mitten im Gewühl, Grau und von Rahden, die grinsten wie die Honigkuchenpferde ! Der Korvettenkapitän nahm den Oberleutnant dann auch sofort in Beschlag, während ich es vorzog, für die Dauer des Brimboriums wieder in meinem Reich zu verschwinden. Das große Tam-Tam käme noch früh genug !
Ein grinsender, monokeltragender von Rahden... gibt's davon vielleicht auch ein Bild, werter DerGraf?
Vielleicht wird die Flotte unter diesen Umständen doch auslaufen? :???:
Soviel Tonnage an einem Tag, dies ist einsamer Rekord...!! Und ein böser Hammer für die britische Homefleet...!! :ph:
Wir gratulieren herzlichst dem Oberleutnant Schreiber...!!
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE JAGD!!*
September 1918, Marinestützpunkt Helgoland - Marineoberingenieur Günther Schröder
Der vergangene Appell hatte schon fast Staatsempfangcharakter gehabt und so auch den halben Tag eingenommen. Mir war ja klar, daß Seemannssonntag am Donnerstag war, aber ein wenig übertrieben war es doch, besonders derartig kurz vor knapp. Aber gut, von Rahden mochte seine Anlässe, also bekam er sie. Gelohnt hatte sich der Fischzug ja schon. Wie schon damals bei Weddigen hatte es förmlich EKs geregnet und so ziemlich jeder, der noch keins gehabt hatte, hatte jetzt zumindest das EK II. Mir hatten sie das EK I angehängt, Steinbach hatte beide gleich in einem Rutsch bekommen. Dem Oberleutnant hatten sie, wie böse Zungen behaupteten, das EK I noch per FT zugeschustert, damit sie ihm jetzt publikumswirksam den Pour le Merite anstecken konnten. Generell hatte sich die Militärbürokratie von ihrer besten Seite gezeigt und so gab es nur wenig Dienst und zunächst viel Ausgang. Bedachte man, daß die Decke von beiden Seiten immer kürzer wurde, doch ganz nett. Die Boote wurden nach und nach überholt und auch sonst seltene Teile und Vorräte tauchten wieder aus den Magazinen auf. Entweder hatte man das alles für die bevorstehende Entscheidungsschlacht gehortet oder jemand hatte den Zahlmöpsen und Etappeschiebern mal gehörig in ihre Hinterteile getreten. Die Gerüchteküche wollte wissen, daß die Admiralität und die neu geschaffene Seekriegsleitung planten, sobald alles soweit instand und versorgt war loszuschlagen. Die meisten meinten, das wäre wohl so gegen Mitte bis Ende Oktober. Also doch Rettung über die Winterpause ?
Die Stimmung unter den Offizieren war entsprechend zwiespältig. Oberleutnant Schreiber war undurchsichtig wie immer, was er darüber dachte, wußte ich nicht. Kapitänleutnant von Müller kommentierte das Geschehen nicht, wirkte aber bei weitem nicht so enthusiastisch wie er hätte sein können. Ruschdahl zuckte mit den Schultern und meinte, wer kein Glück hätte, aber trotzdem das ewige Leben haben wollte, hätte bei der Marine eben nichts zu suchen. Einzig Oberleutnant Hansen führte für seine Verhältnisse recht wortreich aus, daß das ein Vabanquespiel sei, mit dem ein Haufen Offiziere, die sich seit 1916 in ihren Stützpunkten den Arsch plattgesessen hätten, noch eben schnell die Ehre der Großkampfschiffe retten wollten. Auf Booten wie unseren hätte man ja noch einigermaßen brauchbare Karten, auch wenn 'gut' anders aussähe, aber auf den großen Eimern würde kein Auge trocken bleiben, verminte Ausfahrten und Unterseebootstörangriffe hin oder her. Persönlich war er nur gespannt, wo sich von Rahden während dieses Walkürenrittes der Hochseeflotte aufhalten würde. Dazu fiel mir dann auch nichts mehr ein. 'Prost !' sagte Hansen und trank seinen Korn. Die jüngeren Wachoffiziere waren deutlich begieriger, sich weiter zu beweisen, wie auch einige der Marineflieger. Aber das war ja klar gewesen. Naja, wir würden sehen, wie es im Oktober aussah, heutzutage konnte viel passieren in 30 Tagen !
Freitag, 20. September 1918 - Kiel
Ähnlich wie 4 Jahre zuvor bei Paul war es eine wahre Tortur, warten zu müssen, bis sich jemand erbarmte, die Kunde zu bringen, aber wenn es soweit war, war es eben soweit ! Im Moment war das zentrale Zimmer der Wohnung eben von Mine und der Hebamme belegt, also saß ich draußen und wartete. Paul war für diese Zeit bei Mine's Eltern, Rudolf hatte ich den Nachmittag freigegeben. Zugegebenermaßen wäre es wohl besser gewesen, zumindest in einem der angrenzenden Räume zu bleiben, aber es war gutes Wetter und da drin würde ich ja doch nur stören... Gestern hatte es bereits Fehlalarm gegeben, aber heute war die hebamme sicher, daß es soweit war, also hatte ich mich direkt von der Dienststelle auf die Bank vor dem Haus begeben und horchte ab und an nach oben, konnte aber nichts hören. Langsam begann es zu dunkeln, als ein Geräusch meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich blickte auf und sah mich mit der Hebamme konfrontiert, die mich prüfend ansah, bevor sie mir gratulierte. Ich hatte wohl nicht gerade mein intelligentestes Gesicht aufgesetzt, und bedankte mich, bevor ich zur berüchtigten Gretchenfrage kam.
