PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : World War II - Wer ist schuld?



Al. I. Cuza
10.09.09, 21:46
Diese Frage stelle ich nun einfach so in den Raum, nachdem ich diesen Artikel des The Guardian gelesen habe:

Fed by the revival of the nationalist right in eastern Europe and a creeping historical revisionism that tries to equate nazism and communism, some western historians and commentators have seized on the 70th anniversary of Hitler's invasion of Poland this month to claim the Soviet Union was equally to blame for the outbreak of war. Stalin was "Hitler's accomplice", the Economist insisted, after Russian and Polish politicians traded accusations over the events of the late 1930s.
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2009/sep/09/second-world-war-soviet-pact

Nun frage ich mich: Ist man nicht berechtigt Stalin als Co-Aggressor Polens zu sehen? Ich bin zwar der Meinung, dass der Krieg an sich Hitlers Schuld ist, aber Stalin und die Sowjetunion wirklich mit weißer Weste davonkommen zu lassen finde ich doch etwas dreist.

Weiterhin, ohne die Magnitude des Holokausts in irgendeiner Weise verringern zu wollen, starben unter den kommunistischen Regimes dieser Welt weitaus mehr Menschen als unter den faschistischen/nationalsozialistischen. Na gut, mann kann argumentieren, dass die Nazis auch keine so langen Regierungszeiten hatten. Aber man sollte doch zumindest ein Gleichheitszeichen zwischen beiden Ideologien setzen, was die Grausamkeit ihrer Existenz angeht.

Freue mich auf Meinungen.

Arminus
10.09.09, 23:13
Cuza, du bist lang genug dabei, um zu wissen, dass der Thread mit so einem Titel nicht lange leben wird. :nono: :ditsch:

Al. I. Cuza
10.09.09, 23:17
Wenn es schon 10 sinnvolle Postings geben wird, bin ich glücklich und er wird geschlossen werden können.

Le Prînglé
10.09.09, 23:21
Hach ja, die gute alte Kriegsfrage.

Wir denken, dass man die Kriegsschuld fast schon auf die drei aus Hearts of Iron bekannten Lager aufsplitten kann. Hier die Gründe:

-Achse: Sollte logisch sein, Hitler als Aggressor und Lügner, Friedensredner vor der internationalen Presse und Kriegsfreund bei seinen Offizieren. Japan an sich hatte schon eine ziemlich expansive Ader, noch vor dem Deutschen Reich. Dass die sich irgendwann zusammentun und gleichermaßen Überfälle (GER->POL; JAP->USA) wagten, war irgendwo klar.

-Komintern: Die Sowjetunion trifft ein nicht minder großer Schuldanteil. Dass man stets auf den Vorteil des eigenen Landes bedacht ist, ist keine Schande, im Zuge des Molotow-Ribbentrop-Paktes aber jeglichen Spielraum für die Vernunft zu lassen, ist fahrlässig. Stalin hätte die Alliierten informieren können, die Drohgebärden in Finnland sein lassen können (Finnland war schließlich späterer Deutschlandpartner) und im Endeffekt wäre auch ein Schulterschluss zwischen Kapitalisten und Kommunisten gegen den Erzfeind Nationalsozialismus möglich gewesen.

-Alliierte: Die bedröppelten Lämmer, schon fabrikneu mit weißer Weste ausgestattet? Nein nein. Die Appeasementpolitik hat zu lange gedauert, welche Chamberlain aber wegen der instabilen Lage in Frankreich und der mangelnden Unterstützung im eigenen Land weiterführen musste. Polen eine haltlose Garantie zu geben, ist die Lachnummer des Jahrhunderts. Aufgedunsen und angetrieben von ebenjener schlagen die Polen in den letzten Wochen vor Kriegsbeginn jegliche Kompromissangebote aus.

Unsere Meinung lautet im Endeffekt:

33,3% Schuld für die Alliierten, die der Nährboden der Situation waren.
33,3% Schuld für die Komintern, die diese Situation ausnutzten.
33,3% Schuld für die Achse, die wegen jener Situation einen Krieg vom Zaun brach.

Ryo
10.09.09, 23:29
Anstatt irgendwelcher 33,33% Antworten gebe ich lieber eine 100% Antwort....

Wer ist Schuld?

