Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Geschichte des osmanischen Reiches.
Sultan Suleyman
14.04.12, 16:52
Wir sind etwas überrascht, bei si-games emotional getriebene und teilweise mit Hass durchtränkte posts lesen zu müssen. Zudem kommt es Uns so vor, als ob manchmal fast wahllos um sich geschlagen und ausgeteilt wird. Warum beispielsweise eine Diskussion über Israel/Iran garniert werden muss mit Aussagen über Stadtteile in Deutschland, die einen hohen Ausländeranteil aufweisen, müssen Wir nicht wirklich nachvollziehen können.
Wenn man das neue osmanische Reich aufbauen möchte, ist antisemitische Rhetorik einfach sehr hilfreich um sich die Herzen des Pöbels zufliegen zu sichern.Werter Eldanesh,
das Osmanische Reich zeichnete sich gegenüber seinen christlichen und jüdischen Untertanen in der überwiegenden Zeit seines Bestandes - Wir reden hier schließlich von mehr als 600 Jahren - mit einer Toleranz aus, welches Ihr im Abendland des 14.-17. Jahrhundert lange suchen müsstet. Antisemitismus in dieser Zeit ist kein Phänomen, dass Ihr primär bei den muslimisch geprägten Nationen suchen solltet. Nehmen Wir das Schicksal der Sephardim beispielsweise, der Juden Spaniens. Spätestens mit dem Alhambra-Edikt 1492 waren sie vollends christlicher Barbarei ausgesetzt und mussten Zwangskonvertierungen über sich ergehen lassen, um ach so edle Christen zu werden. Zu Zehntausenden wurden diese Menschen abgeschlachtet/verbrannt. Als Sultan Beyazid II. in Istanbul hiervon hörte, gab er unverzüglich den persönlichen Befehl die Flotte auslaufen zu lassen und diese Menschen zu retten. Eine unermessliche Zahl Unschuldiger, die wieder einmal nur aufgrund ihres Glaubens der Vernichtung ausgesetzt waren, fanden überall im Osmanischen Reich eine neue Heimat und standen fortan unter dem Schutz dieser mächtigen Nation. Falls Euch die Geschichte der Sephardim interessiert, könnt Ihr Uns gerne nach entsprechender Literatur fragen. Doch lasst diese albernen Beschuldigungen.
In wenigen Wochen findet der Eurovision song contest statt... die Türkei wird repräsentiert werden von einem jungen, Unseres Erachtens sehr begabten Künstler, der Sephardim ist. Ein kleines Detail, ja... aber vielleicht sind es die kleinen Dinge, die den Horizont mancher Menschen erweitern.
Krieg ist seit einigen Jahren wieder etwas völlig Natürliches geworden, ein jeder beliebiger Möchtegernfeldherr schwingt in Foren weltweit mit dem Säbel. Die heutige Generation in Europa weiß doch gar nicht, was Krieg überhaupt bedeutet. In vielen Ländern der Welt existiert seit Jahrzehnten defacto keine Kindheit mehr, weil Krieg seit eh und je Alltag ist... Wir haben vergessen, was das überhaupt ist, Kriegsalltag. Vor allem aber, wie es sich "anfühlt", keinem Zwergstaat oder skurilen Kleinstorganisationen entgegenzustehen, sondern einem ebenbürtigen Feind. Gäbe es heutzutage solch einen Gegner, wären einige vielleicht nicht ganz so aggressiv in Ihrem Gebahren. Und nein, Wir wünschen Uns sicherlich keine Sowjetunion zurück.
Besinnung... was verbirgt sich hinter diesem einfachen Wort?
Germany 1982 - Nicole - Ein bisschen Frieden - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=GvD8Y6gr9lk)
Einfach mal anhören - wären nicht die sinnlosesten 4 Minuten...
von Reuter
14.04.12, 19:29
Naja mal ehrlich:
Das ach so friedliche Zusammenleben der verschiedenen Kulturen (Christen, Juden, Moslems) in Al Andalus ist meines erachtens nur eine gutmenschliche Medienlegende.
Die Wahrheit sah da schon etwas ernüchternder aus. Aber ich muß zustimmen das es unter der christlichen Herrschaft noch intoleranter zuging..
Generalissimo
14.04.12, 21:58
Die islamische besatzung Spaniens als Epoche der Toleranz zu beschönigen geht uns auch zu weit.
Es gab auch dort Progrome gegen Juden, sowie es im osmanischen Reich unschöne Dinge wie die Knabenlese usw. gab.
Es ist nur so, dass damals die Juden nur die Wahl zwischen der Pes und der Cholera hatten. Die Christen haben damals eben etwas blutiger gegenüber den Juden gewütet, als die Muslime.
Die deutschen Stadtteile, wo das Gg faktisch ausgehoben ist, kamen uns in den Sinn, um zu verdeutlichen, dass Deutsche, ohne ihr eigenes Haus im griff zu haben, sofort dabei sind, wenn es um Forderungen (Israel muss das, israel muss dies....) an lebende Juden geht, die sich wehren.
bei Grass kommt zu diese Klugscheisserei noch belastend hinzu, dass er seine SS- zeit, die an und für sich kein Problem ist, nicht erwähnt hat, als er mit dem kralligen zeigefinger permanent auf andere gezeigt hat und DEN Obermoralisten im Nachkriegsdeutschland gespielt hat.
Bei Grass gilt im kleinen rahmen das, was für die Deutschen im grösseren Zusammenhang gilt:
Schnüss halten und vor der eigenen haustür kehren, statt den UJuden gegenüber oberlehrerhaft aufzutreten.
Als Sultan Beyazid II. in Istanbul hiervon hörte, gab er unverzüglich den persönlichen Befehl die Flotte auslaufen zu lassen und diese Menschen zu retten. Eine unermessliche Zahl Unschuldiger, die wieder einmal nur aufgrund ihres Glaubens der Vernichtung ausgesetzt waren, fanden überall im Osmanischen Reich eine neue Heimat und standen fortan unter dem Schutz dieser mächtigen Nation.
Bitte verschont mich bitte mit der Märchenstunde.
Ja, wir räumen gerne ein das das osmanische Reich ein für die Zeit zivilisierter Ort war, aber nein es war bei weitem nicht so tolerant als das es irgend eine Vorbildfunktion üben könnte. Seine Ausdehung erreichte es, wie alle Reiche, nur mit Gewalt. Und wenn ich von der Wiedererrichtung es osmansichen Reiches spreche, dann ist das in dem Kontext zu verstehen, das die Türkei sich einfach zum Hegemon über ehemals osmanische Gebiete aufschwingen möchte. Sentimentale "guten" Seiten braucht man da nicht zu beschwören.
Das britische Empire war vermutlich auch für alle Gebiete ein Segen, trotzdem würde man seltsam gucken wenn die Briten jetzt dort allen würden reinreden wollen, oder?
[B@W] Abominus
15.04.12, 11:24
Die islamische besatzung Spaniens als Epoche der Toleranz zu beschönigen geht uns auch zu weit.
Es gab auch dort Progrome gegen Juden, sowie es im osmanischen Reich unschöne Dinge wie die Knabenlese usw. gab.
Es ist nur so, dass damals die Juden nur die Wahl zwischen der Pes und der Cholera hatten. Die Christen haben damals eben etwas blutiger gegenüber den Juden gewütet, als die Muslime.
Die deutschen Stadtteile, wo das Gg faktisch ausgehoben ist, kamen uns in den Sinn, um zu verdeutlichen, dass Deutsche, ohne ihr eigenes Haus im griff zu haben, sofort dabei sind, wenn es um Forderungen (Israel muss das, israel muss dies....) an lebende Juden geht, die sich wehren.
bei Grass kommt zu diese Klugscheisserei noch belastend hinzu, dass er seine SS- zeit, die an und für sich kein Problem ist, nicht erwähnt hat, als er mit dem kralligen zeigefinger permanent auf andere gezeigt hat und DEN Obermoralisten im Nachkriegsdeutschland gespielt hat.
Bei Grass gilt im kleinen rahmen das, was für die Deutschen im grösseren Zusammenhang gilt:
Schnüss halten und vor der eigenen haustür kehren, statt den UJuden gegenüber oberlehrerhaft aufzutreten.
Das Osmanische Reich war im Vergleich zu den barbarischen Christen ein Traum, auch wenn es heute wie ein Alptraum aussehen mag.
von Reuter
15.04.12, 18:12
Abominus;794853']Das Osmanische Reich war im Vergleich zu den barbarischen Christen ein Traum, auch wenn es heute wie ein Alptraum aussehen mag.
- Sklaverei
- Eunuchentum (aua)
- extreme Gewalt nach aussen, Konstantinopel, Balkan, Wiener Umland ist sehr gut Dokumentiert...Die Verbrechen waren damals für die Zeitgenossen unerträglich, obwohl die schon einiges gewohnt waren.
- Knabenlese
- zu starke, altmodische Militärkaste (Janitscharen), die das Land am Ende auf ewig lähmte und ähnlich der römisch-kaiserlichen Prätorianer Kaiser bzw. Sultane nach Interessenlage einsetzten und abstetzten.
- ab einem bestimmten Punkt keine gesellschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung mehr, keine Aufklärung, keine Rennaissance, keine Entdeckungen.
Das sind schonmal alles Positionen, die im christlichen Abendland besser liefen. Meines Erachtens nach entscheidende Positionen. Während dem Westen am Ende die Welt und die höchste kulturelle und wissenschaftliche Blüte zufiel, resultierte das Osmanische Reich im 'Kranken Mann vom Bosporus'.
Li Shunchen
15.04.12, 18:27
- ab einem bestimmten Punkt keine gesellschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung mehr, keine Aufklärung, keine Rennaissance, keine Entdeckungen.
Wie geht denn sowas :eek:
Haben die sich alle in die Tiefkühltruhe gesetzt?
Schade, dass wir hier keinen studierten Osmanistiker bzw. sonstigen Experten für türkische Geschichte haben, der könnte mal ordentlich mit den ganzen Klichees und Halbwahrheiten, die hier verbreitet werden, aufräumen.
Ansonsten wäre es natürlich schon hilfreich, wenn die Regenten mal über die Quellen Auskunft geben, aus dem sie ihr osmanisches Wissen beziehen.
von Reuter
15.04.12, 19:13
Wie geht denn sowas :eek:
Haben die sich alle in die Tiefkühltruhe gesetzt?
Das ist etwas populistisch ausgedrückt, aber so kann man es tatsächlich sehen. Oder kennen sie auch nur eine halbwegs bedeutsame Erfindung, Entdeckung oder auch Theorie, die aus diesem Kulturbereich stammt? Sie können den Zeitraum gerne bis heute ausdehnen und viel Spass bei der Suche .P Für Asien und Europa (Nordamerika) fallen mir spontan gleich viele Dutzende ein...aber aus dem osmanisch-arabischen Raum? Keine. Aber ich lerne gerne dazu.
- Sklaverei
- Eunuchentum (aua)
- extreme Gewalt nach aussen, Konstantinopel, Balkan, Wiener Umland ist sehr gut Dokumentiert...Die Verbrechen waren damals für die Zeitgenossen unerträglich, obwohl die schon einiges gewohnt waren.
[...]
Das sind schonmal alles Positionen, die im christlichen Abendland besser liefen. Meines Erachtens nach entscheidende Positionen.
Sklaverei: Inwiefern besser liefen? Haben die Portugiesen und die Spanier das bessere Management zur Sklavenverteilung gehabt?
Weil das christliche Abendland den ehemaligen Sklaven in ihrer allgenwärtigen Gnade einen Staat Namens Liberia vermacht haben?
Eunuchentum:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eunuch
Schon seit der Spätantike und später, vor allem im Zeitalter des Barock, wurden zum Beispiel in Italien viele Knaben vor Beginn der Pubertät mit dem Ziel kastriert, ihnen als sogenannte Kastrati eine Laufbahn als erfolgreiche Opern- oder Kirchenchorsänger zu ermöglichen.
Palasteunuchen in Byzanz
Auch im byzantinischen Reich hatten Eunuchen teilweise hohe Posten wie beispielsweise Kämmerer oder als Truppenbefehlshaber inne, so auch Narses, ein General des oströmischen Kaisers Justinian I..
Byzantinischen Eunuchen wurden in der Regel nur die Hoden entfernt, eine zusätzliche Penisentfernung war eine Seltenheit. Offiziell war die Kastration in Byzanz verboten, der Import von Eunuchensklaven aus dem Ausland war jedoch erlaubt. Es wurden allerdings auch freigeborene, byzantinische Knaben kastriert, da Eunuchen hohe Ämter in Staat und Kirche erreichen konnten. Sogar einige Patriarchen waren Eunuchen. Anfang des 9. Jahrhunderts wurden mehrfach die Söhne gestürzter Kaiser kastriert. Diese Jungen mussten sich entmannen lassen, damit sie nicht mehr zur Thronfolge fähig waren.
Oh - Sklaverei und Eunuchentun lassen sich ja sogar verbinden :rolleyes:
extreme Gewalt nach außen:
Ja was sind schon die geringen Taten der Spanier im Bezug zu Konstantinopel, Balkan und Wiener Umland ;)
Sultan Suleyman
15.04.12, 20:17
Es erscheint Uns müßig, Aufklärungsarbeit zu leisten. Ihr präsentiert Uns hier recht offen Eure grundlegende Haltung zum Thema Islam und Orient. Welchen Sinn sollte es also haben, mit Euch die zivilisatorischen Errungenschaften der islamischen Welt zu beleuchten? Ihr scheint alles diesbezügliche innerlich abzulehnen; besitzt aus Uns nicht bekannten Gründen eine deutliche Abneigung dagegen.
Aber ich lerne gerne dazu.
Tatsächlich?
Das allgemeine Verschweigen des Goldenen Zeitalters kann ja nicht Euch persönlich angelastet werden. Nun denn, schaut mal rein... und nein, die muslimischen Forscher bewahrten nicht "nur" das antike griechische Wissen, sie entdeckten auch unzählige neue Dinge.
1001 Inventions and The Library of Secrets - starring Sir Ben Kingsley as Al-Jazari - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=JZDe9DCx7Wk)
Hochseeflotte still at sea...
Woher stammt der Begriff Admiral, Seemann?
Edit:
Wir sind Uns nicht ganz sicher, ob Wir mit dem Einstellen des Filmes gegen Copyright-Gesetze verstoßen... der Hinweis ist ja eigentlich deutlich. Nur ist das Video bei youtube zu finden. Sollte es nicht erlaubt sein, bitte entfernen. Entschuldigung. Hier der link auf die Originalseite: Foundation for Science, Technology and Civilisation (http://www.fstc.org.uk/1001_inventions)
Wir sind auch ziemlich off-topic, stimmt schon. Aber ganz unkommentiert lassen, wollen Wir diese ständigen, fast schon infantilen Vorurteile, auch wieder nicht.
/mod on
Ich habe das gesamte Konstrukt mal ausgelagert, da es mit Grass nunmal garnix zu tun hat.
/mod off
/user on
@ Syleyman: Seid gewarnt, hier geht es vielen nicht ernsthaft darum mit euch ernsthaft osmanische Geschichte auszudiskutieren.
/user off
von Reuter
15.04.12, 21:23
Tatsächlich?
Das allgemeine Verschweigen des Goldenen Zeitalters kann ja nicht Euch persönlich angelastet werden. Nun denn, schaut mal rein... und nein, die muslimischen Forscher bewahrten nicht "nur" das antike griechische Wissen, sie entdeckten auch unzählige neue Dinge.
[/SIZE]
Das Goldene Zeitalter basierte im wesentlichen auf einer Konservierung von anitken, hellenistischen (römischen) Wissens, während in weiten Teilen Europas das Dunkle Zeitalter vorherrschte. Uns ging es aber um neue Dinge und Weiterentwicklungen daraus. Das erfolgte schlicht nicht.
Ausserdem kann man die geschichtlich recht kurze Zeit der aufgeklärten Kalifate nun nicht als repräsentativ für diesen Kulturraum ansehen, der ja einen Zeitraum von knapp 1.400 Jahren abdeckt. Das ist eher die Kategorie: "vielversprechende Anfange" münden in eine Sackgasse. Diese offene Periode ist mit der Zerstörung und Massakrierung Baghdads sowie des ganzen Zweistromlandes durch Steppenvölker für immer untergegangen.
und nein, die muslimischen Forscher bewahrten nicht "nur" das antike griechische Wissen, sie entdeckten auch unzählige neue Dinge
es ist etwas seltsam von Reuter ein zu allgemeines Bild anzulasten und dann selbst osamenen und Muslime in einen Topf zu werfen ;)
Der im Video angesprochene al Dschazari ist ungefähr 1206 gestorben und damit knappe 50 Jahre bevor der namensgebende Osman I überhaupt das Licht der Welt erblickt hat.
Woher stammt der Begriff Admiral, Seemann?
Der Amir al Bahr, der Befehlshaber zur See, ist zwar arabischen Ursprungs aber hat mit den Osmanen auch nix zu tun.
Kurzfassung, und daher notwenidgerweise auch zu oberflächlich: der islamische Kulturkreis als ganzes hatte zahlreiche zivilisatorische Höhepunkte. Die Umayyaden oder auch die Almohaden. Aber seit dem 14. Jahrhundert gabs nur noch Stagnation und Niedergang: letzlich hatten die rückständigen Kräfte die progessiven "Besiegt".
Man muss sich nur den Umgang mit Averroës (Ibn Ruschd) ansehen, dem letzten Universalgenie des Islam. Danach kam eigentlich nix mehr.
Das osmansiche Reich schließlich, nun natürlich gibt es positive zivilisatorische Entwicklungen, wenn der Maßstab die die primitiven Häuplinge und Stammesführer sind, die man unterworfen und abgelöst hat. Im wesentlichen aber war die hohe Pforte eine Militärdiktatur die ihre Dominanz nur ihren effizienten Militärwesen zu verdanken hat.
Selbst euer Namenspatron, Süleyman der Prächtige, als unangefochten "größter" Sultan des Reiches gründet seinen Ruf auf militärische Eroberung, nicht auf zivilisatorische Leistung.
@smokey
extreme Gewalt nach außen:
Ja was sind schon die geringen Taten der Spanier im Bezug zu Konstantinopel, Balkan und Wiener Umland
Na ja, wir tendieren schon dazu Reconcquista, also Rückeroberung wesentlich positiver zu bewerten als Eroberung, auch wenn sich da beide Seiten nix geschenkt haben.