"Junge oder Mädchen ?"
Ein Grinsen breitete sich auf ihrem gesicht aus, das bei den Lichtverhältnissen leicht hinterhältig wirkte.
'Nichts 'oder', sowohl als auch. Wenn sie sich das Ganze einmal ansehen wollen, können sie jetzt wieder hoch. Aber vorsichtig, manche Väter sollen schon umgefallen sein.'
"Wird schon nicht passieren !" versicherte ich und machte, daß ich nach oben kam. Und wenn es doch passierte ? Das war mir in diesem Moment reichlich egal !
Hat der werte Graf am Ende gar Zwillinge von seiner Frau bekommen...?? :D Das wäre ein Grund zum Feiern...!! :feier::prost:
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
Mittwoch, 30. Oktober 1918. Marinestützpunkt Helgoland
Das Boot war klar zum Auslaufen und generell in einem versorgungsmäßigen Zustand wie wohl seit der Indienststellung nicht mehr. Jedem war klar, daß dies wohl der letzte Einsatz vor der Winterpause war, wenn es denn eine geben würde. Im Westen war die Front weiter zurückgenommen worden. Bulgarien hatte kapituliert und einen Waffenstillstand mit den Aliierten geschlossen, der Zar von Bulgarien hatte abgedankt. Vor neun Tagen hatte die Seekriegsleitung gemäß der Forderungen des amerikanischen Präsidenten Wilson auch noch den U-Bootkrieg gegen Handelsschiffe eingestellt. Von jetzt ab ging es also nur noch gegen Kriegsschiffe, was uns einerseits entgegenkam, andererseits aber eben wieder auch nicht. Dazu war Ludendorff jetzt doch entlassen worden und in Ungarn Unruhen ausgebrochen. Das Hemd wurde knapp ! In diesem Licht war also die Übernahme der Munition für das Deckgeschütz mehr als optimistisch, aber es gehörte nunmal zur Standardausstattung und wenn es in den Listen stand, mußte es an Bord sein, alles andere war ja geradezu Anarchie. Also galt es schön säuberlich seine Listen abzuhaken. Obersteuermann Marek und sein Steuermannsgast hatten neue Karten und Ferngläser empfangen und auch alle drei Sextanten waren erneuert worden. Der Schmutt hatte seine eigene Ausrüstung dreimal kontrolliert, was er jetzt vergaß würde ihm ja auf See fehlen ! Auf den anderen Booten war es ähnlich geschäftig. UC-89 war noch dabei, die letzten Viktualien zu übernehmen, angetrieben von Ruschdahls Wachoffizier, Oberleutnant Weber. Daneben lagen die Boote von Hansen und Kapitänleutnant von Müller, die die Übernahme wohl abgeschlossen hatten, um die aber trotzdem noch Männer mit unbekanntem Auftrag herumwuselten.
Am Anleger hatte Korvettenkapitän von Rahden seine kleine Ansprache gehalten, die noch einmal verdeutlichte wie viel von unserem erfolgreichen Einsatz abhing. Naja, wenn man das ganze von der positiven Warte aus sehen wollte. Vier Boote waren von der kleinen Minenlegergruppe der 2. Halbflottille noch übrig. Wieviele von ihnen würden wieder zurückkommen ? Wen würde es diesmal treffen ? Ich spuckte über das Schanzkleid in das Hafenbecken und rückte die Mütze zurecht. Man hatte hinter vorgehaltener Hand oft von diesem 'Alles oder Nichts' Fall gesprochen. Ich persönlich fand 'Sieg und/oder Ehre/Tod' passender, allerdings war es weit weniger romantisch, wenn man selber in einer dieser Röhren steckte, in denen es um Kopf und Kragen gehen würde... Der Backborddiesel hatte am Anfang der Testläufe noch etwas gezickt, aber das hatten wir ihm schnell ausgetrieben. Trotzdem sah ich das als schlechtes Zeichen. Das alte Mädchen wurde wohl auf seiner 14. Feindfahrt etwas nervös ! Das übliche weibliche Temperament, wenn etwas nicht so lief wie es sollte ? Oder eine Vorahnung ? Bremer und ich hatten bedeutungsschwangere Blicke ausgetauscht, aber dazu nichts weiter gesagt. Wir würden es ja erleben.
Seite an Seite waren die verbliebenen Boote ausgelaufen. Jedes würde seinen zugewiesenen Sektor patrouillieren, um als Auge und Ohr der nachrückenden Flotte zu agieren und die etwaige Annäherung der gegnerischen Flotte zu beobachten. nach Ermessen des Kommandanten waren erkannte Kriegsschiffe anzugreifen. Bevor die Boote sich trennten, blinkte das Führungsboot einen letzten Spruch hinüber.
'Viel Glück, Erfolg und alles Gute ! Wiedersehen in Helgoland nach Einsatz. Von Müller.'
Oberleutnant Schreiber ließ Vogel antworten.
'Ebenso ! Gute Jagd und Gott befohlen ! Schreiber.'
