Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Terra Nova - Die Geschichte Portugals
Vorwort der restaurierten Ausgabe
Aus den Flammen der alten Bibliothek gelang es mir, zwei alte Bände zu retten. Nachdem der eine Band, die "Chronica Saxonis", bereits seit einger Zeit wieder verfügbar ist, soll nun auch das zweite Buch seinen Weg in die neue Bibliothek finden.
Es ist die Geschichte Portugals, festgehalten in der "Terra Nova".
Von den Spuren des Feuers befreit lege ich sie hiermit vor. Vielleicht werdet Ihr feststellen, dass weite Teile des Originals nicht mehr zu rette gewesen waren, so das nur noch die Abschrift eines zweiten Exemplares verfügbar war. Ich hoffe, dass die "Terra Nova" noch Ergänzug finden wird und ich in der Lage sein werde, sie dereinst zu komplettieren.
Elias
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~an diesem Orte, am 15. Juni 2002
T E R R A ~~~ N O V A
DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS PORTUGAL, WIE EINE NATION AM RANDE EUROPAS ZUR BEHERRSCHENDEN SEE- UND KOLONIALMACHT DER WELT WIRD. VON DEN SIEGEN UND DEN NIEDERLAGEN, ENTDECKUNGEN UND EROBERUNGEN, VON SEINEN KÖNIGEN UND HELDEN UND WIE EIN ALTER MÖNCH DIESE SAGA EINEM JUNGEN ZUHÖRER ERZÄHLT.
DAS GESCHILDERTE EREIGNETE SICH IN:
Europa Universalis 2, deutsche Version 1.04
Grand Campagne
Schwierigkeitsgrad: sehr schwer
KI-Agressivität: normal
Kriegsnebel: an
Dynamische Missionen: aus
VORWORT
Dies soll nun also mein zweiter "After Action Report" mit Europa Universalis 2 werden. Zuerst hatte ich nicht vor, ihn hier zu veröffentlichen. Doch wenn es Euch missfällt, dies an dieser Stelle zu lesen, so beklaget Euch bei den Herren Don Corleone und BenSisko, die mir schmeichelten und dazu anhielten, die nun folgenden Geschichte auch hier niederzuschreiben. Für gewöhnlich findet man sie im "Ye Olde Seamans Rest".
Aber ich verspreche Euch auch nichts! Weder, dass Ihr Euch amüsieren werdet, noch, dass diese Geschichte zu einem guten oder schlechten Ende führen wird. Denn ob diese Mähr ihr Ende erreichen wird, dass weiß ich heute noch nicht. Auch werdet Ihr Euch gedulden müssen, denn vielerlei Dinge lenken mich von meinen Heldentaten ab und so Manches muss in der nächsten Zeit getan werden, was mich am Schreiben hindert.
Ihr seid abgeschreckt? Nun, dass habe ich nicht gewollt. Lediglich Eure Erwartungshaltung gilt es zu dämpfen. Übt also Nachsicht mit mir. Seid nicht streng, wenn eine Fortsetzung auf sich warten lässt. Verzeiht mir meine Fehler, ob die Mängel nun in der Orthographie auftreten, ob es an Fabulierkunst mangelt oder es mir in der Sache an Wissen fehlt.
Im Folgenden werde ich Euch berichten, wie sich die Geschichte Portugals zugetragen hat, so wie ich es mit eigenen Augen sah, in einem Fenster von gut 27 mal 37 Zentimetern.
Jedes Kapitel soll mit einer Angabe des Ortes beginnen. Die Längen- und Breitengrade, welche ich dort nennen werde, sind diejenigen, welche heute in Gebrauch sind. Das bedeutet, dass die Erde mit einem Gradnetz von 360° betrachtet wird und der Grad 0 durch die Sternwarte Greenich bei London verläuft. Wie jeder weiß, wurde in der Zeit, über die nun zu berichten sein wird, die Welt so nicht gesehen. Überhaupt war die Bestimmung der Position für die damaligen Entdecker nicht so leicht, wie wir heute vielleicht annehmen könnten. War die Messung des Breitengrades schon seit der Antike ein gelöstes Problem, so war es fast unmöglich, die genaue Länge zu bestimmen. Dies sollte erst mit der Erfindung des genau gehenden Schiffschronometers durch den Engländer William Harrison im 18. Jahrhundert möglich werden.
Das alles erlaube ich mir zu missachten und werde Grade und Minuten nennen, so, wie es in fast jedem modernen Kartenwerk in heutiger Zeit üblich ist.
Doch das soll nur am Rande bemerkt sein und Euch nicht von der Lektüre des nun Folgenden ablenken.
Es wünscht Euch Freude beim Lesen, der Autor, Euer untertänigster Diener, ELIAS
PROLOG
7° 40' West , 39° 30' Nord
Marvao (Oporto/Portugal)
Der 10. Mai im Jahr des Herrn 1832
Nur wenig Licht fällt durch das schmale Fenster in den kargen, kleinen Raum. An einem einfachen Tisch sitzt der alte Mann; hager, groß gewachsen und mit einer schlichten Mönchkutte bekleidet. Vor ihm, zwischen Papieren und anderen Büchern, liegt aufgeschlagen eine alte Handschrift die seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Mal beugt er sich vor, so dass seine hackenförmige Nase beinahe das Pergament berührt, mal weit zurück. Doch er ließt nicht. Vielmehr betrachtet er eine kunstvolle, kleine Miniatur. Ein stolzer Reiter mit weißem Bart und langem weißen Haar ist zu sehen. Sein prächtiges weißes Ross hat schon den Boden verlassen, bereit sich gen Himmel aufzuschwingen.
"Ehrwürdiger Elias…?". Ein junger Mönch, vor kurzem sicher noch Novize, steht in der offenen Tür, unsicher ob er den Alten straflos stören sollte. Ist dieser doch für seine barsche Art allseits bekannt.
Der hat den Besucher allem Anschein nach noch nicht bemerkt und blickt nun sehr unwillig zur Seite, den Jungen musternd: "Ja!"
"Ich bitte um Entschuldigung, aber…"
"Ja?", der Angesprochene scheint sich nur sehr unwillig vom Anblick der Reiterszene losreißen zu wollen und wendet sich wieder der Handschrift zu.
"Ja, was ist denn? Wer bist Du?", knurrt er, den Blick auf das Buch und nicht auf den unwillkommenen Gast gerichtet.
"Ich bin es, Cândido."
Der alte Mönch quittiert es mit einem achtlosen Brummen.
"Der erwürdige Abt schickt mich…"
"Ja, ich weiß. Bruder Bernardo hat Dich schon angekündigt." Immer noch den Blick auf die Miniatur richtend: "Ist Dir die Sage des Dietrich von Bern bekannt?" Er wartet die Antwort nicht ab, sondern fährt fort: "Wusstest Du, dass dieser Dietrich von Bern am Ende seines Lebens mit einem Pferd in den Himmel reitet? Erstaunlich nicht war? Genau dies wird auch vom muselmanischen Religionsstifter Muhammad erzählt. Schwingt sich auf einen Gaul und fliegt in den Himmel…"
Cândido sagt nichts, schaut unsicher, immer noch im Türrahmen stehend.
"Nun gut.", der Alte schlägt das Buch plötzlich zu: "Darum bist Du sicher nicht gekommen."
"Nein, entschuldigt, aber der ehrwürdige Abt, Bruder Bernardo, schickt mich. Er sagte, Ihr könntet mir sehr helfen. Er sagt, Ihr hättet Dokumente in Händen gehalten, die niemandem sonst zugänglich seien und hättet Kenntnis von Dingen der Vergangenheit, wie kein zweiter Mann, den er kennt." Die Worte sprudeln aus dem jungen Mönch heraus. Schnell und atemlos, aus Angst, der Alte könnte ihn wieder unterbrechen.
"Du studierst die weltliche Geschichte?"
"Ja. Wenn mir meine Aufgaben im Kloster und für Gott es erlauben."
"Ja, ja, natürlich."
"Nun…, und weil der erwürdige Abt meint…, also er sagte Ihr seid ja nun schon so alt und es wäre gut, wenn Euer Wissen weitergegeben würde, für den Fall das Ihr…"
"Das ich was? Das ich bald sterbe meint er?"
Cândido scheint nach Worten zu ringen, sein Blick fixiert eine Ecke des Tisches.
"Sag es ruhig, es ist nichts böses daran. Wenn der Herrgott mich zu sich ruft, dann werde ich gehen. Ohne Reue, so wie es sein soll. Ich bin bei weitem der Älteste in diesen Mauern. Wenn nicht ich den Tod gelassen erwarten könnte, wer sonst?"
"Nun…, währt Ihr bereit dazu mir zu erzählen?"
"Über die Historie des Landes Portugal soll ich Dich unterrichten? Ist das so?" Der Ärger scheint inzwischen von ihm abgefallen und man könnte meinen, dem Alten scheint es nun ganz recht, gestört worden zu sein und einen willigen Zuhörer gefunden zu haben.
"Ja…, Portugal…"
"Nun gut. Dann komm mal herein! Setz Dich auf den Schemel dort drüben."