Sklaverei: Inwiefern besser liefen? Haben die Portugiesen und die Spanier das bessere Management zur Sklavenverteilung gehabt?
Weil das christliche Abendland den ehemaligen Sklaven in ihrer allgenwärtigen Gnade einen Staat Namens Liberia vermacht haben?
Man sollte sich mal von der Idee frei machen das es "christlichen" und anderseits "islamsichen" Sklavenhandel gab. Das war gewisserweise eine multinationales Konzept: spanische und portugisische Händler haben miest auf arabischen Sklavenmärkten eingekauft. Die "Drecksarbeit" des Menschenraubes haben meist arabische "händler" in Schwarzafrika besorgt.
Der Unterschied ist nur: die Europäer scheinen sich bis heute dafür rechtfertigen zu müssen oder zu wollen, im islamischen Kulturkreis stellen die sich hin und tun so als hätten sie damit nix zu tun. Dabei war der Wohlstand der nordafrikanischen Barbareskenstaaten genau so mit Sklaverei erkauft die der Wohlstand Iberiens...
EDIT: sorry, zu spät aktualisiert. bitte entsprechend umlagern. :)
@smokey
extreme Gewalt nach außen:
Na ja, wir tendieren schon dazu Reconcquista, also Rückeroberung wesentlich positiver zu bewerten als Eroberung, auch wenn sich da beide Seiten nix geschenkt haben.
Ich spielte da eher speziell auf Süd- und Mittelamerika an.
Li Shunchen
16.04.12, 00:35
Das ist etwas populistisch ausgedrückt, aber so kann man es tatsächlich sehen. Oder kennen sie auch nur eine halbwegs bedeutsame Erfindung, Entdeckung oder auch Theorie, die aus diesem Kulturbereich stammt? Sie können den Zeitraum gerne bis heute ausdehnen und viel Spass bei der Suche .P Für Asien und Europa (Nordamerika) fallen mir spontan gleich viele Dutzende ein...aber aus dem osmanisch-arabischen Raum? Keine. Aber ich lerne gerne dazu.
Ich werde mich hüten mich an so einer blödsinnigen Diskussion zu beteiligen, vor allem weil ich über die türkische Geschichte weder Expertise besitze noch mir eine anmaßen möchte.
Es ging mir lediglich um die Behauptung, es hätte keinerlei kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung gegeben.
Nee, natürlich nicht, die haben sich jahrhundertelang konserviert, wie Mumien.
Man muss sich nur einmal die Poträts der Sultane ansehen um zu erkennen, dass es zumindest im kulturellen Bereich, was Mode und Kunst anbelangt, sehr wohl Entwicklungen gab.
Aber nein! Es geht ja um 'Entdeckungen'! (Die Osmanen mussten nicht nach Amerika segeln um Indien zu finden, das lag direkt vor ihrer Haustür. Übrigens hatte dieser Kulturkreis regen Handelskontakt mit Südostasien und China, während die Europäer diese Gebiete nur aus Erzählungen kannten. Wenn das mal keine 'Entdeckung' ist...)
Nein! Es geht um die Aufklärung! Die Renaissance!
Naja, dass es schon rein aus den geographischen und kulturgeschichtlichen Hintergrund keine 'Renaissance' im westeuropäischen kulturhistorischen Sinne hätte geben können, das müsste man eigentlich erkennen.
Und die Aufklärung!
Bitte. Ist das Auftreten einer 'Aufklärung' wichtigstes Zeichen sozialer / kultureller Entwicklung?
Mir scheint so, dass ihr als Entwicklung nur das gelten lasst, was sich nahtlos in die westeuropäische Kulturgeschichte einfügt.
Sprich, Ihr folgt einer vollkommen in die Jahre gekommenen, eurozentrischen Vorstellung von Modernität.
Wie wäre es, wenn Ihr Euch erst einmal eingehend mit außereuropäischer Geschichte, Orientalismus, Modernisierungstheorie etc. befasst?
Al. I. Cuza
16.04.12, 01:05
Es wäre doch genug, dass sie antikes Wissen erhalten haben. Das ist doch genauso wichtig wie neues Wissen, denn Neues basiert immer auf bereits Existierendem.
Eine Diskussion über das Osmanische Reich…sehr schön. Grundsätzlich bin ich beeindruckt von der Geschichte des Osmanischen Reiches, jedoch ging dessen „Toleranz“ anderen Kulturen und Religionen auch nie mehr als über das Maß hinaus, als diese Toleranz einen praktischen Nutzen für das Reich haben sollte. Christen und Juden konnten zwar weitgehend ihre Religion ausüben, wurden aber extrem hoch besteuert und mussten sich einer besonderen strengeren Rechtssprechung beugen. Die Ausbreitung des Islams mit Feuer und Schwert gehörte ebenfalls zum Grundtenor des Osmanischen Reiches. Von jedem neuen Sultan wurde quasi erwartet, dass er sich diesbezüglich engagiert. Das Osmanische Reich als Beispiel friedlichen und toleranten Zusammenlebens darzustellen geht daher wohl doch viel zu weit. Es hatte sicherlich seine Blütezeit, aber grade der Islam hat jeden Reformwillen im 18. und 19. Jahrhundert erstickt und damit zum Zusammenbruch beigetragen. Wären nicht die Westmächte in den Kriegen des 19. Jahrhunderts, besonders im Krimkrieg auf Seite des Osmanischen Reichs aus Gründen der Machtbalance in Europa eingesprungen, wäre es schon viel früher kollabiert.
Natürlich grade im späten Mittelalter hatte die islamische Kultur einen großen Wissens- und Entwicklungsvorsprung, Sie haben aber irgendwann den Sprung in die Moderne nicht geschafft und das Lag nun mal leider meiner Meinung nach zum größten Teil an der intoleranten Religion (ebenso wie das intolerante Christentum im Mittelalter), welche nicht überwunden werden konnte, bis dann Atatürk kam.
Hab grade im Anschluss an meinen Beitrag noch ein wenig den Wikipedia-Artikel zum Thema gelesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Religion_im_Osmanischen_Reich
Nebukadnezar
16.04.12, 12:32
Es wäre doch genug, dass sie antikes Wissen erhalten haben. Das ist doch genauso wichtig wie neues Wissen, denn Neues basiert immer auf bereits Existierendem.
Jeder Mathestudent weiß, dass er mit arabischen Zeichen rechnet und sollte wissen, wo Al-Jabr = Algebra entwickelt wurde.
Das reicht mir (als Mathematiker) aus, um sagen zu können, dass da nicht nur bewahrt, sondern sehr viel entwickelt wurde :D
Wäret ihr extrem reich und krank gewesen, dann hättet ihr euch einen Gelehrten aus Spanien geholt bzw euch dahin begeben.
Europa war ein totes Loch im Mitelalter, wo Gelehrte sich über (aus unserer Sicht) obskure Bibelauslegungen beugten.
In diesem (langen) Zeitraum wird man sehr viele Entwicklungen aus dem islamischen Raum finden - und nichts aus dem europäischen (christlichen).
Welchen Grund es geben könnte, das osmanische Reich in dieser Linie zu sehen ist mir schleierhaft. Das war aus heutiger Sicht eine Sackgasse - hat aber weniger etwas mit Religion zu tun als mit dem Selbstverständnis eines Eroberervolkes was man zu tun hat um Karriere zu machen innerhalb des Reiches - und das nie angepasst.
Die Aufnahme der Juden als Sonderfall und Zeichen der Offenheit des osmanischen Reiches im *Gegensatz* zu christlichen Reichen zu sehen und hier einen Gegensatz auf Religionsbais zu konstruieren ist Murks (In Antwort zum Threadstarter).
http://de.wikipedia.org/wiki/Sephardim
Gebildete Leute mit Handels- und Kartenwissen? Fertig ausgebildet? Bringen sogar noch Geld mit? Her damit :D
Sie gingen (die Elite zumindest) dort hin wo sie gute Chancen sahen ihre Geschäfte weiter tätigen zu können.
Hamburg (meine Stadt) hat z.B. davon profitiert, war aber deutlich weniger attraktiv als der damals den Wirtschaftsraum Europa deutlich stärker prägende Mittelmeerhandel.
Al. I. Cuza
16.04.12, 12:50
Ich habe doch nicht geleugnet, dass weiterentwickelt wurde. Ich habe nur unterstrichen, dass auch das Erhalten allein schon mehr als wichtig war, als man in Europa graduell das alte Wissen verloren hat.
Von Clockwerk
16.04.12, 14:14
Nun jeder Staat hat gute wie auch schlechte Seiten, aber unsere Meinung über die Osmanen/Türken ist nicht gerade positiver Art.
Wie glanzvoll der Islam auch dargestellt wird, was wir sehen ist (kurzgesagt) das diese Imperien auf dem Höhepunkt ihrer Macht schon anfingen zu stagnieren und innerlich verfielen. Eine prachtvolle Fassade mit morschem Innenleben. Da gibts nicht viel zu bewundern...
Wie Kensai schon sagte versperrte ihnen ihre eigene Religion den Weg zum Fortschritt. Ohne den Rest der (im Vergleich zu ihnen) toleranten Welt würden diese Länder doch noch heute so dahin vegetieren wie vor 250 Jahren...
Wir könnten nun auch über die Rückgabe Konstantinopels, die Hagia Sophia und einiges mehr schwadronieren aber das lassen wir mal lieber sein. Wir mögen vielleicht etwas voreingenommen sein, weil wir beim Thema Byzanz etwas sentimental werden und dass wir die Oströmer/Byzantiner heute lieber dort unten sehen würden als gewisse andere...
Ob Völkerwanderung hin oder her für uns sind die Osmanen schon immer Eindringlinge gewesen, sorry. Das hat nichts mit ihrer Religion zu tun, ist nur unsere Meinung.
Und noch eins sei gesagt, anstatt immer auf das ach so barbarische Christentum mit seinen Kreuzzügen etc. zu verweisen sollte man nicht vergessen wer denn zuerst bei wem eingefallen ist.
Nun jeder Staat hat gute wie auch schlechte Seiten, aber unsere Meinung über die Osmanen/Türken ist nicht gerade positiver Art.
Wie glanzvoll der Islam auch dargestellt wird, was wir sehen ist (kurzgesagt) das diese Imperien auf dem Höhepunkt ihrer Macht schon anfingen zu stagnieren und innerlich verfielen. Eine prachtvolle Fassade mit morschem Innenleben. Da gibts nicht viel zu bewundern...
Wie Kensai schon sagte versperrte ihnen ihre eigene Religion den Weg zum Fortschritt. Ohne den Rest der (im Vergleich zu ihnen) toleranten Welt würden diese Länder doch noch heute so dahin vegetieren wie vor 250 Jahren...
Wir könnten nun auch über die Rückgabe Konstantinopels, die Hagia Sophia und einiges mehr schwadronieren aber das lassen wir mal lieber sein. Wir mögen vielleicht etwas voreingenommen sein, weil wir beim Thema Byzanz etwas sentimental werden und dass wir die Oströmer/Byzantiner heute lieber dort unten sehen würden als gewisse andere...
Ob Völkerwanderung hin oder her für uns sind die Osmanen schon immer Eindringlinge gewesen, sorry. Das hat nichts mit ihrer Religion zu tun, ist nur unsere Meinung.
Und noch eins sei gesagt, anstatt immer auf das ach so barbarische Christentum mit seinen Kreuzzügen etc. zu verweisen sollte man nicht vergessen wer denn zuerst bei wem eingefallen ist.
Selten so etwas einseitiges gelesen.
Der Niedergang des osmanischen Reiches hatte nun wirklich kaum etwas mit dem Islam zu tun. Wenn man sich mit dem osmanischen Reich beschäftigt ist der Niedergang von Anfang an zu erwarten und verwunderlich ist nicht der Niedergang, sondern das er so lange gedauert hat oder anders gesagt, das osmanische Reich hat viel länger überlebt als von einem im Grunde Nomadenvolk in kürzester Zeit eroberten Riesenreich zu erwarten war.
Auch das die Osmanen für euch Eindringlinge sind ist so etwas von...
Dreht die Zeit nur ein paar Jahrhunderte weiter zurück und schon sind eure Griechen/Römer(Byzantiner) auch nur Eindringlinge. Alle Völker dieser Welt sind nur Eindringlinge, aber in den Vorstellungen mancher Regenten gibt es eben Gute und Böse Eindringlinge.
Duke of York
16.04.12, 14:42
aber in den Vorstellungen mancher Regenten gibt es eben Gute und Böse Eindringlinge.
Wir sind selbstverständlich die Guten!:opa:
Nebukadnezar
16.04.12, 14:42
Es ging dem Threadstarter um einen Mangel an Wertschätzung bzgl. der Vergangenheit bei gleichzeitigem Vergangenheitsbezug in aktuellen Fragen/Diskussionen (so habe ich es gelesen).
Insofern wäre eine Aussage der reinen 'Bewahrung' von etwas Fremderschaffenen ohne Würdigung des eigenen Beitrags mit Sicherheit nicht ausreichend. 'Bewahrung' ohne Zufügung eigenen Wissens ist ausserordentlich schwierig: es würde eine erstarrte Gesellschaft bedeuten.
Gerade das (eine rein konservierende Gesellschaft) war die islamische Welt aber nicht - im Gegenteil. Sie war kreativ und erschaffend. Betonung liegt auf 'war'.
Daher mein (vielleicht heftig erscheinender) Einspruch als ich eure Aussage zur 'Erhaltung' las.
Liest man sich die Reiseberichte der großen islamischen Reisenden durch bzw. welche Reaktionen sie in Baghdad hervorriefen als sie von ihren Reisen ins total durchgeknallte und hoffnungslos rückständige Europa berichteten fühlt man (ich) mich am ehesten erinnert an europäische Höfe im 18.-19. Jahrhundert: wohliges Erschauern der wohlgenährten und gebildeten Elite an derartigen Kuriositäten ob der Wunderlichkeit der anderen :D
Leider ist das sehr sehr alte Vergangenheit.
Auch das alte Baghdad, Kairo oder Al-Andalus würden sich in einer z.B. wahabitisch geprägten Religionslastigkeit m.E. sehr sehr fremd fühlen. Aus wahabitischer Sicht wären die Bewohner des goldenen Zeitalters des Islams unislamisch.
Während ich beim Threadstarter den Mangel an Würdigung der Errrugenschaften des Islams in heutiger Zeit nachvollziehen kann, verstehe ich den Zweck der Addressierung aber nicht.
Eigentlich sollte jeder Islam- oder geschichtsinteressierte Bescheid über die grobe Vergangenheit wissen. Nicht darüber, wie weit man eine Landkarte färben kann und was *der* Islam mal alles beherrscht hat, sondern was sie eigentlich gemacht hatten und wie sie gelebt hatten.
Würden sich alle (sowas ist nicht möglich) islamischen Einwanderer daran orientieren, hätten Westeuropäer vielleicht ein Minderwertigkeitsgefühl, da diese Einwanderer dann in Mathematik, Ingenieurswesen und Medizin die Besten wären.
Sind sie aber nicht.
Die interessante Frage ist hier eigentlich: wann ist innerhalb eines derart großen Kulturkreises der Faden derart gerissen, dass dieser Kulturkreis (ohne Indonesien/Mallaysia) nicht nur vom Westen, sondern auch in jüngster Zeit komplett vom Osten (Japan, Tigerstaaten, China) überholt wurde?
Rechts und links überholt zu werden ist demütigend, falls jemand seine Selbstsicherheit aus derartigen Quellen speist.
Meine eher unqualifizierte Meinung dazu:
Fast jedesmal wenn ich von der Finanzierung irgendeiner Moschee oder der Bezahlung/Ausbildung von Predigern lese, kommt Saudi-Arabien drin vor.
Ein Land, das nichts leisten muss, solange es jemanden gibt, der Öl kaufen will. Diese Haltung kann man exportieren, aber die meisten Empfänger leben nicht in so einem Staat. Saudi Arabien kann sich diese Haltung leisten - sonst kaum jemand.
Wie aber eine derart kleine Unterspielart des Islams eine derart hohe Akzeptanz erreichen konnte ist mir schleierhaft. Und es hat fast nichts mit der (alten) Vergangenheit der islamisch geprägten Welt zu tun.
In der älteren Vergangenheit steht das osmanische Reich. Es sieht anhand des Karteneinfärbens beim Erobern und des Kalifentitels zwar so aus als ob sie in irgendeiner Tradition stehen würden, aber mit dem goldenen Zeitalter des Islams (bezogen auf Pluralismus, Wertschätzung von Wissen) haben sie herzlich wenig zu tun.
aber in den Vorstellungen mancher Regenten gibt es eben Gute und Böse Eindringlinge.
Na ja, aber es gibt auch unterschiedliche Formen der Landnahme: zwar ist eigentlich immer irgendwie ne militärische Komponente drin, aber das "wie" ist schon entscheidend.
Nimm Rom: quais jedes römische Territorium wurde zu beginn militärisch unterworfen. aber dann haben sie halt angefangen Römer aus dne Leuten zu machen.
Die Osmanen aber haben primär unterworfen, Abgaben kassiert, und Allah nen guten Mann sein lassen. Das sorgte zwar dafür das dieses Gebilde so lange gehalten hat, weil jeder Bey und Pascha im Grunde tun und lassen konnte was er wollte, solange die steuern stimmten. Es muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen nichts im Sinne einer Ethnogenese getan zu haben. Allein die Tatsache das allein auf dem Staatsgebiet der heutigen Türkei mit Kurden, Aleviten, den sunnitischen Türken und christlcihen Armeminern 4 große Gruppen existieren die sich trotz Jahrhunderten unter einheitlicher herrschaft so gar nicht riechen können, zeigt das...
Wir halten die These für ganz griffig, daß die Fortschrittsfeindlichkeit der muslimischen Religion, ab einem Zeitpunkt x, zumindest teilweise mit der nicht vollzogenen Trennung zwischen herschender Religion und Politik/Technik etc. nicht gemacht wurde.
Insoweit wären der sogenannte Investiturstreit - und das Schaffen eines eigenen Herrschaftsraum für die kirchliche Hierarchie, ebenso wie die Reformation(en) "Schuld" daran, daß im Westen die Leute irgendwann sagte, "mir doch egal was der Priester denkt, ich forsch mal weiter/mal mal dies oder das".