Zusammen mit dem Oberleutnant und Leutnant Steinbach legte ich zum Abschied die Hand an die Mütze, als die Boote eins nach dem anderen Kurs auf die ihre Abschnitte nahmen. Ruschdahl und Weber erwiderten den Gruß ebenso wie von Müller und sein Wachoffizier, ein Oberleutnant namens Hartmann, glaubte ich zu wissen. Hansen kam gerade noch rechtzeitig auf die Brücke geklettert.
'Viel Glück und bleiben Sie alle am Leben. Hansen.'
Dann verschwanden die Stahlröhren zwischen den Wellen wie Phantome und wir waren allein auf dem Meer. Bald übergab der Oberleutnant die erste Seewache an Leutnant Steinbach und zog sich unter Deck zurück, um den Briefumschlag mit dem Operationsbefehl zu öffnen. Es ging also mal wieder gegen Schottland ! Oberleutnant Schreiber plante, zwischen Aberdeen und dem Hoxa Sund zu patrouillieren, um feindliche Bewegungen bestmöglich ausmachen zu können. Wie zum Hohn zog auf der Hinfahrt lediglich ein Tanker am Boot vorbei, den wir ja nach den Bedingungen der Waffenstillstandsverhandlungen nicht mehr angreifen durften, an uns vorbei. Sie versammelten sich sogar an der Reling, um aus der Entfernung zu winken, wie Marek mir später erzählte. Das Wetter hatte den Tanker verborgen und ein rechtzeitiges Entdecken des Schiffs erschwert. Solange sie unsere Position nicht verrieten... Der Oberleutnant ließ demnoch den Kurs wechseln, nur für alle Fälle, um einen kleinen Umweg über den Firth of Forth zu machen. Flottenstützpunkt blieb immerhin Flottenstützpunkt !
Trotzdem blieb die Fahrt ruhig. Als wir am Abend des 31. November an der Nordsperre ankamen, war nichts außergewöhnliches passiert. Nur die Anspannung blieb, was Schreiber tun würde, sollten die feindlichen Kräfte auftauchen. Eigentlich war ja noch kein Kontakt zu erwarten, da die Flotte erst morgen auslaufen würde, aber man konnte nie wissen ! Um 3 Uhr meldete Bremer kleinere Probleme mit dem Backborddiesel. Anscheinend hatten sie die Filter tauschen müssen und aus irgendwelchen Gründen war Luft im Treibstoffgemisch. Das Ganze konnte zwar mit Bordmitteln behoben werden, aber ein gutes Gefühl hatte ich trotzdem nicht dabei. Bremer würde die Angelegenheit für mich im Auge behalten, nach Leckagen im System suchen und zusehen, daß der Diesel die Fahrt durchhielt.
Am nächsten Tag gegen 11 Uhr 15 befahl Oberleutnant Schreiber die Besatzung zusammen. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, aber etwas mußte passiert sein ! Hausmann sah weit deutlicher bedröppelt drein.
'Männer, ein FT aus der Heimat ! Allem Anschein nach haben die Besatzungen von in Kiel stationierten schweren Einheiten den Auslaufbefehl verweigert und befinden sich im Zustand offener Meuterei. Kein Schiff ist ausgelaufen. Die Flotte kommt nicht ! Damit ist unser Operationsbefehl hinfällig. Wir haben Befehl, die Patrouille abzubrechen und auf der Stelle nach Helgoland zurückzukehren. Das wäre alles ! Zurück auf ihre Positionen.'
Im Gewühl schaffte ich es, einen Blick auf den vollen Spruch zu werfen, der weitaus deutlicher geworden war, als der Oberleutnant.
Datum: 1. November 1918 / 11:16 h
Unsere Flotte ist nicht ausgelaufen. In Kiel ist es zu Meutereien gekommen. Waffenstillstandsverhandlungen haben begonnen. Der Krieg ist verloren ! Kehren Sie zur Basis Helgoland zurück !
Ich ließ mich erstmal auf meine Koje fallen und dachte nach. Aus ! Das war es also ! Alles für die Katz, jetzt würden sie uns das Fell über die Ohren ziehen... Die Männer wußten es ja noch nicht, oder zumindest nicht, wie übel es anscheinend stand. Wie würden sie es aufnehmen ? Ich beschloß, einmal bei Bremer nach dem Rechten zu sehen, als das Boot einen Schlag erhielt, der es ruckartig durchschüttelte und alle Lichter löschte. Der Ruck warf mich gegen den Druckkörper und ich entging nur knapp der Kante eines Spinds. Schreie waren von achtern zu hören, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen und das Boot begann, Schräglage einzunehmen.
'MINENTREFFER !' kreischte jemand panisch mit sich überschlagender Stimme.
Ich versuchte auf die Beine zu kommen. Siedendheiß schoß es mir durch den Kopf. Wenn wir hier absoffen, mitten im November in der Nordsee, wären wir alle erledigt ! Wo blieben die Befehle ? Wo war der Oberleutnant ? Wo die Wachoffiziere ? Eilig schwankte ich zur Zentrale, während der Bug des Bootes langsam begann, sich Zentimeter für Zentimeter aus dem Wasser zu heben...