Mit seinen schmalen, altersfleckigen Händen legt er nun die Handschrift entgültig beiseite. Der junge Mann setzt sich wie ihm geheißen. Nun sieht er den alten Elias besser. Sein schmales, faltendurchzogenes Gesicht, die Geiernase, braune, sehr lebendige Augen unter herunterhängenden Liedern, die ihn nun unversehens anblicken als der Alte zu sprechen beginnt: "Dann will ich Dir etwas erzählen. Wie sich die Geschichte dieser großen Nation zugetragen hat. Es ist eine Geschichte von großen Männern, heldenhaften Taten, weiten Reisen und dem streben nach neuen Ufern. Es ist die Geschichte dessen, was die Bewohner dieses Landes als Fado bezeichnen. Und es ist eine Geschichte voller Fernweh und der Suche nach der Terra Nova, dem neuen Land."
KAPITEL 1 - DER THUN
9° 10' West, 38° 40' Nord
Lissabon (Tago/Portugal)
Der 12. August im Jahr des Herrn 1433
Schweiß stand den Männern auf der Stirn. Zu acht hatten sie das Tragegestell mit seiner schweren Last hier herauf geschleppt. Es war ein heißer Sommertag und die Gassen, die sich vom Hafen bis hierher zum alten Römerkastell hinaufwanden, waren steil und kurvig. Das Gewicht des Fisches drückte auf ihre Schultern. Mannslang war er und es war ein harter Kampf gewesen, bis dieser prächtige Thunfisch endlich seinen Todeskampf aufgegeben hatte.
Die Wachen wussten von ihrem kommen. Sofort wurde ihnen geöffnet, ein Posten löste sich aus der kleinen Gruppe der Wachhabenden und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.
Wären die Acht nicht schon so erschöpft, ihre Verwunderung wäre größer gewesen, als es nicht in Richtung der Hofküche ging, sondern gradewegs zum Hauptgebäude.
Ohne Umwege kamen sie in einen kargen, relativ niedrigen, länglichen Saal: der Audienzsaal des Königs!
João I., König von Portugal und Leon, war ein alter Herr. Auch wenn es in diesen dicken Mauern deutlich kühler war wie draußen in den Gassen der großen Stadt, so schien seine pelzbewährte Kleidung den hochsommerlichen Temperaturen doch zu spotten. Doch kalt war dem Mann nun immer. Einst war er groß und kräftig, nun ausgezehrt und von Krankheit gezeichnet.
Nun wandte er sich von einem prächtig gekleideten Edelmann ab, mit dem er im Gespräch vertieft war, und den acht Fischern zu. Wohl gut dreißig Leute waren insgesamt anwesend. Die meisten davon in feinstem Tuch, denn der gesamte Hochadel des Landes war anwesend. Dazu einige Diener, Beamte und Schreiber. Kein einziges Weib war zu sehen.
"Ah, da seid ihr ja!", des Königs Blick schweifte kurz über die Gesichter der Fischer und fiel dann auf den großen Fisch.
"Prächtig, wirklich prächtig! Ihr sollt dafür gut entlohnt werden." Er winkte einem Mann in schlichterer Kleidung. "Mein Haushofmeister wird es regeln."
Schon wollten die Acht die Trage wieder anheben, doch: "Wartet, einen Moment noch!"
Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden, eben noch in verschiedenen Gesprächen vertieft, war nun ganz beim König und dem Thun.
Der Monarch blickte in die Runde. Nur zu gut kannte er diese Edelmänner. Er weiß um die Beschaffenheit dieser Art Mensch. Treu waren sie ihm im Krieg gewesen, hofften sie doch auf reiche Beute und neue Pfründe. Doch damals, vor vierzehn Jahren, im Februar 1419, da hatte er gespürt wie schmal der Grad zwischen Gefolgschaft und offenem Verrat sein konnte.
Soziale Reformen hatte er angestrebt, den einfachen Bauern mehr Freiheit geben und den Einfluss des Adels beschneiden wollen. Doch schnell musste er erkennen, dass seine Pläne die Stabilität im Land gefährden würde und anderen Plänen nicht dienen konnten. So scheiterte er mit seiner Reform an eben diesen Edelleuten, die ihm doch Gefolgschaft geschworen hatten.
Des Königs Gedanken schweiften ab und er erinnerte sich an die Situation seines Landes in diesem Jahr 1419. Über drei Provinzen herrschte er damals: Oporto, Tago und Algarve. Dazu kam die kleine Kolonie auf den Azoren. Portugal besaß eine Flotte von 18 großen und 5 kleinen Kriegsschiffen. Unter dem großen General Pereira lagen 20.000 Mann in Tago und eine zweite Armee ähnlicher Größe belagerte unter dem Befehl Alves' die maurische Stadt Tanger, denn das Land befand sich im Krieg mit den nordafrikanischen Emiraten Fez und Algir.
Doch dieser Krieg diente nicht den Plänen, die er damals hegte und so sandte er die Flotte nach Süden, welche die Armee aufnehmen und in die Heimat bringen sollte. Doch noch während die Schiffe an der portugiesischen Atlantikküste entlang segelten, kam es zu einer schrecklichen Schlacht gegen die Muselmanen und 8.000 Portugiesen mussten ihr Leben lassen oder gerieten in Gefangenschaft. So erreichten einige Wochen später nur noch 12.000 den Hafen Lissabons.
Diese Niederlage hatte ihn nur noch in seinen Absichten bestärkt und einige Monate später gab es Frieden mit den Nordafrikanern, ohne das einer der Kontrahenten irgendwelche Zugeständnisse gemacht hätte.
Einstmals war Portugal ein Lehen Kastiliens gewesen. Das war schon Jahrhunderte her und die Portugiesen hatten auch bald ihre Eigenständigkeit gewonnen. Nun waren die Beziehungen zu Kastilien und deren östlichem Nachbarn Aragon, deren Vasall und Bundesgenossen, sehr brüderlich. Der Kampf gegen die Mauren hatte die Länder in Freundschaft geeint.
Doch wenn Kastilien groß und reich war, so besaß Portugal nur wenig und João hatte bald nach seiner Krönung erkannt, dass seine ehrgeizigen Pläne immer vom Wohlwollen der Nachbarn abhängig sein würden. Neidvoll sah er damals nach Toledo, wo allein die Goldminen jährlich 87.000 Dukaten in den kastilischen Staatshaushalt spülten.
So reifte in diesem Jahr der Entschluss in ihm, diesen Freund zu verraten und ihm Toledo zu nehmen.
Die nächsten Jahre standen ganz im Zeichen dieser Absicht. Geheim musste dies bleiben, denn der mächtige Nachbar durfte nicht ahnen, welche Gefahr ihm dort erwuchs. So vermählte João gar eine seiner Töchter mit einem kastilischen Prinzen und eine andere heiratete in das aragonische Herrschergeschlecht ein. Auch militärische Durchmarschrechte wurden vereinbart.
Aber fast alle Staatseinnahmen flossen in den Aufbau einer starken Armee. Nur für die weitere Kolonisierung der Azoren war darüber hinaus noch Geld da und so erlangten die Inseln nach ein paar Jahren den Status einer portugiesischen Provinz.
So arglos war Kastilien, dass sie ihm gar den Vorschlag unterbreiteten, Portugal solle ein Vasall der Krone Kastilien-Leon werden. Doch nun erhielt diese falsche Freundschaft erste Risse. Denn natürlich wurde das Ansinnen abgelehnt und was am Hof in Madrid erste Besorgnis erregte war, als Portugal begann dem kleinen baskischen Land Navarra, am Fuße der Pyrenäen gelegen, ein großzügiges Geldgeschenk zukommen ließ. Bald darauf konnte eine königliche Hochzeit zwischen den Herrscherhäusern bekannt gegeben werden und nur kurze Zeit später unterzeichneten Carlos III. für Navarra und er selbst für Portugal einen Vertrag, der das Bündnis dieser beiden Länder besiegelte.
Nun hieß es nur noch warten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen schien. Im Süden der Iberischen Halbinsel hielt sich noch immer das letzte muslimische Emirat. Über den Provinzen Granada und Gibraltar wehte das Banner mit dem Halbmond und João rechnete fest damit, dass Kastiliens Hass auf die Ungläubigen so groß sein würde, dass es über kurz oder lang zum Kriege kommen würde.
Und genau so kam es im Herbst 1428, Kastilien griff zusammen mit Aragon die Provinz Granada an.
Dies war der Augenblick, auf den er gewartet hatte. Nur zwei Wochen später erklärten seine Diplomaten dem verdutzten König Kastiliens, dass die ehelichen Bande zwischen ihren Geschlechtern von Portugal als nichtig angesehen würden. Wenige Wochen später wurde auch die Militärpräsents aufgekündigt und da ahnte auch der letzte in Madrid, dass dies nichts gutes Bedeuten konnte.
Am 5. Januar 1429 erfolgte die Kriegserklärung Portugals und des Verbündeten Navarra.
Doch auch wenn es Anzeichen gegeben hatte, Kastilien war denkbar schlecht darauf vorbereitet, nun zwei weitere Gegner zu haben. Bald zogen Portugals Armeen von Sieg zu Sieg. Stets zahlenmäßig überlegen, stießen sie weit in das Landesinnere vor. Nach den ersten portugiesischen Siegen erkannte Aragon die Zeichen der Zeit und bat um Frieden ohne Tribute. So kam es, dass Kastilien ganz allein stand, während sich Aragon daran machte, Granada zu unterwerfen.
