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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Arsenal der Revolution



TheOtherGuy
14.07.09, 10:14
Ein UdSSR Kaiserreich AAR

TheOtherGuy
14.07.09, 10:35
Ich hatte angedacht, mal einen AAR aus dem großartigen Kaiserreich-Mod zu machen. Bei Paradox gibt es schon einen oder zwei von der Sorte, darunter auch einen einen als Sowjetunion. Wegen eines Bugs mit den Techteams bei der Umwandlung von der Russischen Republik zur Sowjetunion ist der aber aufgegeben worden, dabei ist das Ganze technisch nicht besonders schwer zu beheben. Also versuche ich es hier mal.
Für die, die es nicht kennen: Kaiserreich basiert auf einer alternativen Geschichte, bei der der Erste Weltkrieg zugunsten der Deutschen ausgegangen ist, die nun die dominante Weltmacht sind. Unter den Demütigungen der Friedensverträge sind die Regierungen von England und Frankreich zusammengebrochen und durch syndikalistische Bewegungen ersetzt worden, die USA sind nie in den Krieg eingestiegen und befinden sich in einer schweren Krise, Russland ist weitgehend zerfallen und auch ansonsten enthält der Kaiserreich einen ganzen Schwung von interessanten und spannenden Events. Verkürzt klingt das alles etwas albern ist aber in sich stimmig und schafft eine ganze Reihe von Konstellationen, die auch das Spielen von kleinen Nationen interessant machen.

Wer sich für Details und Hintergründe von Kaiserreich interessiert, dem sei die Kaiserpedia ans Herz gelegt. Für die, die es noch nicht kennen, schaut mal nach Himmler und Hitler, beide kriegen ihren Auftritt auch in diesem Mod.

http://editthis.info/kaiserreich/Main_Page

Einstellungen:
DD/Arm 1.2 (bei einer höheren Version kommt das Geheimdienstsystem von Kaiserreich durcheinander)
Schwierigkeit: normal
Aggressivität: normal (bei höheren Einstellungen fängt Deutschland schon bei unbedeutenden Kleinigkeiten an, Krieg zu erklären und die ganze Welt versinkt im Chaos)
Vollständige Techteam-Übernahme an (Die Kleinstaaten am Rande Russlands haben Teams, die eigentlich zur UdSSR gehören, besonders die Ukraine und Alash Orda, die will ich wiederhaben)

Preussenhusar
14.07.09, 10:40
Der Link geht nicht :(
Die Idee gefällt aber :ja:

Nur: Da ich Arma nicht habe, kann ich nicht recht beurteilen,
ob die Übernahme der Teams so eine gute Sache ist.


PH

sheep-dodger
14.07.09, 11:20
Igitt! Ein dreckiger Syndicalist!
Vernichtet Ihn!
:P

Ich bin gespannt, auch wenn ich in Kaiserreich als Russland den demokratischen Weg bevorzuge. :top:

dersheeper
14.07.09, 11:44
"Haushuhn Herrenvolk" :D
Freue mich sehr über deinen AAR, da ich Kaiserreich immer interessant fand aber irgendwie nie dazu gekommen bin es mal zu testen. :???:
Also, viel Erfolg und Durchhaltevermögen! :)

Rantanplan
14.07.09, 11:48
Wenn der AAR gefällt, dann hole ich mir bestimmt auch den Mod. Also bringt bald den ersten Beitrag!

Grüße

sheep-dodger
14.07.09, 12:00
Den Mod könnt Ihr Euch auch getrost holen, wenn Euch der AAR nicht gefallen sollte.
Er ist sehr abwechslungsreich und jedes Spiel verläuft etwas anders, es ist also Futter für lange Zeit. (Ich bin grad in nem Kanada Spiel und will die Heimatinseln zurückholen von dem dreckigen Gewerkschafterabschaum)

Ban Josip Jelacic
14.07.09, 12:03
Freue mich schon auf den AAR, aber den Mod werde ich wohl nie spielen.

Eigentlich werde ich wohl nie wieder HoI2 spielen. HoI3 wird einfach zu genial sein!

Mr.Pink der sehr optimistisch ist! :D:D:D

Kurfürst Moritz
14.07.09, 12:22
Klingt sehr interessant!

Wann geht der Bericht los?

Viel Erfolg dabei wünscht
Kurfürst Moritz

TheOtherGuy
14.07.09, 14:27
@Kurfürst:

Jetzt gleich. Leider habe ich noch nicht raus, wie man Bilder einfügt. Ist es, wie ich befürchte, nämlich dass ich die nur als Link von Photobucket oder sowas reinnehmen kann? Ich mache erstmal die ersten beiden Kapitel...

sheep-dodger
14.07.09, 14:33
Nein, Ihr könnt den AdressedesBildeshiereinfügen tag verwenden um Bilder einzufügen.

TheOtherGuy
14.07.09, 14:34
31.12.1935
Wie wir wurden, was wir sind

Alexander Fjodorowitsch Kerensky, Präsident der Russischen Föderation, war ein gebrochener Mann und alle wussten es. Die Silvesterfeier, bei der in kleiner Runde in einem der prächtigeren Säle des Kreml das Jahr 1935 verabschiedet und das Jahr 1936 begrüßt wurde, erschien ihm als Farce, der Tanz von Todgeweihten, die letzte große Selbsttäuschung vor dem unvermeidlichen Absturz. Die Täuschung war simpel, denn kaum jemand vermutete, dass Russland noch weiter fallen konnte.
Um die Lippen des verhärmten Berufspolitikers spielte ein Lächeln, als er daran dachte, wie viele russische Staatsoberhäupter beim Anblick ihres Landes wohl jemals irgendeine Art von Befriedigung empfunden haben mochten. Vermutlich konnte man sie an einer Hand abzählen, wahrscheinlicher war, dass man die Hand gleich ganz in der Tasche lassen konnte.
Ein weiterer Schluck aus seinem Sektglas, ein weiteres Plattitüden-Pingpong mit einer der anwesenden Society-Damen, ein weiterer wehmütiger Blick zurück. Als Kerensky 1917 die politische Bühne betrat, hatte das Land schon in Scherben gelegen. „Bei Ebbe sieht man, wer nackt schwimmt“, hatte ein deutscher Boulevardjournalist voller Häme beim Anblick des auseinanderbrechenden Zarenreiches geschrieben, ein Kommentar, den Kerensky sich gerne zu Eigen machte. Voller Überschwang hatte auch er es damals begrüßt, dass die Stresssituation des Weltkrieges die geriatrische Schwäche des verkrusteten Zarenreiches offenbart und den Kräften des Fortschritts die Tür geöffnet hatte, voller Freude hatten er und Gleichgesinnte es damals auf sich genommen, das alte Russland wenn nötig mit Gewalt in die Moderne zu zerren, Wohlstand und Demokratie in ein Land zu bringen, das nur allzu sehr noch in feudalistischen Machtverhältnissen steckte, beherrscht von übermächtigen Grundherren und bewohnt von armen, rechtlosen Bauern. Wenn da nur nicht dieser verdammte Krieg gewesen wäre. Seit 15 Jahren nagte der Gedanke an ihm, dass vielleicht er Russlands Zukunft verspielt hatte, dass er das Projekt eines modernen und einigen Russland leichtfertig aufs Spiel gesetzt und verloren hatte.
Die Entente-Mächte England und Frankreich hatten ihn unter Druck gesetzt, den Krieg gegen die Mittelmächte fortzusetzen. Zuerst hatte er sich geweigert, hatte ja gewusst, was kommen musste, aber unter dem Druck seiner Generäle musste er sich bereit erklären, das große Massensterben an der Front nicht zu stoppen, sondern weiterhin auf eine Wende zu hoffen. Die Wende kam auch, aber anders als erwartet, und Kerensky war sehenden Auges hineingelaufen. Die revolutionären Arbeiter und Bauern, die ihm zur Macht verholfen hatten, wollten nur eine Sache: Frieden. Und er hatte sie ihnen aus reiner Feigheit verwehrt. Dass dieser halbgare Uljanow einen Aufstand in St. Petersburg anzetteln und damit das ganze Land endgültig ins Chaos stürzen konnte, war allein seine Schuld. Selbst wenn eine geeinte Front hinter den Generälen Denikin und von Wrangel die Roten niederschlagen konnte, der Schaden war angerichtet, das Vertrauen zerstört, die revolutionäre Unschuld verloren. Diese Tatsache, auswärtigen Beobachtern kaum bewusst, lastete seit 15 Jahren auf seinem Gewissen, nagte an seinen Nerven und an dem Land, das er liebte. Das heutige Russland war ein Schatten seiner selbst, große Teile des von seinen Vorgängern gesammelten Reiches hatten sich abgespalten, die gesamte Peripherie war verschwunden, zum Teil als Satellitenstaaten der Großmächte Deutschland und Japan, teils als Rückfall in ethnische Kleinstaaten, wie sie die russische Südflanke dominierten.
In den Jahren war es ihm gelungen, eine halbwegs stabile Regierungskoalition auf die Beine zu stellen, doch zu einer ernstzunehmenden Reform waren sie nie imstande gewesen. Noch immer befand sich der größte Teil Russlands im Mittelalter, mit einigen kleinen Inseln der Industrialisierung in den größeren Städten. Die öffentliche Verwaltung, wo sie überhaupt existierte, war paritätisch besetzt, um den unsicheren Frieden zwischen Kerenskys Mensheviki (Sozialrevolutionäre, die sogar von den deutschen Sozialdemokraten als Schafe im Wolfspelz verspottet wurden) und General Denikins Kadetten (sozialdemokratisch angehauchte Militaristen mit einem Faible für Ordnung und nationale Ehre) zu wahren. Dass dies nicht immer zu besonders kompetenten Funktionären führte, war allen Beteiligten klar, aber keiner traute dem anderen so weit, dass man tatsächlich etwas hätte ändern können.
Als Alexander I. Moskau in Flammen aufgehen sah, sinnierte Kerensky, mochte er sich genauso gefühlt haben, aber immerhin hatte er Hoffnung, Hoffnung darauf, dass Russlands Weite und seine unerschöpflichen Heere von patriotischen Bauern dem korsischen Eindringling schon die Tür zeigen würden. Kerensky hatte keine solche Hoffnung, die unregierbare russische Weite und die sturen Bauern waren seine Feinde und er wusste, ebenso wie Napoleon würde auch er unterliegen. Noch vor einigen Wochen hatte er einen Truppenbesuch bei der 325. Schützenbrigade durchgeführt und wäre fast in Tränen ausgebrochen. Die Truppe, die an der wichtigen Grenze zum Kossackenstaat Alash-Orda im Süden stationiert war, existierte nicht mehr. Einige Offiziere hatten ihn empfangen, etwa 50 Soldaten hatten ihm eine Parade geliefert. Dass die Soldaten noch mit Schwarzpulvergewehren, älter als er selbst fügte Kerensky im Geiste hinzu, ausgerüstet waren, war ihm schon vorher klar, was ihn aber restlos schockierte, war die Tatsache, dass der Kasernenkomplex ansonsten völlig verwaist war. Einige Offiziere und eine kleine Wachmannschaft hielten sich noch dort auf und bewachten das langsam vor sich hinrostende militärische Gerät, während der Rest der Truppe sich als Tagelöhner bei den Bauern im gesamten Militärdistrikt verdingte und damit wenigstens das physische Überleben der Einheit sicherte. Hinter dem Paradeplatz hatte man sogar in der Kaserne ein kleines Maisfeld angelegt, vor den Unterkunftsgebäuden wurden Kohlrüben angebaut.
Das alles war erbärmlich und beileibe keine Ausnahme. Die Wirtschaft lag danieder, die Zentralregierung hatte außerhalb von Moskau und St. Petersburg kaum Macht und im Ausland nahm niemand wirklich Notiz von Russland.