Zu 100% der Mensch. Ihr könnt mir hiermit Gratulieren. Ich habe die Kriegsschuldfrage gelöst! Ja noch besser: ich kenne sogar die Antwort auf die frage nach den Sinn des Lebens!...(zumindest für mich)

Stoertebeker
10.09.09, 23:31
Hach ja, die gute alte Kriegsfrage.

Wir denken, dass man die Kriegsschuld fast schon auf die drei aus Hearts of Iron bekannten Lager aufsplitten kann. Hier die Gründe:

-Achse: Sollte logisch sein, Hitler als Aggressor und Lügner, Friedensredner vor der internationalen Presse und Kriegsfreund bei seinen Offizieren. Japan an sich hatte schon eine ziemlich expansive Ader, noch vor dem Deutschen Reich. Dass die sich irgendwann zusammentun und gleichermaßen Überfälle (GER->POL; JAP->USA) wagten, war irgendwo klar.

-Komintern: Die Sowjetunion trifft ein nicht minder großer Schuldanteil. Dass man stets auf den Vorteil des eigenen Landes bedacht ist, ist keine Schande, im Zuge des Molotow-Ribbentrop-Paktes aber jeglichen Spielraum für die Vernunft zu lassen, ist fahrlässig. Stalin hätte die Alliierten informieren können, die Drohgebärden in Finnland sein lassen können (Finnland war schließlich späterer Deutschlandpartner) und im Endeffekt wäre auch ein Schulterschluss zwischen Kapitalisten und Kommunisten gegen den Erzfeind Nationalsozialismus möglich gewesen.

-Alliierte: Die bedröppelten Lämmer, schon fabrikneu mit weißer Weste ausgestattet? Nein nein. Die Appeasementpolitik hat zu lange gedauert, welche Chamberlain aber wegen der instabilen Lage in Frankreich und der mangelnden Unterstützung im eigenen Land weiterführen musste. Polen eine haltlose Garantie zu geben, ist die Lachnummer des Jahrhunderts. Aufgedunsen und angetrieben von ebenjener schlagen die Polen in den letzten Wochen vor Kriegsbeginn jegliche Kompromissangebote aus.

Unsere Meinung lautet im Endeffekt:

33,3% Schuld für die Alliierten, die der Nährboden der Situation waren.
33,3% Schuld für die Komintern, die diese Situation ausnutzten.
33,3% Schuld für die Achse, die wegen jener Situation einen Krieg vom Zaun brach.

Nehmen Wir mal an, Wir würden Euch und Cuza das Dach über dem Kopf anzünden, weil Ihr etwas schreibt, das Uns nicht so recht in den Kopf will: Wer wäre daran Schuld?

Zu 33% Cuza, weil er den Nährboden schaffte?
Zu 33% Ihr, weil Ihr darauf in einer ziemlich naiven Art und Weise antwortet?
Zu 33% Wir, weil Wir diese Situation ausnutzen?

Das müssten Wir uns dann glatt noch mal überlegen. ;)

Edit: Ein Prozent würden Wir als Opfer den Göttern darbieten. Was macht Ihr eigentlich mit den 0,1 ungeklärten Prozenten Eurer Schuldzurechnung?

Montesquieu
10.09.09, 23:34
Nehmen Wir mal an, Wir würden Euch und Cuza das Dach über dem Kopf anzünden, weil Ihr etwas schreibt, das uns nicht so recht in den Kopf will: Wer wäre daran Schuld?

Zu 33% Cuza, weil er den Nährboden schaffte?
Zu 33% Ihr, weil Ihr darauf in einer ziemlich naiven Art und Weise antwortet?
Zu 33% Wir, weil Wir diese Situation ausnutzen?

Das müssten Wir uns dann glatt noch mal überlegen. ;)

Ja, der Verteidiger ist immer schuld! Hätte ja einfach aufgeben können!

Mann, Pringle. Das kann doch jetzt nicht euer Ernst sein.

Morenga
10.09.09, 23:38
Hach ja, die gute alte Kriegsfrage.