Noch genau konnte sich João an die Nacht des 30. April 1429 erinnern. Ein gleißend heller Wanderstern zog über den südlichen Nachthimmel. Viele fürchteten und es kam zu landesweiten Übergriffen und Unruhen. Doch er sah in diesem Zeichen Gottes ein gutes Ohmen für bevorstehende Siege.
So kam es! Eine Provinz nach der anderen fiel den Portugiesen in die Hände. Besonders leichtes Spiel hatten die 9.000 Mann, die im Herbst des Jahres die Kanaren erreichten und diese unverteidigt und die Städte mit offenen Toren vorfanden.
Navarra eroberte im Norden die Provinz Cantabria mit der Hauptstadt Bilbao und bald blieben den Feinden nur noch Asturias und Murcia. Hier zogen sich die Belagerungen lange hin und hier gab es dann auch die ersten bitteren Niederlagen für die Angreifer. So musste die Belagerung Cartagenas gar um Monate unterbrochen werden.
Doch am Ende lag Kastilien besiegt am Boden.
Stolz waren sie noch in der Niederlage und so dauerten die Verhandlungen ewig scheinende Monate. Doch am Ende wurde ein Sieg Portugals und Navarras besiegelt, der das Gesicht Iberiens für immer verändern sollte. Kastilien verlor alle seine Provinzen, bis auf die Kernprovinz Kastilia selbst. Asturias und Cantabria gingen an Navarra, Toledo, um dessen Gold willen dieser Krieg begann, Andalusien, Murcia, Galizien, Estramadura, Leon und die Kanarischen Inseln kamen zu Portugal. Fortan trugen die Könige Portugals den Titel König von Portugal und Leon.
Ein gutes halbes Jahr war das nun erst her. Am 6. Februar des Jahres 1433 wurde die Tinte unter den Verträgen getrocknet und João war noch immer berauscht von diesem Erfolg. Seit dem kehrten immer mehr siegreiche Ritter heim und baten um Belohnung, Lehen und Ämter. Ein halbes Jahr schon hielt das Schlachten der Beute schon an und er merkte, wie ihn langsam die Kräfte verliessen.
Wie lange noch würde er die Zügel fest in Händen halten können?
Er riss sich aus den Erinnerungen und blickte wieder herunter auf diesen mächtigen Thunfisch...
"War das nicht ein großes Wagnis?"
Der alte Mönch bricht abrupt mit seiner Erzählung ab: "Was ist?"
War sein junger Zuhörer vorhin noch schüchtern, ja fast ängstlich gewesen, so schien ihn nun der Mut gepackt zu haben: "Hätte dieser Krieg nicht auch eine ganz andere Wendung nehmen können?"
"Oh ja", der Alte lächelt kurz über die kecke Frage. "Du hast wohl recht, es hätte auch ganz anders kommen können. Wenn Navarra der Kriegserklärung João´s nicht gefolgt wäre und Aragon die Belagerung Granadas aufgegeben und gen Portugal gezogen wäre, dann hätte es böse ausgehen können."
Einen Moment hält er inne um dann fortzufahren: "Immerhin waren am Ende des Krieges auch Portugals Kräfte fast aufgebraucht. Außerdem kam es schon zu Unruhen im Lande. Die Azoren waren inzwischen in die Hand von Rebellen gefallen Sie konnten erst nach dem Ende des Krieges zurückgewonnen werden, weil einfach keine Truppen auf dem Festland entbehrt werden konnten. Der Staatshaushalt war ruiniert und das Land hatte 400.000 Dukaten Schulden bei den Geldleiern in Florenz gemacht."
Cândido, der junge Zuhörer, überlegt kurz: "Aber wenn das so war, erscheint dann der Lohn für diesen knappen Sieg nicht etwas zu hoch?"
"Da hast Du wohl recht. Heute weiß keiner mehr, was damals wirklich geschah. Vermutlich hatte João genug vom Schachern und es ist die Rede von Verrat unter den kastilischen Unterhändlern. Man sagt, der Vertrag sei unehrenhaft und unter Androhung von Gewalt geschlossen worden. Aber genaues darüber weiß man nicht. Nur seltsam ist es schon, dass sie damals darauf eingingen, hätten sie doch einen günstigeren Frieden schon Monate zuvor bekommen können."
Als ob er die Lösung dort sehen könnte, hebt der alte Mann den Kopf und betrachtet einen leeren Punkt oberhalb der Eingangstür seiner Kammer.
"Aber höre nun, was João I. an diesem 12. August 1433 vor dem versammelten Hochadel Portugals noch zu sagen hatte. Es ist bedeutsam!"
Der greise König trat nahe an den vor ihm liegenden Thun heran. Mit einer Hand auf ihn weisend hob er die Stimme: "Seht her, ihr Edlen des Landes! Seht, welch Reichtum uns das Meer schenkt! Seht welch Schätze vor unseren Küsten zu finden sind. Seht diesen Fisch, den er steht für das alles!"
Er ließ den Blick kreisen. "Was bietet uns hingegen das Land? Was bietet uns Europa? Krieg! Wo ihr hinschaut: Krieg! Franzosen schlagen sich mit Burgundern und Engländern. Die deutschen und italienischen Staaten kämpfen untereinander. Schweden, Norwegen und Dänemark dringen nach Süden vor. Ist das unser Platz in der Welt?"
Er musterte seine Zuhörer: "Nein! Portugals Zukunft liegt auf dem Meer! Wenden wir Europa den Rücken und unsere Taten dem Ozean zu. Dort haben wir neue Eilande entdeckt und bevölkert und dort sind noch neue Reiche zu gründen. Vor allem aber: glaubt ihr denn, wir können noch lange die Waren des fernen Ostens von den Byzantinern und Venezianern kaufen? Jetzt, wo die Muselmanen gar Konstantinopel bedrohen? Und... warum nur kaufen? Womit handelt mein Land den heute?"
"Vornehmlich mit Kork, Majestät.", ein junger Edelmann meinte Antwort geben zu müssen.
Der König fuhr herum, verächtlich blickte er den Vorlauten an und sagte, als ob er es ausspeien müsse: "K o r k!"
Noch einen Augenblick lang haftete sein Blick auf dem jungen Mann, der erschrocken zu Boden blickte, dann fuhr er fort: "Das ist genau was ich meine: Kork! Warum handeln wir nicht mit Seide, Gewürzen, Jade und Elfenbein? Weil all diese Güter über das Land im Osten kommen und wir uns am westlichen Ende der Welt befinden. Doch die Welt endet hier nicht. Weise Geographen haben berichtet, es sei unzweifelhaft, dass man Afrika im Süden umfahren könne und sich dann nach Osten wendend, die reichen Länder erreichen kann, von denen schon Marco Polo berichtete. Das ist unsere Zukunft, dass ist Portugals Schicksal. Lasst uns eine Nation der Entdecker sein, lasst uns neue Ufer erforschen, lasst uns unser Glück auf dem weiten Meer suchen. Denn dort ist der Reichtum zu finden, der Portugal über alle anderen Nationen erheben wird!"
Elias, der alte Mönch, beendet seinen Vortrag. Müde schaut er zu seinem jungen Ordensbruder herüber.
"Es sollte sein Vermächtnis sein. Drei Tage später starb João I., König von Portugal und Leon."
In der kleinen Kammer ist es nun noch dunkler geworden. Das Licht des Tages wird fahler.
"Es ist spät geworden.", sagt Elias: "Zeit für Dich zu gehen. Komm von heute an in jeder Woche ein mal und ich will Dir mehr berichten."
"Ja, habt vielen Dank. Ich komme gern."
Leise erhebt sich der Junge und verschwindet durch die Tür. Sein Blick fällt noch einmal auf den Älteren, der noch immer starr in einer längst vergangenen Welt versunken scheint.
Die diplomatische Situation Portugals im Jahr des Herrn 1438 (http://www.md-gameinfos.de/content/screens/365b.jpg)
KAPITEL 2 - DAS KAP
21° 10' Ost, 35° 30' Süd
Auf hoher See (Agulhas Becken, südöstl. dem Kap der guten Hoffnung)
Der 6. September im Jahr des Herrn 1478
Der Kommandant betrat das Achterdeck. Sein Blick wanderte über das Vorschiff weit voraus, hin zum Horizont. Das Meer war spiegelblank, kaum ein Wind ging und das Schiff hob und senkte sich nur unmerklich in der Dünung. Gestern noch hatte sie der brüllende Ozean bis hierhin getragen und alle waren nun froh und glücklich, das die See jetzt Ruhe gab und die übrig gebliebenen drei Schiffe der kleinen Expeditionsflotte den Sturm überstanden hatten. Lange, dass wussten jeder von ihnen, hätten sie dem Unwetter nicht mehr stand gehalten.
Im Mai waren sie aus dem Hafen von São Felipe de Denguela ausgelaufen. Vier Schiffe, unter dem Kommando des erfahrenen Seefahrers und Entdeckers Fernãndo do Pó.