TheOtherGuy
14.07.09, 14:38
@sheepdodger:
Welche Adresse hat ein Bild auf meiner Festplatte? Oder meinst Du tatsächlich einen Photobucket-Link?

TheOtherGuy
14.07.09, 14:39
01.01.1936
Dunkle Wolken

Gegen 01:30 Uhr zog sich Kerensky von der Feier, wenn man sie denn als solche bezeichnen wollte, zurück. Seinen Kopf beschäftigten zu viele andere Dinge, als dass er sich weiter mit dem mongolischen Kulturattaché über ein Stipendiensystem für die Technische Hochschule Ulan Bator hätte unterhalten können. In einer Woche musste er mit Frederik Kaarle von Hessen, dem finnischen König, zusammentreffen, um weitere Vorbesprechungen für eine Verlängerung des Grenzabkommens von 1924 zu führen, und es grauste ihn, wie ihn nie etwas zuvor gegraust hatte. Er hatte einmal, 1926, in den Lauf der abgesägten Bauerflinte eines bolschewistischen Attentäters geblickt und gewusst, dass sein Leben nun enden würde, doch er hatte nicht einmal ansatzweise die nackte Panik gefühlt, die ihn jetzt bei dem Gedanken befiel, dem Oberhaupt dieses unbedeutenden ehemaligen russischen Großfürstentums zu treffen, ihm in die Augen zu schauen und diesen abschätzigen, ja mitleidigen Blick zu entdecken, den der ehemalige Prinz von Hessen ihm zuwerfen würde. Dieser Westentaschenmonarch mit seinem kleinen Sumpf- und Seekönigreich, Herr über Mücken und Schnee, würde auf Kerensky und Russland herabblicken und sich dabei auch noch wichtig vorkommen. Das hatte ihn immer gegen diesen aufgeblasenen preußischen Frosch aufgebracht, aber diesmal war es anders. Alexander Kerensky, Insolvenzverwalter des einst so mächtigen Russischen Reiches, wusste diesmal, dass der Finne Recht hatte, dass er alles Recht auf der Welt besaß, auf ihn herabzublicken. Und er fürchtete sich vor dieser Erkenntnis. Ein Blick aus dem Fenster des großen Rolls-Royce, der ihn zu seiner Dienstwohnung brachte, besserte seine Laune nur wenig. Der strenge Winter verschlang wieder Unsummen, um Kohle und Nahrung zu den Bedürftigen zu bringen, die sich trotz ihrer Hände Arbeit nur Essen ODER Brennmaterial leisten konnten, und im Winter auf eines von beiden würden verzichten müssen.
Zu allem Überfluss drohte sein einziger wirklicher politischer Erfolg der vergangenen Jahre, sich in Luft aufzulösen. Auch wenn Denikin und besonders Wrangel gerne Worte wie „Aufknüpfen“, „Arbeitslager“ und „Geschmeiß“ in der Mund nahmen, war allen klar gewesen, dass nach dem Bürgerkrieg eine Versöhnung mit dem Bolsheviki wichtiger war als Rache und so hatte Kerensky selbst damit begonnen, die ehemaligen Aufrührer politisch einzubinden und in die Mensheviki-Regierung zu integrieren, ein Projekt, dessen Erfolg nun eine der größten Gefahren für das Land beschwor. Die Bolsheviki stellten inzwischen einen der größten Teile der Mensheviki und hatten die Partei besonders durch ihre kompromisslose Haltung zu Landfragen radikalisiert. Wenn es Kerensky nicht gelang, sie wieder an die Leine zu legen, dann könnte dies das Ende der Einheitsregierung darstellen. Morgen hatte er einen Termin mit Chernov, dem Führer der Bolsheviki, und seinem charakterlich fragwürdigen Zögling Bukharin. Wenn er nur noch einen einzigen Kompromiss mit den Kadetten zuwege brächte, dann könnte er sich Zeit erkaufen um, ja, um was zu tun?
Das Rattern einer automatischen Waffe riss ihn aus seinen Überlegungen, Glassplitter schnitten in sein Gesicht, der abrupte Halt des Wagens schleuderte ihn gegen die Tür.
Eine Sekunde verging wie im Flug, bevor der kalte Windzug durch die zerschlagene Scheibe ihn wieder in die Wirklichkeit zurückholte. Auf dem Vordersitz lagen sein Fahrer und sein Leibwächter, vermutlich tot. Der Wagen war gegen eine Litfasssäule geprallt, auf der Kerensky das Bild eines Rotarmisten entgegenstarrte, dessen politische Botschaft ein niederländischer Zirkus respektlos überklebt hatte. Von der linken Seite näherte sich ein Mann, der mit einiger Ungeschicklichkeit ein neues Magazin in seine Maschinenpistole zu laden versuchte. Kerensky starrte ihn verwirrt an. Frustriert warf der Mann die Waffe in den frisch gefallenen Schnee und zog einen alten Nagant-Revolver. „Russland, groß und unteilbar!“ schrie er dem immer noch ungläubig starrenden Präsidenten entgegen, als hätte er es beinahe vergessen und wollte es nun schnell über die Bühne bringen. Die sieben Kugeln trafen den ersten, letzten und einzigen Präsidenten des demokratischen Russland aus nächster Nähe in die Brust, während der sich nur fragte, was der finnische König wohl davon halten würde.

sheep-dodger
14.07.09, 14:50
@sheepdodger:
Welche Adresse hat ein Bild auf meiner Festplatte? Oder meinst Du tatsächlich einen Photobucket-Link?

