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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Endless Legend - "Fantasy-Civ"



Jorrig
19.04.15, 18:33
Es wundert mich, dass hier noch nichts darüber geschrieben wurde. Endless Legend gab es an diesem Wochenende gratis zu spielen auf Steam, und das habe ich gleich genutzt. Es handelt sich um rundenbasierte Hexfeldstrategie in einem Fantasyuniversum. Man übernimmt Kontrolle über das Schicksal einer der acht Hauptfraktionen und versucht, sie zum Sieg über die anderen zu führen. Das Städtemanagement, Ressourcen wie Nahrung, Gold ("Staub"), Forschung und Produktion kommen einem aus Civ sehr bekannt vor. Man baut Siedler und Einheiten. Es gibt aber auch ein paar wesentliche Unterschiede. Die Karte ist in Regionen aufgeteilt, die jeweils völlig unterschiedliche Landschaft und Klima haben können. Pro Region darf es nur eine Stadt geben, und wer die kontrolliert, dem gehört die Region. Das Gelände ist aber dreidimensional, es gibt also Klippen und Stufen, die man nicht durchlaufen kann. Wie bei Civ gibt es strategische und Luxusressourcen, die auch erst im Laufe des Spiels aufgedeckt werden. Man muss forschen, und jede Forschung ist teurer als die vorherige. Wenn man Civ kennt, kommt man schnell rein.
Jetzt zu den Unterschieden: Es gibt Helden statt Generäle, und die Helden sind natürlich auch richtig gut. Die Quests sind wesentlich schöner als aus BE, auch wenn sie ebenfalls oft zufallsgeneriert sind. Es gibt aber pro Fraktion spezielle Quests, die dann auch teilweise als Belohnung spezielle Technologie geben, die man ansonsten gar nicht erforschen kann! Forschung läuft nicht linear, pro Ära kann man alles forschen, was man will. Nach einer gewissen Menge Forschung kommt man in die nächste Ära und erhält neue Techs zur Auswahl. Sehr schönes System, weil man trotzdem noch priorisieren muss.
Gut gefallen mir auch die Diplomatiepunkte, die man wahlweise für andere Fraktionen oder aber zur Stärkung des eigenen Imperiums ausgeben kann.
Siedlungsspam wird durch Unzufriedenheit ausgeglichen, die ist aber freundlicher als bei Civ. Die Bevölkerung vermehrt sich dann einfach nicht so gut.
Eine echte Neuerung sind die Jahreszeiten. Es gibt zwar nur Sommer und Winter, aber der Unterschied ist drastisch. Die ganze Optik verändert sich, und im Winter liegt logischerweise die Nahrungsproduktion völlig brach, auch Geld kommt viel weniger rein. Bewegung für Armeen ist halbiert, ebenso die Sichtweite. Dazu weiss man ungefähr, wie lange Sommer und Winter dauern, aber niemals genau. Ich habe aber beobachtet, dass die Winter anfangs sehr kurz sind und dann gegen Ende des Spiels immer länger werden (23-37 Runden einmal). Das steigert natürlich die Dramatik und bremst auch nett die ansonsten ja eher exponentielle Wachstumsengine.
Die Interfaces finde ich sehr gelungen, die Bedienung allgemein ist logisch und intuitiv (nicht wie bei BE). Rechtsklick schliesst jeden Bildschirm. Es gibt überall Tooltips und vieles ist sehr klar und strukturiert aufgebaut. Man braucht kein Handbuch, um das Spiel zu spielen.
Was man aber neu entdecken muss, ist das Einheitenmanagement und die Schlachten. Es gibt animierte Hexfeldschlachten, bei der beide Seiten ihre Einheiten aufstellen und dann nacheinander kämpfen lassen. Es gibt Kavallerie, Infanterie, Fernkämpfer, Unterstützung (Magier) und Flieger, dazu immer jeweils Kontereinheiten (Bogenschützen gegen Flieger, Speerkämpfer gegen Kav usw.). Einheiten muss man neu konfigurieren und ausstatten, sobald man neue Waffen oder Rüstung erfunden hat. Das ist anfangs etwas schwieriger zu sehen, aber irgendwann habe ich mich gewundert, warum der Echsenmensch da mit Einheiten von 250 Lebenspunkten um sich wirft, während meine Bogenschützen unter 100 blieben, trotz Erfahrung. Für Ausrüstung (und Gebäude) braucht man vor allem die strategischen Rohstoffe, die meist irgendwelche phantastischen Metalle sind (es gibt sogar Mithril! Zumindest so ähnlich, Mithrite). Irgendwann wird der Kampf aber monoton, man kann ihn auch einfach auswürfeln lassen.