Wir denken, dass man die Kriegsschuld fast schon auf die drei aus Hearts of Iron bekannten Lager aufsplitten kann. Hier die Gründe:

-Achse: Sollte logisch sein, Hitler als Aggressor und Lügner, Friedensredner vor der internationalen Presse und Kriegsfreund bei seinen Offizieren. Japan an sich hatte schon eine ziemlich expansive Ader, noch vor dem Deutschen Reich. Dass die sich irgendwann zusammentun und gleichermaßen Überfälle (GER->POL; JAP->USA) wagten, war irgendwo klar.

-Komintern: Die Sowjetunion trifft ein nicht minder großer Schuldanteil. Dass man stets auf den Vorteil des eigenen Landes bedacht ist, ist keine Schande, im Zuge des Molotow-Ribbentrop-Paktes aber jeglichen Spielraum für die Vernunft zu lassen, ist fahrlässig. Stalin hätte die Alliierten informieren können, die Drohgebärden in Finnland sein lassen können (Finnland war schließlich späterer Deutschlandpartner) und im Endeffekt wäre auch ein Schulterschluss zwischen Kapitalisten und Kommunisten gegen den Erzfeind Nationalsozialismus möglich gewesen.

-Alliierte: Die bedröppelten Lämmer, schon fabrikneu mit weißer Weste ausgestattet? Nein nein. Die Appeasementpolitik hat zu lange gedauert, welche Chamberlain aber wegen der instabilen Lage in Frankreich und der mangelnden Unterstützung im eigenen Land weiterführen musste. Polen eine haltlose Garantie zu geben, ist die Lachnummer des Jahrhunderts. Aufgedunsen und angetrieben von ebenjener schlagen die Polen in den letzten Wochen vor Kriegsbeginn jegliche Kompromissangebote aus.

Unsere Meinung lautet im Endeffekt:

33,3% Schuld für die Alliierten, die der Nährboden der Situation waren.
33,3% Schuld für die Komintern, die diese Situation ausnutzten.
33,3% Schuld für die Achse, die wegen jener Situation einen Krieg vom Zaun brach.

Gelöscht: Selbstzensur! :uhoh:

Al. I. Cuza
10.09.09, 23:56
Nehmen Wir mal an, Wir würden Euch und Cuza das Dach über dem Kopf anzünden, weil Ihr etwas schreibt, das Uns nicht so recht in den Kopf will: Wer wäre daran Schuld?

Zu 33% Cuza, weil er den Nährboden schaffte?
Zu 33% Ihr, weil Ihr darauf in einer ziemlich naiven Art und Weise antwortet?
Zu 33% Wir, weil Wir diese Situation ausnutzen?

Das müssten Wir uns dann glatt noch mal überlegen. ;)

Edit: Ein Prozent würden Wir als Opfer den Göttern darbieten. Was macht Ihr eigentlich mit den 0,1 ungeklärten Prozenten Eurer Schuldzurechnung?

Naja, also den Alliierten Teilschuld zu geben, schön und gut, aber Gleichstand mit der Achse? :rolleyes: Da kann man ja auch gleich sagen bei jedem Krieg ist der Verteidiger und der Aggressor schuld.

Der Aggressor, weil er etwas haben wollte, was ihm nicht gehört, der Verteidiger, weil er es nicht hergeben wollte.

Cerberus
11.09.09, 00:02
ein etwas abgenutztes Thema - wer will denn heute den Bolschewisten noch ernsthaft eine weiße Weste verschaffen (von der russischen amtlichen Kommission zur Verteidigung der historischen Wahrheit vielleicht mal abgesehen). Der sog. Historikerstreit is ja nun auch schon fast wieder ein Vierteljahrhundert her ...

Aber mit der Schuldfrage hat das doch eigentlich nichts zu tun. Daß andere Staaten vielleicht eine Mitverantwortung tragen, weil sie anders hätten handeln können oder müssen, um den Krieg doch noch zu verhindern, kann man ja wohl kaum auf eine Ebene mit der Schuld des auf Teufel komm raus zum Krieg entschlossenen Agressors auf eine Ebene stellen.

Stupor Mundi
11.09.09, 00:04
Die Frage sollte besser lauten: Wer wollte den Krieg?
Die Antworten kann sich jeder selber suchen, sie liegen ja auf der Hand.
Die Frage nach der Schuld impliziert auch immer die Verantwortlichkeit derer, die fahrlässig hineingeraten sind. (a la "Wer ist schuld am Auffahrunfall?)