São Felipe war der einzige Seehafen und Hauptstadt der Provinz Launda. Diese Gegend, die nun diese südlichste Provinz Portugals auf afrikanischem Boden bildete, hatte der Kommandant selbst erst wenige Jahre zuvor entdeckt. Nun lebten bereits rund 800 Portugiesen in diesem unwirklichen Land und erst seit kurzem bildete diese jüngste Überseeprovinz Portugals den südlichsten Brückenkopf Europas auf afrikanischem Boden. Der besagte Hafen diente nun als Ausgangspunkt weiterer Entdeckungsfahrten entlang der Südwestküste.
Auch diese Reise ging nach Süden. An Backbord, meist gerade noch in Sichtweite, begleitete sie der Kontinent als dunkles, fast nicht mehr wahrnehmbares Band. Mehr als einen Monat lang ging das so. Es war nicht die erste Fahrt des Fernãndo do Pó in diese Gefilde und so kannte er in diesen ersten Wochen Buchten, Landzungen und andere Wegmarken noch sehr genau.
Es war eine ruhige Fahrt gewesen, bis dann Ende Juni der Wind Tag für Tag zunahm und schließlich ein furchtbarer Sturm daraus wurde. Tagelang kämpften sie mit Wellen und Wind. Am 11. Juli sichteten sie das letzte Mal Land im Osten. Danach umgab sie nur noch die Weite der brüllenden See. Bereits zwei mal war Fernãndo do Pó bei früheren Fahrten bis hierher gekommen. Er hatte dieser letzten Landmarke den Namen "Kap der Stürme" gegeben, denn bei jeder dieser Reisen war seine Flotte hier in derartige Unwetter gekommen. Ein weiteres Vorankommen war ihm damals misslungen, doch dieses Mal wollte er der See trotzen!
So ließ der Kommandant neuen Kurs ostwärts setzen. Einen halben Tag dauerte es, bis den drei anderen Seglern der Befehl mit Flaggenzeichen signalisiert werden konnte. Immer wieder gerieten sie, von Wellenbergen auseinandergetrieben, außer Sicht. Oft war Gischt und Wind so stark, dass der Signalgeber entkräftet aufgeben musste.
Am Abend war das Geschwader schließlich doch auf Kurs Richtung Osten.
Acht Wochen kämpften sie gegen die Stürme, die nur selten etwas nachließen um sich dann, scheinbar mit neuer Kraft, wieder zu erheben. Niemand wusste zu sagen wie viele Seemeilen sie so zurückgelegt hatten, als in der Nacht zum 3. September der Wind endlich nachließ und es bald so windstill wurde, dass es einem Wunder glich.
Im Morgengrauen des nächsten Tages erklomm der Ausguck des Flagschiffes hoffnungsfroh die Wanten, war es doch der erste ruhige Tag seit nunmehr zwei Monaten. Endlich wieder weite Sicht.
Und tatsächlich; an Backbord, in nördlicher Richtung also, war in der Ferne wieder eine Küste sichtbar. Sie hatten den Sturm überstanden und wussten sich nun wieder dem rettenden Land nahe. Die Stimmung von Mannschaften und Offizieren stieg merklich und sie fassten neuen Mut.
Einen halben Tag lang folgten sie der Küste. Dann erreichten sie wiederum ein Kap, hinter der sich das Meer erneut öffnete. Erst glaubten einige, sie wären zurück getrieben worden und erneut am ihnen schon bekannten Kap der Stürme. Doch der Kommandant nannte sie Narren, waren hier die nahen Berge viel schroffer und die Silhouette gänzlich anders.
Am Abend wurde der Wind wieder stärker, doch trieb er sie vor sich her, statt sich ihrer entgegen zu stemmen. Viel zu gefährlich wäre es nun gewesen, auf die fremde Küste zuzusteuern, bestand doch die Gefahr an unbekannten Riffen zu zerschellen. So ging es wieder auf das weite Meer. Ein letztes Mal sahen sie die Klippen des Kaps, bevor es hinter dem Horizont außer Sicht kam.
Drei Tage wurden sie vorwärts getrieben, der Wind zerfetzte die letzten intakten Segel und kaum einer wagte noch zu Hoffen, die Heimat jemals wieder zu sehen. Am zweiten Tag waren es nur noch drei Schiffe. Eines der beiden größeren Schiffe, die São Brás, war wohl in der Nacht abgetrieben worden oder sie war gesunken. Sie blieb spurlos verschwunden und niemals sah ein Sterblicher wieder etwas von Schiff oder Besatzung. Nun fürchtet auch der letzte um sein Leben! Doch dann kam der Tag, an dem der Wind endgültig nachließ.
An diesem Tag nun stand der Kommandant auf dem Achterdeck seines Flagschiffes und blickte um sich. Mit scharfen Augen suchte er den Horizont ab. Nichts als offenes Meer. Kein Land weit und breit.
Jede Nacht hatte er auf das Aufreißen der Wolkendecke gelauert. Jedes mal hatte er hastig die geographische Breite gemessen, den Kurs geprüft und versucht abzuschätzen, wie weit sie wohl gekommen sein mögen. So ungenau seine Messungen auch gewesen sein mochten, eines war klar: Sie waren die ganze Zeit über in Richtung Osten gesegelt. Wenn hier noch immer kein Land in Sicht kam. Wenn auf das zweite Kap, dass sie vor drei Tagen erblickt hatten, nun immer noch keine Bucht folgte. Wenn sich dies nicht, wie schon oft zuvor, als der Mündungstrichter eines großen Flusses herausstellte - in den man voller Hoffnung hinein, und aus dem man dann wieder enttäuscht heraus fuhr - dann konnte dies nur eines bedeuten!
Noch schien es außer ihm keiner seiner Kapitäne, Navigatoren und Cartographen begriffen zu haben, doch der Kommandant war sich nun ganz sicher: Sie hatten das südliche Ende Afrikas umfahren!
Endlich war der Weg nach Osten frei. Nun würden Portugiesische Seefahrer bis zu den sagenhaften Küsten Indiens und Chinas reisen können. Nun würde die weite und gefährliche Landroute über die Seidenstrasse nicht mehr der einzige Handelweg für die begehrten Waren des Ostens bleiben. Die räuberischen Venezianer und die ungläubigen Türken würden nun nicht länger die Preise diktieren können.
Noch viele Entbehrungen und Kämpfe würde es kosten, doch dies konnte das Tor zum Glück seiner Nation werden.
All das wurde dem Entdecker Fernãndo do Pó an diesem Tage bewusst und am Abend schrieb er in das Logbuch, er habe das Südkap Afrikas umschifft. Er nannte es "Das Kap der guten Hoffnung"...
"Cândido!"
"Ja?"
"Cândido, hörst Du mir noch zu?"
"Ja, weiser Elias. Verzeiht mir wenn ich das frage, aber liegen nicht etliche Jahre zwischen dem, was Ihr heute berichtet und dem von letzter Woche?"
"45 um genau zu sein!", der alte Mann lächelt milde.
"Ja, geschah denn nichts Berichtenswertes in all diesen Jahren?"
"Doch, doch, so Manches. Du hast recht, ich sollte Dir erzählen was sich in dieser Zeit zugetragen hat. Denn diese große Entdeckung des Fernãndo do Pó wäre nicht möglich gewesen, hätten vor ihm nicht schon andere Großes geleistet. Aber merke Dir gut, was sich dann schließlich in diesem September 1478 zutragen sollte, denn alles, was unsere Vorväter bis dahin in Afrika taten, geschah für diesen Augenblick. An Afrika selbst waren sie kaum interessiert. Nach Osten wollten sie und da galt es, diesen Kontinent zu bezwingen."
Er blickt durch das einzige Fenster seiner Kammer hinaus. Es ist ein heller, freundlicher Tag. Zwitschernde Vögel und eine strahlende Sonne künden vom nahen Sommer.
"Lass uns ein wenig hinaus gehen, Bewegung und die Wärme wird meinen alten Knochen gut tun."
KAPITEL 3 - VON DER KÜSTE AFRIKAS UND DEN INSELN DES ATLANTIK
7° 40' West , 39° 30' Nord
Marvao (Oporto/Portugal)
Der 17. Mai im Jahr des Herrn1832
Das Kloster Marvao liegt auf einem flachen Tafelberg, der sich hoch über das teils flache, teils sanft hügelige Land erhebt. Einen weiten Blick hat man von hier aus. Im Osten, schon in der Provinz Leon gelegen, erkennt man die Ausläufer der Sierra de Gata und der Sierra de Gredos. Der ideale Platz für eine Burg von der aus das Land beherrscht und anrückende Feinde früh entdeckt werden konnten. Denn das war das Kloster einstmals gewesen. Die Festung bedeckte damals gut ein Drittel des flachen Bergrückens. Wie der Horst eines mächtige Greifs saß sie dort oben auf dem Felsen. Der Ort selbst, ebenso wie die Festung von einer mächtigen Mauer umgeben, nimmt den restlichen Platz ein. Nur ein kleines Tor gewährt Zugang zu dieser luftigen, stillen und abgeschiedenen Welt. Selten sehen die weißen Mauern und die engen Gassen Besucher aus der Fremde, denn diese Gegend liegt abseits der großen Städte und der Weg hier herauf ist mühsam.