Natürlich nicht die Adresse auf der Festplatte, sondern die Adresse des Bildes auf photobucket. Ich kenn mich mit photobucket nicht aus, da ich normalerweise imageshack benutze, das ganze sollte dann in etwa so aussehen:


http://img15.imageshack.us/img15/1962/innenpolitik.jpg[./IMG]

(Ohne den Punkt im )
und wird dann so dargestellt:

http://img15.imageshack.us/img15/1962/innenpolitik.jpg

Ban Josip Jelacic
14.07.09, 14:51
@sheepdodger:
Welche Adresse hat ein Bild auf meiner Festplatte? Oder meinst Du tatsächlich einen Photobucket-Link?

Du must die Bilder erst hochladen, mit z.B. imageshack. http://imageshack.us/
Dann verlinkst du das Bild (die Seite im Netz) wie sheepdodger es erklärt hat.

Kurfürst Moritz
14.07.09, 14:52
@sheepdodger:
Welche Adresse hat ein Bild auf meiner Festplatte? Oder meinst Du tatsächlich einen Photobucket-Link?

Die Bilder müssen sich online im Netz befinden. Nur auf der Festplatte reicht leider nicht aus.

photobucket ist eine gute Adresse dafür.

dersheeper
14.07.09, 14:53
@sheepdodger:
Welche Adresse hat ein Bild auf meiner Festplatte? Oder meinst Du tatsächlich einen Photobucket-Link?

Er meint genau einen solchen Link.
Also: Bilder irgendwie hochladen, Adresse zwischen "xxx" in deinen Beitrag einfügen und fertig. :)

Edith bewundert die Geschwindigkeit der anderen Regenten, "Jaja, man wird alt." meckert sie in ihren flaumigen Damenbart. :fiesemoep:

TheOtherGuy
14.07.09, 14:56
Ausgzeichnet. Habe gerade mit Photobucket experimentiert und es funktioniert. Danke, dann kann ich ja loslegen. Mir ist vorhin beim Testen der Sowjet-Linie aufgefallen, wie viel spannender die Wrangel-Alternative gestaltet ist, aber jetzt ist es zu spät. Nun müssen alle die langeweilige Sowjetunion ertragen und mir dabei zusehen, wie ich den Sauladen aufräume. Und am Ende gewinnt doch die Internationale. Naja...

TheOtherGuy
14.07.09, 15:57
01.01.1936
Alte Freunde

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Denikin.jpg?t=1247579773

Im Moskauer Stadthaus von Innenminister Generalfeldmarschall Petr Nikolayevich Baron von Wrangel war es kalt wie in einem Iglu. Wrangel tendierte dazu, den Winter in seinem Anwesen in Tsaritsyn zu verbringen und befand sich eigentlich nur für die Silvesterfeier seiner Großtante in der Hauptstadt, weshalb sein eigenes Haus nicht beheizt war. Er bereute schon jetzt, nicht im wärmeren Süden geblieben zu sein.
„Das ganze ist totaler Unfug“ warf er dem soeben aus dem Schnee ins Foyer getretenen General Denikin an den Kopf. „Anton Ivanovich, Du bist wie ich Offizier und weißt ganz genau, was eine derartig konfuse Operation bedeutet. Verluste und Niederlage! Gottverdammt, wieso tust Du so etwas?“
Generalstabschef Denikin, begleitet von einem Dutzend Offiziere, wurde puterrot, konnte sich aber gerade noch zusammenreißen.
„Petr Nikolayevich, wir müssen umgehend handeln! Diese Gelegenheit kommt nur einmal und wenn wir jetzt nicht zuschlagen, wird sie vorbei sein. Und schlimmer noch, wir geben den Roten die Chance, sie zu ergreifen!“
Wrangels Gedanken rasten. Was tun, was tun? Vor einer halben Stunde hatte ein junger Leutnant ihn von der Villa seiner Großtante abgeholt und ohne zu wissen, was vor sich ging, hatte er zugestimmt, den innersten Kreis der Kadetten-Fraktion in seinem Haus zu empfangen. Normalerweise hätte er ihnen selbst um 03:30 Uhr erst einmal einen Wodka angeboten, um sich zu wärmen, doch er war ganz einfach zu aufgewühlt für selbst die simpelsten Höflichkeitsbekundungen. Einer der Leute, die Denikin im Schlepptau hatte, war Pavel Stepanovich Adreyev, ein politisch etwas überagitierter Fähnrich an der Moskauer Militärakademie und, wie Wrangel gerade erfahren hatte, der Mörder des Präsidenten Kerensky. Bis vor etwa einer Stunde war Andreyev noch ein verwirrter Einzeltäter gewesen, doch Denikin, der alte Narr, hatte ihn in sein Haus aufgenommen und plante nun einen Putsch. Er hatte schon lange jeden Sinn für die Realität verloren, befand Wrangel. Derzeit befanden sich neben dem Personal der Militärakademie, auf deren Gefolgschaft sich die Putschisten verlassen konnten, noch zwei reguläre Armeedivisionen in Moskau, dazu einiger Luftwaffeneinheiten. Nur mit einem der Divisionskommandeure durfte man rechnen, ob seine Stabsoffiziere folgen würden, war dagegen unklar. Und anderswo sah es nicht anders aus. Wenn sie jetzt putschten, würde das Bürgerkrieg bedeuten. Schon wieder. Baron von Wrangel atmete tief durch. Verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Maßnahmen.
„General Denikin, nehmen Sie Ihre Männer und begeben Sie sich zur Militärakademie! Dort trommeln Sie zusammen, wen Sie finden können, bilden Greifkommandos zur Verhaftung der wichtigsten politischen Entscheidungsträger und warten auf mein Kommando. Ich werde derweil mit den Armeeeinheiten Kontakt aufnehmen und auf mein Zeichen besetzen wir die wichtigsten Schaltstellen in Moskau.“
Hinter dem Kaiser-Wilhelm-Bart des Stabschefs erschien ein Lächeln so breit wie die Wolga bei Hochwasser. „Tovarish Wrangel, ich wusste, dass ich mich auf Dich verlassen kann!“
Innerhalb weniger Minuten befanden sich die gut zwei Dutzend Uniformierten auf dem Weg zur Anton-Denikin-Militärakademie im Kiever Bezirk der Stadt.
Wrangel dagegen war auf dem Weg zum Innenministerium, von wo aus die Polizei- und Militäreinheiten, derer er habhaft werden konnte, alarmierte und versammelte. Gegen 06:30 Uhr, beim ersten Tageslicht, stürmten die Polizisten und Soldaten die Militärakademie. 12 tote Soldaten und Polizisten standen rund 200 getöteten Putschisten gegenüber. Wrangel war der Held der Stunde, hatte er doch durch sein tatkräftiges und entschlossenes Handeln einen weiteren Bürgerkrieg verhindert. Wie es kam, dass kein einziger der in der Akademie angetroffenen Offiziere und Kadetten, darunter auch Denikin, kapituliert hatte und wieso die meisten von ihnen durch Kopfschüsse gestorben waren, fragten nur einige wenige und das auch nur hinter vorgehaltener Hand.

TheOtherGuy
14.07.09, 16:04
So, das war`s erstmal für heute. Diese ganze Photobucket-Sache ist etwas umständlich, aber ich glaube, ich bekomme es hin. Ein Hinweis für die, die sich bis jetzt langweilen:

1.) Wenn die Revolution vorbei ist, wird es etwas weniger Prosa und dafür mehr Technik werden, versprochen. Ich lese auch ungern derartige Textbrocken in Foren, aber ich bin Rollenspieler und sonst gäbe es bis 1939 überhaupt nichts zu erzählen. Die ganze Machtübernahme läuft sonst einfach nur über zwei Events und der Drops ist gelutscht, das ist etwas lahm und irgendwie auch nicht recht plausibel.

2.) Im Update für morgen (oder vielleicht auch übermorgen) mache ich auch einen etwas ausführlicheren Rundblick auf die außenpolitische Situation. Kaiserreich ist wie gesagt alternative Geschichte und vielleicht etwas verwirrend. Da ich bei meinem Regierungsantritt ohnehin eine diplomatische Bestandsaufnahme machen muss, kommt die Geschichtsstunde dann gleich in einem Abwasch.