In der (deutschen) Forschung wird die Kriegsschuld ja eindeutig beim gröfaz gesucht. Allerdings meine ich, dass die Gegner durch unkluge Machtpolitik und den Versuch des Ausnutzens deutscher Kriegsbemühungen zum Krieg wissentlich oder unwissentlich beigetragen haben.
Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Stalin zwei oder drei Jahre später selbst einen Krieg begonnen hätte. Hat er aber nicht.

Cerberus
11.09.09, 00:16
...Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Stalin zwei oder drei Jahre später selbst einen Krieg begonnen hätte. Hat er aber nicht.

Ein netter rethorischer Kunstgriff, eine höchst strittige Frage als offenes Geheimnis zu präsentieren. :tongue:

Ohne den deutschen Überfall auf Polen glaube ich kaum, daß Stalin von sich aus mit Krieg begonnen hätte, dafür war er viel zu paranoid. Außerdem hätte dann tatsächlich die Gefahr eines gemeinsamen Vorgehens der Westmächte mit der Achse bestanden. Etwas besseres hätte Hitler gar nicht passieren können - und das war auch Stalin klar, einem der seltenen Leser von "Mein Kampf". Das war eigentlich seine Hauptangst überhaupt im Hinblick auf die Außenpolitik.

Luther
11.09.09, 00:26
Für mich selber ist der Vater des Krieges Versailles.
Ohne diesen "Friedensvertrag" hätte es vielleicht Hitler oder Stalin nicht gegeben.

Wer Schuld am Krieg hat ?
Ich kann nur sagen... jeder der Partien.
Jeder zog seinen Nutzen.

Zu dem Punkt Stalin gesagt:

Die Frage ist ja ob wirklich alle überrascht waren als Deutschland die Sowjetunion "überfiel", denn die Männer an der Grenze... also Soldaten, Panzer, Flugzeuge waren gewaltig.

Am 1. Kriegstag wurden viele Panzer und Flugzeuge im guten Zustand übernommen.

Dann wäre der Punkt Churchill noch da:

Es ist ja so...., es wurde wahrlich schon breit getreten und es gibt ja Dokumente dafür, dass Churchill einen angeblichen Frieden wollte, aber nur um Zeit zu schinden. Man denke an den Heß Flug. England wollte niemals Frieden sondern wartete nur auf einen Zweifrontenkrieg.... und den Beitritt der USA um zurückzuschlagen.

Man könnte hundert Punkte aufzählen... jeder hat seine Schuld daran.
Hitler, Churchill, Stalin,......
Niemand ist dort unschuldig.

Cerberus
11.09.09, 00:41
Hat noch wer Kraut und Rüben im Angebot?

1.
Der Zusammenhang von Stalin und Versailles ist mir neu, nachdem Versailles mit Rußland nichts zu tun hatte.

2.
Als Deutschland die Sowjetunion überfiel, war der Krieg schon fast 2 Jahre alt.

3.
Das Churchill nach dem Desaster von 1940 sehnsüchtig eine zweite Front oder den Eintritt der USA erhoffte kann man ihm ja nun beim besten Willen nicht vorwerfen, er hat sich die katastrophale Lage GB's ja nicht grade ausgesucht. Und daß er trotzdem nicht friedensbereit war, ist m.E. das, was ihn für immer vor der Geschichte auszeichnen wird.

Al. I. Cuza
11.09.09, 00:59
Die eigentliche Frage, die ich mir stelle ist:

"Kann man die Sowjetunion als Mitaggressor an Polen sehen?" und "Warum wurde nur der Achse der Krieg erklärt und nicht auch der Sowjetunion?"

Drantos
11.09.09, 01:10
Die eigentliche Frage, die ich mir stelle ist:

"Kann man die Sowjetunion als Mitaggressor an Polen sehen?" und "Warum wurde nur der Achse der Krieg erklärt und nicht auch der Sowjetunion?"

Zu 1)
Ja.