Freitag, 1. November 1918 - Kiel
Gerüchteweise rumorte es in der Flotte. Den Flottenbefehl, der am 24. 10. für Führungsoffiziere offiziell geworden war, sah ein Auslaufen der Hochseeflotte für die letzte Schlacht am heutigen Tag vor. ich mußte an die Kameraden in helgoland denken, die bestimmt schon auf See waren. Ob es ihnen gut ging ? Ich hoffte es. Ich bezweifelte, daß Schreibers Heldentat, und eine solche war das, das gab ich unumwunden zu, das Kräftegleichgewicht viel verschoben hatte, aber an Bord der Boote war man immerhin etwas geschützt. Zu gern hätte ich erfahren, was auf Helgoland vor sich ging, aber ich hatte tatsächlich andere Sorgen mit Mine und den beiden jüngsten. In der Flotte rumorte es. Erst vor zwei Tagen war es in Wilhelmshaven auf den Schlachtschiffen Helgoland und Thüringen zu Befehlsverweigerung und Sabotage gekommen. Drei weitere Schiffe hatten den Befehl zum Ankerlichten verweigert. Zwar hatten die Männer sich dem sanften Druck mehrerer Torpedoboote gefügt, und 47 Rädelsführer waren verhaftet worden, aber man konnte nicht wissen, ob die Lage unter Kontrolle war ! Nun hatte man das III. geschwader nach Kiel verlegt und auch großzügig Landurlaub gewährt. Ein Fehler ? Niemand wußte es ! In jedem Fall war der Zeitplan hinüber und ich fragte mich, ob das Unternehmen wohl trotzdem stattfinden würde...
Mine hatte sich indes gut erholt, auch wenn sie noch immer schwach war und den Großteil des Tages im Bett verbrachte. Den beiden jüngsten Familienmitgliedern ging es den Umständen entsprechend. Etwas schwach auf der Brust, aber der Marinearzt, der sie sich nach ein paar tagen angesehen hatte, meinte, bei der Mangelwirtschaft wäre das kein Wunder. Die Chancen standen aber wohl trotzdem nicht zu schlecht. Clara war die erste gewesen, Otto war ihr nach fünfzehn Minuten gefolgt. Trotz der Zustände war die tauffeier doch einigermaßen gelungen, auch wenn viele Verwandte dienstbedingt nicht kommen konnten und ich daher beschloß, eine Nachfeier anzusetzen. In jedem Fall hatte ich zwischen der Familie und meinem Posten wenig Zeit oder auch Lust, mich mit Dingen wie den Problemen des III. Geschwaders herumzuschlagen ! Die einzige Frage, die wirklich interessierte war doch, wie es mit uns und Deutschland weitergehen sollte, aber die Antwort darauf stand noch aus. Das lange Warten ging weiter.
Also endet dieser Krieg für die U-Bootfahrer evtl. tragisch und für die in der Heimat traurig wg der Meuterei der Matrosen und Soldaten in der Heimat...?!
Wir hoffen für den Grafen und seine kleine Familie auf ein Happyend...!! *freu*
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE HEIMFAHRT!!*
Wir sind begeistert, werter Graf! Sehr schön geschrieben! :top: Weiter so! :)
In der Zentrale ging es drunter und drüber. Steinbach blutüberströmt in der Ecke, vom Oberleutnant und Marek war nichts zu sehen. Wenn wir eine Mine erwischt hatten, war diese wenigstens anständig genug gewesen, das Boot nicht in zwei Stücke zu reißen. Ich ließ Peters und Francke wieder ihre Positionen einnehmen und gegenfluten. Dem schweren Wassereinbruch würden die Bugtrimmtanks nicht lange viel entgegenwirken können, aber wir brauchten alle Zeit, die wir bekommen konnten ! Wenn das Heck noch dran war, hatte es vermutlich den Maschinenraum erwischt. Die meisten Männer der Maschinenwache und im Hecktorpedoraum waren also entweder tot oder würden es bald sein...
"Klar bei Tauchretter ! Fertigmachen zum Ausbooten !"
Noch hielt das Boot, vielleicht hatten wir wieder eine angegammelte Mine erwischt, etwas anderes hatte sie nahe uns explodieren lassen oder die Überlebenden achtern kämpften noch, um mehr Zeit zu gewinnen. So oder so hatten sie die schlechtesten Chancen zu überleben, wie immer. Hinten wurde das Kugelschott zu den Heckabteilungen von innen zugezogen und verriegelt. Ich schluckte. Damit war es beschlossene Sache, wer auch immer da hinten noch drin war, würde nicht mehr rauskommen. Abder das Boot wäre auch mit nur einer überfluteten Abteilung nicht zu halten.
"Torpedozellen und vordere Regelzellen fluten ! Torpedorohrklappen öffnen !"
'Vordere Regelzellen unklar, Herr Oberingenieur !'
Auch das noch ! ich versuchte, den Hecktorpedoraum über das Sprachrohr zu erreichen, aber außer einigen Geräuschen, die nahelegten, daß die Rohre auch schon was abbekommen hatten und volliefen, kam nichts zurück. Wenigstens hatten wir keine Minen an Bord gehabt, sonst würden wir schon auf der Wolke Harfe spielen !
"Alle Mann raus ! Boot wird aufgegeben !"