Mein erstes Spiel auf "Normal" habe ich aufgegeben, so einfach ist es dann doch nicht. Man muss schon wissen, was man in welcher Reihenfolge macht, was die besten Bauplätze sind etc. Im zweiten Spiel ging das wesentlich besser. Die Wirtschaft lief, und als mit zwei andere Fraktionen angegriffen haben, konnte ich sie locker mit meinen beiden Helden und ihren Armeen zurückschlagen. Die Waldmenschen haben als Standardeinheit die Bogenschützen mit der enormen Reichweite von 4. Damit können sie fast das ganze Spielfeld beschiessen. Der Fernkampfheld steht meist mit der Armbrust davor und verteidigt sie etwas. Man kann kleinere Stämme assimilieren und dann ihre Einheiten bauen. Am besten fand ich dabei die Dämonen. Die sind stark, haben viel Leben, fliegen und schlagen mit Kettenblitzen um sich, die auch noch die Nachbarn treffen. Es gibt alles Mögliche da, Zentauren, Minotauren, Insekten, Untote usw. Mir fehlte etwas das Titanium, davon hatte ich nur eine Quelle, und das ist ziemlich wichtig für Gebäude. Aber damit kann man sich zur Not am Markt eindecken. Ansonsten habe ich friedlich gespielt, ich war ja die Nummer 1. Ein ökonomischer oder diplomatischer Sieg schien mir aber utopisch (555000 Gold sind eine Menge). Ich habe es mit Wissenschaft probiert, aber die letzten Techs sind enorm teuer. Es ging schneller mit der Quest, die auch die Gegner bereits angefangen hatten. Allerdings ist das gegen Ende hin etwas zäh ("Du hast den Energiekristall eingeschaltet. Warte 5 Runden, bis er voll geladen ist."), das erinnerte mich an BE. Allerdings ist es kurzweiliger, die Entwickler haben sich mehr Mühe gegeben. Die KI ist leider noch nicht clever genug, um zu versuchen, einen in dem Moment am Sieg zu hindern. So klickt man dann einfach die Runden durch. Ich war heute morgen zu müde, die Endsequenz komplett zu geniessen, aber die Story ist wirklich schick gemacht.

Fazit: Ob es die strategische Tiefe von Civ 5 erreicht, bleibt abzuwarten. Es ist aber im Vergleich zu Civ:BE definitiv das bessere Produkt.

Und weil sonst niemand den Text liest, hier noch ein Bild von meiner Hauptstadt am Ende:

http://cloud-4.steamusercontent.com/ugc/26236057216837655/5493100728A2A487391987D417AD10588ACF1656/

Headhunter
19.04.15, 23:34
Ja, wir nennen das Produkt auch unser Eigen und haben schon die ein oder andere Stunde damit verbracht. So richtig gepackt hat es uns allerdings noch nicht.

Erwähnenswert wäre a) die Verwandtschaft zu Endless Space und b) die Verwandschaft der Grafik zum Intro von Game of Thrones :D

Interessant an den Jahreszeitenwechseln fanden wir vor allem, dass nicht klar ist, wie lange eine Jahreszeit dauert. Wie man unten rechts schräg über der 251 sehen kann, beginnt der Sommer in den nächsten ein bis dreizehn Runden.
Beim Winterbeginn ist das natürlich genauso, was einem zumindest theoretisch den ein oder anderen Plan versauen kann.