Zu2)
Weil auch die Franzosen und Briten nicht bescheuert sind. Zudem hat Stalin ja nur die restlichen Polen vor der Wehrmacht beschützt (Vorsicht Ironie). Bot also ne gute Ausrede nicht gegen 2 Großmächte anrennen zu müssen. Möglicherweise hatten die Alliierten auch gehofft, dass die Russen den Deutschen keine Rohstoffe mehr liefern und sie das Reich mit einer Seeblockade in die Knie zwingen könnten, wie einst Napoleon.


cu Drantos

Cerberus
11.09.09, 01:13
auch diese fragestellungen sind schon etwas angestaubt ... :-)

1.
Natürlich ist die SU Mitagressor an Polen, was auch sonst?

2.
Wie blöd hätten die Westmächte denn sein müssen, zwei Wochen nach der Kriegserklärung an Deutschland dem Reich auch gleich noch die Russen in die Arme zu treiben - das wäre fast genauso schlau, wie im Dezember 41 seitens des Gröfaz den Amis den Krieg zu erklären ...
(Es gab übrigens dann auch englisch-französische Pläne Baku zu bombardieren (während des Winterkriegs glaub ich), wurden aber realisitischer Weise fallengelassen

Edit:
da war jemand wohl schneller beim Tippen ...

sato
11.09.09, 01:37
soweit ich weis gingen die Allierten doch nach den Angriff Hitlers auf die Sovietunion davon aus, das Russland innerhalb von einem Monat in einem Blitzkrieg besiegt wird. Also würde ich die Einschätzung, dass GB und Fra die Sov nicht angegriffen haben weil sie zu Stark war nicht unterschrieben. Ich glaube eher "Der feind meines Feindes ist mein Freund" kam später und davor war es einfach "Sov ist so weit weg darum können wir uns eh nicht kümmern"

Deutschland hat Italien im erstem Weltkrieg auch erst viel später als Österreich erklärt

Cerberus
11.09.09, 01:46
Ich hab auch nicht geschrieben, daß sie die SU allein für militärisch zu stark hielten, aber man hatte nunmal schon Krieg mit Deutschland, warum noch einen mit Rußland anfangen, zumal man - wie Ihr zu Recht schreibt - ohnehin kaum direkten Landzugang und damit Einwirkungsmöglichkeiten hatte. Und es dürfte unstreitig sein, daß ein Kriegsbündnis DR - SU für die Westmächte nicht mehr zu schlagen gewesen wäre, warum also hätte man das tun sollen? 1939/40 war die SU aus westlicher Sicht nicht der "Feind meines Feindes", Stalin hat ja noch zum Sieg über Frankreich seine Glückwünsche nach Berlin geschickt. Vielmehr galt es zu verhindern, daß sich zwei Feinde zusammenschließen, und gerade das hätte man durch eine Kriegserklärung an Rußland wohl herbeigeführt - wenn sicher auch nur zeitweilig.

Jaycee
11.09.09, 01:57
-Komintern: Die Sowjetunion trifft ein nicht minder großer Schuldanteil. Dass man stets auf den Vorteil des eigenen Landes bedacht ist, ist keine Schande, im Zuge des Molotow-Ribbentrop-Paktes aber jeglichen Spielraum für die Vernunft zu lassen, ist fahrlässig. Stalin hätte die Alliierten informieren können, die Drohgebärden in Finnland sein lassen können (Finnland war schließlich späterer Deutschlandpartner) und im Endeffekt wäre auch ein Schulterschluss zwischen Kapitalisten und Kommunisten gegen den Erzfeind Nationalsozialismus möglich gewesen.
Den guten Prînglé hat man genug (wenn auch zurecht ;)) gerupft, deswegen möchte ich nur auf diesen kurzen Abschnitt eingehen:
1. Welcher Erzfeind? Für sowjetische Ideologen war der Nationalsozialismus nur ein Produkt des Kapitalismus. Ergo: beide sind nicht mal zwei Seiten einer Medaille, sondern ein und dasselbe.
Nach dem Verständnis mit Hitler gab es in Teilen der KP wiederum einen drastischen Stimmungsumschwung: Der Nationalsozialismus ist nur ein Nebenprodukt des Sozialimus. Ergo: man muss sich mit ihm verbünden.
Der von euch Dargestellte Erzfeind beider Blöcke ist nur eine Wunschvorstellung.
2. Wieso sollte Stalin das überhaupt tun? Er war selbst an einem Zusammenschluss gegen Hitler interessiert. Als die Allies ihm in Gesprächen im Frühjahr 39 teils keine Zugeständnisse machen wollte, teils Polen nicht dazu überreden konnten, ein Bündnis mit der SU einzugehen, musste er sich einen anderen Bündnispartner suchen, um seine (bereits genannten) paranoiden Sicherheitsvorstellungen zu befriedigen. Da kam der schmucke Führer gerade recht.