UC-83 neigte sich langsam zur Seite. Die Leute hatten begonnen, nacheinander ordentlich in Reihe auszubooten und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Kasten entweder direkt über das Heck absaufen würde oder sich erst auf die Seite legte. Die Schräglage verschlimmerte sich und auch das Krängen wurde deutlicher. Warten ! Es kostete eine Menge Beherrschung, sich nicht auf die Leiter zu schwingen und aus dem Luk zu stürzen. Die Leute brauchten Zeit, aber ich wollte auch nicht mit dem Boot absaufen ! Meine Devise war immer gewesen, wenn schon abkratzen, dann wenigstens schnell und sauber. Wenn ich hier aber nicht rechtzeitig rauskam, würde es weder schnell gehen, noch sauber sein. Die Spanten des Bootes ächzten. Vermutlich war das Gewicht zuviel für die angeschlagene Bootshülle. Riß das Heck ab, würden beide Teile wie Steine in die Tiefe sacken. Einer der Sextanten kippte zusammen mit der Kiste, die die Stifte, Zirkel und Dreiecke Mareks enthielten, vom Kartentisch und rutschte laut klirrend über den Boden, bis er an eines der Ventilräder stieß und liegenblieb. Ich merkte, wie mir der Schweiß in Strömen über das Gesicht lief. Zuletzt verschwanden Francke und Peters mit dem Leutnant durch das Luk.
Ich war allein mit dem Boot ! Am liebsten hätte ich mich einfach eingepißt oder alles, was ich heute schon gegessen hatte, ausgekotzt. Ich zwang mich zum Nachdenken... Einen Tauchretter hatte ich bereits angelegt. Was noch ? Rettungsmittel ? Zu spät, was noch ? Die Leuchtpistole ! Als ich den kleinen Kasten mit den Leuchtpatronen und die unförmige Signalpistole an mich nahm, kippte das Boot weiter und der erste Nordseeguß ergoß sich aus dem Turmluk in die Zentrale. Wenn ich noch heraus wollte, mußte es jetzt langsam sein ! So schnell ich konnte zog ich mich die Leiter entlang, die auf die Brücke führte. Mit einem Satz beförderte ich mich in die See und nahm dabei erst einmal einen ordentlichen Schluck Salzwasser. Egal, nur weg vom Boot ! Seine 480 Tonnen würden einen Sog ausüben, der ausreichte, um mich weit genug runterzuziehen, daß ich nicht mehr hochkam... Die See war nicht zu schwer, aber ich konnte trotzdem nur grob einen Überblick behalten. Ich zählte zwischen 8 und 10 Köpfe im Wasser, während die Wellen mich immer wieder überspülten. Hinter mir hörte ich Metall kreischen und der erwartete Sog des sinkenden Bootes riß mich unter die Oberfläche. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, daß ich schon weit genug weg gekommen war !
Freitag, 1. November 1918, nachmittags, Fladen Ground
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Flight Commander Perkins hatte am Kriegsende tatsächlich wieder etwas Freude an seinem Job gefunden. Ohne groß Gefahr zu laufen, von feindlichen Seejagdflugzeugen angegriffen zu werden, konnte er genüßlich dem vorgegebenen Kurs folgen und sich einfach nur am Fliegen erfreuen ! Das war es immerhin, was ihn einst von den Schiffen heruntergeholt hatte... Die Lust am Fliegen und das Gefühl von Freiheit, das sich kaum jemand vorstellen konnte, der sich nicht selbst in eine der zerbrechlichen Maschinen getraut hätte ! Dann konnte ihm das ganze Gefasel von Politik, gesellschaftlichen Entwicklungen, Erwartungen der Vorgesetzten und Befehle gestohlen bleiben. Nichts davon war hier oben von Bedeutung, nicht einmal das Wetter konnte ihnen über den Wolken etwas. Sicher, sie hatten hier draußen schon viel Ärger und Dramen gehabt und erlebt und Gefahren gab es auch so genug, aber all das machte es noch anziehender für ihn. Hier draußen gab es nur sie, ihre Flugmaschine und die Elemente. Und vielleicht ein paar Fritzen, aber was konnten die heutzutage schon noch wollen. Vier Jahre hatten sie die Welt in Atem gehalten, aber jetzt wußte eigentlich jeder, daß sie fertig waren ! Deshalb machte er sich auch nicht zu viele Sorgen um die 460 Pfund Sprengstoff unter ihren Tragflächen. Wenn alles friedlich blieb, würden sie die schön wieder mit nach Hause kutschieren und die Warte könnten das Zeug wieder einmotten, bis zum nächsten Flug.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ihm jemand auf die Schulter schlug. Observer Lieutenant Edwards hatte anscheinend etwas entdeckt ! Tatsächlich, er zeigte auf die See hinunter und schrie etwas gegen den Lärm der Motoren, das Perkins nicht verstand. Er riskierte einen Blick, der Hand des Beobachters folgend und kniff die Augen hinter der Fliegerbrille zusammen. War da etwas ? Er war nicht sicher, aber Edwards hatte scharfe Augen und fiel nicht so schnell auf Lichtreflexionen herein. Er zog den Steuerknüppel zu sich und spürte die Drähte und Spanten arbeiten, noch bevor die Felixstowe F.2 langsam die Nase hob und sich auf das Heck zu stellen begann. Mit einer engen Kehre wendete er und sah noch einmal genauer hin. Jetzt sah er es auch, da waren Leute im Bach ! Der Flugzeugführer glaubte, gut ein halbes Dutzend Gestalten zwischen den Wellenkämmen erkennen zu können, die sich zusammendrängten und versuchten, nicht auseinandergetrieben zu werden.