Ich würde nicht sagen, dass sich "die Aleviten", "die Kurden", "die Türken", "die Armenier" und "die Araber" heute nicht leiden können. Ich war gerade in Urfa/Edessa und da leben im Alltag Türken, Kurden und Araber nicht nur neben- sondern auch miteinander.
Nach türkischer historischer Perspektive, sind die Nationalitätenprobleme im osmanischen Reich erst entstanden, als die Russen - später auch Engländer und Franzosen - begonnen haben, die christliche Bevölkerung aufzuscheuchen und ihr Leben unter einem muslimischen Sultan als unerträglich und sich selbst als etwas völlig anderes als den muslimischen Nachbarn zu empfinden. In der ganzen Region im Südosten siehst du noch heute die alten Kirchen der syrisch-orthodoxen Kirche und der Armenier neben den Moscheen stehen. Aufgegeben wurden die erst als irgendwer anfing, von Nationalitäten und Nationalstaaten zu reden.
Die technologische Rückständigkeit der Osmanen beginnt auch erst mit der industriellen Revolution.
Wenn man hier aber anfängt jetzt zu überlegen, ob der Islam eine Meiji-Restauration verhindert hätte? Das glaube ich weniger. Ein paar sehr kurze Gedankenansätze, die ich - wenn ich mal die Zeit dazu finde vertiefen und wenn ich Literatur finde auch ausbauen müsste (beides aktuell nicht wirklich zu erwarten....): Die Japaner waren weit genug weg, das Osmanische Reich viel zu sehr im Fokus der europäischen Interessenpolitik. China selbst ist im 19.Jahrhundert an der Modernisierung auch gescheitert. Die Türken und Chinesen haben dann das 20.Jahrhundert gebraucht, um ihren Nationalstaat neu zu definieren. China startet jetzt durch, weil es gewisse Rohstoffe hat, als Absatzmarkt interessant ist und über unerschöpfliche Manpower verfügt.
Was mit der Türkei passiert ist schwer abzuschätzen. Für mich hat sich die Türkei als ein Land im Aufbruch angefühlt und an Korea erinnert als ich um 2000 dort war.
Nebukadnezar
16.04.12, 16:48
Was mit der Türkei passiert ist schwer abzuschätzen. Für mich hat sich die Türkei als ein Land im Aufbruch angefühlt und an Korea erinnert als ich um 2000 dort war.
Das kann ich nur bestätigen.
Würde ich wählen können zwischen Griechenland und der Türkei, würde ich lieber die Türkei in der EU haben :D
Irritierend war für mich während des Studiums mein Mitstudent, von dem ich die heftigsten (Vor)urteile gegenüber Inlandstürken zu hören bekam. Er kam aus den Küstenregionen, was für ihn ein himmelsweiter Unterschied war und mit denen er nicht verwechselt werden wollte.
ob der Islam eine Meiji-Restauration verhindert hätte?
Meines Wissens nach ging bei der Meiji Restauration alles wesentliche vom Kaiser bzw. halt dessem ensten Beraterkreis aus (die alles als "Kaisers Wille" dargestellt haben).
So eine zentrale Figur fehlt mMn im osamischen Reich. Der Sultan war nie eine so derart außerhalb jeder Kritik stehende Autorität wie der Tenno, der ja für den Japaner quasi auch lebender Gott war. Die Sultane waren doch gehen Ende hin mehr oder weniger austauchbare Marionetten der Palastelite bzw. in der moderne zu vielen Interessengruppen verpflichtet. Es haben am "status quo" einfach zu viele verdient.
Ähnlcihkeiten würde ich nur ganz oberflächlich sehen: beide Länder haben ihre Rückständigkeit selbst verschuldet: Japan durch die vollständige Abschottung und die Osmanen durch...??? Tja, so ganz genau wird mans wohl nicht klären können warum die führende Weltmacht so sang und klanglos untergeht ohne as es irgendwie die ene Katastrophe gab...
Aufgegeben wurden die erst als irgendwer anfing, von Nationalitäten und Nationalstaaten zu reden.
Das stimmt natürlich. Die Sache ist aber das es die Türken halt irgendwie versäumt haben aus ihren "Stämmen" ein Staatsvolk zu formen. Was halt alle anderen Großmächte irgendiwe hinbekommen haben: als die Osmanen an die Macht kamen galten im heutigen Deutschland die loyalitäten auch noch den Stammesherzögen und nicht der abstrakten Reichsidee, in Italien hatten wir die diversen Kleinstaaten usw. usf. Und doch hat halt da die Transformation irgendwie geklappt.
Was mit der Türkei passiert ist schwer abzuschätzen. Für mich hat sich die Türkei als ein Land im Aufbruch angefühlt und an Korea erinnert als ich um 2000 dort war. Das Problem nach dem was man so liest ist das die boomende Wirtsschaft leicht platzen könnte und gesellschaftlich ist nen Haufen Dynamik da, aber die Richtung... hatte hier vor einiger Zeit mal nen artikel einer ehemaligen türk. Richterin verlinkt und was da so genannt wurde klang nicht so toll, ganz und gar nicht: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/tuerkische-justiz-ich-moechte-keine-marionette-der-regierung-sein-1625706.html
Das z.B. klingt schon derbe:
Das Gleiche gilt für weibliche Richter: Während deren Anteil in den Verwaltungsgerichten vor einem Jahr noch bei 36 Prozent lag, sind es jetzt nur noch 1,63 Prozent. In den ordentlichen Gerichten ist der Frauenanteil auf unter drei Prozent gesunken.
Ach ja und was, was ich als symptomatisch-problematisch bezeichnen möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Ahmet_Şık
Sowas geht halt einfach mal gar nicht.
von Reuter
16.04.12, 18:21
[JUSTIFY]
Nein! Es geht um die Aufklärung! Die Renaissance!
Naja, dass es schon rein aus den geographischen und kulturgeschichtlichen Hintergrund keine 'Renaissance' im westeuropäischen kulturhistorischen Sinne hätte geben können, das müsste man eigentlich erkennen.
Ich denke gerade wegen der geografischen Lage und des großen kulturgeschichtlichen Erbes der Regionen des osmanischen Reiches hätte eine Rennaissance dort mindestens genauso gut stattfinden können.
Istanbul, Kleinasien, Ägypten, Afrika und die Levante.....waren Zentren der hellenistischen Kolonisation, des römischen Reiches und so vieler anderer alter Hochkulturen. Auch haben sich die Ruinenfelder großer Metropolen in den Wüsten viel besser erhalten, als Vergleichbares in Europa. Auch hatten ja die Osmanen direkte Kontrolle über die Gebiete des antiken Griechenlands.
Nur hat es dort offensichtlich gar nicht für Denkanstöße gesorgt, während die Rennaissance Europa aufrüttelte und in jeder Hinsicht nach vorne brachte. Den Grund sehe in direkt in der Religion, die sich wie ein Leichentuch über diese Regionen gelegt hat. Wo eine derartige Bilder- und Abbildungsfeindlichkeit (bzw. Verbot) herrscht, kann es keinen Michelanglo geben, keinen DaVinchi usw.
Die Vorraussetzungen für eine Rennaissance war durchaus da, aber die extreme Auslegung der Religion machte sie unmöglich.
Im Grunde genommen hat sich daran auch bis heute nichts geändert. Trotz riesiger Bevölkerungszahlen in der Region, sind bis auf die Türkei alle Länder zutiefst unproduktiv und im Prinzip vormodern ihrer ganzen Organisation. Rechnet man noch Rohstoffexporte (Öl) aus dem GDP heraus, ist die Datenlage gar absolut niederschmetternd. Wertschöpfung an sich, durch Industrie, Services oder Kultur findet einfach so gut wie gar nicht statt. Im "Islam kann es keinen Einstein geben" habe ich mal gelesen. Auch andere statistische Werte sprechen eine traurige Sprache: Patente, weltweite Buchübersetzungen aus dem arabischen Raum in andere Sprachen, Filme... alles das ist kaum vorhanden. Ein ganzen Kulturkreis mit vielen hundert Millionen Menschen hat der Welt quasi nichts mitzuteilen.
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Jemand hier schob die Erfindung der Algebra dem oben genannten Kulturkreis in die Schuhe: Das ist falsch, natürlich ist die Algebra an sich auf dem Mist der alten Hellenen gewachsen. Nur das Wort, das wir heute dafür verwenden, stammt aus dem Arabischen, wie auch unsere Ziffern.
Aber ich denke jedem ist schon bewußt, das weder die Algebra noch die Mathematik an sich irgendeine Erfindung der Araber war. Das ist alles schon vieeel eher geschen. Es ist lediglich die Kategorie: Konservierung antiken Wissens, wie schon von mir angesprochen.
Ich bleibe bei der Frage: Wer kann mir eine Theorie, Endeckung oder Erfindung nennen, die aus dem hier besprochenen Kulturkreis hervortrat?
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Das Problem nach dem was man so liest ist das die boomende Wirtsschaft leicht platzen könnte und gesellschaftlich ist nen Haufen Dynamik da, aber die Richtung... hatte hier vor einiger Zeit mal nen artikel einer ehemaligen türk. Richterin verlinkt und was da so genannt wurde klang nicht so toll, ganz und gar nicht: http://www.faz.net/aktuell/feuilleto...n-1625706.html
Das z.B. klingt schon derbe:
Zitat:
Das Gleiche gilt für weibliche Richter: Während deren Anteil in den Verwaltungsgerichten vor einem Jahr noch bei 36 Prozent lag, sind es jetzt nur noch 1,63 Prozent. In den ordentlichen Gerichten ist der Frauenanteil auf unter drei Prozent gesunken.
Ach ja und was, was ich als symptomatisch-problematisch bezeichnen möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Ahmet_Şık
Sowas geht halt einfach mal gar nicht.
Das deckt sich mit meiner Überzeugung: Das große Werk Atatürks, die Modernisierung und Säkularisierung der Türkei, scheint zur Zeit schleichend bzw. manchmal auch weniger schleichend, rückgängig gemacht zu werden. Die regierende religöse AKP mit dem islamisten Erdogan scheint das Werk der letzten 100 Jahre zunichte machen zu wollen. Gerade die Stellung der Türkinnen scheint stark zu wanken. Aber Frauen sind sowieso immer das erste Opfer im Islam.
Zum Boom am Boporus: Das scheint mir ein ganz klassischer Bau-Boom zu sein, den die vereinigten Spekulanten dieser Welt mal hier mal da auslösen. Jedes freie cm² in den Metropolen wirde mit neuen Gebäuden zugeknallt, die Preise für Immobilien und Grunsstücke gehen durch die Decke. Das geht bis zu 20 Jahre gut, dann passiert das was immer passiert.
Stoertebeker
16.04.12, 19:01
Erste Frage: Warum eigentlich ein Fragezeichen im Threadtitel?
Zweite Frage: Warum ist der Thread nicht im Geschichtsbereich?
Sonst finde ich es eine recht nette Diskussion. Außer dass man vielleicht mal endlich die Argumente und Beispiele sein lassen und konstatieren könnte, dass die Musels einfach nichts geschissen kriegen und noch nie geschissen gekriegt haben. :D
Ich muss da manchmal an das hier denken:
Was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=CNg0UNTsOYY)
Wir halten die These für ganz griffig, daß die Fortschrittsfeindlichkeit der muslimischen Religion, ab einem Zeitpunkt x, zumindest teilweise mit der nicht vollzogenen Trennung zwischen herschender Religion und Politik/Technik etc. nicht gemacht wurde.
Schöner Satz. ;)
Ich stimme grundsätzlich zu, würde allerdings die angebliche Fortschrittsfeindlichkeit "des" Islam nicht so hoch bewerten. Alle institutionell verfassten Religionen sind teilweise fortschrittsfeindlich, während Säkularisierung generell mit stärkerer Rationalisierung des Lebens einhergeht. Man konnte auch in Westeuropa sehen, dass Staaten mit starkem Einfluss der katholischen Kirche (Spanien vor allem) ihren rationelleren Nachbarn hinterherhinkten. Ich sehe das also nicht als islamspezifisch.
Es gibt übrigens auch andere Gründe für unterbleibende Rationalisierung: nationalen Chauvinismus etwa (das war ja lange Chinas Problem, wenn ich mich nicht täusche), oder einfach ein allzu korruptes Staatswesen.
Den schleichenden Untergang des osmanischen Reiches auch nur hauptursächlich am Islam festzumachen, halte ich für genau so zutreffend, als würde man das Christentum für den Zusammenbruch der Donaumonarchie oder des britischen Weltreichs verantwortlich machen.
Nebukadnezar
16.04.12, 19:06
Jemand hier schob die Erfindung der Algebra dem oben genannten Kulturkreis in die Schuhe: Das ist falsch, natürlich ist die Algebra an sich auf dem Mist der alten Hellenen gewachsen. Nur das Wort, das wir heute dafür verwenden, stammt aus dem Arabischen, wie auch unsere Ziffern.
Aber ich denke jedem ist schon bewußt, das weder die Algebra noch die Mathematik an sich irgendeine Erfindung der Araber war. Das ist alles schon vieeel eher geschen. Es ist lediglich die Kategorie: Konservierung antiken Wissens, wie schon von mir angesprochen.
Ich bleibe bei der Frage: Wer kann mir eine Theorie, Endeckung oder Erfindung nennen, die aus dem hier besprochenen Kulturkreis hervortrat?
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Aus der Wikipedia:
"
its roots can be traced to earlier traditions, which had a direct influence on Muhammad ibn Mūsā al-Khwārizmī (c. 780–850). He later wrote The Compendious Book on Calculation by Completion and Balancing, which established algebra as a mathematical discipline that is independent of geometry and arithmetic.[4]
The roots of algebra can be traced to the ancient Babylonians,[5] who developed an advanced arithmetical system with which they were able to do calculations in an algorithmic fashion. "
Ihr dürft euer "Nur das Wort [..] stammt aus dem Arabischen" gerne streichen.
"natürlich ist die Algebra an sich auf dem Mist der alten Hellenen gewachsen": die haben babylonische und ägyptische Sachen weiter entwickelt, wie auch die Araber etwas weiter entwickelt haben und das so weit entwickelt hatten, dass es sich lohnte dafür einen Begriff zu verwenden.
Ich war dieser ominöse 'jemand' und zumindest die Wikipedia sagt genau das aus :)
"Aber ich denke jedem ist schon bewußt, das [..] die Mathematik an sich [nicht] irgendeine Erfindung der Araber war."
Ich bezweifle, dass in diesem Thread jemand etwas derartiges behauptet hat. :D
Ach ja und was, was ich als symptomatisch-problematisch bezeichnen möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Ahmet_Şık
Sowas geht halt einfach mal gar nicht.
Da darf man aber nicht vergessen, dass es auch bei uns beschlagnahmte Medien gibt (also nicht nur Medien die auf dem Index stehen und nicht beworben werden dürfen - sondern wirklich Werke die nicht verbreitet werden dürfen, öffentlich zugänglich germacht werden usw.) - dies gilt übrigens auch in der von dir oft gerühmten Schweiz.
Auch die anderen Pukte die bei der FAZ aufgezählt wird finde ich nun nicht soo weltbewegend.
Ob es bei uns viel anders aussehen würde, wenn wir nicht wirklich so viel Glück mit unserem funktionierenden Bundesverfassungsgericht hätten?
Zum Thema "Jeder Türke kann jederzeit abgehört werden" fällt mir da spontan "Großer Lauschangriff" und "Bundestrojaner" ein.
Dann wird Spendenbetrug länger ausgeführt. Als ob wir dieses Thema hier auch nicht zu genüge kennen würden. Bei Italienern und Co. wird es da auch nicht viel besser aussehen - auch in Hinblick auf gefälschte Akten usw.
Und wenn man die Religionsfreiheit an dem Bekenntniss der hohen Richter ausmachen will - ich weiß nicht so recht.
Bei uns im Land werden andere als christliche auch gegen die 0% tendieren. Für mich aber noch lange kein Anzeichen dafür, dass es keine Religionsfreiheit geben würde.
Dass einer der Richter beim Kopftuchverbot aufgrund eines "diese Richter waren es" verstorben ist, ist natürlich betauerlich. Aber ebenso denke ich, dass ber der Bild oder zumindest einer lokale Zeitung in Bayern ebenso ein "diese Leute sind schuld" erscheinen würde, wenn bei uns das Kreuz aus den Klassenzimmern verbannt worden wäre. Erste Aufreger usw. gab es ja schon mit dem "Kruzifix-Verbot" Ansinnen und der Debatte darüber - ohne dass das Verbot wirklich durchgezogen wurde.
Also alles Punkte die ich nun nicht als eine absolut türkische Extremität ansehen würde. Schön sind solche Dinge sicherlich nicht - aber auch kein Alleinstellungsmerkmal.
von Reuter
16.04.12, 19:25
Aus der Wikipedia:
"
its roots can be traced to earlier traditions, which had a direct influence on Muhammad ibn Mūsā al-Khwārizmī (c. 780–850). He later wrote The Compendious Book on Calculation by Completion and Balancing, which established algebra as a mathematical discipline that is independent of geometry and arithmetic.[4]
The roots of algebra can be traced to the ancient Babylonians,[5] who developed an advanced arithmetical system with which they were able to do calculations in an algorithmic fashion. "
Ihr dürft euer "Nur das Wort [..] stammt aus dem Arabischen" gerne streichen.
"natürlich ist die Algebra an sich auf dem Mist der alten Hellenen gewachsen": die haben babylonische und ägyptische Sachen weiter entwickelt, wie auch die Araber etwas weiter entwickelt haben und das so weit entwickelt hatten, dass es sich lohnte dafür einen Begriff zu verwenden.
Ich war dieser ominöse 'jemand' und zumindest die Wikipedia sagt genau das aus :)
"Aber ich denke jedem ist schon bewußt, das [..] die Mathematik an sich [nicht] irgendeine Erfindung der Araber war."
Ich bezweifle, dass in diesem Thread jemand etwas derartiges behauptet hat. :D
Wikipedia ist eine tolle Seite und mich wundert das dort sowas erschreckend falsches geschrieben wird. Wer weiß wie Wiki funktioniert, weiß auch das sich theoretsich sowas falsches einschleichen kann.
Aber es ist tatsächlich der Grieche Diophant gewesen, der die Algebra in der hellenistischen Periode in Alexandria begründete. In seinem vielbändigen Werk "Arithmetika" hat er als erster das Rechnen mit der algebraischen Methode beleuchtet. Also dem Nutzen von Buchstaben als unbekannte in Rechungen.