Die eigentliche Frage, die ich mir stelle ist:

"Kann man die Sowjetunion als Mitaggressor an Polen sehen?" und "Warum wurde nur der Achse der Krieg erklärt und nicht auch der Sowjetunion?"

Ich kann nicht anders, ich muss noch die dritte Antwort darauf geben: :D
1. Aggressor ja, aber nicht kriegsbeginnend.
2. Da gibt es eine relativ einfache Antwort: Die s.g. englisch-französische "Polengarantie" galt ausschließlich für einen Angriff Deutschlands, nicht für den eines anderen Staates. Dat wars.

Ansonsten gebe ich dem werten Cerberus in (fast ;)) allem Recht.

Edit: Als ich den Titel des Threads gelesen habe, hab ich mich schon gefreut. Und es ist nnoch besser. :tongue:

Gettysburg
11.09.09, 02:26
Edit: Ein Prozent würden Wir als Opfer den Göttern darbieten. Was macht Ihr eigentlich mit den 0,1 ungeklärten Prozenten Eurer Schuldzurechnung?
Die gehen wahrscheinlich an Polen für den Überfall auf Gleiwitz... :wirr:

the general
11.09.09, 02:44
Kann man den Thread nicht einfach schließen? Es gibt zu dem Thema ja eigentlich genug seriöse Literatur (u.a. von John Keegan, Janusz Pikalkiewicz, Philippe Masson, Richard Overy), welche die Situation vor und bei Beginn des Krieges ausführlich beleuchtet.

Die Literatur dazu beleuchtet das Thema besser und ausführlicher, als es ein kurzer Text in einem Forumspost vermag.

Jaycee
11.09.09, 03:10
Die gehen wahrscheinlich an Polen für den Überfall auf Gleiwitz... :wirr:
Pah, das zehntel Prozent geht eindeutig an die Guanxi-Clique (http://www.si-games.com/forum/showthread.php?p=556040#post556040). :D

Kann man den Thread nicht einfach schließen? Es gibt zu dem Thema ja eigentlich genug seriöse Literatur (u.a. von John Keegan, Janusz Pikalkiewicz, Philippe Masson, Richard Overy), welche die Situation vor und bei Beginn des Krieges ausführlich beleuchtet.

Die Literatur dazu beleuchtet das Thema besser und ausführlicher, als es ein kurzer Text in einem Forumspost vermag.

Ey, mach hier bloß keine Blödsinn. Das ist mein ganz persönlicher Klugscheiß-Thread. :motz: :D

So, wertes Cuza-Schmusa-chen, noch Fragen?:shy:

Al. I. Cuza
11.09.09, 05:01
2. Da gibt es eine relativ einfache Antwort: Die s.g. englisch-französische "Polengarantie" galt ausschließlich für einen Angriff Deutschlands, nicht für den eines anderen Staates. Dat wars.

Nett. :D Schön, dass ich immer wieder etwas Neues dazulerne.

Wenn ich mir aber ansehe, wie man mit Polen umgegangen ist, nach Kriegsende, ist für mich der Kriegsbeginn doch eine etwas große Heuchlerei. Man hat Polen vor den Deutschen beschützen wollen, sie aber dann dem Russen zum Fraß vorgeworfen.

Luther
11.09.09, 08:27
Werter Cerberus


Der Zusammenhang von Stalin und Versailles ist mir neu, nachdem Versailles mit Rußland nichts zu tun hatte.


Ist es nicht so, dass durch den 1. Weltkrieg und Versailles Unruhen in die Länder der Welt kamen. Revolutionen kamen.... neue Regierungen entstanden....