TheOtherGuy
14.07.09, 16:13
Ach ja...

@ Preußenhussar: Die Techteam-Übernahme ist eigentlich okidoki, solange man sie für fremde Nationen wieder ausmacht. Es ist nicht sonderlich realistisch, die Techteams aller Länder mitzunehmen, aber sowohl Russland wie auch China haben ihre Techteams auf ein halbes Dutzend Nationen verteilt, es erschiene mir sinnvoll, sie deshalb wieder einzugemeinden. Da es dafür keinen Event gibt, mache ich das eben so.

@Sheepdodger: Danke für die Hilfe bei den Bildern. Und sei versichert, ich bevorzuge auch den demokratischen Weg. Deshalb nehme ich ja die Kommunisten (die übrigens keine Syndikalisten sind).

Rantanplan
14.07.09, 21:12
Sorry wenn ich den AAR mißbrauche, aber ich bekomme das nicht hin!

Habe den Mod geladen und soweit installiert, aber wenn ich spielen will und meine Nation gewählt habe kommt ai/Kaiserreich/Belgium/ai und dann bleibt der Fehler gleich und schiebt nur die einzelnen Nationen nach.

Also ai/Kaiserreich/Austria/ai...und so weiter...

sheep-dodger
14.07.09, 22:42
Habt Ihr auch das richtige Szenario gewählt? Es gibt ein extra Kaiserreich Szenario, am unteren Ende der Liste.

@TheOtherGuy: Das ist doch alles das gleiche Gesocks :P Was ich an Kaiserreich sehr interessant finde ist, dass die meisten wichtigen Nationen sich so krass unterschiedlich entwickeln können und dadurch jedes Spiel anders verläuft.

TheOtherGuy
15.07.09, 14:35
10.01.1936
Red Storm Rising

Petr Wrangel fror. Seine gute Ausgehuniform, in der er immer noch aussah, wie ein junger Gardehusar, war formschön aber nicht eben warm. Die russische Armee hatte auch lange Wollmäntel als offizielle Dienstuniform aber bis auf Schulterklappen und Kragenspiegel gab es an dem Mantel nichts, was ihn als Generalfeldmarschall der Russischen Republik von einem einfachen Soldaten unterschied. Wrangel war nie besonders gläubig gewesen und betrachtete Eitelkeit daher als eher lässliche Sünde, wenngleich der Schnee, mit dem Moskau im Januar traditionell immer wieder gesegnet wurde, kleine Haufen auf seinem Felltschako und seinem Schultern bildete. Das Staatsbegräbnis für Kerensky, kaum eine Woche nach seinem Tod, zog sich jetzt schon zwei Stunden hin und er war so durchgefroren, dass der Schnee nicht mal mehr auf ihm schmolz.
Die Zivilisten, die jetzt in der Duma und im Kreml den Ton angaben, hatten es da besser. Pavel Milyukov, Kerenskys zweiter Mann, war anwesend, ebenso wie alle anderen in einem dicken Fellmantel. Er genoss den Vorzug, in der dritten Reihe zu stehen und sich daher ohne großen Protokollbruch in seinen dicken Mantel einmümmeln zu können. Die neuen Herren im Kreml hatten es da schwerer. Victor Chernov, der alte Führer der Sozialrevolutionäre, musste trotz seines fortgeschrittenen Alters gerade und aufrecht auf der Tribüne stehen, den Hals im schneidenden Wind entblößt, um sich den Trauergottesdienst des Patriarchen anzuhören. Seinen Adlaten ging es nicht anders. Neben ihm stand Nikolai Bukharin, der Führer der Bolsheviki, ein kluger Kopf, aber wie Chernov ein Ideologe, kein Berufspolitiker. Ein strebsamer Arbeiter, aber für das politische Tagesgeschäft einfach zu steif. Doch ein großer Mann weiß immer, was er nicht kann, und Bukharin hatte wirklich ein Händchen bei der Auswahl seines Sekretärs gehabt, das musste Wrangel neidlos anerkennen. Wrangel hatte eigentlich darauf spekuliert, nach dem Tod Denikins der natürliche Nachfolger als Kopf der Kadettenfraktion zu sein, doch der politische Fallout des Putschversuchs war größer gewesen, als er jemals hätte ahnen können. Wenn Denikin, dieser alte Esel, auch nur geahnt hätte, wie viele Offiziere und Soldaten sich nach seinem kleinen Abenteuer hinter der Republik scharen würden.
Jetzt war Wrangel tatsächlich in der Position, die Kadetten anzuführen, doch die hatten sich hatten für alle praktischen Belange aufgehört, zu existieren. Etwa ein Viertel der Dumafraktion war in der Militärakademie gestorben, innerhalb weniger Tage löste sich auch der Rest auf, als ein gerüttelt Maß an Konservativen sich auf die Seite der Linken schlug. Und Bukharins Sekretär, dessen Name ihm gerade wieder entfallen war, hatte durch flinke Geheimverhandlungen innerhalb weniger Stunden eine neue Koalition der Linkskräfte organisiert, mit einer Geschwindigkeit, die alle Beobachter nicht nur überrascht sondern auch schockiert hatte. Wie hieß er denn noch gleich, kleiner unansehnlicher Georgier, irgendwas mit D und dem obligatorischen –wili am Ende? Konnte der Typ sich für seine politische Arbeit nicht einen etwas unkomplizierteren Namen zulegen? Rata wäre doch schön, das konnte man sich merken.
Nun ja, er war am Leben und die ihm angetragene Position als Oberbefehlshaber des Militärdistriktes Don musste ihm wohl reichen. Er wusste, es hätte schlimmer kommen können. Denikin und er wären mit Offizieren zweifelhafter Loyalität weniger zimperlich umgegangen...

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/PolitischeEntscheidung.jpg?t=1247661162 http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/PolitischeEntscheidung2.jpg?t=1247661206

(Das sind die beiden In-Game-Events, die ich mit dieser kleinen Geschichte etwas aufhübschen wollte. Ab dem nächsten Update geht`s dann etwas weniger prosaisch zu.)

Silece
15.07.09, 15:17
Leider sind die Bilder ein wenig klein. Was steht denn auf denen?
Was gibt es für Auswahlmöglichkeiten?

TheOtherGuy
15.07.09, 18:51
Ähem, ja... Offensichtlich ist Photobucket doch nicht so komfortabel, wie ich dachte. Das eigentliche Problem dürfte eher Paint sein. Ich sehe mal zu, ob ich das geändert bekomme, aber nur für den E-Fall:
Das erste Bild informiert uns darüber, dass Alexander Kerensky von einem unbekannten Schützen ermordet wurde und wir nun sagen sollen, wer das politische Ruder übernimmt. Zur Auswahl stehen die Sozialisten, die ich auch gewählt habe. Danach kommt Marschall Denikin, dessen Eventlinie habe ich aber nie ausprobiert. Man könnte auch Wrangel das Ruder in die Hand geben, dann bekommt man eine faschistische Diktatur und eine sehr interessante Reihe von außenpolitischen Events, mit denen man das Reich sammeln kann. Diese Linie hat den Vorzug, dass man 1940 sowohl gegen Deutschland wie auch gegen die Internationale zu Felde ziehen kann, da hat man alle Hände voll zu tun. Die letzte Option sind die Aristokraten unter Großherzog Dimitri. Die holen den Zaren zurück und man kann sich dann auf die Seite der Entente schlagen, was wegen deren Schwäche zu Lande sicher auch ganz spannend ist.
Das zweite Bild entscheidet den politischen Kurs der Sozialisten durch die Wahl des Premierministers. Uns stehen zur Auswahl: Iraklij Tsereteliy (Mensheviki), Pavel Milyukov (Liberaler) und Nikolai Bukharin (Bolsheviki). Bukharin ist der Weg zur glorreichen Sowjetrepublik, wir man sich denken kann.