Auf einen Wink schoß Edwards eine grüne Leuchtkugel zu den Schiffbrüchigen herunter. Nur ein moralischer Beistand, aber die Aussage war klar.
Wir haben euch gesehen und holen Hilfe !
Kurz glaubte er, unten jemanden schwach zurückwinken zu sehen. Würde irgendeiner dieser Männer noch am Leben sein, wenn das nächste Schiff kam ?
Sonnabend, 2. November 1918, an Bord HMS Albatross
Der britische Zerstörer HMS Albatross hatte Befehl bekommen, die Havariestelle so schnell wie möglich anzulaufen und war dieser Aufforderung schleunigst nachgekommen. Ein wenig hatte der Kommandant sich ja schon gewundert, da es ja keine Seenot- oder Verlustmeldung in diesem Seegebiet gab, aber Befehl war Befehl. Immerhin besser als weiter im Hafen von Scapa Flow Petrouille zu fahren. Eine wichtige Aufgabe, aber das Hafenbecken war schon überschaubar und er war froh, endlich mal wieder auf die See rauszukommen, das natürliche Habitat seines Schiffes. Hier konnte das alte Mädchen noch einmal zeigen, was sie zu leisten imstande war. Der Commander war überrascht gewesen, daß es sich bei den Männern um Überlebende einer Unterseeboothavarie gehandelt hatte. Er selbst war als Vertreter der 'alten Navy' kein großer Freund dieser unfairen und unenglischen Waffengattung. Die Geretteten waren komplett fertig gewesen und daher hatte man sie zuerst unter Deck gebracht.
Erst heute hatte sich die Gelegenheit gefunden, mit den Männern zu sprechen. Da keiner von ihnen Englisch sprach, wurde dies die Aufgabe von Lieutenant Anderson werden, der ganz passables Französisch sprach, so wie der Wortführer der Gefangenen auch. Wie sich herausstellte, waren diese Männer unter denen gewesen, die vor nicht ganz zwei Monaten in den Liegeplatz eingedrungen waren und vier Großkampfschiffe versenkt hatten ! Die Genugtuung, diese Leute gefangengenommen zu haben, war Anderson deutlich anzumerken. Es gelang zu rekonstruieren, daß das Boot auf eine Mine gelaufen war, als sie auf dem Rückmarsch von ihrem patrouillenauftrag waren. Sechs Männer hatten sie am Ende noch lebend an Bord geholt, sechsundzwanzig waren sie ursprünglich an Bord gewesen. Aber auch die Deutschen, die jetzt in Gefangenschaft gehen würden waren froh, daß der Krieg vorbei war. Wie es weitergehen würde... Wer wußte das schon ? Als er die Gefangenen verließ und sich auf der Brücke meldete, übergab er dem Commander das Protokoll und die Liste mit den Namen der Geretteten.
Günther H. Schröder, Marineoberingenieur
Hermann Braun, Bootsmannsmaat
August Franke, U-Obermatrose
Friedrich Hausmann, U-FT-Gast
Albert Gehring, U-Matrose
Peter Vogel, U-Matrose
Von den anderen hatte man keine Spur mehr gefunden. Sie waren wie Tausende anderer Seefahrer aller Nationen in jenen Jahren in ihrer engen Röhre, auf ihren Schiffen oder draußen auf dem Meer den Elementen ausgesetzt einen grauenhaften und erbärmlichen Tod gestorben.
Wofür ?
Montag, 11. November 1918 - Kiel
In Kiel hatte es eine veritable Revolution gegeben, als die Soldatenräte die Stadt übernahmen und ihre Forderungen ausdrückten. Vor zwei Tagen dann die Ausrufung der Republik. Angeblich hatte der Kaiser bereits das Land verlassen und war ins Exil geflohen. ich wußte nicht, was ich davon halten sollte, sollte der oberste Kriegsherr sich durch Fahnenflucht seiner Verantwortung entzogen haben ? Ich konnte, nein, wollte es nicht glauben ! Aber der Kaiser war keins der Dinge, die jetzt für die Zukunft wirklich wichtig waren, so deprimierend diese Erkenntnis auch war. Zunächst mußten wir sehen, was weiter mit dem Land und den Leuten geschehen würde. Würde es einen Frieden geben ? Wie würde er aussehen ? Wer sollte zukünftig den Kurs des Schiffes 'Deutschland' bestimmen und wohin würde er führen ? Keiner wußte es. Die Glocken der Stadt läuteten den Waffenstillstand ein. Der Krieg war vorbei ! Ich ging an jenem Abend mit einem Gefühl der Unsicherheit das betreffend, was kommen würde, nach Hause, aber auch im Wissen, daß es irgendwann wieder aufwärts gehen würde, ja, mußte.