Zum Punkt Churchill:

"Ein bewußter und geplanter Krieg von Soldaten gegen Kinder und Frauen geführt wird. Ganz bewußt, auf "Befehl von oben". Es geht darum die Wohnstätten der Menschen zu zerschlagen, Frauen und Kinder zu töten, damit das Volk des Feindes zu demoralisieren. Der Mann, der diese barbarische Kriegsführung erdacht hat, von der er schon 1925 (lange vor dem II. Weltkrieg) ganz offen spricht, verrechnet sich. Der Luftkrieg trägt nicht zur Verkürzung sondern zur Verlängerung des Krieges bei. Dieser Krieb beginnt schon, nach 8 Monaten und 8 Tagen nach der britischen/französischen Kriegserklärung nach dem Einmarsch in Polen. Er beginnt an dem Tag, an dem Winston Churchill Premierminister geworden ist. Am 11. Mai 1940 mit dem britischen Bombenangriff auf Mönchengladbach."

Aus dem Buch = Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkrieges

Vom Südwest Verlag München = Teil des Bertelmans Konzern

Da habt ihr Recht... ihn wird immer etwas auszeichnen....

Cerberus
11.09.09, 08:57
1.
Ihr habt weiter oben nur von Versailles geschrieben, nicht von Versailles und dem 1. WK.

2.
Hier geht es um die Frage des Kriegsausbruches und der Verantwortung dazu, nicht die spätere Kriegsführung, insbesondere den Luftkrieg. Dazu gibt es einen alten Thread hier (Luftkriegsthread) wo die Thematik des unterschiedslosen Bombenkrieges und Gemeinsamkeiten bzw. Differenzen der dt. und der alliierten Luftkriegsführung exzessiv debattiert wurden, einfach mal nachstöbern ...
edit: http://www.si-games.com/forum/showthread.php?t=12930&highlight=Luftkrieg


@ Cuza

Mag ja alles sein, aber man kann den Westmächten bei Beurteilung ihres Handelns 1939 kaum das spätere Verhalten vorwerfen. Die Situation 1944/45 war bei Kriegsausbruch 39 nicht ansatzweise vorhersehbar. Und - welche Möglichkeiten hatten die Westmächte 45 denn effektiv, die Russen an der Einverleibung Mittel- und Osteuropas zu hindern? Nach 45 ging es doch eher darum zu verhindern, daß die Roten ihre Panzer im Atlantik in die Schwemme fahren, aber das ist wieder ein anderes Thema ...

Spartan
11.09.09, 09:39
Der Ausgangspunkt für den Zweiten Weltkrieg lag natürlich in Versailles. Polen war nach 1813 kein selbständiger Staat mehr und eine Neugründung auf dem Gebiet Kongreßpolens wurde von Deutschland und Österreich erst während des 1. Weltkrieges ins Auge gefaßt. Durch den Versailler Vertrag und mit Einwirkung des britischen Außenminister Curzon wurden dann zusätzlich noch Posen und Westpreußen vom Reich abgetrennt. Der Schlüssel zum Verständnis europäischer Geschichte vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1945 liegt im Konflikt Großbritanniens und Deutschlands um die Vorherrschaft auf dem Kontinent.

Hitler hatte sich die Revision des Versailler Vertrages und die Vereinigung aller Deutschen unter einem gemeinsamen Dach zum Ziel gesetzt und unter diesen Gesichtspunkten war die einzig völkerrechtlich bedenkliche Handlung vor dem 1. September 39 die Zerschlagung der Resttschechei. Über Kriegsschuld zu sprechen ist natürlich müßig und der Krieg begann nun mal mit der dilettantisch angelegten Gleiwitz-Operation und dem Angriff auf die Westerplatte. Zum Flächenbrand ausgeweitet hat es sich aber erst durch den Eintritt der Westmächte und es bleibt die Frage offen, wie Polen wohl ohne die abgegebene Garantie auf die Forderung nach Rückgabe des Korridors reagiert hätte. Was von der jüngeren Geschichtsschreibung auch verschwiegen wird ist die Tatsache, daß es Anfang Oktober eine Friedensangebot Hitlers an England gab.

Luther
11.09.09, 09:57
Mhm.... habt ihr wohl Recht, werter Cerberus.

Wie gesagt....
Ich bin der Meinung jeder hat seine Schuld... und sollten die Verantwortung tragen... leider mussten wir die ja zu 90 % tragen... obwohl nicht wohl wir Menschen getötet haben. Aber gut...

Wünsche nen schönen Freitag und für alle später... ein schönes Wochenende.
;)

[B@W] Abominus
11.09.09, 10:02
Ich glaube mit dem Angriff Steiners wäre das alles nicht passiert und wieder in Ordnung gekommen...