Jorrig
20.04.15, 00:22
Ja, das gefällt mir sehr. So muss man auch den Bonus einiger Luxusgüter darauf timen, ob nun Winter oder Sommer ist. +50% Nahrung bringt im Winter nicht so viel. Genauso mit den Gebäuden, die nur im Sommer den Bonus bekommen. Baut man die noch, obwohl der Winter vor der Tür steht oder wartet man besser und baut erst die wetterunabhängigen Gebäude?
Ich kenne weder Endless Space noch die Serie Game of Thrones. Aber mir gefallen die vielen kleinen Details. Beim Schwierigkeitsgrad "Normal" kommt als Tooltip zur Stärke der KI: "Wenn die Briten so gewesen wären, wären die USA heute noch Kolonie." Bei der leichtesten Stufe steht: "Eine Topfpflanze könnte sie im Schach schlagen." Bei "Impossible" dann dementsprechend: "Wenn das Leonidas wäre, hätte er bei den Thermopylen gewonnen."
Mir gefällt das Diplomatiemenü. Dort stehen die Gegner als Figuren im Raum. Je freundlicher die Beziehungen sind, umso näher stehen sie einem. Ist man im Krieg, stehen sie ganz hinten. Auch unentdeckte Zivilisationen sieht man als Schatten im Hintergrund.
Interessant finde ich auch, dass sie ausgerechnet den "Loon" als Sound im Hintergrund verwendet haben (das kanadische Nationaltier, eine Ente). Kommt das Spiel aus Kanada?
Ich habe es mir nach dem Wochenende jedenfalls gekauft, dafür reichte es. Nun schaue ich mir an, ob sich andere Fraktionen auch anders spielen.

sheep-dodger
20.04.15, 09:12
Ich habe es mir nach dem Wochenende jedenfalls gekauft, dafür reichte es. Nun schaue ich mir an, ob sich andere Fraktionen auch anders spielen.

Ja tun sie, und das ist auch einer der größten Unterschiede zu Civ, spielt mal ein Spiel mit dem Kult oder den gefallenen Paladinen, der Kult hat nur eine Stadt, assimiliert dafür aber unabhängige Siedlungen, die Paladine produzieren keine Nahrung sondern nur Dust und kaufen sich ihre Bevölkerung. Das ist wirklich einer der größten Punkte des Spiels: Die Fraktionen haben nicht nur zwei oder drei Einheiten/Gebäude die sie unterscheiden, sondern sind wirklich radikal anders.

Jorrig
20.04.15, 10:03
Der Kult klang für mich aber eher wie Venedig bei Civ 5, das macht das genauso. Ich habe nun erstmal die Händler ausprobiert. Zu Anfang spielt es sich ähnlich, nur die Einheiten sind schneller als bei den Waldläufern. Die Quest ist allerdings bereits unterschiedlich, und das ist schon mal ein Plus. Auch leveln die Händler ihre Helden anders (so wie jede Fraktion), das ist auch schön.
Ich finde es auch schön, dass man die kleinen Fraktionen nicht einfach wegräumen muss, sondern mit ihnen verhandeln kann. Und dass man dafür eine Extra-Tech braucht, ist auch gut. Mal schauen, wie tief das strategische Element ist, aber bisher habe ich viel gesehen, was ich bei BE vermisst habe.

Performer
20.04.15, 12:31
Ist übrigens heute noch auf Steam im Angebot für 14,99 € ...

Tex_Murphy
20.04.15, 12:54
Ist das Spiel vergleichbar mit Warlock Master Of The Arcane?

Performer
20.04.15, 13:50
Hm, ist schon deutlich anders. Irgendwie abstruser, ungewöhnlicher.
"Warlock" hat mir trotzdem etwas mehr Spaß gemacht, es war übersichtlicher. Auch wenn ich da den zweiten Teil nicht kenne.

Jorrig
20.04.15, 14:30
Ja, ich habe es natürlich auch vor allem deswegen gleich gekauft, weil es noch auf -50% steht. 15 Euro ist mir das Spiel wert.
Ich finde, es ist schon sehr ähnlich zu Civ. Wer das kennt, findet sich schnell zurecht. Warlock kenne ich nicht, ich hätte es sonst noch mit Heros of Might & Magic verglichen. Im Vergleich dazu ist der Städteausbau und der wirtschaftliche Teil hier aber wesentlich stärker ausgeprägt. Man soll auch mit wenigen Städten das Spiel gewinnen können. Das muss ich aber noch testen, bevor ich es glaube.