Einstmals war die Burg also eine wichtige Grenzfeste gewesen, von der man weit ins benachbarte Kastilien blicken konnte. Doch nachdem die Nachbarn besiegt worden waren und Leon zu Portugal gehörte verlor dieser uneinnehmbare Posten seine Bedeutung. So geschah es, dass aus der Festung ein Kloster wurde und das statt Soldaten nun Mönche innerhalb der alten, dicken Mauern leben.
Das ungleiche Paar spaziert durch den kleinen Kräutergarten des Klosters. Er liegt an der Nordseite der alten Burg, denn hier neigt sich der Hang nur mäßig bevor er auch hier, wie sonst überall an diesem Berg, jäh ins Bodenlose abfällt.
Langsam und konzentriert geht der alte Mann. Er stützt sich auf einen roh behauenen Stab als er sich wieder an seinen jungen Klosterbruder wendet: "Nun, wo war ich stehen geblieben?"
"Bei dem, was sich vor der Umschiffung der afrikanischen Südküste zutrug."
"Ach ja. Nun, Du musst wissen, dass der König João I. zwar ein großer Herrscher war, aber er war ein Mann vom Lande und kein Seefahrer. Auch sein Sohn Heinrich fuhr nie zur See und doch war er es, der seinen Vater zu der Vision inspiriert hatte, Portugal möge eine Macht zur See werden. Nicht nur das, er war es auch, der viele der Voraussetzungen schuf, die dies erst möglich machten."
Der alte Mann bleibt stehen und wendet sich seinem Zuhörer zu: "Vor allem anderen waren zwei Dinge von entscheidender Bedeutung für das Gelingen der folgenden Entdeckungen. Zum einen war es, dass die Kapitäne und ihre Mannschaften nicht länger glaubten, was Jahrhunderte lang angenommen worden war. Bis dahin galt als sichere Erkenntnis, dass südlich der Sahara kein Mensch würde überleben können. Die heißen Strahlen der Sonne, würden jeden verbrennen der es wagte dorthin zu reisen, so glaubten die Menschen. Doch nun erhielt man Kunde von Karawanen, die aus dem Süden kamen, aus Städten im Inneren Afrikas. Von Händlern aus den nordafrikanischen Staaten Fez und Marokko hörte man dies und auf den Märkten sah man seltsame Leute aus Timbuktu und Mooren aus Gegenden, die noch viel weiter südlich lagen. Man konnte dorthin gehen und jene, die bereit waren zu sehen, erkannten dies in dieser Zeit."
Spiegelt sich in der Mine des Alten nun ein leichter Anflug von Verachtung für den Aberglauben der Ahnen? Man kann es kaum deuten, doch ein fast unmerkliches Lächeln umspielt seine Züge, als er nun weiter spricht: "Doch noch wichtiger war, dass nun neue Schiffe gebaut wurden. Von den Muselmanen kannte man die Daus. Schiffe mit dreieckigen Lateinersegeln, die in der Lage waren, gegen den Wind zu kreuzen und die nur geringen Tiefgang besaßen. Die alten Schiffe der Europäer, meist noch Galeeren, waren zwar für das Mittelmeer gut geeignet gewesen, doch lagen sie tief im Wasser, hatten jedoch niedrige Bordwände wodurch sie auf hoher See viel Wasser nahmen und konnten nur mit dem Wind segeln. Doch der neue Schiffstyp, die Caravelle, besaß einen geringeren Tiefgang, was für die flachen Küstengewässer Afrikas sehr wichtig war. Die Bordwände wurden weiter hochgezogen, so das auch rauere See das Schiff nicht mehr vollaufen ließ und vor allem besaßen sie zwei Dreieckssegel. Damit war es nun möglich auch gegen den Passat zu segeln und sicher nach Hause zurück zu kehren."
"Und warum trug Heinrich den Beinamen "Der Seefahrer"?" unterbricht Cândido seinen Lehrmeister.
"Du meinst, wo er doch nie selbst zu See fuhr?"
"Ja."
"Das stimmt schon, doch er erkannte die Bedeutung der Seefahrt für sein Land und förderte die Dinge, die für eine Nation von Entdeckern wichtig waren. Er tat dies wie wohl kein Mann zuvor und keiner nach ihm. Er ließ sich im äußersten Südwesten Portugals nieder und baute dort seine Residenz, die Villa do Infante. Über die Jahre baute er sie zu einem Zentrum des Wissens über die Seefahrt aus. Geographen und Cartographen aus dem ganzen Land, aber auch aus Italien und Navarra kamen dorthin und so entstand das, was man später als "Schule der Seefahrer" bezeichnete. Das gesamte neue Wissen wurde hier gesammelt. Neue Erkundungen ausgewertet und die besten Karten gezeichnet, die sich ein Kapitän auf der Fahrt in südliche Gefilde wünschen konnte. Und diese Schule sollte viele gute Schüler haben...". Der Blick des alten Elias wandert zum Horizont.
Diego de Senill war der erste, einer langen Reihe tüchtiger Seefahrer und Entdecker, die den Ruhm Portugals auf allen Weltmeeren begründeten. Schon im Frühjahr 1425 unternahm er seine ersten Fahrten. Wie nur wenige seiner Zeitgenossen, war er besessen von dem Gedanken, weit im Westen neues Land zu finden. Kaum einer hatte vor ihm gewagt, dass weite Meer westlich der Azoren zu befahren. Diese Inseln waren zu dieser Zeit noch eine Kolonie und nur wenige Hundert Menschen lebten auf den abgeschiedenen Eilanden, aber ihre Zahl wuchs stetig und so sollten die Azoren bald die erste Überseeprovinz Portugals werden. De Senill unternahm nun ausgedehnte Erkundungsfahrten und am 15. Oktober 1427 erreichte er tatsächlich eine kleine Inselgruppe, der er den Namen 'Bermuda' gab.
Als dann die Kanaren nach dem Krieg gegen Kastilien und Aragon zu Portugal kamen, besaß das Land eine ideale Ausgangsbasis für weitere Erkundungen der afrikanischen Westküste.
Gleich nach dem Friedensschluss machte sich Diego de Senill daran, weiter nach Süden vorzustoßen. Einer seiner ehemaligen Kapitäne, Gil Eanes, erhielt vom König ebenfalls eine kleine Flotte und auch er segelte von den Kanarischen Inseln aus, der Küste folgend, in südliche Richtung.
Nach dem Tod João´s des I. am 15. August 1433 wurde Duarte neuer König von Portugal und Leon. Er war ein schwacher Herrscher (3/2/2) und seine Regierungszeit sollte nur kurz sein.
Doch die Fahrten gingen weiter und 1433 bezwang de Senill das gefürchtete Cap Bojador, dass lange eine unüberwindbare Barriere gen Süden gewesen war. Im September 1433 erkundete eine Küstenregion mit Namen Nouadibuh. Im Mai des folgenden Jahres erreichte er dann das südlich davon gelegene Tassaret. Die wichtigste Entdeckung gelang ihm jedoch im September, als er eine weit vorgelagerte Inselgruppe entdeckte, die den Namen 'Kapverdische Inseln' erhielten.
Inzwischen war auch Gil Eanes nicht untätig gewesen und so erfuhr die Welt von Nouakchott, Gambia und der Goldküste.
Am 27. Juli 1435 starb Diego de Senill und König Duarte am 10. September 1438. Sein Nachfolger auf dem Thron wurde Alfonso V. (4/4/3) unter dessen Regierung die Errichtung von Handelposten und Kolonien an der afrikanischen Westküste intensiviert wurde.
Im gleichen Jahr erreichte Gil Eanes die Elfenbeinküste.
Waren die portugiesischen Entdecker bislang immer nur auf unorganisierte Stämme der Mooren gestoßen, so änderte sich dies nun, denn von dieser Fahrt brachte Eanes auch die Kunde von den Königreichen Ashanti und Dahomey mit nach Europa.
So wusste man in Lissabon seit diesen Tagen von diesen Moorenkönigen im Herzen Afrikas und diese kannten nun ihrerseits die hellhäutigen Fremdlinge aus dem Norden. Doch das sagenhafte Reich des Priesterkönigs Johannes, von dem die alten Sagen berichteten, war keiner dieser beiden Länder. So blieb der Kontakt zu diesen Afrikanern über ein Jahrhundert lang auf ein Minimum beschränkt und auch diese ließen die Portugiesen in ihren neuen Besitzungen unbehelligt.
Immer weiter konnten die Entdecker sich nun nach Süden vorwagen, denn im Jahre 1439 hatte die Kolonisierung der Kapverden begonnen und bald war dies ein wichtiger Vorposten für die Erkundungsflotten, wo frischer Proviant und Wasser aufgenommen werden konnte.
So gelangen in den folgenden Jahren neue Entdeckungen noch weiter im Süden: Louga, Dakar, Nigeria, Benin und Oye und Guinea.
1440 errichtete die portugiesische Krone den ersten Handelposten auf afrikanischem Festland in Tassaret.