Beduries
11.09.09, 10:28
Schade... dachte hier gibt es eine Umfrage... :)

Gettysburg
11.09.09, 11:23
Abominus;556063']Ich glaube mit dem Angriff Steiners wäre das alles nicht passiert und wieder in Ordnung gekommen...
War der nicht ein Befehl? War der Angriff Steiners nicht ein Befehl? Und wo steckte überhaupt Fegelein?

@Spartan
Der Angriff auf Polen war aber kein Selbstzweck, bzw. stand nicht in dem Kontext, durch den Friedensschluß von 1918 verlorene Gebiete zurückzuerhalten. Im klaren Gegensatz hierzu stehen die deutschen Bemühungen von Anfang bis zum Frühjahr 1939, von Polen eine Durchmarscherlaubnis für den von Hitler schon immer geplanten Angriff auf die Sowjetunion zu erhalten. Erst als sich abzeichnete, dass eine solche nicht erteilt würde, schwenkte die deutsche Propaganda und Diplomatie um und leitete die bis zum Kriegsausbruch andauernde Hetzkampagne ein. Und wie bei jedem, der trotz Umwerbung nicht mit Hitler spielen wollte, fiel die dessen Reaktion dann auch umso heftiger aus, z.B. in Form des Befehls der Vernichtung der polnischen Intelligenz. Versailles hat sicherlich Hitlers Aufstieg mit ermöglicht und durch die neuen territorialen Anordnungen auch für viel vorprogrammierten Konfliktstoff gesorgt, nimmt aber am Ausbruch des Krieges in seiner konkreten Form keine große Rolle ein. Danzig, bei Kriegsausbruch faktisch unter deutscher Verwaltung stehend, war nur ein vorgeschobener Propagandagrund. Tatsächlich ging es stets um eine Kolonialisierung der Sowjetunion. Ursprünglich wollte Hitler weder Krieg mit Polen, England, noch Frankreich.

Natürlich hatten die allierten Großmächte auch ihre eigenen machtpolitischen Interessen bei Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Dies ändert aber weder etwas daran, dass der alleinige zum Krieg entschlossene Aggressor 1939 das deutsche Reich war. Vielleicht wäre es wenige Jahre später auch noch die Sowjetunion gewesen, aber die war 1939 militärisch noch nicht stark genug und so gehört dies einfach nur in den Bereich der Spekulationen.

Stupor Mundi
11.09.09, 11:33
Natürlich hatten die allierten Großmächte auch ihre eigenen machtpolitischen Interessen bei Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Dies ändert aber weder etwas daran, dass der alleinige zum Krieg entschlossene Aggressor 1939 das deutsche Reich war. Vielleicht wäre es wenige Jahre später auch noch die Sowjetunion gewesen, aber die war 1939 militärisch noch nicht stark genug und so gehört dies einfach nur in den Bereich der Spekulationen.

Sehe ich auch so.

Aber die Schuld liegt bei der Wiener Kunsthochschule. Hätte die Herrn Postkartenmaler H. nicht abgelehnt, hätte er seine Großmachtsphantastereien nicht in der Politik ausleben müssen.

dooya
11.09.09, 12:16
[x] Ceterum censeo [B@W] Abominusem esse delendam


:D

Al. I. Cuza
11.09.09, 12:18
Abominus;556063']Ich glaube mit dem Angriff Steiners wäre das alles nicht passiert und wieder in Ordnung gekommen...

Musstest du den Thread vernichten? :^^:

Wir sind also alle zum Schluss gekommen, dass ich Schuld am Krieg war (oder meintest du den historischen Cuza :???:) und freuen uns auf ein Themenwechsel, aber zum gleichen Artikel:

Im zitierten Artikel (der ist halt länger und betrachtet nicht nur den Kriegsbeginn) werden die Verbrechen Hitlers als unheimlich schlimmer betrachtet als die Repressionspolitik der Sowjetunion, wo doch in beiden Fällen die Opferzahlen in höhe von mehrere 10 Millionen sind.

Carl the Great
11.09.09, 12:37
Ich danke den Herren Cerberus, Jaycee und Gettysburgh für ihre weisen Worte. Über die Kriegsschuld lässt sich für den 1. Weltkrieg trefflich streiten, beim 2. stellt sich die Frage nicht.

Geschlossen.