Eine Woche später war alles geklärt. Ich würde vorerst in der Marine bleiben und helfen, die Unterseebootwaffe entgültig abzuwickeln. Das würde einige Monate dauern, was danach kam, war noch offen. Würde man mir eine der Planstellen anbieten ? Würde ich sie annehmen ? Ich konnte es nicht sagen. Als ich mit Mine und Paul auf dem Balkon meines Geburtshauses stand und zusah, wie die Sonne am Horizont versank, wurde mir klar, daß es nie mehr sein würde wie früher. War das gut ? War es schlecht ? Ich wußte es nicht. Ich war noch lange wach an diesem Abend und hielt stumme Zwiesprache mit den Bildern und Photographien im Haus. 300 Jahre Familiengeschichte sahen auf mich herab, aber ich wußte, letztenendes würde ich allein entscheiden müssen, wie ich mit dem schwierigen Erbe umgehen wollte. Im Wohnzimmer angekommen setzte ich mich in meinen Sessel und nahm das Photo von 1914 noch einmal hervor. Nachdenklich betrachtete ich es. Hatte damals irgendeiner von uns ahnen können, wie es jetzt aussah ? Hätten wir anders gehandelt, wenn wir es gewußt hätten ? Ich hängte das Bild wieder an seinen Platz zurück.
Ein Geräusch im Nebenraum schreckte mich auf. Es war aber nur Rudolf, der etwas Staub wischte und aufräumte.
"Rudolf !"
'Euer Hochwohlgeboren ?'
"Ziehen Sie doch bitte einmal das Grammophon auf."
'Sehr wohl. Wünschen Hochwohlgeboren eine bestimmte Aufnahme zu hören ?'
"Nein. Wählen Sie irgendeine."
'Sehr wohl !'
https://www.youtube.com/watch?v=2GUl632BYXw
Ich mußte schmunzeln, als ich die Platte erkannte, und fragte mich, ob Rudolf sie absichtlich gewählt hatte. Die Töne begannen, den Raum zu füllen und für einen Moment war es so, als wäre der Krieg nur Einbildung gewesen und all das, was ich in dieser Zeit fernab von Zuhause erlebt hatte, klein und unbedeutend. Natürlich wußte ich, daß das nicht der Fall war. Ich hatte jetzt drei Kinder, nicht mehr nur eines. Vater würde nicht durch die Tür kommen und mich von seinem Platz verscheuchen. Aber all das war in diesem Moment unwichtig. Ich würde die unausgesprochene Herausforderung der neuen Zeit annehmen.
Noch als er gefaßt wurde, zerfloß der Vorsatz schon wieder. Ich merkte nicht, wie ich langsam wegdämmerte, einer Zukunft entgegen, die nicht nur für mich und meine Familie, sondern für Deutschland, Europa und die Welt ungewiß und vielleicht auch bedrohlich scheinen mußte als Regeln, die Jahrhunderte überdauert hatten außer Kraft gesetzt wurden und neue Ideen Wirkmächtigkeiten erlangten, die niemand vorhersehen konnte. Würden wir sichergehen, daß die Millionen von Menschen nicht umsonst umgekommen waren ? Welche Wege würden wir gehen und wohin würden sie uns führen ? Welche Lehren würden wir aus alledem ziehen ?
ENDE
Damit ist unser Erstlingswerk beendet ! Für Fragen, Kommentare und ähnliches stehen wir gerne zur Verfügung und werden demnächst auch noch einmal eine kleine Rezension des Spiels anhängen. Allgemein sind wir mit unserer Schreibe nicht so zufrieden, wie wir hätten sein können, finden wir haben einige gute Chancen verschenkt und hoffen auf Steigerungspotential für den nächsten AAR, der dann aber in etwas bekannteren zeitlichen Gewässern stattfinden wird, vermutlich mit SH 3 GWX.
Ansonsten bedanken wir uns für die aufmunternden und motivierenden Kommentare und das diesem AAR trotz der anfänflichen Textform entgegengebrachte Interesse !
Werter DerGraf,
nicht so bescheiden, der AAR und euer Schreibstil waren sehr gut. Mehr hätte sich kaum herausholen lassen und wäre dann wohl zu schwülstig geworden. Was wir eurem AAR keineswegs unterstellen wollen. Der AAR passte genau zum Spiel mit der entsprechenden Zeitschiene...!! :) Wir freuen uns jetzt schon auf die Fortsetzung mit einem neuen AAR. Evtl. dann mit dem ältesten Sohn eures Protagonisten...?! Das hätte ja etwas Besonderes...:ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top: *GUTE HEIMKEHR!!*
Ritter Kunz
24.04.17, 20:38
Werter Graf,
auch Wir fühlten Uns von Eurer Geschichte vorzüglich unterhalten. Es ist nie leicht, einen passenden Schluss zu finden, doch Unserer Ansicht nach habt ihr die Unsicherheit und Wirren nach dem Ende des Krieges gut eingefangen. Auch der allgemeine Erzählstil war angenehm - und verschenkte Chancen, so sie denn vorhanden sind, fallen dem (von der Story gefesselten) Leser nicht immer auf, von daher: vielen Dank für einen tollen AAR!
Ritterliche Grüße
Werter DerGraf,
habt vielen Dank für diesen sehr gelungenen Spielbericht! Wir schließen Uns im Lob dem ehrenwerten Ritter Kunz und dem werten Hohenlohe an!
Die Fortsetzung wird sicherlich auch ein vorzüglicher AAR sein - Unsere Vorfreude wächst schon :top:
N. B. Wir persönlich würden keineswegs sagen, dass das Interesse für diesen AAR trotz Textform entgegengebracht wurde, sondern gerade deswegen.
Ein guter AAR geht nun zu Ende.