TheOtherGuy
17.07.09, 11:12
01.02.1936
Erste Schritte

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Kabinett2.jpg?t=1247821938

„Alle hier? Dann können wir ja anfangen.“, stellte Nikolai Bukharin fest. „Wir haben jetzt alle zwei Wochen Zeit gehabt, uns in unseren Ministerien einzuarbeiten. Ich weiß, dass die meisten von uns noch nicht einmal einen vollständigen Stab haben, aber wir müssen möglichst schnell in den Tritt kommen, sonst fressen uns die Wölfe. Ich habe alle um eine Situationsanalyse ihrer Ressorts gebeten sowie einen kurzen Bericht über eventuelle Entwicklungen und Probleme. Maria Alexandrovna, möchtest Du anfangen?“

Maria Alexandandrovna Spiridonova, die neue Innenministerin der Russischen Republik, rückte einen Stapel Blätter vor sich zurecht. „Genossen, ich glaube das Innenministerium ist zurzeit das heißeste Pflaster in der Republik. Die Ermordung Kerenskys und der Putschversuch haben jede Mengen alte Wunden wieder aufgerissen und ein Gutteil der Militärs und des Adels stehen uns nicht besonders aufgeschlossen gegenüber. Ich habe eine kurze Lageeinschätzung aus dem Tambor-Institut für Sozialwissenschaften verlangt und ihre Analyse sieht nicht gut aus. Auf der Pavlov-Narmonov-Skala für intrasozialen Dissens liegen wir bei ungefähr 35%. Das bedeutet ein deutlich erhöhtes Risiko für Aufstände und Unruhen. Mehrere Polizeistationen im Landesinneren haben bereits Ausschreitungen gemeldet. Wir werden so schnell wie irgend möglich die Unruhestifter im öffentlichen Dienst auf weniger exponierte Posten versetzen, aber es wird vermutlich noch ungefähr ein halbes Jahr dauern, vielleicht länger, bis wir alles wieder im Griff haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir in spätestens einem Jahr wieder vollständig Herr der Lage sind.
Ich möchte weiterhin anregen, dass wir uns ernsthafte Gedanken um eine Verwaltungsreform machen. Unter Kerensky sind viele Verordnungen der Duma außerhalb Moskaus nie umgesetzt worden, weil die örtlichen Mir (Dorfversammlungen) und Sovyets (Räteversammlungen) in den unruhigen Zeiten einen Gutteil der Funktionen der staatlichen Verwaltung übernommen haben. Ohne eine funktionierende Verwaltung auf den unteren Ebenen können wir wenig machen. Das war`s erstmal von mir.“

„Gut, oder zumindest danke, Maria.“, sagte Bukharin. „Wirtschaft?“

Sergei Kirov, der neue Wirtschaftsminister, erhob sich von seinem Stuhl. „Meine Herren, ich habe Ihnen die wichtigsten volkswirtschaftlichen Eckdaten bereits auf Ihre Plätze legen lassen. Wie sie sehen können, ist die Lage verzweifelt aber nicht hoffnungslos, haha!“ Kirov war ein Mann ohne jeden Sinn für Humor, fand aber, dass ein Mann in Führungsposition besser akzeptiert würde, wenn er witzig und charmant war. Ganz nebenbei war er als Chef des größten russischen Rüstungsunternehmens auch noch der einzige genuine Kapitalist im Kabinett. Das konnte ja heiter werden, schoss es Bukharin durch den Kopf.
„Unsere wirtschaftliche Gesamtleistung bleibt zurzeit hinter ihren Möglichkeiten zurück, vor allem durch Streiks und Lieferschwierigkeiten. Der größte Teil der Produktion ist von mir in den zivilen Sektor umgeleitet worden, um die Konsumgüterproduktion und damit hoffentlich auch die Laune der Bevölkerung zu stabilisieren. Den Bedarf an Versorgungsgütern für das Militär decken wir aus Importen. Wegen der geringen Industrieauslastung bleiben uns jede Menge Rohstoffe, die wir derzeit primär gegen Öl und Dosenfutter für die Soldaten eintauschen. Auf diese Weise können wir sogar Rücklagen bilden, ohne uns selbst allzu sehr verausgaben zu müssen. Ich habe auch Maßnahmen angewiesen, die zu einer Modernisierung von Industrie und Landwirtschaft dienen sollen. Einige Inspektionstouren haben mir gezeigt, in welch erbärmlichem Zustand sich einige Teile unserer Schwerindustrie befinden. Auch auf landwirtschaftlichem Gebiet habe ich Modernisierungsmaßnahmen angeordnet.“

„Das klingt doch schon ganz gut. Was macht die Armee?“

„Zur Zeit wenig“, antwortete Felix Romanovsky, der Vertreter der Adligen im Kabinett. Der drahtige Offizier war zwar ein Abkömmling der angesetzten Zaren, doch an seiner Loyalität war wenig zu zweifeln und seine preußisch korrekte Art sagte Bukharin zu, wenngleich er ihn kaum als seinen Freund bezeichnen würde.
„Meine Herren, ich muss ehrlich mit Ihnen sein. Von den nominell 119 Divisionen, die wir unter Waffen halten, ist der allergrößte Teil nur bei 10% seiner Soll-Stärke. Die Ausrüstung ist völlig veraltet und wegen der jahrelangen Vernachlässigung ist der Bestand an schweren Waffen häufig weitgehend verkommen. Eine Modernisierung und Aufstockung der Bestände ist dringend geboten, wie Kollege Kirov mir versichert, für`s erste aber nicht durchzuführen. Die Luftwaffe ist nach wie vor klein, für einen Krieg gegen einen unserer kleineren Nachbarn aber weiterhin tauglich. Auch hier habe ich Modernisierungsmaßnahmen angeordnet. Die Marine ist in einem traurigen Zustand. Die zu modernisieren wird vermutlich innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht mehr möglich sein. Wir sollten überlegen, die Schiffe entweder zu verschrotten oder an Dritt-Staaten zu verkaufen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Zustand0236.jpg?t=1247821836

TheOtherGuy
17.07.09, 11:14
Außenpolitik kriegt beim nächsten Update einen großen Beitrag, weil da viel zu erklären ist.
Und falls mir jemand mitteilen möchte, dass die Bilder scheiße aussehen: Danke, weiß ich. Habe aber zurzeit nur Paint zur Verfügung.

Montesquieu
17.07.09, 11:39
Und falls mir jemand mitteilen möchte, dass die Bilder scheiße aussehen: Danke, weiß ich. Habe aber zurzeit nur Paint zur Verfügung.

paint.net, irfanview, GIMP...

Rantanplan
17.07.09, 12:53
Und falls mir jemand mitteilen möchte, dass die Bilder scheiße aussehen: Danke, weiß ich. Habe aber zurzeit nur Paint zur Verfügung.

Ich wollte noch anmekren das die Bilder unter aller Sau sind :D

Aber im ernst!

Echt klasse AAR bis jetzt. Hab jetzt selber mal mir Russland angefangen und bin gespannt welchen Weg Ihr wählt.

Grüße Rantanplan

General Guisan
17.07.09, 12:56
Ich empfehle auch Paint.NET (sieht "fast" so aus wie das normale Paint, kann aber viel, viel, viel mehr.. und ist kostenfrei) und als Imagehoster tinypic, da könnt ihr bis zu 5 Bilder pro Upload hochladen, es ist sehr schnell und imho benutzerfreundlicher.

TheOtherGuy
17.07.09, 14:06
Danke. Paint.Net werde ich mal ausprobieren und mit Photobucket bin ich eigentlich ganz zufrieden. Man weiß fremder Leute AARs erst zu schätzen, wenn man selbst mal durch die Arbeit durch ist, diese vermaledeiten Bilder einzustellen.
Bin übers Wochende außerdem beschäftigt, d.h. heute und morgen wahrscheinlich keine Updates mehr.

TheOtherGuy
23.07.09, 10:06
01.02.1936
Sicherheitsbelehrung

Nachdem der Konferenzraums nur noch vom engeren Kabinett –neben den Ministern waren auch einige Ministerialbeamte und Mitglieder des Geheimdienstes, der Parteien und der wichtigsten Sowjets anwesend gewesen, die nun den Raum verlassen hatten- rief Nikolai Bukharin die Anwesenden wieder zur Ordnung. „Genossen! Genossen, wie ich höre hat Genosse Zukhanov einen etwas ausführlicheren Lagevortrag für uns. Nikolai, wenn Du uns bitte kurz einen Lagevortrag über Deine ersten diplomatischen Bemühungen geben könntest!“

„Noch gibt es nicht besonders viel zu berichten.“, begann Zukhanov. Bukharin hatte ihn immer gut leiden können, trotz der Tatsache, dass Zukhanov ein Menshevik war. Während man sich mit Viktor Chernov ganz ausgezeichnet über Frage der politischen Theorie unterhalten konnte, war er eine absolute Null in allen Fragen der praktischen Politik. Er verstand nichts von Menschenführung, konnte Chancen und Risiken schwer einschätzen und sah seine Chancen nicht. Zukhanov dagegen war ein gewiefter Politiker, flink wie ein Wiesel und sehr belesen in Wirtschaftsfragen. Er hatte außerdem auch im hohen Alter immer noch ein ausgeprägtes Sprachtalent, was ihn zum besten Kandidaten für den Posten als Außenminister machte. Bukharin fürchtete, eines Tages in Konflikt mit dem Mann zu kommen.