Der von ihnen genannte Muhammad ibn Mūsā al-Khwārizmī hat dieses Wissen aufgegriffen und etwas verfeinert nochmals veröffentlicht.
DAS MACHT IHN NICHT ZUM ERFINDER DER ALGEBRA.
Das ist Fakt. Die Algebra ist definitiv eine abendländische Erfindung.
Werter von Reuter. Begreift die Renaissance als eine Rückbesinnung auf antikes Wissen und es liegt auf der Hand, das jene, die das Wissen nicht verloren keiner Renaissance bedurften. :)
Ich denke die verpatze Industrialisierung hängt in hohem Maße von den Launen der Herrscher ab und hatt eher wenig mit Kultur und Religion zu tun. Während manche Monarchen sehr fördernd auftraten sind andere selten aus ihrem Harem ausgebrochen oder pfeiften sich Kiloweise Opium rein. Je mehr Macht auf einzelne Personen konzentriert ist, desto drastischer wirkt sich Erfolg und Versagen aus.
In Europa hat z.B. hat Ludwig der Fromme haufenweise antikes Schrifttum vernichten lassen, während sein Vater noch die Bewahrung und Sammlung selbigens förderte. Der Monarch tut, wozu er lustig ist.
Nebukadnezar
16.04.12, 19:28
Wikipedia:
"Although Diophantus and the Babylonians used mostly special ad hoc methods to solve equations, Al-Khwarizmi was the first to solve equations using general methods. He solved the linear indeterminate equations, quadratic equations, second order indeterminate equations and equations with multiple variables"
Ihr meint das hier?
EDIT:
Fällt mir erst jetzt auf: Ihr habt mich erst als 'jemand' bezeichnet - was ich nicht gewohnt bin in diesem Forum - und dann SCHREIT ihr mich an.
Ihr seid relativ neu hier: beides gilt hier nicht als guter Tonfall.
von Reuter
16.04.12, 19:47
Wikipedia:
"Although Diophantus and the Babylonians used mostly special ad hoc methods to solve equations, Al-Khwarizmi was the first to solve equations using general methods. He solved the linear indeterminate equations, quadratic equations, second order indeterminate equations and equations with multiple variables"
Ihr meint das hier?
Ich könnt woviel Quoten wie ihr wollt. Für mich ist die Algebra keine Erfindung des arabischen Raumes, sondern dem Hellenismus zuzuordnen. So war es schon immer und so wird es sein, egal was Wikipedia und seine offenbar muslimischen Autoren in die Welt setzen. Diophant war der Begründer der Algebra. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.
Werter von Reuter. Begreift die Renaissance als eine Rückbesinnung auf antikes Wissen und es liegt auf der Hand, das jene, die das Wissen nicht verloren keiner Renaissance bedurften.
Ich weiß was ihr damit sagen wollt und teilweise habt ihr recht. Aber die Geschichte des frühen, weltoffenen Islam weißt numal einen großen Zivisilationsbruch auf:
Als die Mongolen um 1250 das Zweistromland überannten, zerstörten sie quasi den Kern dieses frühen Islam. Bagdad und alle anderen großen Städte wurde zerstört, die Bevölkerung im Grunde genommen ausgelöscht. Die Vernichtung der Großen Bibiotheken in Bagdad wird meist mit dem Brand der Bibiothek von Alexandria gleichgesetzt. Sämtliches präservierte Wissen aus der Antike ging verloren.
Wa wo einst der frühe, weltoffene Islam sein Herz hatte, klaffte nur noch ein rußgeschwärztes Loch. Von den Rändern der islamischen Welt wurde der Bereich zwar wieder bevölkert und re-islamisiert. Aber von da an war es ein anderer Islam. So wie er bis heute wirkt, reaktionär, vormodern, erstickend verlustig des aniken Wissens und stagnierend.
Man kann also höchsten sagen das der Islam wärhend des Goldenen Zeitalters das Wissen der Antike niemals verlor. Man kann diese Aussage aber keinesfalls generalisieren.
Nebukadnezar
16.04.12, 19:53
Ich könnt woviel Quoten wie ihr wollt. Für mich ist die Algebra keine Erfindung des arabischen Raumes, sondern dem Hellenismus zuzuordnen. So war es schon immer und so wird es sein, egal was Wikipedia und seine offenbar muslimischen Autoren in die Welt setzen.
Das kann man als Zitat der Woche irgendwohin setzen und einrahmen.
Ihr habt euch den Ehrenplatz auf meiner Ignorierliste herzlich verdient und könnt als lebendes Beispiel dem Threadstarter für genau seine (in eurem Fall passende) Kritik dienen :tongue:
Stoertebeker
16.04.12, 20:01
Soweit ich weiß, sind doch rote Reps eine Erfindung des islamischen Kulturkreises, oder? :D
Duke of York
16.04.12, 20:10
"Aber ich denke jedem ist schon bewußt, das [..] die Mathematik an sich [nicht] irgendeine Erfindung der Araber war."
Ich bezweifle, dass in diesem Thread jemand etwas derartiges behauptet hat. :D
Der von ihnen genannte Muhammad ibn Mūsā al-Khwārizmī hat dieses Wissen aufgegriffen und etwas verfeinert nochmals veröffentlicht.
DAS MACHT IHN NICHT ZUM ERFINDER DER ALGEBRA.
Wer findet den Fehler? :rolleyes::D :facepalm:
Das ist Fakt. Die Algebra ist definitiv eine abendländische Erfindung.
Eine abendländische also? Interessant.
Euch ist aber schon bewusst, dass es dieses "Abendland" erst ab 1529 gab?
von Reuter
16.04.12, 20:11
Das kann man als Zitat der Woche irgendwohin setzen und einrahmen.
Ihr habt euch den Ehrenplatz auf meiner Ignorierliste herzlich verdient und könnt als lebendes Beispiel dem Threadstarter für genau seine (in eurem Fall passende) Kritik dienen :tongue:
Gut so, demnächt hat sonst noch ein Moslem Amerika entdeckt :)
von Reuter
16.04.12, 20:34
Euch ist aber schon bewusst, dass es dieses "Abendland" erst ab 1529 gab?
Abendland als Begriff hat eine sehr weitgefaßte Bedeutung und bezieht neben einer geografischen Definition auch ausdrücklich griechische und römische Kultur/Philosophie mit ein.
Was war 1529 in dieser Beziehung?
Gut so, demnächt hat sonst noch ein Moslem Amerika entdeckt :)
Nein - zur Eiszeit oder Ende der Eiszeit waren das Menschen aus Ostasien.
Das waren dann die Ahnen der Indianer.
Danach nochmals von den Wikingern.
Sind aber sicher auch alle dem Abendland zuzuordnen, wie auch die bereits genannten Hellenen. :rolleyes:
Besonders lustig ist in dem Zusammenhang folgender Satz aus dem abgrundtief bösen Wiki:
Der Begriff Hellenen wurde im spätantiken Oströmischen Reich zunächst nur noch für die Anhänger der alten griechischen Kulte, später für alle Nichtchristen gebraucht
Besonders lustig ist in dem Zusammenhang folgender Satz aus dem abgrundtief bösen Wiki:
Er hat JEHOVA gesagt !
Stoertebeker
16.04.12, 20:42
Könnten wir nicht kollektiv die PI-Fraktion ignorieren?
Mal nen bisschen allgemeiner: seid ihr Autobahnfans oder eher für die Eisenbahn? :D
So weit so absurd.
Auf was ich hinaus will: solche Fragestellungen wie die Bewertung einer Kultur zum guten oder schlechten der "Weltgeschichte" laufen immer auf kontrafaktische "was wäre wenn" Szenarien hinaus. Wie sähe die Welt heute aus, hätte Mohammed nie gelebt, Columbus nicht nach Indien segeln wollen oder Hitler hätte als Postkartenmaler erfolg gehabt usw usf.
Problem ist halt es gibt zwei grundlegend verschieden Positionen, die beide gute Argumente haben wie Geschichte funktioniert. Eben Autofahrer und Eisenbahner.
Einfaches Beispiel: ein Zeitreisender reist zurück und erschießt nen Gefreiten Adolf Hitler. kommt es zum WW2? (Etwaige Zeit-paradoxen außen vor :D)
Die "Autofahrer" sagen nein, weil jede Entscheidung die Zukunft beinflusst. Der Fahrer entscheidet an jeder Kreuzung ob rechts oder links. Schmettlingseffekt eben.
Der Zugfahrer hingegen sagt jupp, WW2 gibts trotzdem. Die tatsächlichen Entscheidungsmöglichkeiten einzelner Menschen sind begrenzt. Man ist so ins Umfeld eingebetet, das selbst einzelne wichtig erscheinende Faktoren am Gesamtergebnis ncht viel ändern. am Beispiel: selbst ohne Adolf, bleibt die ungerechte Situation nach Versaille, die generellen Rufe nach Vergeltung und der Versuch der Westmächte die potenteste Nation Europas künstlich klein zu halten etc pp.
Dieses Geschichtsbild läuft quasi auf Schienen: wie bilden uns zwar bisweilen ein Entscheiden zu können, letzlich läufts aber immer wieder auf den Hauptstrang hinaus.
Diese beiden Modelle kommen immer wieder hoch, sind beide weder von der hand zu weisen noch entgültig zu belegen, aber je nachdem wie mans sieht (das kann sich bisweilen sogar von Fall zu Fall ändern) ändert man auch seine Betrachtungsweise zu nem Thema.
War das osmanische Reich ne progressive Kraft, wären wir heute weniger weit ohne? Kein Plan.....
Könnten wir nicht kollektiv die PI-Fraktion ignorieren?
Gerne. Ich muss die nur leider als Putzfrau lesen.
Wer konnte eigentlich als erstes mit den Fingern zählen?
Wer konnte eigentlich als erstes mit den Fingern zählen?
vermutlich war er Christ + Europäer + Deutscher + ein Mann:D
sheep-dodger
16.04.12, 21:23
Mal nen bisschen allgemeiner: seid ihr Autobahnfans oder eher für die Eisenbahn? :D
[...]
Das nennt sich dann auch Structure vs Agency (http://en.wikipedia.org/wiki/Structure_and_agency) (Oh nein! Das Islamisten-Wiki :rolleyes:)
Ansonsten: Die Rückständigkeit des Osmanischen Reiches, zumindest ab dem 19. Jhd. dürfte mE in der Entwicklung des Nationalismus zu suchen sein. Zum Einen schuf dieser neue Konflikte welche vorher so nicht existierten indem sich Ethnien begannen als Nationen zu begreifen, sich deutlicher von einander abgrenzten und begannen nationale Unabhängigkeit zu erstreben. Zum Anderen scheinen Vielvölker-Staaten strukturelle Probleme mit der Industrialisierung zu haben (vgl: Russland und Ö-U) welche durch die Urbanisierung ja die Entwicklung von Nationalismus befördern. Dies ist, so denken Wir wenig abhängig von der Lehre des Islam an sich, sondern würden Störte zustimmen darin, dass der große Einfluss von Religion im generellen die Entwicklung behindert.
(Aber in Wirklichkeit wissen wir ja alle, dass den faulen Muselmanen nur die gute protestantische Arbeitsmoral (http://en.wikipedia.org/wiki/Protestant_Work_Ethic) gefehlt hat! :rolleyes:)
von Reuter
16.04.12, 22:12
(Aber in Wirklichkeit wissen wir ja alle, dass den faulen Muselmanen nur die gute protestantische Arbeitsmoral (http://en.wikipedia.org/wiki/Protestant_Work_Ethic) gefehlt hat! :rolleyes:)
Das wollte ich auch gerade schreiben :D
Wer 5x am Tag augiebig betet, hat es nun mal im Arbeitsleben schwer :rolleyes:
http://www.telegraph.co.uk/health/9162051/Woman-died-after-Muslim-nurse-refused-to-help-as-he-was-praying.html
http://freethinker.co.uk/2010/02/08/london-transport-chiefs-apologise-to-passengers-after-driver-stops-to-pray/
usw.
Britische Zeitungen sind voll von sowas, ist ganz lustig. man kann Stunden damit zubringen sowas zu lesen.
Es zeigt eben auch eindrucksvoll, wieso mit den islamischen Ländern wirtschaftlich nix wird.
Heinrich Heine
16.04.12, 22:13
Eure Durchlautigsten Thronfurzer,
ich quäle mich und ihr spamt Seite 3 voll :D
Gut so, demnächt hat sonst noch ein Moslem Amerika entdeckt :)
ich habe den Smilie enteckt, es geht aber um das davor in meiner ... leider sehr langen .....Antwort
und noch was, ich lassesie jetzt emotional ( wie auch nach neuem Deutschunterricht ) doch unbearbeitet :smoke:
Werter von Reuter,
unser Forum benötigt natürlich Pro und Kontra-Positionen zu einzelnen Themen. Insofern begrüße ich eure Diskussion bedingungslos. Wir sind kaum länger im Forum als Ihr, aber deshalb haben wir keinerlei Privilegien gegenüber euch.
Das Forum hat mich vieles gelehrt, ich glaube das Wichtigste ist hierbei, daß der Andere manchmal bei auch mich interessierenden Themen einfach besser Bescheid weiß, egal ob jünger, egal ob Harz IV -Empfänger, egal ob Buddhist oder Mormone.
In meiner einfachen Art komme ich gegen einen Elvis im Finanzthread nicht an und viel zu selten bewerte ich Beiträge, die ich nicht mehr holprig schreiben muß, denen ich aber inhaltlich zustimme.
Wir sind möglicherweise mehr als 20 Nutzer dieses Forums, und wenn ich mich in meiner Realität umsehe, gibt es sympathische und weniger sympathische Zeitgenossen. Zu dem einen pflege ich ein freundliches Hallo, dem anderen bestelle ich sogar - wenn mein Geldbeutel voll ist - einen guten Whiskey nebst Zigarre ( und es ist nicht mein Bruder oder bester Kumpel ).
Wir bleiben auch im reiferen Alter Menschen. Menschen, die Emotionen haben und Antipathien gegen andere Theorien oder andere Personen hegen. Das ist dann für mich einfach ein ständiger Versuch sich möglichst sachlich einzubringen oder eben lieber auf einen dritten zu warten der ähnlich konträr aber gewogen Stellung bezieht zu einem uns missfallenden Beitrag. Manchmal schlafen wir einfach mal eine Nacht darüber. Wichtig ist, sich zu fragen warum der andere mich auf einmal nicht mehr sachlich sondern persönlich attackiert oder es mir vorwirft. Da ist eine kleine Pause um die Gefühle zu ordnen wichtig. Und das macht die Arbeit der Moderatoren auch so schwer.
Da hilft uns dann der verstaubte majestic plural, denn "Sie Arschloch" klingt höflicher als "Du Arschloch". Das du wird heute im Forum verwendet, auch weil viele der 20 Mitglieder inzwischen dem Zarewitsch gehuldigt und beweihräuchert haben in seinen fränkischen Exil bei Hofe.
Emotionen sind gut, und alle mögen wir ein wenig Zoff, zeigt es uns doch, das hinter der Mattscheibe doch keine Künstliche Intelligenzen sitzen. Insofern, manchmal ist ein Ignorieren in Ordnung, manchmal kann man das auch öffentlich machen und manchmal reicht man sich halt etwas später wieder die Hand. Und glaubt mir, ich trau dem ein oder anderen der hochdotierten Beiträgsverfasser hier im Forum auch nicht über den Weg. Der Weg vom Alten Dessauer zu Heinrich Heine war steinig für den Member wie für das Team um den Zaren.
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Scheitern des Osmanisches Reich?
1. Wir sollten und müssen das von der Religion / Kultur unbedingt trennen. Schließlich gab es mal eine Zeit wo man in Europa die spanische Sonnenseiten bewunderte, die französische Sprache und Kultur pflegte , dann gab es das englische Empire. Alle Großmächte der westlichen Kultur sind auch gescheitert. Ich glaube das aktuell die USA dabei ist Ihren Welteinfluß zu verlieren, den sie vor etwa 100 Jahren von England übernommen hat und möglicherweise eine Zeit sogar mit Rußland teilen mußte.
So, und warum gin das Osmanische Reich nun unter?
Das ist spannend. denn Amerika wurde nicht von den Europäern entdeckt, sondern vereinnahmt. Ich erinnere euch an die Azteken, Maya und eben auch nordamerikanischen "Indianer". Was wird ein Nachfahre dieser Kulturen von unseren Gerede halten?
Auch eine Lektion die ich gelernt habe ist, nicht alles zu glauben was man mir glaubhaft einhämmert. Selbst Erfahrungen machen und sich an Albert Einstein halten ( "Je mehr ich weiß, um so mehr weiß ich, daß ich nichts weiß!" ). Wenn ihr türkischer Abstammung seit, dann habt ihr viel mehr Insiderwissen als ich und doch, ist es auch wichtig ob ihr in Berlin / Köln wohnt oder in Istanbul, ob in Ankara oder im türkischen Dorf. Überall das gleiche Volk und überall unterschiedliche Lebensarten - fern der Religion. Upps, ich bin vom Thema weg, Entschuldigung.
Also:
1683 standen die Türken das letzte Mal gefährlich vor Wien, wir suchen also schwerwiegende Gründe für den Untergang meiner Meinung ab dieser Zeit, auch wenn der Verfall sich für einige ab der Niederlage 1526 schon abzeichnen könnte oder gar noch früher.
Ich habe das Osmanische Reich nie studiert fand es aber erstaunlich, daß es von - sagen wir Ende 15. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhundert riesige Landmassen halten konnte. Das schaffte kein christliches Reich - unabhängig vom inneren Zustand und dem Fortschritt.