Auch Wir bedanken Uns bei Euch, werter DerGraf, für dieses Werk und freuen Uns schon auf die Fortsetzung! :top:
Auch bei Uns wird es ab nächster Woche (mit Mistgabel und Fackel vielleicht auch schön früher :D ) wieder wie gewohnt weiterlaufen - Gott sei Dank!
Also: Wir sind gespannt auf Euer neues Werk! :) :prost:
Werter Hohenlohe, werter Ritter Kunz, werter dimovski, werter Voetmann !
Das mehr an herausholen hätten wir besonders im Kontextualisieren gesehen, da die Umstände und einige Ereignisse des 1. Weltkrieges bei weitem nicht so bekannt sind wie die 25 Jahre später ! Insofern sehen wir da für die historisch interessierten Leser ein Potential, das nicht genutzt wurde. Aber das ist mitunter Meckern über optionale Inhalte. Generell müssen wir uns noch mit den Screenshots anfreunden, da sie uns im Moment noch eher als Unterbrechung des Geschriebenen vorkommen und sich noch nicht so einfügen wollen. Aber das wird wohl noch.
Wir bedanken uns für das Lob und hoffen ebenso, daß die Fortsetzung ebenso gut ankommt.
Mit freundlichen Grüßen
P.S.: Eine Kritik des Spiels folgt wie angekündigt noch.
Auf eure kritische Betrachtung des Spiels sind wir sehr gespannt...!! Aber wir hoffen bereits sehr auf die Fortsetzung mit SHIII GWX(?)...!! :ph:
herzlichste grüsse
Hohenlohe...:top:
hohe_Berge
28.04.17, 03:48
Top. Ganz großer Sport.
Glück Auf
Beurteilung des Spiels:
Was hat uns nicht gefallen ?
- Nach der entsprechenden Tutorialmission haben wir in dem Bereich, den wir bespielt haben, nie wieder ein Flugzeug zu sehen bekommen ! Das ist uns recht sauer aufgestoßen.
- Ein detailliertes Schadensmodell ist angelegt, wurde aber nicht implementiert. Artillerie oder ähnliche Treffer finden entweder nicht statt oder führen unverzüglich zum Verlust des Bootes.
- Der Schwierigkeitsgrad ist uns zu grob geregelt und auch deutlich zu niedrig.
- Realismus oder nicht, wenn das Sehrohr in dunkelster Nacht regelmäßig auf 6 km entdeckt wird, finden wir das merkwürdig.
- Zu niedriger Granatenverbrauch, zu schnelles Nachladen.
- Zu niedriger Torpedoverbrauch, ein Torpedo zerstört alles außer Kriegsschiffe.
- Zerstörer zu harmlos. Frühes ASDIC wäre 1918 nett gewesen.
- Unser größter Minuspunkt ist die fehlende Speichermöglichkeit: Viele Feindfahrten mußten wir 3 oder 4 mal spielen, weil das Programm zickig wurde und die Patrouille ungesichert den Weg allen Irdischen ging !
Was hat gefallen ?
+ Die Minenfelder haben genervt, aber dazu sind sie ja da, ein Daumen hoch von uns.
+ Verschiedene Bootsmodelle, die wir allesamt recht gut fanden.
+ Die geskripteten Missionen waren gut, teilweise besser als die normalen Patrouillen.
+ Das unverbrauchte Szenario, daß uns zum Spiel gebracht hat. Wir sind ein großer Freund des 1. Weltkrieges, seit wir damals Red Baron in die Finger bekamen.
+ Interface an sich übersichtlich und brauchbar, das haben wir schon deutlich schlimmer gesehen.
Im Fazit also ein Spiel, daß so wirkt, als wollte es sich ein paar Scheiben von Silent Hunter abschneiden, hätte das dann aber nicht mehr ganz Zuwege gebracht. Einige kleinere Pingeligkeiten wollten wir dann doch nicht unter den gröberen Schnitzern aufführen, da sie Geschmackssache sind (Man kann sagen, was man möchte, aber das Großkreuz des Eisernen Kreuzes als Zwischenorden von EK I zu PlM ? Hier hat jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht !), uns als historisch interessierten Semi-Laien aber durchaus gestört haben. Wir denken, eine Moddingcommunity könnte hier noch viel herausholen (?), aber so wie es ist, ist es ein Spiel für (tolerante) Puristen, das ein unverbrauchtes Szenario bietet, aber in Atmosphäre und Dynamik an Silent Hunter oder Aces of the Deep (das für uns in Sachen Kampagne und KI immer noch den Goldstandard für U-Bootsimulationen darstellt) nicht heranreicht. Was schade ist, da man das Potential durchaus erkennen kann.
Als günstiger Schnapper durchaus eine Überlegung wert, aber vielleicht nicht jedermanns Sache.
Von uns gibt es daher nur eine
3-
Wir finden eure Kritik sehr wohl gerechtfertigt, da wir das Spiel auch haben und wg fehlender Speichermöglichkeit manchmal am Verzweifeln waren, wenn wir während der Mission speichern wollten, daher haben wir das Spiel nicht mehr aus der Versenkung hervorgeholt. Ansonsten stimmen wir euch weitgehend zu, wobei wir wg unseres anfänglichen Grolls gegen das Spiel eher eine 4+ gegeben hätten, aber dank euch wäre es fast eine reine 3 geworden.
herzliche grüsse
Hohenlohe...:top:
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