„Genossen“, begann der Außenminister, „meine ersten Antrittsbesuche bei den wichtigsten Ländern sind bereits geplant, aber eine Einschätzung der diplomatischen Lage kann ich bereits jetzt abgeben. Meine Abteilung für Pressebeobachtung hat die Reaktionen bei den Weltmächten gesammelt und in den Dossiers zusammengestellt, die Ihnen vorliegen. Falls Sie einen Mangel an freier Zeit leiden, behelligen Sie sich nicht damit, die Zeitungsausschnitte zu lesen, es ist alles nicht besonders überraschend.“

„Deutschland als Führer des mitteleuropäischen Bündnissystems und Kanada als Führer der revanchistischen Entente haben in ihren entsprechenden Staatspressen scharfe Angriffe gegen unseren Wahlsieg gestartet, was aber auch nicht anders zu erwarten war. Es werden sogar erste Stimmen laut, die eine Intervention in Russland fordern, doch zurzeit arbeitet die schwierige globale Lage für uns. Weder Deutschland noch die Entente können sich gerade ein derartiges militärisch-diplomatisches Projekt ans Bein binden. Ebenfalls erwartungsgemäß unsere Aufnahme im syndikalistischen Lager: In der Commune de France, der Britischen Union und der Sizilianischen Republik wird unser Regierungsantritt begrüßt, wenngleich die Syndikalisten immer gewisse Vorbehalte gegen die kommunistischen Revolutionskonzeptionen gehabt haben.“

Das war jetzt ja klar gewesen, dachte Bukharin. Zukhanov kam nicht umhin, den alten Streit zwischen Syndikalisten und Kommunisten auszugraben, ein gewiefter Schachzug, wie er befand.
Nach dem Scheitern der Pariser Kommune 1871 waren im sozialistischen Lager verschiedene theoretische Lehren aus dem Scheitern des ersten revolutionären Großversuchs gezogen worden. Ein Teil argumentierte, eine gewaltsame Revolution würde nur eine noch gewaltsamere Gegenreaktion provozieren, weshalb sie die legale Erringung der Macht durch parlamentarische Mitarbeit als den Weg zum Sozialismus betrachteten. So entstanden die Sozialdemokraten. Auf der anderen Seite standen die, die die notfalls gewaltsame Erringung der Macht für den einzig gangbaren Weg erachteten. Im Osten waren hier die Bolsheviki tonangebend, deren Strategie auf einer blitzartigen Eroberung der politischen Schaltstellen setzten, um dann im Gefolge alle weiteren sozialistischen Reformen von oben nach unten durchsetzen zu können. Die Kontrolle der Schaltstellen, so lautete ihr Credo, würde sicherstellen, dass eine Gegenreaktion scheitern musste. Demgegenüber behaupteten die Syndikalisten, die vor allem in Westeuropa die dominante Machte waren, ihre Theorie, dass die Besetzung der Produktionsmittel und die Unterwanderung der kapitalistischen Macht durch Gewerkschaften und Betriebsorganisationen die einzige Möglichkeit war, die Kapitalisten und ihren chauvinistischen Helfern die Luft abzuschnüren und dabei gleichsam die Macht von unten zu erobern. Die Geschichte hatte ihnen Recht gegeben, denn Lenin, mit dem Bukharin einst in St. Petersburg auf den Barrikaden gekämpft hatte, war nie in der Lage gewesen, das Schwert, das er einmal in die Hand genommen hatte, wieder wegzugeben. Seine diktatorischen Maßnahmen provozierten nicht nur eine deutsche Intervention sondern auch den Abfall der von Deutschland befreiten roten Gebiete.
Dass Zukhanov jetzt seine Worte wählte, wie er sie wählte, implizierte, eine zu starke Betonung der bolschewistischen Elemente in der Regierung könne die Chancen auf eine mittelfristige Allianz mit den Syndikalisten zerstören. Bukharin fragte sich, ob er damit nicht vielleicht sogar Recht hatte.

TheOtherGuy
23.07.09, 10:08
Hi Leute, tut mir leid wegen der langen Pause. Ich habe mir tagelang die Rübe zerbrochen, wie ich einen Überlick über die internationale Lage in Prosaform gieße, aber das hätte immer 10 A4-Seiten gefüllt. Deshalb: http://editthis.info/kaiserreich/Main_Page.

Im Augenblick ist Zeit etwas knapp, aber morgen oder vielleicht heute abend geht`s weiter.

Carl the Great
28.07.09, 14:34
Keine falsche Müdigkeit vortäuschen! Weiter geht's. ;)

TheOtherGuy
30.07.09, 14:11
Mein Internet-Anschluss funktioniert wieder! Ich habe ein Kabel aus der Wand gerissen und dabei den TAE-Anschluss zerlegt. Die Telekom hat mir gesagt, das Kabel gehöre gar nicht zu meinem Router, was mich trotz meiner Erfahrungen mit der Telekom etwas überrascht hat. Naja, jedenfalls habe ich entdeckt, dass ich das Kabel gar nicht brauchte, wieso auch immer. Ich verliere ohnehin nur Geistige Stabilitäts-Punkte, wenn ich zu lange über die Telekom nachdenke. Hier zur Entschädigung ein ganz großer Brocken!

TheOtherGuy
30.07.09, 14:24
24.10.1936
Champagner

„Das lief doch gut“, sagte Nikolai Bukharin zu niemandem im Besonderen. Sein Büro war leer, aber da er relativ gut wusste, dass die neue Geheimdienstchefin Maria Spiridonova sein Büro verwanzt hatte, fand er es eine höfliche Geste, dem armen Kerl, der ihn abhören musste, wenigstens mal „Guten Tag!“ zu sagen, wenn er jetzt schon kein Gespräch belauschen konnte. Immerhin saß Boris, Bukharin hatte beschlossen, seinen Belauscher Boris zu nennen, vermutlich den ganzen Tag im Keller des Kreml (er hatte sich -wie viele andere auch- noch nicht angewöhnt, ihn Palast der Republik zu nennen) sitzen. Der Kreml war schon oberirdisch nicht sonderlich gut heizbar, im Keller musste es eine Zumutung sein. Bukharin nahm einen Zettel und notierte: „Boris Essen und Wodka schicken!“. Er würde Rodion Yurievich, den Chef der Präsidentengarde, vorher anweisen, diskret herauszufinden, wo die Kabel aus seinem Büro hinliefen, immerhin machte es wenig Sinn, einen Saaldiener mit Borscht und Wodka in die gigantischen Kelleranlagen zu schicken, wo er dann immer „Boris, Boris!“ rief.

Bukharin musste bei dem Gedanken schmunzeln. Das erste Mal seit Monaten. Zum ersten Mal in diesem stressigen Jahr fühlte er sich beschwingt, ja leicht wie eine Feder. Lange genug hatte alles auf der Kippe gestanden. Neben den inneren Unruhen, bei denen auch einige Menschen ums Leben gekommen waren, musste er sich um die Reaktionen des Auslandes sorgen. Ein linksradikaler Wahlsieg in Russland wurde in Berlin, Tokyo und Ottawa mit äußerster Besorgnis aufgefasst, aber glücklicherweise waren die Großmächte derzeit mit anderen Dingen beschäftigt. Und die kleinen Nachbarnländer, vor allem Finnland hatten zwar Krach geschlagen, aber wenig damit erreicht. Zurzeit beruhigte die Lage sich an dieser Front und die Wellen glätteten sich.