1443 wurde die Allianz mit Navarra erneuert, denn einen treueren Verbündeten konnte sich das Land kaum wünschen. Auch an anderen Höfen Europas waren Portugals Diplomaten höchst erfolgreich. Insbesondere die Ehepolitik wurde gepflegt und so wurden bald dynastische Verbindungen mit England, Schottland, Italien, Litauen und etlichen Fürstentümern des Heiligen Römischen Reiches geknüpft. Auch gab es kaum ein europäisches Handelszentrum, in dem man nicht portugiesische Gesandte antreffen konnte.
So umtriebig und zahlreich waren die portugiesischen Gesandten, dass an den Höfen Europas bald der Satz von Mund zu Mund ging: "Was vor Dir ist, dass weiß ich nicht – doch wenn Du Dich umdrehst, dann wirst Du immer einen Portugiesen vorfinden!"
KAPITEL 4 - RÂS AGÂDIR
16° 30' West , 20° 50' Nord
Râs Agâdir (Nouadibuh/Nordwestafrika)
Der 18. Mai im Jahr des Herrn 1444
In der Nacht hatten sie wieder drei Wachen gemeuchelt und sich dann still davon gestohlen. Caldeirao und deSouza, die beiden Heerführer waren sich einig: Es war genug! Es wurde Zeit das Zepter des Handelns in die Hand zu nehmen und dem Treiben ein Ende zu bereiten!
Bereits seit einigen Wochen lag die Flotte nun schon vor der Landzunge, die von den Einheimischen Râs Agâdir genannt wurde. Doch mit Agadir, der marokkanischen Stadt, hatte diese Gegend nicht mehr gemein, als das sie sich auch auf afrikanischen Boden befand. Doch dieser Flecken lag mehr als 1.300 Kilometer weiter südlich und hier gab es keinen Emir und keinen König, sondern nur Stämme, die keinem Lehensherrn folge leisteten.
Das Kap Nouadibuh, die Portugiesen nannten es auch das 'Kap des Schreckens', oder 'Kap Bojador', hatte die Expeditionsflotte umschifft um hier schließlich, nicht mehr viel weiter südlich, anzulanden. Sie hatten ein provisorisches Lage nahe dem Ufer errichtet und begonnen die Soldaten und Pferde, vielerlei Gerätschaften und Unmengen Proviant an Land zu schaffen.
Nouadibuh war eine karge, wasserarme und kaum besiedelte Steppenlandschaft. Doch so gering die Bevölkerung auch war, einige dieser Völkerschaften hatten sich zu einer kleinen Armee zusammengefunden und sich in ihrer Nähe auf die Lauer gelegt. Immer dreister waren sie geworden und schließlich verging keine Nacht, in der nicht ein Portugiese sein Leben lassen musste.
So lange noch nicht alles von Bord der Schiffe gebracht worden war, hatten die Europäer dies erdulden müssen. Doch an diesem Tag erreichte der letzte Tross den Strand von Râs Agâdir und die Flotte würde die Heimreise antreten.
19.000 Mann war das Portugiesische Heer stark und Caldairao und deSouza nannten sich schon scherzhaft Hannibal und Africanus. Am folgenden Tag ließen die beiden Befehlshaber das Lager abbrechen, denn nun sollte der lästige Feind schnell gestellt werden. Eile war von Nöten. Zwar fürchteten sie die Afrikaner im Kampfe kaum, doch wenn man ihrer nicht schnell habhaft wurde, so würden die weitaus Schlimmeren Feinde grausame Erfolge feiern: Hunger, Durst und Krankheiten, die Geißeln des Südens.
Der Allmächtige musste mit ihnen sein, denn schon am darauf folgenden Tag, es war der 20. Mai, konnten sie das Heer der Steppenstämme stellen.
Nur leidlich mit ihren primitiven oder schartigen, alten Waffen gerüstet, waren das kaum ernsthafte Gegner, zumal die Portugiesen fast zwanzigfach an Zahl überlegen waren.
Worauf hatten diese Männer gehofft? Glaubten sie, ihr Gott Allah würde ihnen gegen die Iberer beistehen? Oder zogen sie einfach nur den Tod vor, als von den Europäern beherrscht zu werden?
Ganz gleich, was es war, gegen die gut gerüsteten und so viel zahlreicheren Portugiesen war kein ankommen. Die Schlacht war also kurz und wer unter den Hieben der Toledoklingen nicht binnen blutend zusammenbrach, der floh oder kam in Ketten.
Jedoch hatte die aufstrebende Seemacht Portugal ein so großes Heer nicht alleine für diesen gottverlassenen Flecken Sandes auf diese Reise geschickt. Caldeirao´s und deSouza´s Aufgabe war eine sehr viel größere. Sie sollten an der bisher erforschten Küste Westafrikas entlang nach Süden marschieren. Auf ihrem Weg würden sie den Boden für eine spätere Kolonisierung bereiten, mit guten Worten und Geschenken wenn es ging, mit der Schärfe ihrer Klingen, wenn es sein musste.
Die beiden kannten dieses abweisende Land mit seinem, für marschierende Soldaten in voller Montur schwer zu ertragendem Klima. Um die Versorgung der vielen Seelen nicht unmöglich zu machen, trennten sie sich nun. Zwei Armeen, jede gut 9.000 Mann stark, marschierten fortan getrennt nach Süden und wo sich Wiederstand erhob, brachen sie ihn schnell und ohne Gnade.
So kamen sie gut voran und deSouza erreichte schon im Dezember die Region Gambia, dass Ziel dieses Feldzuges.
Bald darauf kamen die ersten Siedler und innerhalb weniger Jahre waren zahlreiche Handelposten und Kolonien errichtet. Die Küste Westafrikas, von Tassaret bis Gambia, war damit unter Kontrolle Portugals.
Portugal und seine afrikanischen Kolonien im Jahr des Herrn 1448 (http://www.gameup.de/content/screens/420b.jpg)
KAPITEL 5 - DER TOD DES GRAFEN
8° 50' West , 39° 10' Nord
Azambuja (Tago/Portugal)
Der 18. Februar im Jahr des Herrn 1448
Als König Duarte 1438 unerwartet starb, war sein Sohn und Thronerbe Alfonso gerade wenige Wochen alt. Deshalb beschlossen die Edlen des Landes, ein Regent solle eingesetzt werden, bis das Kind bereit sei König zu sein. Der Graf von Coimbra wurde für diese Aufgabe ausersehen und regierte fortan an seiner statt.
Als der Knabe acht Jahre war, hielt man die Zeit für gekommen das Kind zu krönen. Je älter der Kindkönig Alfonso V. wurde, je mehr schwand nun die Macht des Grafen. Es war die hohe Zeit der Ränkeschmiede und Intrigenspinner bei Hofe und jeder buhlte um die Aufmerksamkeit des Kindes und um Pfründe, Einfluss und Vorrechte.
Im Februar 1448 ging schließlich das Gerücht um, der Graf sei dem Treiben überdrüssig und wolle die Staatsgewallt endgültig an sich reißen. Sogar von geplantem Königsmord wurde gesprochen und davon, dass er selbst den Thron beanspruchen würde.
Als diese Anschuldigungen schließlich ganz offen vorgetragen wurden und viele der Mächtigsten ihnen glauben zu schenken schienen, da hielt der Graf sein Leben nicht mehr für sicher und zog sich auf seine Festung in der Stadt Coimbra zurück. Doch blieb er dort nicht lange, denn ein Bote überbrachte ihm schon nach wenigen Tagen den Befehl des Königs, sich in Lissabon einzufinden und Rechenschaft abzulegen. Der Graf weigert sich nicht und begab sich in Begleitung einer kleinen Eskorte auf den Weg.
Die Stadt Azambuja liegt nahe der Stelle, wo der Fluss Sorraia in den großen Tejo mündet. Von hier aus ist es nur noch der Ritt eines halben Tages bis zur Hauptstadt. Es war der dritte Tag ihrer Reise, als der Graf mit seinen Begleitern hierher kam.
Sie wurden erwartet...
Die Strasse, die durch den Ort führt, ist schmal und so musste der Tross halt machen, als sich vor ihnen zwei Fuhrwerke begegneten und unvermittelt, nebeneinander anhielten. Es war kein Durchkommen mehr und gerade wollte der Hauptmann des Grafen die unachtsamen Fuhrleute zur Rede stellen, als er gewahr wurde, dass dies nicht das Werk zweier Tölpel war.
Der erste Bolzen traf den Haushofmeister des Grafen, der zweite seinen jüngsten Sohn. Dann drangen die Mörder, aus den Seitenstrassen des Ortes hervorstürzend, von beiden Seiten auf die Hauptstrasse und hieben auf die Reisenden ein. Hinter ihnen waren die Armbrustschützen, die schnell nachladend, ihre tödlichen Geschosse in die Rücken der Angegriffenen schossen. Vor ihnen war noch immer die Wagensperre. Es tat sich kein Weg zur Flucht auf. Zwar waren die Angreifer zu Fuß und die Leute des Grafen zu Pferde. Doch hier war es so eng, dass dies eher ein Nach-, denn ein Vorteil war. Außerdem waren diejenigen, die ihnen aufgelauert hatten, zahlenmäßig vielfach überlegen. Zu dritt oder zu viert kamen sie an die Reiter und zogen diese von ihren Sätteln. Diese wehrten sich wie sie konnten und auch die Angreifer hatten ein paar Verluste zu beklagen, doch dann gewannen sie rasch die Oberhand. So mutig die Männer des Grafen auch kämpften, es waren einfach zu viele.