Meine Ideen / Schlußfolgerungen sind ein klein wenig "sowjetisch-historisch" und Lust verspüre ich keine, noch mehr über das Osmanische Reich zu lesen - im Moment jedenfalls. Daher finde ich den Thread spannend, weil ich weiß, daß hier vieles Neues auf mich warten könnte und meine alte antiquierte Ansicht vielleicht aufgeweicht wird. Ich kenne ein paar gute Bekannte, die mir ebenfalls Licht machen können, da sie vom Balkan kommen oder sogar aus der Türkei. Ihre Meinungen interessieren mich, sie waren dabei gewesen, sind zumindest in der Tradition dort groß geworden und haben einen Wissensvorsprung. Trotzdem will ich mehr Meinungen hören , übrigens auch ohne meine realen Quellen der Lächerlichkeit preiszugeben wenn ich Ihre Sicht als die meine verkaufe. Egal ob sie um meine Aktivität wissen, oder ich dieses veröffentliche. Das bin ich MIR schuldig. Großer Gott heute bin ich in Form mit Geschwafel. Ich glaube dann kochen bei mir Emotionen hoch, ich fänd es traurig wenn die Diskussion abgewürgt wird bevor sie begann. Also erneut zurück
Osmanische Reich:
-kein einheitlich zentralisierter Staat
-feudale Zustände
-die "Türken" waren eine Minderheit welche aggressiv okkupierten und damit die militärischen, zivilen und juristischen Funktionen in sich vereinten ( Diktatur / Despotismus )
-ihre Steuerpolitik, das Streben nach sofortigen Gewinn, ließen die eroberten Länder schnell ausbluten, was sie zu neuen Expansionen zwang.
-Die Janitscharen, jene die die Macht der Sultane aufrecht erhielten, emanzipierten sich immer mehr und setzten Sultane ein oder schafften sie wieder ab, je nach Gusto ehhm Palastrevolution
-die unabhängigen regionalen Paschas widersetzten sich immer häufiger und machten eigene Politik
-ein riesiges Reich auf drei Kontinenten hat natürlich auch viele Nachbarn, die den "Frieden" bedrohen, interessant ist, bei aller russischen Selbstzufriedenheit ;-) daß scheinbar erst der verlorene russisch-osmanische Krieg 1768-1774 den endgültigen Niedergang einleitete.
Auch weil Rußland die Schirmherrschaft über die orthodoxe Kirche erlangte.
-die Verelendung der Völker auf den Balkan führte zu einem wachsenden Einfluß des Zarenreiches, dort liegt der Anfang des russischen Balkaneinflusses unserer Zeit
-der Versuch des Sultans die Paschas gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen mißlang, aber hatte er noch Alternativen??
-Volksaufstände im Land schwächten die Macht
-auf dem Balkan "half" der Patriarch von Konstantinopel dem Sultan, seine christlichen Schäfchen das letzte zu stehlen zur eigenen Bereicherung. Gottesdienste wurden auf griechisch abgehalten, doch eine Hellenisierung der Slawen gelang nicht, die Bildung interessierte den Patriarchen nicht, so reichte es zu dieser Zeit lesen zu können um Geistlicher zu werden ( ausgenommen die wenigen Klöster der Handschrift- und Büchersammlungen). DIe niedere Geistlichkeit blieb slawisch, d.h. die christlichen Stände entfernten sich voneinander.
-ökonomisch gab es bei aller feudalen Rückständigkeit ein Aufschwung der Viehwirtschaft ( wenig Steuern und andere Vergünstigungen) , weil diese besonders gefördert wurden ( ein Schelm der jetzt an Hotels denkt ).
durch die wachsende Steuerbelastung wurde ein großer Rückgang in der Bevölkerung zum Problem
Eine interessante Randgeschichte / Anekdote :
Für die nationale und politische Unabhängigkeit der Montenegriner bestand eine große Gefahr darin, daß sich die Türken in Montenegro auf die zum Islam übergetretenen Einwohner stützen konnten. Gegen die entfaltete sich eine breite Volksbewegung Ihr Führer Njegos ( 1696-1735) berief eine Volksversammlung ein, die den Beschluß faßte alle zum Islam übergetretenen Montenegriner auszurotten. In einer Weihnachtsnacht ( 1701 oder 1702 oder 1703 evetuell 1709 ) wurden sie niedergemetzelt. Das trug trotz der religiösen Grausamkeit zur inneren Festigung des Landes bei
ich glaube der Vielvölkerstaat mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen Osmanisches Reich ist an seiner Unregierbarkeit genauso gescheitert wie etwas später der Vielvölkerstaat christlicher Ausprägung Österreich/Ungarn. Das hat nichts mit Religion oder Fortschritt zu tun.
Könnten wir nicht kollektiv die PI-Fraktion ignorieren?
Dann würden sie doch aufhören zu posten und der ganze Spaß wäre vorbei. :D
Württemberg
16.04.12, 23:31
Eine prachtvolle Fassade mit morschem Innenleben.
Und was war das HRR?
Und noch eins sei gesagt, anstatt immer auf das ach so barbarische Christentum mit seinen Kreuzzügen etc. zu verweisen sollte man nicht vergessen wer denn zuerst bei wem eingefallen ist.
Die Römer in Israel, und das schon über tausend Jahre vor dem ersten Kreuzzug.
Li Shunchen
16.04.12, 23:32
Meines Wissens nach ging bei der Meiji Restauration alles wesentliche vom Kaiser bzw. halt dessem ensten Beraterkreis
Vollkommen falsch.
Da muss der Herr Ostasienwissenschaftler mal ran.
Die Aufgabe des Kaisers in der Meiji-Zeit war es den ganzen Tag Gedichte zu schreiben und Rituale abzuhalten,
der hat sich meines Wissens nicht in bedeutende Tagesbelange eingemischt.
Die Meiji-Restauration wurde von einem Bündnis von Daimyo aus Südjapan, unter der Führung der Han Satsuma und Choshu, inszeniert.
Diesen war es gelungen ihre Verwaltung und Militär erfolgreich zu reformieren und sie rebellierten 1866 gegen den Shogun. Der Shogun schickte seine Armee zur Bestrafung der unliebsamen Fürsten aus und das Heer wurde aufgerieben.
Daraufhin marschierten diese mit ihren Armeen in das Kernland des Bakufu (Shogunats) ein, setzten den Shogun ab und teilten sein Lehnsgebiet in Präfekturen ein, die künftig von Beamten statt von Feudalherren verwaltet werden sollten.
Um ihrem Umsturz einen legitimatorischen Anstrich zu geben überzeugten sie den Kaiserhof in Kyoto davon den Putsch abzusegnen. Daraufhin ließen sie den Kaiserhof in ihr neues Machtzentrum Edo umziehen (um ihn den Einfluss anderer Daimyo zu entziehen).
Die Clans aus Choshu, Satsuma, Hizen und Tosa (die sogenannte Meiji-Oligarchie) sicherten sich alle wichtigen Beamten- und Militärposten im 'neuen' Japan, erdachten die Meiji-Reformen und setzten sie in die Tat um.
Der Kaiserhof war dabei williges Werkzeug, immerhin wurde er aus seiner Bedeutungslosigkeit geholt und ins Zentrum des öffentlichen Interesses gesetzt! Endlich, nach Jahrhunderten, konnten sich die Vertreter uralter Adelsdynastien wieder im Lichte des Ruhms sonnen.
Damit die anderen Daimyo bei diesen Reformen mitmachten, wurden sie nach der Abschaffung ihrer Han zu Gouverneuren ernannt und mit dicken Renten belohnt.
________________________________________________
Aber mal ehrlich, der Vergleich zwischen dem Kaiserreich Japan und dem Osmanischen Reich ist in etwa so wie der Vergleich zwischen Regensburger Domspatzen und U2 :D
Württemberg
16.04.12, 23:36
Achja: Sollte dieser Thread nicht ins Geschichtsforum? ;)
Li Shunchen
16.04.12, 23:36
Ich denke gerade wegen der geografischen Lage und des großen kulturgeschichtlichen Erbes der Regionen des osmanischen Reiches hätte eine Rennaissance dort mindestens genauso gut stattfinden können.
Istanbul, Kleinasien, Ägypten, Afrika und die Levante.....waren Zentren der hellenistischen Kolonisation, des römischen Reiches und so vieler anderer alter Hochkulturen. Auch haben sich die Ruinenfelder großer Metropolen in den Wüsten viel besser erhalten, als Vergleichbares in Europa. Auch hatten ja die Osmanen direkte Kontrolle über die Gebiete des antiken Griechenlands.
Nur hat es dort offensichtlich gar nicht für Denkanstöße gesorgt, während die Rennaissance Europa aufrüttelte und in jeder Hinsicht nach vorne brachte. Den Grund sehe in direkt in der Religion, die sich wie ein Leichentuch über diese Regionen gelegt hat. Wo eine derartige Bilder- und Abbildungsfeindlichkeit (bzw. Verbot) herrscht, kann es keinen Michelanglo geben, keinen DaVinchi usw.
Die Vorraussetzungen für eine Rennaissance war durchaus da, aber die extreme Auslegung der Religion machte sie unmöglich.
Als Renaissance bezeichnet man die kulturhistorische Wiederentdeckung des griechisch-römischen Kulturguts.
Das war aber im Byzantinischen Reich und im arabischen Raum nie in Vergessenheit geraten.
Wo nichts verschollen ist, kann auch nichts wiedergefunden werden.
Im übrigen scheint Ihr Renaissance und Humanismus zu vermengen.
Li Shunchen
17.04.12, 00:35
Wenn ich mal spekulieren darf,
warum Japan der Sprung in die Moderne so gut geglückt ist und den Osmanen nicht:
(1) Die Japaner haben ihre jungen, ambitionierten Landsleute in Massen an europäische und amerikanische Universitäten geschickt um dort 'vom Feind zu lernen'. Einige ganz Ambitionierte haben sich sogar auf eigene Faust und eigenes Risiko ins Ausland begeben.
Wer zurück nach Japan kam hat dann sehr schnell einen leitenden Posten zum Aufbau neuer Institutionen o.ä. bekommen.
Die Osmanen haben meines Wissens nichts vergleichbares getan, zumindest nicht in diesem Umfang.
(2) In Japan hatte sich bereits während der Tokugawa-Zeit eine frühkapitalistische Gesellschaft herausgebildet und die Händler Japans waren damit bereits gut auf die neue Wirtschaftsordnung vorbereitet. Außerdem war die gesellschaftliche Kluft zwischen Händler-, Handwerker- und Landbesitzer-Klasse nicht so stark. Zwar gab es offiziell ein Kastensystem im Tokugawa-Japan, aber die Familien haben trotzdem untereinander geheiratet und man konnte sich sogar in den Adel reinkaufen. Außerdem war Japan zu Beginn der Meiji-Zeit schon stark urbanisiert.
Über das Wirtschaftssystem im Osmanischen Reich habe ich leider keine Ahnung ^^
(3) Die japanische Gesellschaft war zu dieser Zeit zwar auch nicht so homogen, wie man sich das heute gerne vorstellt, aber doch bei weitem nicht so extrem heterogen wie das Osmanische Reich. Das war der politischen Stabilität sicher zuträglich.
(4) In Japan gab es eine konservative Revolution von oben. Die Reformen gingen geordnet von statten und immer mit Bedacht darauf, alle Seiten so weit wie möglich zufrieden zu stellen um keinen Bürgerkrieg zu riskieren. Die alten Eliten wurden für ihren Machtverlust entschädigt.
(5) Das Osmanische Reich wurde alle paar Jahre von Russland, Italien, Griechenland, Serbien etc. etc. angegriffen.
Die politische Elite war viel zu sehr damit beschäftigt die Verteidigung nach Außen aufrechtzuerhalten und das Reich zusammenzuhalten, als dass man sich groß auf innere Reformen, die das Land innenpolitisch möglicherweise noch instabiler gemacht hätten, hätte konzentrieren können.
Atatürk konnte seine Reformen der türkischen Gesellschaft auch erst richtig angehen, nachdem er alle äußeren Feinde zurückgeschlagen, Frieden mit den Entente-Mächten geschlossen und keine Bedrohung mehr von Außen zu fürchten hatte.
von Reuter
17.04.12, 01:18
Als Renaissance bezeichnet man die kulturhistorische Wiederentdeckung des griechisch-römischen Kulturguts.
Das war aber im Byzantinischen Reich und im arabischen Raum nie in Vergessenheit geraten.
Wo nichts verschollen ist, kann auch nichts wiedergefunden werden.
Das kann man eben so einfach nicht sagen. Ich habe einige Posts höher schonmal etwas dazu geschrieben. Es ist meines erachtens falsch, einfach so zu schreiben, das der Islam in der Hinsicht nichts wiederzuentdecken hatte. Das extrem gewaltsame Ende des islamischen Goldenen Zeitalters im vorderen und mittleren Orient stellte in dieser Hinsicht einen nicht zu unterschätzenden Bruch dar.
Geschichte am Rande: Als Alexandria im 7 Jhd. an den Islam fiel, wurden die noch vorhandenen antiken Werke der Großen Bibliothek von den Arabern restlos verbrannt: "Da die Werke nur das wiederholten, was bereits im Koran stehe, sind sie überflüssig, und können guten Gewissens vernichtet werden." So die Begründung des Kalifen.
Man sollte die ganze Sache nicht so sehr idealisieren. Toleranz gegenüber der Antike sieht eigentlich anders aus.
Vernichter
17.04.12, 02:06
Geschichte am Rande: Als Alexandria im 7 Jhd. an den Islam fiel, wurden die noch vorhandenen antiken Werke der Großen Bibliothek von den Arabern restlos verbrannt: "Da die Werke nur das wiederholten, was bereits im Koran stehe, sind sie überflüssig, und können guten Gewissens vernichtet werden." So die Begründung des Kalifen.
Ist eine Legende, waren schon davor verloren. Allerdings wurde sie wohl von den Arabern selbst in die Welt gesetzt, um die Frömmigkeit zu betonen.
sheep-dodger
17.04.12, 12:12
Das wollte ich auch gerade schreiben :D
Wer 5x am Tag augiebig betet, hat es nun mal im Arbeitsleben schwer :rolleyes:
Wozu haben wir überhaupt Ironie-Smilies, wenn sie einfach so ignoriert werden dürfen? :motz:
von Reuter
17.04.12, 17:54
Ist eine Legende, waren schon davor verloren. Allerdings wurde sie wohl von den Arabern selbst in die Welt gesetzt, um die Frömmigkeit zu betonen.
Das höre ich ja zum ersten Mal. Ist das eine isolierte Expertenmeinung oder ist dies breit anerkannt? Wo kann man das denn nachlesen?
Sultan Suleyman
17.04.12, 18:55
/mod on
Ich habe das gesamte Konstrukt mal ausgelagert, da es mit Grass nunmal garnix zu tun hat.
/mod off
@ Syleyman: Seid gewarnt, hier geht es vielen nicht ernsthaft darum mit euch ernsthaft osmanische Geschichte auszudiskutieren.Nun, mittlerweile haben sich auch die seriösen User dieses Forums an der Diskussion beteiligt und nicht nur die "pi-Fraktion", wie sie der geschätzte Stoerte recht treffend bezeichnet. ;)
es ist etwas seltsam von Reuter ein zu allgemeines Bild anzulasten und dann selbst osamenen und Muslime in einen Topf zu werfen Nein.
Wir zitieren Euren Kollegen:
Oder kennen sie auch nur eine halbwegs bedeutsame Erfindung, Entdeckung oder auch Theorie, die aus diesem Kulturbereich stammt?
...aus dem osmanisch-arabischen Raum? Keine
Ein ganzen Kulturkreis mit vielen hundert Millionen Menschen hat der Welt quasi nichts mitzuteilen.
Ich bleibe bei der Frage: Wer kann mir eine Theorie, Endeckung oder Erfindung nennen, die aus dem hier besprochenen Kulturkreis hervortrat?
Recht eindeutig ist hier die Rede von den Muslimen im Allgemeinen. Wir reden nicht einmal von "den Osmanen", wie Ihr und Euresgleichen, werter Eldanesh, geschweige denn, dass Wir Osmanen und Kalifenherrscher in einen Topf werfen. Euer Vorwurf ist aus der Luft gegriffen. Nehmt einmal 600 Jahre deutsche Geschichte beispielsweise... Ihr werdet staunen, welche Facetten sich Euch offenbaren werden. Nur keine Scheu.
Es wurde darum gebeten, doch bitteschön auch nur eine einzige zivilisatorische Leistung aus "Menschen des islamischen Raumes" zu benennen, Menschen die offenbar "nichts taugen", wenn man es etwas zugespitzt formulieren darf. Das sämtliche Nachweise natürlich von den wenigen verdächtigen Gestalten hier nicht für authentisch befunden werden, hätte Uns klar sein sollen. Es ist fast schon, wie Perlen vor die Säue zu werfen... verzeiht den Ausdruck. :D
Selbst euer Namenspatron, Süleyman der Prächtige, als unangefochten "größter" Sultan des Reiches gründet seinen Ruf auf militärische Eroberung, nicht auf zivilisatorische Leistung. Falsch. Auch wenn die Eroberungen unter der Herrschaft Suleymans sicherlich enorme Ausmaße annahmen, so wurde er im Osmanenreich primär als "kanuni sultan", der Gesetzgebende, geehrt.
Erste Frage: Warum eigentlich ein Fragezeichen im Threadtitel?
Zweite Frage: Warum ist der Thread nicht im Geschichtsbereich? Edler Korsar,
es war nicht Unsere Absicht ein neues Thema zu eröffen. Dieser Strang wurde erstellt vom werten Cholerik durch Herauslösen einiger Beiträge hieraus: Günther Grass: Was gesagt werden muss. (http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=23800)
Wir würden natürlich kein Fragezeichen in den Titel setzen und dieses Thema auch eher im Geschichts-Bereich des Forums verorten.
Ich stimme grundsätzlich zu, würde allerdings die angebliche Fortschrittsfeindlichkeit "des" Islam nicht so hoch bewerten.Ja, es muss hier differenziert werden. Der Islam in seiner "Essenz" fordert alle Menschen, Muslime und Nichtmuslime auf, intensiv Forschung zu betreiben... daher der sehr hohe Stellenwert der wissenschaftlichen Tätigkeit in der islamischen Geschichte. Die islamische Religion ist damit nicht als Feind wissenschaftlicher Forschungen anzusehen, sondern ganz im Gegnteil, als unterstützendes Fundament. Wir müssen Uns Loslösen von alten Klischees... Islam ist mehr als Kopftuch, Bart und Turban, Herrschaften. (*)
Wir möchten nicht das Christentum schlechtreden, vermuten aber, dass in Europa mit ihr gemachte Erfahrungen, auf alle Relgionen weltweit (un-)bewusst übertragen werden. Auch können Wir persönlich übrigens nicht mit Gewissheit sagen, ob das Christentum wirklich ultimativ gegen wissenschaftliche Forschung steht ... warum sollte es eigentlich? Und gilt das für alle Richtungen der Christenheit... es gab doch sicherlich auch offenere Strömungen innerhalb "der Kirche"? Wir geben zu, Uns nicht besonders gut auszukennen in diesem Bereich. Womöglich kann der ein oder andere Weise hier eher für Aufklärung sorgen?