Dazu kamen interne Probleme. Die Macht des Kremls hatte in der russischen Geschichte, zumal seit 1917, kaum über Moskau und St. Petersburg hinausgereicht, die Standardreaktion des Russen war dabei immer gewesen, sich selbst zu helfen. So entstanden Sowjets und Mirs, Räte und Dorfversammlungen, in denen die Menschen gemeinsam ihre Probleme besprachen und sich gegenseitig halfen. Die Versuche der Zaren, sich dieser demokratischen Urform zu entledigen waren immer gescheitert, meistens nicht mal spektakulär sondern sie wurden einfach ignoriert. So ein riesiges Land konnte man nicht gegen die Bevölkerung regieren. Und so griff das Bukharin-Kabinett zur selben Strategie, mit der sie schon die Kadetten kleinbekommen hatte: Wenn du sie nicht besiegen kannst, umarme sie! Seit einigen Monaten waren die Dorfversammlungen in lose aber verbindliche Formen gegossen worden, ein Mir, der gewisse formale Kriterien erfüllte (z.B. eine demokratische Wahl) erwarb sich damit das Recht, Delegierte auf die Bezirks-Versammlung zu entsenden und so weiter. Analog galt das Gleiche für die Betriebsräte in den Städten. Das hatte viel Konfliktpotential aus der Verwaltungsfrage genommen aber gleichzeitig auch noch genug Macht in den Händen des Kreml gelassen, um weiter an einem geordneten Staatswesen arbeiten zu können. Die Bauern waren eben auch nur Bauern, ihr Interesse ging zeitlich nicht viel weiter als bis zur Ernte und geographisch nicht über ihren Acker hinaus. Wo Reformen nötig waren, konnte er sie immer noch durchsetzen, wenngleich er nun ein gerüttelt Maß an Rücksichten auf das Volk nehmen musste.

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Soviets.jpg?t=1248956169

Ein demokratisches Gemeinwesen nach amerikanischem Vorbild war man damit immer noch nicht, aber immerhin, es beklagten sich nur noch wenige Leute, und auch die fügten sich in die neue Zeit. Bei den Begräbnissen von Ivan Pavlov und Maxim Gorkyi, als große Trauermärsche durch die Straßen zogen, hatte es einige Ausschreitungen gegeben und auch Bukharin wurde den Verdacht nicht los, dass Spiridonovas Volkskommissariat des Inneren (NKWD) zumindest mit Gorkyis Tod etwas zu tun hatten. Er wartete eigentlich nur auf eine günstige Gelegenheit, diesen langsam wachsenden Kraken des Misstrauens zu zerschlagen, den er dort an seinem Busen nährte. Eine effiziente Geheimorganisation war wichtig, aber der NKWD drohte allmählich, sich zu einem eigenen kleinen Staat auszubauen. Das musste aufhören!

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Tote.jpg?t=1248956229

Aber zurzeit brauchte er ihn noch. Neben den unleugbaren Fortschritten in der Modernisierung der Landwirtschaft, der Industrie und des Militärs war es vor allem ein großer Coup gewesen, der den Spätsommer bestimmte und ihm immer noch ein Schmunzeln aufs Gesicht zauberte. Ende Juli war der Metropolit von Moskau, auf ihn zugetreten und hatte gefordert, den Status der Orthodoxen Kirche gesetzlich zu verankern, der nach der Machtübernahme ins Wanken geraten war.
Die christliche Orthodoxie war seit Jahrhunderten die Staatsreligion Russlands gewesen und die diversen Zaren hatten auch viele weltliche Funktionen an den Metropoliten und sein Gefolge abgetreten, vor allem um sich ihre Mithilfe bei der Machterhaltung zu sichern. Doch seit Anfang des Jahres hatten immer mehr staatliche Behörden diese Macht zurückgefordert und da viele der paritätischen Besetzungen und administrativen Funktionen, auf die die Kirche Anspruch erhob, nur Gewohnheitsrecht waren, kam sie immer mehr unter Druck.
Der derzeitige Metropolit, Mikhail Polskii, war ein erfahrener Politiker, aber auch erfahrene Politiker können sich verspekulieren. Wahrscheinlich hatte Polskii gehofft, Bukharin würde aus Angst vor einer weiteren Destabilisierung und eventuellen Unruhen zurückstecken und einen Status zementieren, den er später, wenn seine Macht gefestigt war, nur noch sehr schwer würde zurücknehmen können. Es war das Vertrauen auf die Macht des NKWD, die Bukharin in die Lage versetzte, Polskii vom Hof zu jagen. In seiner Jugend hatte auch er „Wir hängen wir alle Pfaffen an der Kremlmauer auf…“ gesungen, aber mit dem Alter kam der Langmut gegenüber diesem Aberglauben, der offenbar so vielen Menschen etwas bedeutete. Seine eigene Mutter – Marx habe sie selig – war tiefgläubig gewesen. Er sah keinen Grund, den Menschen ihren Glauben zu nehmen, weshalb er den von Spiridonova vorgeschlagenen Kurs der Zerschlagung der Kirchenorganisation nicht mitgehen wollte. Stattdessen handelte er wie ein Politiker: Innerhalb von ein paar Wochen hatte sein treuer Schatten Josif Vissaryonnovich die wichtigsten Fraktions- und Flügelführer in der Duma auf einen neuen Verfassungszusatz eingeschworen, der das Recht auf die freie und ungehinderte Religionsausübung festschrieb, er hatte sich sogar dazu bereit gefunden, die privilegierte Position der Russischen Orthodoxen Kirche weiter beizubehalten, aber eine strenge Trennung von Staat und Kirche stand jetzt in der Verfassung verankert und würde es auch bleiben.
Natürlich kam es hier und da zu Aufständen - interessanterweise konnten viele der Dorfpriester, die diese Erhebungen anführten auf gut bestückte Waffenlager zurückgreifen -, doch der NKWD und die Polizei machten dem schnell ein Ende. Ein Glück, denn der Einsatz des Militärs war zurzeit schwierig genug.

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Kirche.jpg?t=1248956254

Derzeit befand sich die gesamte Führungsspitze der Russischen Armee nominell in Moskau. Ein Gutteil der Truppen formierte die Parade zum Jubiläum der Oktoberrevolution, die heute zum ersten Mal offiziell begangen wurde. Es war schön anzusehen, wenngleich die Tatsache, dass das, was heute an der Tribüne unter ihm vorbeimarschiert war, den Großteil seiner 120 Divisionen darstellen sollte, ihn etwas grummelig machen sollte. Nach den letzten Zahlen waren nur etwa 250.000 der nominell mehr als einer Million Soldaten tatsächlich verfügbar. Die Rote Armee hatte während des Bürgerkrieges mehr Männer unter Waffen gehalten. Aber die Strukturen existierten, man musste praktisch nur noch Männer hineintun. General Romanovsky als Stabschef und Feldmarschall Sherbatchev als Oberster Befehlshaber hatten ihm versichert, in ungefähr einem Jahr könne die Truppe wieder auf Sollstärke sein, außerdem konnten sie heute auch schon einige der neuen Waffensysteme besichtigen, die in naher Zukunft in die Armee eingeführt werden würden. Die ersten Maschinenpistolenbataillone hatten Bukharin schwer beeindruckt, auch die neuen DB-3-Bomber und LaGG-3-Jäger, die langsam ausgeliefert wurden, waren eine Augenweide. Und Romanovsky arbeitete zurzeit an einer neuen Militärstruktur, die etwas mehr Organisation und vor allem strategische Flexibilität an den weitläufigen asiatischen Fronten bringen sollte.

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Armee.jpg?t=1248956524

(Man beachte, dass 119 Divisionen eine maximale Gesamtstärke von 11.900 haben, hier aber nur 2455 versammelt sind. Das ist meine ganze Armee, Ihr könnt Euch also ausrechnen, dass mein Reinforcement-Slider die nächste Zeit einsam an der Spitze bleibt.)

Bukharin entkorkte eine Flasche von dem guten Krimsekt, den ihm der ukrainische Sozialistenführer Nikita Sergejewitsch Chruschtschow zum Amtsantritt geschickt hatte. Bis jetzt hatte er wenig Anlass gehabt, die Flasche zu öffnen, aber jetzt fand er, sei die Zeit gekommen. Die inneren Spannungen waren weitgehend gelöst, die Industrie und Landwirtschaft waren auf dem Weg in die Moderne, die Armee erholte sich und allgemein war es, als habe jemand den Stöpsel aus der Rodina gezogen, die nun vor Produktivität und Lebenskraft überquoll. Bukharin störte sich nicht einmal daran, dass auch die Flasche beim Entkorken überquoll und seine Hose benetzte… :gluck:

Carl the Great
30.07.09, 14:57
Na, das sieht doch tatsächlich so aus, als wäre die Russische Republik auf dem Weg in die Moderne. Könntet ihr eventuell einen Screenshot von der außenpolitischen Situation machen? Würde mich mal interessieren, wie groß Russland denn nun ist und was es so für Nachbarn gibt.