Nicht weniger als zwanzig Schwerthiebe sollen den Grafen selbst niedergestreckt haben. Nur zwei Dienern und dem Beichtvater des Grafen gelang die Flucht, alle anderen fanden an diesem Tag den Tod.
Wenige Tage später wurde dieser Anschlag im Namen des Königs für Rechtens erklärt und bekannt gemacht, dass der Graf von Coimbra zum Verräter geworden sei und sein Tod als angemessene Strafe für seine Untreue angesehen werde.
Hier macht Elias eine Pause in seiner Erzählung und erwartet die Frage, die kommen muss.
"War er wirklich ein Verräter?"
Da ist sie!
"Nun, wie soll man das nach all den Jahrhunderten wirklich wissen?"
"Aber was meint Ihr?", beharrt Cândido.
"Der Graf war der mächtigste Mann dieser Tage und es war absehbar, dass diese Macht bald schwinden würde. Du weißt sicher, wie schwer es den Menschen fällt Macht wieder abzugeben. Sicher war er unzufrieden, wie die Dinge sich entwickelten, doch ob er wirklich Verrat begehen wollte...? Andererseits hatte er sich in den Jahren seiner Regentschaft viele Feinde und Neider gemacht und denen missfiel sein Einfluss. Da es keine Beweise für die Untreue des Grafen gibt, er aber häufig angefeindet wurde und man von vielen Verleumdungen weiß, neige ich dazu an seine Unschuld zu glauben."
"Dann war es Mord?"
"Das war es ohnehin!"
Am 30. November diesen Jahres starb noch ein Großer Portugals. Gil Eanes war es. Jedoch tötete ihn nicht die Hand eines anderen, vielmehr raffte ihn die Schwindsucht dahin.
Die Zeiten waren unruhig. Im ganzen Land gärte es, Aufstände und Rebellionen waren an der Tagesordnung und der Adel forderte alte Rechte. Als diese verweigert wurden, verschärfte sich die Lage im Sommer 1449 nochmals.
Doch als sei dies nicht genug, stürzten äußere Feinde das Land in noch größere Konflikte. Am 26. März 1450 erklärten Aragon und Kastilien Portugals Verbündetem Navarra den Krieg.
Erst zwei Jahre zuvor war die Allianz erneuert worden und so hielt Portugal zu den Nordiberern.
Aber wenn sich Alfonso von Aragon und Juan von Kastilien gedacht hatten, Portugals innere Zerrissenheit ausnutzen zu können, so sollten sie sich schnell getäuscht sehen. Denn das Kriegsglück entschied sich schnell zu Gunsten der portugiesisch-navarrischen Allianz.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass es Truppen aus Aragon gelang, die Kanarischen Inseln zu erobern. Doch die Portugiesen belagerten ihrerseits Gibraltar, Valencia und Madrid.
Im Januar 1451 und ein zweites Mal im März, kam es zu großen Seeschlachten zwischen der portugiesischen Flotte und den Schiffen Aragons. Die Portugiesen siegten jedes mal und schließlich wagten sich die gegnerischen Schiffe kaum noch aus ihren Häfen heraus.
Der Rest ist schnell erzählt: nachdem die Kanaren zurückerobert waren, Gibraltar und Valencia sich ergeben hatten und auch Katalonien in die Hände der Portugiesen gefallen war, blieb den Geschlagen nicht mehr viel zu tun. Aragon bot, um des Friedens willen, den Portugiesen die Provinzen Gibraltar und Valencia und diese nahmen gerne an.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1452 unterzeichnete Alfonso V. den von Aragon angebotenen Vertrag und die Waffen ruhten.
Die folgenden zwei Jahrzehnte waren dadurch geprägt, dass Alfonso V. seine ganze Kraft der Einigung des Landes und des Erhalts der inneren Stabilität widmen musste. Ständig flackerte irgendwo die Flamme der Aufruhr und ständig mussten Soldaten entsandt werden, diese Feuer zu löschen. Das Land schien in dieser Zeit fast gelähmt, doch immerhin gingen die Kolonisierungsbestrebungen in den afrikanischen Provinzen weiter. Der Versuch jedoch, dem Volk in Gibraltar den Islam auszutreiben, musste 1461 erfolglos abgebrochen werden. Ebenso scheiterte dies in Murcia. Endlich, gegen Ende der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts, beruhigte sich die Lage.
Im Jahre 1470 machte schließlich der bereits erwähnte Fernãndo do Pó zum ersten mal von sich reden: er erkundete den Golf von Kongo. Inzwischen konnte er von der neuen Kolonie Guinea aus operieren und so kamen bald weitere Entdeckungen an der Küste Afrikas hinzu.
1473 trafen die ersten Siedler in Luanda ein und gründeten die bis dahin südlichste, christliche Stadt: São Felipe de Denguela.
Die Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Ländern, Portugal, Navarra, Kastilien und Aragon, hat dem fünften Staat der Halbinsel das Überleben gesichert. Das war das Emirat Granada! Der letzte Maurenstaat auf Iberia und Erbe einer langen Tradition muselmanischer Herrschaft im westen Europas.
Nun war es jedoch nur noch ein Schatten einziger Größe.
Als im Jahre 1472 die Allianz zwischen Aragon und Kastilien zerbrach und Portugal von dieser Seite vorerst kein Krieg mehr drohte, sah Alfonso die Zeit für gekommen seine christliche Pflicht zu erfüllen und die Reconquista zu vollenden.
Das bedeutete nichts anderes als das es Krieg gegen Granada geben würde!
Am 29. Mai 1475 war es soweit und der ungleiche Kampf begann. Am 18. Juni traf ein portugiesisches Regiment, aus Murcia kommend, auf die Hauptstreitmacht der Mauren und schlug sie vernichtend. Damit war der Weg zur Hauptstadt der Ungläubigen frei und bereits wenige Tage später begann die Belagerung.
Mehr als ein Jahr hielt die Stadt Granada durch. Als dann jedoch kein Hoffen mehr war, ergab sie sich am 23. Oktober 1476 bedingungslos.
Alfonso ordnete die Eingliederung des maurischen Territoriums in das portugiesische Königreich ein und beendete damit für immer die Herrschaft von Muselmanen auf Iberischen Boden.
Inzwischen ist es spät geworden. Cândido würde bald gehen müssen. Denn das klösterliche Leben kennt keine Ausnahmen und das Abendgebet zu versäumen wäre ein unverzeihliches Versäumnis. Elias, obwohl ebenso wie sein junger Zuhörer Mönch des Klosters, bleibt fast jedem dieser Gebete fern. Hinter vorgehaltener Hand hörte Cândido schon so manch scharfes Wort gegen den Alten. Aber offen wagt keiner der Ordensbrüder Kritik zu üben. Warum haben sie nur so viel Erfurcht vor dem Greis? Etwas geheimnisvolles umgibt ihn.
Er selbst kann sich derlei nicht erlauben und so steigt Unruhe in ihm auf. Weiß Elias, wie spät es ist?
Es scheint so, denn dieser kommt nun schnell zum Ende: "Inzwischen hatte unser alter Bekannter, der Entdecker Fernãndo do Pó, schon viele Fahrten entlang der Südküste Afrikas unternommen. Er erkundete dabei Länder wie Kiribi und Damara und gelangte bis zum Kap der Stürme."
Cândido will nun wirklich gehen!
"Ja und dann,...", fährt der Alte ungerührt fort: "...dann kam, wovon ich dir schon berichtet habe; er erreichte das Kap der Guten Hoffnung und war der erste, der das Südende des Kontinents umsegelte. Der Kreis hatte sich geschlossen und Portugal erreicht, wofür es ein halbes Jahrhundert gekämpft und gearbeitet hatte."
"Habt Dank, doch verzeiht...", der Jüngere hält es nun nicht mehr aus. "Ihr wisst... Ich muss..."
"Ja natürlich. Geh nur, geh nur."
Cândido springt auf, schon wird die Glocke geläutet.
"Spute dich, Cândido, spute dich. Aber vergiss nicht, nächste Woche wieder zu kommen."
"Gewiss nicht, Meister!"
Aber dann hat er schon das Ende des Gartens erreicht und ist im Nu durch das Tor verschwunden.
KAPITEL 6 - DIE NEUE WELT
83° 10' West , 14° 20' Nord
Punta Gorda (Costa de Mosquitos/Mittelamerika)
Der 25. September im Jahr des Herrn 1485
Diogo Cão, die Welt würde seinen Namen niemals vergessen!
Diogo Cão, Entdecker der 'Neuen Welt'!
Diogo Cão, der größte aller Entdecker!
So sah er sich selbst, dieser Kapitän und Entdecker. Ein Muster an Bescheidenheit und Zurückhaltung war er ganz sicher nicht. Stets etwas zu prächtig gekleidet, die Mütze mit den Federn exotischer Vögel geschmückt und nie um eine große Geste verlegen erklärte er jedem, ob der es nun hören wollte oder nicht, welch hervorragende Leistung ihm da gelungen war. Beliebt wird man so jedoch nicht und so wurde ihm nie die Verehrung zuteil, die er für sich beanspruchte. So galt er vielen als Aufschneider und geputzter Narziss, dabei waren seine Leistungen in der Tat bemerkenswert!