Allgemein zum Thema Osmanisches Reich:
Die größte Stärke der Osmanen lag nicht im militärischen Bereich. Das wird zwar auch heutzutage noch recht häufig in den Vordergrund gestellt, gehört Unseres Erachtens aber zu obsoleten Vorstellungen vergangener Zeiten. Das Osmanische Reich zog seine Macht primär aus der exzellenten Fähigkeit, solch ein inhomogenes Reich zu verwalten und zu organisieren. Eine zivilisatorische Glanzleistung, werter Eldanesh... :)
...muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen nichts im Sinne einer Ethnogenese getan zu haben. Allein die Tatsache das allein auf dem Staatsgebiet der heutigen Türkei mit Kurden, Aleviten, den sunnitischen Türken und christlcihen Armeminern 4 große Gruppen existieren die sich trotz Jahrhunderten unter einheitlicher herrschaft so gar nicht riechen können, zeigt das...
Das stimmt natürlich. Die Sache ist aber das es die Türken halt irgendwie versäumt haben aus ihren "Stämmen" ein Staatsvolk zu formen.Die Gründe für den Niedergang sind sehr zahlreicher, vielfältiger Natur... diese können Wir in der hoffentlich weiter anhaltenden kostruktiven Diskussion erläutern. Nur eines vorweg: die Toleranz und die Gerechtigkeit gegenüber den Minderheiten waren definitiv keine Schwäche, sondern Stärke. Wir persönlich haben hierüber keinen Zweifel.
(*): Gibt es auf dieser Plattform denn eigentlich überhaupt keine Damen? Ist doch beschämend... Carl, Ihr müsst mehr Bieten für die bessere Hälfte der Menschheit! :D
Allgemein zum Thema Osmanisches Reich:
Die größte Stärke der Osmanen lag nicht im militärischen Bereich. Das wird zwar auch heutzutage noch recht häufig in den Vordergrund gestellt, gehört Unseres Erachtens aber zu obsoleten Vorstellungen vergangener Zeiten. Das Osmanische Reich zog seine Macht primär aus der exzellenten Fähigkeit, solch ein inhomogenes Reich zu verwalten und zu organisieren. Eine zivilisatorische Glanzleistung, werter Eldanesh... :)
Die Gründe für den Niedergang sind sehr zahlreicher, vielfältiger Natur... diese können Wir in der hoffentlich weiter anhaltenden kostruktiven Diskussion erläutern. Nur eines vorweg: die Toleranz und die Gerechtigkeit gegenüber den Minderheiten waren definitiv keine Schwäche, sondern Stärke. Wir persönlich haben hierüber keinen Zweifel.
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Sehen wir auch so, das ein so inhomogenes Riesenreich so lange bestand hat ist eine echte Leistung. Selbst die vielen militärischen Niederlagen im 18. und 19. Jahrhundert hat das Reich überstanden ohne auseinanderzufallen.
Der Niedergang begann ja nach Suleyman dem Prächtigen. Nach ihm kamen für über 50 Jahre nur schwache Herrscher auf den Thron und der Harem des Sultans wurde in der Zeit zur eigentlichen Machtzentrale. Großwesire waren in der Zeit nur noch 1-2 Jahre im Amt. Notwendige Reformen wurden in der Zeit unmöglich und von dieser Zeit hat sich das osmanische Reich nie wieder richtig erholt. Auch wenn es immer einmal wieder eine Phase gab in der das Reich sich erholte.
von Reuter
17.04.12, 20:15
Ja, es muss hier differenziert werden. Der Islam in seiner "Essenz" fordert alle Menschen, Muslime und Nichtmuslime auf, intensiv Forschung zu betreiben... daher der sehr hohe Stellenwert der wissenschaftlichen Tätigkeit in der islamischen Geschichte.
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Mit Verlaub, werter Regent: Daran zweifle ich doch sehr. Es scheint mir das sie das Thema zu idealisiert betrachten. Diese Aussage ist einfach grotesk und läßt sich, wenn überhaupt, nur auf das eher kurze Goldene Zeitalter beziehen. Aber schon da läßt sich diese Aussage stark relativieren.
Die Lebenswirklichkeit im Islam läßt eher das Gegenteil annehmen. Wie auch die römisch katholische Kirche mit ihrem Dogma jegliche Erkenntnis und jeden Fortschritt lähmte, trifft dies ebenfalls für den strikt ausgelegten Islam zu.
Mit Verlaub, werter Regent: Daran zweifle ich doch sehr. Es scheint mir das sie das Thema zu idealisiert betrachten. Diese Aussage ist einfach grotesk und läßt sich, wenn überhaupt, nur auf das eher kurze Goldene Zeitalter beziehen. Aber schon da läßt sich diese Aussage stark
Die Lebenswirklichkeit im Islam läßt eher das Gegenteil annehmenh die römisch katholische Kirche mit ihrem Dogma jegliche Erkenntnis und jeden Fortschritt lähmte, trifft dies ebenfalls für den strikt ausgelegten Islam zu.
Wann gab es denn im osmanischen Reich eine strikte Auslegung des Islam?
von Reuter
18.04.12, 10:14
Wann gab es denn im osmanischen Reich eine strikte Auslegung des Islam?
Eigentlich ging es weder im Quote, noch in meiner Antwort auf dieses, um das osmanische Reich. Es wäre schön wenn nicht jeder zweite Post aus irgendeiner unnötigen Haarspalterei bestehen würde.
Der Islam in seiner "Essenz" fordert alle Menschen, Muslime und Nichtmuslime auf, intensiv Forschung zu betreiben... daher der sehr hohe Stellenwert der wissenschaftlichen Tätigkeit in der islamischen Geschichte.
Wieso bin ich hier der einzige, der so eine Aussage kritisch kommentiert? Der Islam...ein Leutturm der wissenschaftlichen Forschung? Auch noch in der gesamten islamischen Geschichte? Also bis heute?
Anscheinend will Erdogan ein neues Osmanisches Reich errichten...
http://www.welt.de/politik/deutschla...ilisieren.html
So beteiligt sich Ankara an der "Integration" in Europa.
passend dazu:
http://www.welt.de/kultur/literarisc...-Pamphlet.html
Ja, das habe ich auch schon gelesen. Paßt genau zu seiner anti-Integrationsrede, die er bei seinem letzten Deutschlandbesuch vor der türkischen Gemeinde gehalten hat.
Duke of York
18.04.12, 11:28
Der Islam...ein Leutturm der wissenschaftlichen Forschung?
Vielleicht solte man sich mal vom Begriff "der Islam" lösen und konkret sagen, wen oder was man meint.
Es ist nicht verwunderlich, dass sich bei einer so großen Weltreligion für fast jedes Argument Für und Wider finden lässt.
Eigentlich ging es weder im Quote, noch in meiner Antwort auf dieses, um das osmanische Reich. Es wäre schön wenn nicht jeder zweite Post aus irgendeiner unnötigen Haarspalterei bestehen würde.Eigentlich geht es in diesem Thread, der mittlerweile aus welchem Grund auch immer ins Geschichtsforum verschoben wurde, aber nur um dieses. Es wäre schön, wenn Beiträge sich auch mit der Geschichte des Osmanischen Reichs befassen würde, und dies nicht nur wieder als Vorwand zum Führen irgendeines sinnfreien Orient-Okzident-Schwanzvergleich nutzen. Wenn hier weiter über den Islam allgemein debattiert werden sollte, wird der Thread dicht gemacht.
Wir können ja zunächst mal die Entstehungsgeschichte des Osmanischen Reichs betrachten und so eine kleine Geschichte zusammentragen, die die politische und religiöse Entstehung darstellt. Mein Wissen über das Osmanische Reich hält sich natürlich in Grenzen.
Zunächst habe ich gelesen, dass die Osmanen von den Rum-Seldschuken abstammen, die wiederum eine Splittergruppe des sunnitischen Groß-Seldschukischen Reichs waren. Die Seldschuken an sich stammen vom Stamm der Ogusen ab, welche im 10. Jahrhundert ursprünglich den Raum Transoxanien besiedelten (Teile des heutiges Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Afghanistan, Iran).
Der Name Seldschuken stammt von einem ogusischen Häuptling Names "Seldschuk". Nach Spannungen und Kriegen trat Seldschuk zum Islam über verdrängte 1055 mit seinen Kriegern die lokale Schutzmacht Bagdads und stieg damit zur neuen militärischen Schutzmacht des Abbasiden-Kalifats um Bagdad auf, welches große Teile Persiens und Iraks umfasste. Das Groß-Seldschukische Reich gab in diesem Raum dem Islam ein Fundament und Zusammenhalt.
Ein Teil der Seldschuken (Rum-Seldschuken) zog weiter westwärts in damals Byzantinische Reich und besiegte Byzanz in der Schlacht bei Manzikert in Anatolien 1071 und war damit in der heutigen Türkei angekommen.
...die Geschichte darf fortgesetzt werden...:)
(der Thread kann ja die Osmanische Geschichte so langsam Stück für Stück aufarbeiten, nachher sind wir alle Spezialisten auf dem Gebiet :D ; später kann man ja auch die Rolle des Islams herausarbeiten)
Wer nicht unbedingt Fachbücher zur osmanischen Geschichte lesen will sondern gute Romane dem können wir die Osmanische Tetralogie von Johannes Tralow empfehlen. Sie besteht aus den Romanen:
"Malchatun" (Frau von Osman dem Reichsgründer)
"Irene von Trapezunt" (byzantinische Prinzessin und spielt zur Zeit von Mehmed dem II.)
"Roxelane" (Nebenfrau, aber Lieblingsfrau von Suleyman dem Prächtigen)
"Der Eunuch" (spielt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts)
Vernichter
21.04.12, 17:52
Das höre ich ja zum ersten Mal. Ist das eine isolierte Expertenmeinung oder ist dies breit anerkannt? Wo kann man das denn nachlesen?
http://de.wikipedia.org/wiki/Bibliothek_von_Alexandria#Das_Ende_der_Bibliothek
An eine ausführlichere Quelle erinnern wir uns leider nicht.
Vernichter
21.04.12, 18:16
Wir würden das Osmanische Reich nicht unbedingt mit Japan, sondern lieber mit der Doppelmonarchie und dem Zarenreich vergleichen wollen. Ganz objektiv gesehen haben alle drei den ersten Weltkrieg nicht überlebt. Insofern schneiden die Türken nicht so schlecht ab.
Die fehlenden Leistungen in der Kunst und Wissenschaft im neunzehnten Jahrhundert erklären wir uns auch dadurch, dass die osmanische Oberschicht nicht mit der europäischen Öffentlichkeit verwoben gewesen ist. Das Zarenreich verfügte auch nur über eine sehr dünne gebildete Schicht, die dann die ganzen Schriftsteller und Wissenschaftler hervorbrachte. Diese kochte allerdings nicht im eigenen Saft, sondern gehörte aller Verachtung zum trotz mehr oder weniger dazu. Was ursprünglich der christlichen Religion und den durch sie ermöglichten Eheschließungen zwischen den Adelshäusern zu verdanken ist, schon seit Zar Peter. Der Adel und die dünne bürgerliche Schicht kannten Paris, London und Wien nicht bloß aus Erzählungen. Entsprechend konnte man in diesen engen Kreisen von den Einflüssen der Hochkultur profitieren und selbst zu ihr beitragen. Wobei die Anmerkung wichtig ist, dass gerade das Wissen der Menschheit in den Naturwissenschaften, auch im neunzehnten Jahrhundert von vielleicht einigen zehntausend Personen bewahrt wurde. Von einer breiten Bildung konnte selbst im Westen nicht gesprochen werden.
Die Türken sind in dieser Hinsicht ein Fremdkörper gewesen.
Stoertebeker
22.04.12, 01:26
Ja, es muss hier differenziert werden. Der Islam in seiner "Essenz" fordert alle Menschen, Muslime und Nichtmuslime auf, intensiv Forschung zu betreiben...
Darum ging es mir weniger. Auch die christliche Kirche mag dann und wann Forschungsprojekte angeregt haben (und tatsächlich gingen ja viele Impulse für das, was wir heute Geistes- oder Sozialwissenschaft nennen würden, und die maßgeblich für den zivilisatorischen Forschritt sind, von christlichen Geistlichen aus.) Und nirgends in der Bibel steht meines Wissens, dass Forschung schlecht sei.
Allerdings tendiert eine stark religiöse Durchdringung einer Gesellschaft meiner Meinung nach immer zu einer gewissen Fortschrittsfeindlichkeit (je mehr, desto älter die Religion und desto orthodoxer die Auslegung). Religionen propagieren ja zumeist nicht nur Spirituelles, sondern teilweise recht präzise Lebensentwürfe. Da Fortschritt nicht nur neue Maschinen hervorbringt, sondern auch eine neue Sozialstruktur, neue Rituale usw., stehen Religionen und Fortschritt häufig in Konflikt miteinander. Da kann man noch so viel zur Forschung aufrufen: Wenn man die Menschen so prägt, dass es in ihrem Denken wenig Platz für Neues gibt, werden sie die Ergebnisse der Forschung nicht anwenden können.
In Westeuropa hat man sich weitgehend säkularisiert und damit zumindest juristisch die Tür für neue Strukturen geöffnet. Die Personalunion von Sultanat und Kaliphat hat das für das osmanische Reich sehr schwer gemacht.
Die erfolgreiche Beherrschung fremder Völker würde ich übrigens eher als politische denn als zivilisatorische Leistung bezeichnen. ;) Aber natürlich hat das osmanische Reich auch auf diesem Gebiet Einiges vorzuweisen.
Das einzige Volk, von dem keinerlei zivilisatorischer Fortschritt ausging, ist übrigens das der Luxemburger. Man mag mich als Rassisten beschimpfen, aber zeigt mir doch mal bitte einen Luxemburger Nobelpreisträger. Oder sonst irgendwas anderes Bedeutendes, das von diesem stinklangeweiligen Stückchen Erde ausging. Dreckiges, kleines Scheißvölkchen. :D
von Reuter
22.04.12, 01:59
[..] Luxemburger [..] Oder sonst irgendwas anderes Bedeutendes, das von diesem stinklangeweiligen Stückchen Erde ausging. Dreckiges, kleines Scheißvölkchen. :D
Auch das Winzland Luxemburg hat Erfinder hervorgebracht, wie fast alle Länder mit abendländischem Hintergrund....zumindest 2 handfeste Erfindungen.
- Bleiakkumulator (Henri Tudor)
- Kreative Steuervermeidungsstrategien
- glockenloser Gichtverschluß für Beschickung von Hochöfen (Edouard Legille)
Fürs riesige osmanische Reich habe ich leider gar keine Hinweise auf sowas gefunden, über seine gesamte Dauer nicht :( Technik und Islam beißen sich. Ausser einem spröden Hinweis das sie angeblich im 15.Jhd ganz gut Kanonen gießen konnten, im Vergleich zu anderen. Passt ja auch irgendwie zu diesem "Friedensreich".
Diesen hier finde ich zum Beispiel...
Taqi ad-Din (http://de.wikipedia.org/wiki/Taqi_ad-Din)
Diesen hier finde ich zum Beispiel...
Taqi ad-Din (http://de.wikipedia.org/wiki/Taqi_ad-Din)
Der ist ja fast besser als Leonardo da Vinci, bei all dem, was er gemacht hat...
herzliche grüsse
Hohenlohe...:smoke:
Duke of York
22.04.12, 12:07
Diesen hier finde ich zum Beispiel...
Taqi ad-Din (http://de.wikipedia.org/wiki/Taqi_ad-Din)
Der hat die moderne Dönerbude erfunden. :D
Fast 80 Jahre vor dem in der westlichen Welt als Dampfturbinenerfinder weit bekannteren Giovanni Branca beschrieb Taqi ad-Din 1551 in seinem Werk Al-Turuq al-samiyya fi al-alat al-ruhaniyya (Die hohen Methoden der spirituellen Maschinen) eine einfache Impuls-Dampfturbine als Antrieb für einen Grilldrehspieß.
Li Shunchen
22.04.12, 13:31
Wenn man mal auf die Webseite der Goethe-Uni Frankfurt schaut und sich durch die Webseite des Instituts für Geschichte der arabisch-islamischen Wissenschaften bis zum virtuellen Museumsrundgang (http://web.uni-frankfurt.de/fb13/igaiw/museum/museum.html) durchklickt, findet man einige Erfindungen aus dem osmanischen Raum, wie bspw. den Dampfbetriebenen Bratenwender von 1546 :D
Duke of York
22.04.12, 14:11
Technik und Islam beißen sich. Ausser einem spröden Hinweis das sie angeblich im 15.Jhd ganz gut Kanonen gießen konnten, im Vergleich zu anderen. Passt ja auch irgendwie zu diesem "Friedensreich".
Das Gegenteil ist eher der Fall. Die heutige Überlegenheit der "Lateiner" resultiert eher aus dem Umstand, dass man es viel besser verstanden hat, die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft in ökonomische aber auch militärische Überlegenheit umzumünzen. Man kann es vielleicht so sehen, dass die Erfolge der Blütezeit des Islam (http://de.wikipedia.org/wiki/Bl%C3%BCtezeit_des_Islam) eher als eine Art Grundlagenforschung gesehen wurde, während die Latein-Europäer direkte Praxisanwendung bevorzugten.
Man muss hier auch gegen Ende des Mittelalters die Machtkonstellationen betrachten.
Die christliche Welt bestand immer aus mehreren mehr oder weniger starken Regionalmächten (England, Frankreich, Spanien, HRR, später auch Schweden, Russland), die immer in wechselnden Konstellationen im direkten Wettbewerb zueinander standen, aber auch sich gegenseitig befruchteten. Das hat es in der islamischen Welt in der Form nie gegeben. Da war es immer so, dass es eine eindeitig überlegene Führungsmacht gab, die wegen mangelnder Konkurrenz (die Kontakte zu den Christstaaten waren sehr beschränkt) auch nur wenig Modernisierungsdruck hatten. Insofern war es eher kontraproduktiv, dass die Osmanen in ihrer Blütezeit so erfolgreich waren, dass sie sich mit Einverleibung des Kalifats und großer Teile Persiens ihrer natürlichen Wettbewerber selbst beraubten.