Boron
20.04.15, 14:45
Age of Wonders 3 ist auch noch ein guter Tipp wenn man Fantasy-Strategie mag. Hier liegt der Fokus aber vor allem auf dem taktischen Kampf.

Wir haben Endless Legend auch kurz angetestet, aber es erinnert uns sehr stark an Endless Space und dazu haben wir eine starke Hassliebe. Irgendwann werden wir daher das Endless Legend noch kaufen, aber erst für <10€, da uns die anderen Fantasyspiele einfach einen Tick besser gefallen (Warlock/Aow-Reihen). Ist aber natürlich Geschmackssache.

Headhunter
20.04.15, 18:58
Hm, ist schon deutlich anders. Irgendwie abstruser, ungewöhnlicher.

Das trifft es eigentlich ganz gut. Wir wüssten keinen Fantasytitel, mit dem man Endless Legend wirklich vergleichen könnte.
Es ist eben nicht die klassische Fantasywelt mit Zwergen, Elfen, Goblins, Magie, gut/böse, etc., auch wenn es natürlich schon Parallelen zu klassischen Fantasyuniversen gibt.

Im Grunde ist es eine Art Adaption des Systems und in gewisser Weise auch der Welten von Endless Space. Anstelle der Sternensysteme gibt es eben Provinzen, anstelle der besiedelten Planeten Siedlungen, anstelle der besonderen Planeteneigenschaften besondere, ziemlich abgefahrene Ressourcen innerhalb der Provinzen, anstelle des Schiffseditors einen Einheiteneditor, es gibt bei beiden kein Gold, sondern eine Ressource namens "Dust", auch das Titelbild des Hauptmenüs hat schon starke Sci-Fi-Anklänge (finden wir)......es fühlt sich teilweise ein bisschen so an, als würde man Endless Space auf einem einzelnen Planeten weiterspielen.

Jorrig
21.04.15, 08:57
Dann verrate ich mal nicht das Ende. :)
Das Setting ist schon etwas abstrakt und generisch, das stimmt. Aber eigentlich sind alle Fantasywelten irgendwie generisch und folgen sicher nicht Kontinentaldrift- oder Klimagesetzen. Magie spielt aber sicher eine sehr untergeordnete Rolle, man kann sie gar nicht aktiv steuern (ok, manche Einheiten haben Fernangriffe, die als Feuerbälle daherkommen. Die könnten aber auch Steine werfen, es gibt nicht so etwas wie "Magieresistenz"). Es ist in vielen Aspekten wirklich wie Civilization. Wenn es jemandem ein Begriff ist, so ist es wie Fantasy General. Das war auch eher ein Panzer General mit Fantasyeinheiten als ein klassisches Fantasyspiel. Ich finde aber, es sieht auch einfach schick aus.

Jorrig
12.05.15, 00:12
Der Kult ist übrigens wirklich anders als gedacht. Ich habe mal mit dem gespielt, auf "schwer" und "scattered", d.h., keine Ressourcen in der Startregion. Wenn man bedenkt, dass der Kult nur eine Stadt bekommt, ist das schon ein Hindernis. Dafür ist der Kult dann militärisch brutal gut. Dämonen mit über 700 Trefferpunkten sind schon eine lustige Sache. Am Ende habe ich das Wunder gebaut, kurz bevor ich alle anderen Reiche in Grund und Boden gestampft habe. Insgesamt ist das Spiel noch etwas zu einfach. Die KI ist einfach nicht aggressiv genug. OK, am Anfang hat mir ein Waldläufer die Dämonendörfer angegriffen, aber sobald ich meinen Helden hingeschickt hatte, hatte der seine Armeen aufgespalten und ich konnte sie problemlos besiegen.
Ich hatte allerdings mal den Kult als Gegner. Ist nicht so nett, wenn da einer eine voll ausgebaute Stadt in einer Runde dem Erdboden gleichmacht.
Es gibt nun auch ein Giganten-DLC, aber als Quest sind die Giganten auch im Normalspiel enthalten. Die sind gross und ganz nett, aber keine echte Herausforderung.