Daran, dass er nie die Herzen der Portugiesen gewinnen konnte liegt es vielleicht auch, dass uns der neue Kontinent heute nicht als Terra Cãora bekannt ist? Denn so nannte er das Land, dass er tatsächlich als erster betrat. Wir kennen diese 'Neue Welt' unter dem Namen Amerika, nach dem Vornamen des Italieners Amerigo Vespucci (* 9. März 1451, + 22. Februar 1512). Das dies so kam erstaunt um so mehr, wenn man weiß, dass Vespuccis Erklärungen, diese neue Entdeckung sei ein neuer Kontinent, in Portugal niemanden verwunderte. Es war vielmehr so, dass man in Europas führender Entdeckernation dieses neue Land geradezu erwartete.
Diogo Cão selbst hatte diese Erwartungen geschürt, nachdem er bereits im Mai 1481 die Bahamas und im Juli 1484 die Insel Cuba entdeckt hatte. Schon im Juli 1483 war eine neue Kolonie auf den Bahamas gegründet worden und von hier aus konnte Cão seine Fahrten noch weiter nach Westen unternehmen.
Fernãndo do Pó war inzwischen, genauer am 24. April 1481, gestorben. Er starb dort, wo er immer hatte sein wollen; auf hoher See. Bei dieser, seiner letzten Fahrt, hatte noch einmal das Kap umfahren und die Ciskei entdeckt.
Das um Diogo Cão´s neues Land so wenig Aufhebens gemacht wurde, hatte zu all dem bereits gesagten noch zwei weitere Gründe.
Denn so alleine und glanzvoll einzigartig er sich selber sah, stand er doch in Wahrheit innerhalb einer Reihe mit vielen anderen. Vor ihm Diego de Senill, Gil Eanes und Fernãndo do Pó und nach ihm begann erst noch das goldene Zeitalter portugiesischer Entdecker. Da kamen Seefahrer wie Bartolomeu Diaz, Pedro Alvarez Cabral, die Brüder Gaspard und Miguel de Corte Real und der große Vasco da Gama. Ebenso glanzvoll die Namen der Konquistadoren de Covilhã, Camoens, Almeida und desjenigen, der sie noch alle übertraf: Alfonso de Albuquerque.
Das war der erste Grund: es kamen noch so viele Große nach ihm und es waren schon welche vor ihm da gewesen.
Der zweite war, dass dieses Land, in dessen morastigen Boden er am 25. September 1485 das Banner Portugals rammte, ein unwirtlicher und belangloser Flecken Erde war. Undurchdringliche Wälder, unzugängliche Sümpfe und Schwärme der Tiere, derentwegen diese Küste Costa de Mosquitos genannt werden sollte. Portugals Interesse galt den karibischen Inseln und sollte sich bald dem südlichen Amerika zuwenden, von dieser Wildnis in Mittelamerika wollte niemand etwas wissen!
"Der arme Mann!", wie spöttisch der alte Elias sein kann. Von einem Ordensbruder hätte man mehr Zurückhaltung erwartet! Aber das Schicksal des Amerikaentdeckers, der so von sich selbst eingenommen und doch fast vergessen war, scheint ihn über alle Maßen zu amüsieren. "So ein Held, vor allem auch mit dem Maul und doch will heute kaum einer noch von ihm wissen." Den Alten lässt diese Sache nicht los. "Aber weißt Du, Cândido, in einem hat er doch bis heute überdauert. Wenn schon nicht der Kontinent, den er entdeckt hat, seinen Namen trägt, so doch eine Frucht von dort."
"Was meint Ihr, ehrwürdiger Elias?"
"Ich meine eine Frucht, die er damals von dort mitbrachte und die auch Du unter seinem Namen kennst."
Cândido versteht nicht.
"Nun, ich weiß ja nicht, wann Du das letzte mal Gelegenheit hattest diese Köstlichkeit zu kosten. Ich für meinen Teil schätze ihn sehr, den Cãocão!"
"Der soll von Diogo Cão seinen Namen tragen?"
"Ja gewiss! Woher sonst?"
Cândido schaut verdutzt. Der Alte scheint heute wohl ein leichte Seele zu haben. Macht er einen Scherz?
Er kann seine Gedanken nicht zu ende führen, denn sein seltsam erheiterter Lehrmeister scheint nun wieder ernster: "Schluss damit! Lass uns fortfahren in unserer Exkursion."
Im Juni 1486 landete Pêro de Covilhã mit 13.000 Mann auf den Bermuda-Inseln. Von dort aus begabt er sich im Januar des Folgejahres nach Cuba und erforscht dort die späteren Provinzen Guantanamo, Moron und Havanna. Nicht wenige der Eingeborenen stellen sich gegen die Conquistadores und so kam es zu mehreren Kämpfen. Aber jedes mal siegten die Portugiesen und jedes mal mussten die Indianer fliehen, so sie es noch konnten.
Viele Inseln der Karibik erforschte de Covilhã als erster. So auch Jamaika im August 1488 und Hispaniola im Frühjahr 1489. Im Mai 1490 landete er mit seinen Männern auf Antigua und besiegte die dort lebenden Indianer. Im nächsten Jahr war es Dominica.
Von dort aus schifft er sich und seine Männer in Richtung Afrika ein. Im Februar 1493 erreichte er eine Insel im Golf von Guinea, die von den Eingeborenen Bioko genannt wurde. Er sie "Fernando Po", nach dem Entdecker und Afrikaüberwinder.
De Covilhã war einer der größten Abenteurer und Konquistadoren seiner Zeit. Aber sein Leben endete jäh im Kampf gegen Eingeborene, als seine kleine Armee im südlichen Afrika in einen Hinterhalt von Buschmännern geriet. In Cubango war das, am 14. Oktober 1493.
Bartolomeu Diaz erkundete in dieser Zeit Costa Rica und auch die kleinen Eilande Sankt Thomas, Sankt Martin und Martinique. Ganz im Südosten der karibischen See erreichte er im September 1491 die Inseln Trinidad und Tobago.
1493 führte er seine Expeditionsflotte um Afrika herum und erkundete die Küsten von Natal und der Transkei.
Am 7. August 1494 gelang den Unterhändlern König Alfonso´s ein Meisterstück. Seit einigen Jahren war der König schon kränklich. Jeder wusste, dass die Zeiten seiner Regierung bald gezählt sein würden. Dieser Umstand machte das, was die Diplomaten zu erreichen trachteten, nicht leichter. Als dann an diesem Tage der treue Verbündete Navarra ein Lehensverhältnis mit Portugal akzeptierte und damit Vasall Lissabons wurde, war die Freude darüber genau so groß wie die Überraschung.
Alfonso der V., der Mann, der bereits als Achtjähriger gekrönt worden war, starb am 17. Oktober des folgenden Jahres 1495. Seinen Thron erbte Manuel I. (5/4/4) und es war gut, dass Portugal wieder einen starken und gesunden Herrscher hatte, denn ein neuer Krieg lag in der Luft.
Augustus Rex
15.07.02, 13:44
Originally posted by Elias
Dies soll nun also mein zweiter "After Action Report" mit Europa Universalis 2 werden. Zuerst hatte ich nicht vor, ihn hier zu veröffentlichen. Doch wenn es Euch missfällt, dies an dieser Stelle zu lesen, so beklaget Euch bei den Herren Don Corleone und BenSisko, die mir schmeichelten und dazu anhielten, die nun folgenden Geschichte auch hier niederzuschreiben. Für gewöhnlich findet man sie im "Ye Olde Seamans Rest".
Ach, wenn Wir nur wüßten, hinter welcher Fratze sich dieser BenSisko im hiesigen Forum versteckt...
Edler Sachse, Ihr seid ein aufmerksamer Leser.
Ich habe das Vorwort der restaurierten Auflage ergänzt um derlei Unstimmigkeiten zu erläutern. Bei der Vorliegenden Fassung handelt es sich in weiten Teilen um eine Abschrift eines Zweitexemplares, welches auf Wunsch insbesondere der zwei Genannten Herren einstmals aufgelegt wurde. Glücklicherweise, so muss ich heute sagen, denn so bin ich auf die rudimentären, oder soll ich sagen temporären, Quellen des hohen Herren Willhelm nicht angewiesen.
Ob der Mann, der sich Sisko nennt, diese Hallen je betrat, dass weiß ich nicht zu sagen.
Das der Italiener Dorleone hier häufiger Gast ist, mag bekannt sein, wenngleich er sich hier als Engländer ausgibt. Aber das, Ihr wisst es besser als ich, ist ohnehin ein untergegangenes Volk von dem kaum noch einer zu berichten weiß. ;)
Elias
Augustus Rex
15.07.02, 14:09
Deswegen war es uns Schotten so wichtig, den Rot-Kreuz-Staat schon vor 1640 zu vernichten...
Blastwarrior
15.07.02, 22:06
Der Elias kann schreiben unfassbar :D
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