Wir wagen die These, dass eine islamische Welt, in der es über mehrere Jahrhunderte mehrere gleichstarke und konkurrierende Mächte (Osmanen, Kalifat, Andalus, Persien) gegeben hätte, durchaus mit den Europäern wettbewerbsfähig geblieben wäre.
Stoertebeker
22.04.12, 15:27
Das Gegenteil ist eher der Fall. Die heutige Überlegenheit der "Lateiner" resultiert eher aus dem Umstand, dass man es viel besser verstanden hat, die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft in ökonomische aber auch militärische Überlegenheit umzumünzen. Man kann es vielleicht so sehen, dass die Erfolge der Blütezeit des Islam (http://de.wikipedia.org/wiki/Bl%C3%BCtezeit_des_Islam) eher als eine Art Grundlagenforschung gesehen wurde, während die Latein-Europäer direkte Praxisanwendung bevorzugten.
Man muss hier auch gegen Ende des Mittelalters die Machtkonstellationen betrachten.
Die christliche Welt bestand immer aus mehreren mehr oder weniger starken Regionalmächten (England, Frankreich, Spanien, HRR, später auch Schweden, Russland), die immer in wechselnden Konstellationen im direkten Wettbewerb zueinander standen, aber auch sich gegenseitig befruchteten. Das hat es in der islamischen Welt in der Form nie gegeben. Da war es immer so, dass es eine eindeitig überlegene Führungsmacht gab, die wegen mangelnder Konkurrenz (die Kontakte zu den Christstaaten waren sehr beschränkt) auch nur wenig Modernisierungsdrück hatten. Insofern war es eher kontraproduktiv, dass die Osmanen in ihrer Blütezeit so erfolgreich waren, dass sie sich mit Einverleibung des Kalifats und großer Teile Persiens ihrer natürlichen Wettbewerber selbst beraubten.
Wir wagen die These, dass eine islamische Welt, in der es über mehrere Jahrhunderte mehrere gleichstarke und konkurrierende Mächte (Osmanen, Kalifat, Andalus, Persien) gegeben hätte, durchaus mit den Europäern wettbewerbsfähig geblieben wäre.
Nachbarboni, meint Ihr? ;) Ich weiß nicht. Die Chinesen etwa hatten bis zum 15. Jahrhundert einen fetten Vorsprung vor dem Westen, auch ohne ernsthafte Konkurrenz in der Nähe. Die Osmanen hatten dagegen ja vielfältige Kontakte nach Europa, die einen Austausch ermöglicht haben und der noch fruchtbarer hätte sein können.
Aber Ihr könntet Recht haben, dass die militärische Unterlegenheit sämtlicher Nachbarn bis ins späte 17. Jahrhundert das Reich lange vom nötigen Reformdruck befreit hat.
Duke of York
22.04.12, 15:36
Nachbarboni, meint Ihr? ;)
Sozusagen. :D
Ich weiß nicht. Die Chinesen etwa hatten bis zum 15. Jahrhundert einen fetten Vorsprung vor dem Westen, auch ohne ernsthafte Konkurrenz in der Nähe. Die Osmanen hatten dagegen ja vielfältige Kontakte nach Europa, die einen Austausch ermöglicht haben und der noch fruchtbarer hätte sein können.
War er aber nicht. Und Wir vermuten, dass die Kontakte ausser dem Austausch diplomatischer Noten kaum Substanz hatten. Da gab es einfach von beiden Seiten zu hohe ideologische Barrieren.
China hatte übrigens bis zum von Euch angesprochenen Zeitraum (Beginn der Ming-Dynastie) eine sehr wechselhafte Geschichte mit vielen und langen Phasen, in denen sich mehrere Regionalkaiser, quasi mehrere Reiche im Reich, etablieren und halten konnten. Die haben also für den nötigen Wettbewerb innerhalb von China selbst gesorgt.
Mit Beginn der Ming-Dynastie ist dann diese Zeit vorbei, ab dann gab es nur noch "ein" China. Und ab dann begann auch langsam der Niedergang, beschleunigt dadurch, dass man sich zusätzlich noch abschottete.
Also eigentlich spricht auch die Geschichte Chinas für Unsere These.
Li Shunchen
22.04.12, 19:36
Sozusagen. :D
War er aber nicht. Und Wir vermuten, dass die Kontakte ausser dem Austausch diplomatischer Noten kaum Substanz hatten. Da gab es einfach von beiden Seiten zu hohe ideologische Barrieren.
China hatte übrigens bis zum von Euch angesprochenen Zeitraum (Beginn der Ming-Dynastie) eine sehr wechselhafte Geschichte mit vielen und langen Phasen, in denen sich mehrere Regionalkaiser, quasi mehrere Reiche im Reich, etablieren und halten konnten. Die haben also für den nötigen Wettbewerb innerhalb von China selbst gesorgt.
Mit Beginn der Ming-Dynastie ist dann diese Zeit vorbei, ab dann gab es nur noch "ein" China. Und ab dann begann auch langsam der Niedergang, beschleunigt dadurch, dass man sich zusätzlich noch abschottete.
Also eigentlich spricht auch die Geschichte Chinas für Unsere These.
Im Grunde unterstützen wir Eure These, dass der starke zwischenstaatliche Wettbewerb in Europa zum technologischen Fortschritt beigetragen hat. Allerdings ist es falsch zu behaupten, dass China und Osmanen sich nicht hätten bedroht fühlen müssen.
Erst einmal waren zu jener Zeit große Staaten den kleineren nicht unbedingt hoffnungslos überlegen. Erinnert Euch doch nur mal daran, wie das kleine Holland dem großen Spanien zugesetzt hatte oder das kleine Venedig dem mächtigen byzantinischen Reich.
Auch die Ming fürchteten ihre kleineren Nachbarn ala Mongolen und Mandschuren, gleichzeitig hatten sie mit einer Piratenplage zu kämpfen.
Die Osmanen hatten außerdem mit Österreichern, Russen, Spaniern und Safawiden ja auch nicht gerade schwache Nachbarn.
In Zentralasien, Indien und Südostasien war die Landkarte ähnlich bunt wie in Europa, trotzdem führte das nicht unbedingt zur Innovationsexplosion.
(Allerdings waren wohl zumindest die Inder militärisch äußerst schlagkräftig.)
Duke of York
22.04.12, 19:47
Auch die Ming fürchteten ihre kleineren Nachbarn ala Mongolen und Mandschuren, gleichzeitig hatten sie mit einer Piratenplage zu kämpfen.
Die Osmanen hatten außerdem mit Österreichern, Russen, Spaniern und Safwadien ja auch nicht gerade schwache Nachbarn.
In Zentralasien, Indien und Südostasien war die Landkarte ähnlich bunt wie in Europa, trotzdem führte das nicht unbedingt zur Innovationsexplosion.
(Allerdings waren wohl zumindest die Inder militärisch äußerst schlagkräftig.)
Vielleicht fehlte es für eine wirksame gegenseitige Befruchtung an ausreichenden kulturellen und religiösen Gemeinsamkeiten?
Li Shunchen
22.04.12, 20:34
Vielleicht fehlte es für eine wirksame gegenseitige Befruchtung an ausreichenden kulturellen und religiösen Gemeinsamkeiten?
Bei Zentralasien, Indien und Südostasien trifft das durchaus zu.
Wir vermuten, dass das mehr damit zu tun hat, dass die europäischen Staaten ab dem 16. Jahrhundert im Indischen Ozean und dem Atlantik (Dreieckshandel) die Rolle als Handelsnationen von den Arabern* (und in den ostasiatischen Gewässern von den Japanern) übernommen hatten.
Dadurch entstand zwischen den europ. Seemächten ein Wettbewerb um die einträglichsten Handelsrouten und -niederlassungen (fördert die geographischen Wissenschaften), die günstigste Logistik (fördert die Seefahrt), die schlagkräftigsten Waffen, stärksten Festungen und der effektivsten Militärtaktiken (um Handelsniederlassungen zu erobern und zu verteidigen) und natürlich in Verwaltung und Wirtschafts'wissenschaften', um die Besitztümer der Handelsgesellschaften effektiv zu vermehren.
Aufgrund der starken Konkurrenz der europ. Staaten musste der Rest bei dieser Entwicklung mithalten und deshalb wurde dort ebenfalls in Forschung investiert.
Die gemeinsamen kulturellen Beziehungen haben da wohl bei der Verbreitung des Wissens mitgeholfen.
*Die natürlich nur im Indischen Ozean. Möchte hier nicht falsch verstanden wissen ^^
Im Atlantik gab es ja vor der 'Neuzeit' keinen nennenswerten größeren Seehandel, soweit ich weiß.
Eine interessante Diskussion, der im Grunde nix hinzuzufügen ist, es stellt sich dem Leser das bereits hinlänglich-bekannte coming-out des weltbildlichen Standpunkts einzelner Regenten dar….
Einige Anmerkungen erlaube ich mir dennoch:
Wenn das osmanische Reich so rückständig war, weshalb haben sich die europäischen Mächte immerhin vom 14. bis ins 18. Jahrhundert quasi ange******** aus Angst vor der osmanischen Expansion, welche erst mit dem Frieden von Karlowitz 1699 als gestoppt betrachtet werden kann. ((http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkenkriege (http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkenkriege))) Was ich sagen will, von wegen "Rückständigkeit": Haben sich die Engländer vor den Aborigines gefürchtet? Andererseits: Waren die Inkas rückständig, weil sie von den Spaniern ausgerottet wurden? In diesen Angelegenheiten kultureller Mißlichkeiten aus globaler Sicht möchte ich verweisen auf: Jared Diamond, "Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften." .
Zum Punkt der Algebra: Die Algebra wurde in Indien "erfunden" und von den Arabern übernommen. Diophant und Theon hätten nur fast die Algebra erfunden (lt. Lancelot Hogben, den man natürlich als Populärwissenschaftler abtun kann, aber er hatte von Algebra und Geschichte der Mathematik sicher mehr Ahnung, als einige Regenten hier im Forum).
Ein weiterer Punkt, der vom Subjekt als selbstreferentiellem System stets außer acht gelassen wird: Europäer betreiben eine eurozentrische Weltbetrachtung, Japaner eine japanozentrische, Chinesen eine sinozentrische, Russen eine russozentrische, etc… Was ich meine: Den Benzolring hat für die Deutschen Kekulé entdeckt, für die Österreicher Loschmidt, für die Chinesen war es ein Chinese (und Chinesen haben tatsächlich unabhängig vom Westen eine eigene Chemie entwickelt, da der Informationsaustausch über die Jahrhunderte nicht nur durch die Abschottung des Chin. Reichs, sondern auch durch die Schriftsystem-Barriere blockiert war), für die Japaner wird es ein Japaner gewesen sein, für die Koreaner ein Koreaner, etc… Aber das sind nur Annahmen meinerseits, ich denke jedoch, daß mein Gedanke damit zum Ausdruck kommt.
Ich selbst bin ja Laie in allem, aber es hat mir zu denken gegeben, als ich in einem jamaicanischen Geschichtsbuch für den Schulunterricht (und Bücher, sowie Schulbücher, sind dort sauteuer, aber qualitativ mindestens unseren Schulbüchern ebenbürtig, wenn nicht sogar didaktisch überlegen) so gut wie gar nichts über unseren gernundoftgepriesenen und immerselbstbeweihräucherten Omphalos der westlichen Kultur, nämlich der griechischen und römischen Antike, zu lesen fand. Ganz einfach, weil das dort keinen Schwanz interessiert und es für die Geschichte Jamaicas gar nicht wichtig ist, weil weder Platon, noch Archimedes, noch Perikles, noch Solon, noch Cicero, noch Caesar, für die Geschichte des karibischen Raumes auch nur die geringste Bedeutung hatte. Stattdessen liest man über die Geschichte der afrikanischen Kulturen, da sich die Bevölkerung Jamaicas beinahe ausschließlich aus den Nachkommen ehemaliger Sklaven der englischen Kolonialzeit zusammensetzt. Was ich sagen möchte: Wichtig ist dem Menschen immer das, was ihm gerade vor der Nase sitzt.
Anders formuliert: Wäre uns die griechisch-römische Antike wichtig, wenn sich im 18. Jahrhundert nicht eine elitäre europäische Raubgräberkultur ausgebildet hätte? Die Renaissance ist schön und gut, aber vom Lesen antiker Texte haben bestenfalls einige Theologen profitiert. Welcher europäische Durchschnittsbürger hat heutzutage Platon oder Aristoteles gelesen? Und wer bitte damals, in einer Zeit, wo Lesen- und Schreibenkönnen purer Luxus war? Also durch die Renaissance wurde das heute glorifizierte "antikozentrische" Weltbild nicht in heutige Tage transportiert. Es wird imho die Bildung eines ästhetischen Kanons ab dem Raubgräbertum gehobenen Stils eines Winckelmann gewesen sein und dem darauf folgenden Dogma "idealer Kunst". Mit militärischen Eroberungen und einem stetig wachsenden kolonialen Einfluß und dem resultierenden Raubgräbertum großen Stils wurden die antiken künstlerischen Errungenschaften ab dem 19. Jh. einer breiten Öffentlichkeit in nunmehr öffentlichen Museen (statt bisher erlesenen Zirkeln in adeligen Privatsammlungen) zugänglich einerseits, mit dem immer massiger werdenden Massenmedium der Presse auch bekannt, und die Antike als DAS Ideal einer Kultur schlechthin definiert. Und abstammen tun WIR von den alten Deppen auch noch! Wie super für uns! Wie blöd für den Rest der Welt (hehehe…), diese nebbichen Lateralkontinente…
Die "Divinisierung" der Antike ist also eher eine Folge der Aufklärung, als der Renaissance.
Ich weiß nicht, ob das, was ich sagen will, rüberkommt, aber ich meine erstens: Genausogut hätte, würde ein anderer ästhetischer Kanon geschaffen worden sein, die Steinzeit als unser eurokollektivmentaler "SpiegleinSpiegleinanderWandweristdieallerallerallertollsteKulturinunsermHirn?"-Selbstverwirklichungstripfokus sein können (jaja, es gibt keine contrafaktische Geschichtsschreibung…).
Und ich meine zweitens: Wenn Wien 1529 oder 1683 gefallen wäre (jaja schonwieder, es gibt keine contrafaktische Geschichtsschreibung…), und die Osmanen an der Nordsee durch das Meer und der französischen Grenze durch die Franzosen gestoppt worden wären (von wem dazwischen sonst bitte? Von Luxemburgern?), und wir heute jeden Tag fünfmal gegen Mekka gerichtet unser Gebet verrichten würden, dann wäre uns heute die griechisch-römische Antike auch wurscht und das Auto (als absolut x-beliebiges Beispiel) wäre eine Erfindung der osmanischen Kultur…
Und zum Schluß:
Die Gegenwart hat die Eigenschaft, die Errungenschaften der Vergangenheit als die ihrigen zu okkupieren. Nur weil Platon ein gescheiter Mensch war, bin ich es nicht. Und nur weil Caesar ein toller Feldherr war, bin ich es nicht. Und nur weil Sophokles ein absolut geiler Dramatiker war, bin ich es nicht. Über meine Physikkenntnisse möchte' ich gar ned reden, d'rum schreib' ich den Archimedes hier gar ned herein…
Das sollte so mancher hier sich als "Kulturträger" berufen fühlender reflektieren…
Das vermeintliche "Tragen" der eigenen Kultur ist meist nur ein "Schwatzen" über die Kultur, von der man gern hätte, daß sie die eigene ist…
Vernichter
27.04.12, 02:15
Dass die Masse der Bevölkerung sich weder für Platon, noch für Aristoteles interessiert hat, ist kein Argument. Einfluss auf ihr Leben hatte es trotzdem, weil sich, die Elite, oder Leute, die auf die Elite Einfluss hatten dafür interessiert haben. Das Interesse des Durchschnittsbürgers ist da eher sekundär, auch heute noch.
Stoertebeker
28.04.12, 00:37
Und ich meine zweitens: Wenn Wien 1529 oder 1683 gefallen wäre (jaja schonwieder, es gibt keine contrafaktische Geschichtsschreibung…), und die Osmanen an der Nordsee durch das Meer und der französischen Grenze durch die Franzosen gestoppt worden wären (von wem dazwischen sonst bitte? Von Luxemburgern?)
Von den Luxemburgern? Gebt zu: Das schriebt Ihr nur, um mich zu provozieren! :D
Dass die Masse der Bevölkerung sich weder für Platon, noch für Aristoteles interessiert hat, ist kein Argument. Einfluss auf ihr Leben hatte es trotzdem, weil sich, die Elite, oder Leute, die auf die Elite Einfluss hatten dafür interessiert haben. Das Interesse des Durchschnittsbürgers ist da eher sekundär, auch heute noch.
Sehe ich ähnlich. Hatten wir ja auch schon in den Christentumsdiskussionen hier. Selbst Atheisten hierzulande sind selbstverständlich in ihrem Weltbild erheblich vom Christentum bestimmt. Ich fand's lustig, als ich meine Großmutter mal, als ich meiner Familie die Fehler des Marxismus erklären wollte, sagen hörte: "Aber hat jemand, der vor 150 Jahren schrieb, überhaupt noch einen Einfluss?" Und im Bücherregal steht ein Buch von Gregor Gysi. ;)
Und ich meine zweitens: Wenn Wien 1529 oder 1683 gefallen wäre (jaja schonwieder, es gibt keine contrafaktische Geschichtsschreibung…), und die Osmanen an der Nordsee durch das Meer und der französischen Grenze durch die Franzosen gestoppt worden wären (von wem dazwischen sonst bitte? Von Luxemburgern?), und wir heute jeden Tag fünfmal gegen Mekka gerichtet unser Gebet verrichten würden, dann wäre uns heute die griechisch-römische Antike auch wurscht und das Auto (als absolut x-beliebiges Beispiel) wäre eine Erfindung der osmanischen Kultur…
Und zum Schluß:
Die Gegenwart hat die Eigenschaft, die Errungenschaften der Vergangenheit als die ihrigen zu okkupieren. Nur weil Platon ein gescheiter Mensch war, bin ich es nicht. Und nur weil Caesar ein toller Feldherr war, bin ich es nicht. Und nur weil Sophokles ein absolut geiler Dramatiker war, bin ich es nicht. Über meine Physikkenntnisse möchte' ich gar ned reden, d'rum schreib' ich den Archimedes hier gar ned herein…
Das sollte so mancher hier sich als "Kulturträger" berufen fühlender reflektieren…
Das vermeintliche "Tragen" der eigenen Kultur ist meist nur ein "Schwatzen" über die Kultur, von der man gern hätte, daß sie die eigene ist…
Also das schmerzt Uns.
Wir wissen, es gab die Pyramiden in Gizeh, und fragen Uns: wer hat es vor 4 Tausend Jahren geschafft, die Dinger in die Landschaft zu setzen? Und ganz im Gegensatz zum Stonehenge können wir in Ägypten dank den Papyri und den Wandmalereien halbwegs rekonstruieren, was dort, vor vierzig Jahrhunderten, abging. Es geht dabei um Zeitspannen, verglichen mit denen Wir grob betrachtet ein Zeitgenosse Goethes sind. Das Wissen, dass auch die Untertanen Thutmosis' ihre eigene klassische Literatur kannten, sollten auch jenen Geist mit verträumter Neugier erfüllen, der nichts, aber auch gar nichts mit dem Land am Nil zu tun hat.
Dass das antike Ägypten, eine der beiden ältesten Kulturen der Menschheit, die schriftliche Zeugnisse hinterlassen haben, sowohl dem Bewohner von Kalkutta, als auch dem von Krasnojarsk, als auch dem von Alzey herzlich egal sein kann, bestreiten Wir nicht. Wir wollen diese Ignoranz aber nicht "Vielfalt" nennen.
Die griechisch-römische Antike fasziniert aus ähnlichem Grund: Es gibt eben keine Geschichte der Sassanidenherrschern oder Han-Kaisern, die Sueton und Tacitus das Wasser reichen kann. Die haben richtig gut geschrieben. Und das vor 2000 Jahren. Und danach besiedelten die Gegend Leute, die sich für's Schreiben oder Baden nicht so sehr begeistern ließen und höchstens aufgrund eines metaphysischen Aberglaubens die Feder in die Finger nahmen. Ob Wir Uns selbst als Erbe der Römer und Athener sehen würden? Eher nicht. Aber es muss jeden beeindrucken, wie weit man wissenschaftlich, kulturell, philosophisch, politisch sein kann - ohne einen Untergang verhinden zu können. Gerade dies soll der Arroganz der Jetztmenschen ein mahnendes Beispiel sein.
Heinrich Heine
28.04.12, 14:02
Also das schmerzt Uns.
Wenn man Schmerzen hat, dann lebt man noch....
Aber auch wir finden die Diskussion von dem ein oder anderen Regenten etwas zu einseitig.
Es gibt zum "clash of civilisation" auch Gegenbeispiele.
Wer hat denn die Römer und Griechen vor dem Vergessen bewahrt?
Die Kirchenmächtigen im Mittelalter?
https://klett-cotta.de/buch/Gesellschaft_/_Politik/Platon_in_Bagdad/21837
Nun könnte man natürlich einwenden, die Übersetzerin hat geschludert und den Autor falsch verstanden, oder man hebt beschwörend die Hände und meint die Nachfahren der keltischen Inselbewohner schreiben satirische (besser satyrische ) Bücher und keiner merkt es...
Aus der Werbung des Buches:
Mit dem Islam kam ein Schatz zurück nach Europa: das verlorene Erbe der griechischen Antike.
Ein Who is Who der Denker, Sterndeuter und Naturforscher: von den griechischen Anfängen über die Blütezeit der islamischen Gelehrsamkeit bis ins frühneuzeitliche Westeuropa.
Diese Geschichte des Wissenstransfers beginnt im 7. Jahrhundert v. Chr. in Ionien an der kleinasiatischen Küste. Naturphilosophen wie Thales von Milet erforschen hier Himmel und Erde. Auf Milet folgen Athen, Alexandria, Rom und Byzanz als Zentren der Wissenschaft. Doch zu Beginn des Mittelalters geht dieses Wissen in Europa verloren. Aufbewahrt wird es in der arabischen Welt: Über das abbasidische Bagdad, das fatimidische Kairo und das omayyadische Damaskus folgt Freely arabischsprachigen Gelehrten, Ärzten und Mathematikern nach Andalusien. Muslime, nestorianische Christen, Juden und Sabier bringen das verlorene Wissen im Zuge der Expansion des Islams zurück nach Europa und liefern dem Westen damit die Voraussetzung für das neue wissenschaftliche Weltbild, das in den neuen Zentren der Wissenschaft wie Paris und Oxford entsteht.
Eine faszinierende Reise durch die Zeit zwischen Ost und West
Was Europa der islamischen Welt verdankt
Eine Gegenerzählung zum »clash of civilisations« und der angeblichen Wissenschaftsfeindlichkeit des Islam
Wir tendierten und tendieren zu der Auffassung, daß wer sich allzu sehr darauf einläßt zu argumentieren, aus welchen Gründen de Jodn gar nicht so schlimm sind/waren, übernimmt die Kategorisierung der Nazis, was dieser eine gewisse Grundberechtigung gibt.
Ebenso ist es mit der Freund-Feind-Schematisierung zum Islam und dessen völliger Fremdheit.
Sobald wir davon als sicher ausgehen, daß "der Islam" das völlig fremde ist, was sich unter Ausschluß der für uns geltenden Traditionen, frei und autark irgendwo in der arabischen Wüste, entwickelt hat, und im Totalwiderspruch zur abendländischen Welt steht - der gibt den islamistischen Eiferern, den seltsamen Koran-Lehrern aus Abu Irgendwas letztlich recht und auch das Recht, sich von uns aufs Schärfste abzugrenzen. Das ist aber m. E. unzutreffend. Denn in Wahrheit hat sich "der Islam" aus den gleichen Traditionen entwickelt wie unsere abendländische Welt und hat seine Entwicklung unter anderem in engem Austausch mit unserer Welt durchgemacht. Er entsprang demselben Schoß und ist - bei allen, teilweise auch sehr erheblichen - Unterschieden zumindest ein entferner Cousin.
Von den Luxemburgern? Gebt zu: Das schriebt Ihr nur, um mich zu provozieren! :D
Also ehrlich gesagt: Nein, ich dachte dabei an meinen nunmehrigen Chef. ;)
... Gerade dies soll der Arroganz der Jetztmenschen ein mahnendes Beispiel sein.
Ich denke, daß vielleicht ein Mißverständnis vorliegt: Meine Intention ist klarzulegen, daß nur, weil etwas außerhalb der eigenen (und selbstverursachten - und damit kann nur "selbstgewollten" gemeint sein) Scheuklappen ist, daß es deshalb dieses "etwas" nicht gibt, nur, weil es nicht ins eigene Weltbild paßt (weil man es außerhalb dieser Scheuklappen nicht sieht, oder nicht sehen will). Quasi: Macht ein fallender Baum ein Geräusch, der nicht beim Fallen von einem selbst beobachtet wird? Will man diesem Maßstab des Solipsismus nicht anheimfallen, ist die Antwort leicht.
Aber man (mit "man" sind die p.t. Regenten gemeint) soll sich nicht täuschen, es geht die Friktion in den Denkungsarten schon ein bisserl weiter, als man hier, in diesem Rahmen abzuschätzen vermag. Sowohl in der Historiographie, als auch in der Geschichtsphilosophie selbst, wirkt sich ein struktureller Wandel aus, dessen Überdenkungsprozesse erst in Zukunft zum Tragen kommen werden.
Ich möchte mich hier nicht erweitern, das wäre zu off-topic (ich bin's jetzt schon), aber den werten und meinerseits überaus geschätzten Regenten, egal welcher politischen couleur, scheint entgangen zu sein, daß Geschichte und das Denken über Geschichte und das Denken darüber, wie man Geschichte schreibt, und das Denken darüber, wie man darüber denkt, wie man Geschichte schreibt, in den letzten Jahrzehnten seit, na, vom Status des Forums aus, sagen wir seit Ranke, einem gewissen Entwicklungsprozeß unterworfen war.
Als Anregung unterbreite ich als Lektürevorschläge: Arthur C. Danto, "Analytische Philosophie der Geschichte", Suhrkamp; Hayden White, "Metahistory", Fischer; die Werke von Frank Ankersmit sind leider noch nicht übersetzt, demnächst wird erscheinen: "Meaning, Truth, and Reference in Historical Representation".
Wer es etwas basaler möchte, eine kleine Aufsatzsammlung: Kiesow, Simon (Hg.), "Auf der Suche nach der verlorenen Wahrheit. Zum Grundlagenstreit in der Geschichtswissenschaft.", Campus, oder Hans-Jürgen Goertz, "Unsichere Geschichte", Reclam.
Duke of York
28.04.12, 21:44
Denn in Wahrheit hat sich "der Islam" aus den gleichen Traditionen entwickelt wie unsere abendländische Welt und hat seine Entwicklung unter anderem in engem Austausch mit unserer Welt durchgemacht. Er entsprang demselben Schoß und ist - bei allen, teilweise auch sehr erheblichen - Unterschieden zumindest ein entferner Cousin.
Vielleicht sogar eher ein Bruder. Denn beide Religionen beten den gleichen, identischen Gott an. Sie unterscheiden sich lediglich in der Art ihres Glaubensbekenntnisses.
Vernichter
28.04.12, 21:55
Vielleicht sogar eher ein Bruder. Denn beide Religionen beten den gleichen, identischen Gott an. Sie unterscheiden sich lediglich in der Art ihres Glaubensbekenntnisses.
Das „lediglich“ ist hier entscheidend und der Gott ist nicht der gleiche, sonst wäre die Unterscheidung an sich absurd. Dann könnte ein christlicher Priester zu seinen Prediger sagen, dass sie genauso gut nach muslimischen Ritten zu Gott beten können. Das kann er aber nicht, er kann es nicht einmal so richtig innerhalb der christlichen Konfessionen selbst. Er kann Mohammed nicht als richtigen Propheten Gottes anerkennen, da er dann den Koran als eine Weiterentwicklung der Bibel sehen müsste.
Für das Christentum ist der Islam zumindest ein falscher Glaube und für den Islam wird der Christ genauso zur Hölle fahren, wie der Atheist. Die funktionalistische Herangehensweise funktioniert an der Stelle einfach nicht. Die verschiedenen Religionen können sich zwar tolerieren, sie können aber den anderen keine Bescheinigung darüber ausstellen, ebenfalls auf dem richtigen Wege zu sein.
Duke of York
28.04.12, 22:16
Das „lediglich“ ist hier entscheidend und der Gott ist nicht der gleiche, sonst wäre die Unterscheidung an sich absurd. Dann könnte ein christlicher Priester zu seinen Prediger sagen, dass sie genauso gut nach muslimischen Ritten zu Gott beten können. Das kann er aber nicht, er kann es nicht einmal so richtig innerhalb der christlichen Konfessionen selbst. Er kann Mohammed nicht als richtigen Propheten Gottes anerkennen, da er dann den Koran als eine Weiterentwicklung der Bibel sehen müsste.
Nicht so eindimensional denken. Es ist keine Weiterentwicklung, sondern eine Abspaltung und Parallelentwicklung. Gleiches gilt übrigens fürs Judentum, das auch ein "Bruder" ist, sogar der älteste von den Geschwistern.
Alle drei Religionen beten den Gott Abrahams an, auf den sich alle auch direkt berufen. Es ist einfach absurd, anzunehmen, die würden mit ihren unterschiedlichen Glaubens- und Gebetsritualen nicht ein und denselben Gott meinen.
Für das Christentum ist der Islam zumindest ein falscher Glaube und für den Islam wird der Christ genauso zur Hölle fahren, wie der Atheist.
Falscher Glaube, ja. Falscher Gott, nein.
Die funktionalistische Herangehensweise funktioniert an der Stelle einfach nicht. Die verschiedenen Religionen können sich zwar tolerieren, sie können aber den anderen keine Bescheinigung darüber ausstellen, ebenfalls auf dem richtigen Wege zu sein.
Das könnten sie schon. Sie wollen aber nicht. Wegen den Alleinvertretungsanspruch.;)
Das ist so, wie wenn sich drei Brüder um das Erbe ihres Vaters streiten. Jeder wird da sagen: ich war sein Lieblingssohn. Und man muss es auch jedem irgendwie glauben, weil keiner von uns die Möglichkeit hat, den Vater direkt zu fragen.:rolleyes:
Da das Thema etwas ausartet möchte noch mal zum ursprünglichen Gedanken zurückkommen, dem Primat objektiv überlegener Kulturen/Rassen. Bluelips offensichtliche Unkenntnis ist in anbetracht seiner Herkunft sicher zu verzeihen, schreit jedoch dringlich nach Verbesserung: Wir Hessen hätten dem Osmanen den Arsch versohlt. :cool:
von Reuter
29.04.12, 00:12
Denn beide Religionen beten den gleichen, identischen Gott an. Sie unterscheiden sich lediglich in der Art ihres Glaubensbekenntnisses.
Das würde ich so lieber keinem Mullah/Imam aus einem islamischen Kernland sagen ;) Für so eine Aussage würde würde man da extremen Ärger bekommen. Und zwar Ärger von der Kopf-ab-Sorte.
Das würde ich so lieber keinem Mullah/Imam aus einem islamischen Kernland sagen ;) Für so eine Aussage würde würde man da extremen Ärger bekommen. Und zwar Ärger von der Kopf-ab-Sorte.
Halte ich für ein Gerücht, dass mir ein Mullah/Imam aus einem islamischen Kernland für eine Aussage, die 100% vom Koran gedeckt ist, den Kopf abschneiden würde.
Zum einen wird im Koran verkündet, dass Gott sich vor den Muslimen den Juden und den Christen offenbart hatte. Die beten also schon den richtigen Gott an, nur brauchen sie ein Update, weil die Bugs in deren Glauben ein Abweichen vom rechten Pfad ermöglichen, sozusagen.
Zum anderen glaube ich kaum, dass mir ein Mullah/Imam aus einem islamischen Kernland hier für irgendwas den Kopf abschlagen könnte. Auch in der Türkei nicht. Und selbst in Saudi Arabien wäre diese Aussage auch ohne weiteres möglich, wenn sie nicht mit Bekehrungsabsicht verbunden ist.
Insbesondere der werte Vernichter, aber auch der werte von Reuter fallen genau in die von Uns aufgezeigte Eifererfalle. Sie übernehmen die Definitionen der Extremen.
Es bedarf kaum einer gesonderten Erwähnung, daß es große Abgrenzer gibt, welche nachdrücklich betonen, wie anders die anderen sind und das diese anderen deswegen "falsch" sind und liegen - tötet sie alle, Gott findet die Seinen. Und wenn Ihr, werter Vernichter, Euch nicht davon lösen könnt/wollt, daß der Koran in der arabischen Wüste vom Himmel gefallen ist - und nur dann wäre "der Islam" tatsächlich etwas grundverschiedenes gegenüber Judenglauben und Christenkirche - so meinen Wir genug Ansatzpunkte dafür zu sehen, daß es sich beim muslimischen Glauben in der Tat um eine besondere Spielart der monophysitischen Spielarten des nahen Osten handelt, der sehr viel mit "dem Christentum" gemein hat.
@Sigmund: Wen hätten die Hessen jemals aufgehalten? :tongue: :D
Stoertebeker
29.04.12, 13:28
@Sigmund: Wen hätten die Hessen jemals aufgehalten? :tongue: :D
Den guten Geschmack. :D
von Reuter
29.04.12, 13:34
Muslimische Aktivisten und ihre Supporter, die 'im Westen' leben, benutzen die Aussage fast schon standardmässig, um die Akzeptanz des Islam in christilichen Gesellschaften zu erhöhen. Das ist einfach und effektiv, das Internet quillt auch über von solchen Aussagen, von Wiki bis zu irgendwelchen Blogs.
In wirklich islamisch geprägten Ländern, wollen sie aber von so einer Aussage nichts wissen. Ein gutes Beispiel ist die aktuelle saudi-arabische Fatwa des Großmuftis Scheich Abdul-Asis bin Abdullah, die vorsieht, das alle Kirchen auf der arabischen Halbinsel entfernt werden müssen.
Kirchen sind ja auch Gotteshäuser....wenn sie wirklich den Christengott und Allah als austauschbar ansehen würden, würden sie es niemals wagen ein Haus Gottes zu vernichten. Das ist aber nicht so, deswegen brennen die Kirchen.
Dazu gibt es auch unterstützende Koransuren. Als Mohammed in seiner Anfangszeit in Mekka seinen neuen (noch schwachen) Glauben predigte, sagte er tatsächlich auch gegenüber Christen:
'Wir glauben an das, was zu Euch und zu Uns herabgesandt wurde (die Schrift). Mein Gott ist derselbe wie euer Gott!' (29:46)
Das muß man dann direkt mit seiner späteren Zeit in Medina vergleichen, als er viel Stärke gewonnen hatte:
„Kämpfet wider diejenigen aus dem Volk der Schrift (Christen+Juden), die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag glauben und die nicht als unerlaubt erachten, was Allah und Sein Gesandter als unerlaubt erklärt haben, und die nicht dem wahren Bekenntnis folgen, bis sie aus freien Stücken den Tribut entrichten und ihre Unterwerfung anerkennen.“ (9:29)
Oder eine englische Übersetzung:
"Fight those who believe not in God nor the last day...Nor acknowledge the religion of truth (der Islam), even if they are of the people of the Book (Juden+Christen), until they pay Jizya (Unterwerfungssteuer) with willing submission, and feel themselves subdued". (9:29)
Daran sieht man ganz eindeutig, das die frühen Muslime aus einer Position der Dominaz den Christengott definitiv nicht als Allah anerkennen. Nur aus einer Position der Mindeheit heraus wurde diese Position, aus Gründen der Beruhigung und Täuschung, vertreten. Das spiegelt sich auch mit der heutigen Situation.
Eigentlich geht es in diesem Thread, der mittlerweile aus welchem Grund auch immer ins Geschichtsforum verschoben wurde, aber nur um dieses. Es wäre schön, wenn Beiträge sich auch mit der Geschichte des Osmanischen Reichs befassen würde, und dies nicht nur wieder als Vorwand zum Führen irgendeines sinnfreien Orient-Okzident-Schwanzvergleich nutzen. Wenn hier weiter über den Islam allgemein debattiert werden sollte, wird der Thread dicht gemacht.Konnte sich keiner dran halten -> geschlossen!
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