Silece
30.07.09, 16:48
Super AAR. macht lust den Mod selber zu probieren.

Einen Wunsch hätte ich trotzdem. Könnt ihr vielleicht schreiben, was für Auswahlmöglichkeiten die anderen Events gehabt hätten.

Also z.B.

Orthodxy is Our State religion: Dissent -3
The Orthodox Church must play an important role in the state: Dissent -7.

Einfach nur interesse halber.

TheOtherGuy
31.07.09, 08:55
@Carl: Das mit der außenpolitischen Situation ist mein größtes Problem, denn Kaiserreich hat eine der reichsten alternativen Geschichten, deren Beschreibung einfach ziemlich lange dauern würde. Ich tu Euch allen mal den Gefallen, zumindest einen Grobschnitt der außenpolitischen Lage zu machen, aber ich verweise trotzdem auf Kaiserpedia.

@Silece: Die Auswahlmöglichkeit bei der Eingemeindung der Sowjets war gar nicht so besonders aufregend. Man kann sich dort noch entscheiden, ob man vielleicht die Zemstva wieder einführen will (Reform von Alexander II., so ähnlich wie ein moderner Landtag, aber passives wie aktives Wahlrecht hängen vom Landbesitz ab) oder eine neue zentralistische Verwaltung aufbaut. Beide Optionen führen zu geschlosseneren Gesellschaften und die Zentralverwaltung zu deutlich stärkerer Planwirtschaft.

Bei der Kirche ist es etwas komplizierter. Die Orthodoxie zur Staatsreligion zu erklären habe ich nur einmal bei einem Spiel als General Wrangel gemacht. Da bekommt man dann einen faschistischen Staat und wenn man die Kirche mit ins Boot holt, folgen eine Reihe von Events, die die russischen Nachbarländer destabilisieren und einem Cores und CBs gegen die Heinis geben. Ist ganz spannend, die Events nehmen einem aber die Initiative aus der Hand. Da Russland sehr weitläufig ist, ist es etwas doof, wenn man plötzlich mit der Mongolei Krieg führen muss und genau 2 Tage Vorwarnzeit hat.
Wenn man der Kirche eine Rolle in der Politik zuweist bekommt man als Head of State Mikhail Po`lskii, der aber nichts taugt. Ob das zu anderen Events führt, weiss ich aber nicht, ich vermute, man kriegt dieselben wie oben, nur eben mit dem Ambitious Union Boss als HoS.

Carl the Great
31.07.09, 10:05
@Carl: Das mit der außenpolitischen Situation ist mein größtes Problem, denn Kaiserreich hat eine der reichsten alternativen Geschichten, deren Beschreibung einfach ziemlich lange dauern würde. Ich tu Euch allen mal den Gefallen, zumindest einen Grobschnitt der außenpolitischen Lage zu machen, aber ich verweise trotzdem auf Kaiserpedia. Ich möchte ja nicht die gesamte außenpolitische Lage kennen, sondern nur sehen, wie die politische Karte aussieht. Also einfach einen Screenshot. :)

Rantanplan
31.07.09, 13:17
Sehr schön, nur weiter so, dann bin ich zufrieden!

Grüße

Morenga
31.07.09, 14:22
Großartiger AAR! :prost:

Und nur keine falsche Bescheidenheit: Euer Schreibstil ist vorzüglich und sehr kurzweilig. Ihr dürft uns gerne mit vielen weiteren, wortreichen Details 'langweilen'! :ja:

TheOtherGuy
31.07.09, 16:58
Wohlan, auf höchst-moderatorischen Wunsch eine kleine tour de force durch das Kaiserreich-Universum. Das wird wahrscheinlich die Lage eher verkomplizieren, aber ich habe vortrefflichst vorgesorgt und weiteres Schmökervergnügen verlinkt:

Mitteleuropa:

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Mitteleuropa.jpg?t=1249052200

A) Das Deutsche Reich – Unumstrittener Sieger des Weltkrieges, seitdem die dominante Weltmacht. Nicht auf dem Bild: Deutsche Besitzungen in Afrika (u.a. Madagaskar und die Suezkanalzone) und Asien (Vietnam und die pazifische Inselwelt). Führer des Mitteleuropäischen Bündnissystems (Mitglieder: Deutschland, Flandern-Wallonien, Weissruthenien, Litauen, Vereinigtes Baltisches Herzogtum, Ukraine; potentielle Mitglieder: Finnland, Mittelafrika, Allgemeine Ostasiatische Gesellschaft)
Kämpft zurzeit mit der Weltwirtschaftskrise und dem Imperial Overstretch
http://editthis.info/kaiserreich/Germany
B) Britische Union – Die Reste des Empire, nachdem der Zusammenbruch der sozialen Ordnung im Gefolge des verlorenen Weltkriegs die Syndikalisten an die Macht gebracht hat. Erbfeind der Kanadier
http://editthis.info/kaiserreich/Union_of_Britain
C) Commune de France – Das Flagschiff des Syndikalismus, militärisch und wirtschaftlich das stärkste sozialistische Land und Führer der Dritten Internationalen (Mitglieder: Frankreich, Sizilien; potentielle Mitglieder: Britische Union, Bengalen, Georgien; befreundet: Mexiko, Russland)
http://editthis.info/kaiserreich/Commune_of_France
D) Königreich Spanien – Marodes Königreich, das bald zwischen Syndikalisten und Faschisten aufgerieben werden könnte.
http://editthis.info/kaiserreich/Spain
Das andere D) ist die Italienische Föderation ein feudalistischer Kirchestaat unter der Führung des Papstes Pius XI. Hier haben sich die reaktionären Elemente nach der Revolution in Sizilien zusammengeschlossen. Der Papst strebt ein Bündnis zwischen den katholischen Mächten an (mögliche Mitglieder: Italien, Spanien, Österreich, Irland)
http://editthis.info/kaiserreich/Italian_Federation
E) Republik Sizilien – Syndikalistischer Staat am Fuße Italiens, wirtschaftlich und militärisch schwach, aber mit französischer Rückendeckung
http://editthis.info/kaiserreich/Republic_of_the_Sicilies
F) Flandern-Wallonien – Deutscher Satellitenstaat unter der Führung eines Hohenzoller-Prinzen
http://editthis.info/kaiserreich/Flanders-Wallonia
G) Österreich – Immer noch ein Kaiserreich und immer noch am Rande des Untergangs. Die Neuverhandlungen des Ausgleichs mit den Ungarn stehen mal wieder an, das könnte knifflig werden. Zu Österreich gehören folgende semi-autonome Staaten:
H) Ungarn
I) Kroatien
J) Bosnien
K) Serbien gehört nicht dazu, aber die Buchstaben nach Gutdünken gesetzt, ich bitte das zu verzeihen…
L) Nein, Bulgarien gehört auch nicht dazu, was habe ich mir da nur gedacht? Wahrscheinlich wieder gar nichts…
M) Böhmen

Natürlich habe ich vergessen, den kleinen dunkelgelben Fleck gleich nördlich von Ungarn zu markieren, das wäre nämlich Galizien-Lodomerien. Das gehört auch noch zum Österreichisch-Ungarischen Gesamtreich.

sheep-dodger
31.07.09, 17:26
Ausgezeichnet!
Was ich sehr lustig finde und unbedingt ausprobieren muss, ist mit Spanien zu spielen und den Bürgerkrieg mit dem normalen Spanien zu gewinnen, dann kann man wohl Anspruch auf den Thron der Burbonen erheben und kriegt Cores auf ganz Frankreich :D

TheOtherGuy
31.07.09, 18:21
Eurasien:

http://i598.photobucket.com/albums/tt63/TheOtherGuy02/Eurasien.jpg

A) Finnland – Kleine Männer mit großen Lappen, äh, Klappen. Von der faschistischen Lapua-Bewegung und einem deutschen Prinzen regiert. Mein schwierigster Angstgegner am Anfang, muhahaha!
http://editthis.info/kaiserreich/Finland
B) Vereinigtes Baltisches Herzogtum – Deutscher Satellitenstaat. Baltendeutsche Oberschicht beherrscht baltischstämmig Unterschicht.
http://editthis.info/kaiserreich/United_Baltic_Duchy
C) Litauen – Selbes Spielchen, aber ein bisschen mehr Nationalismus.
http://editthis.info/kaiserreich/Lithuania
D) Weissruthenien – Noch einer der deutschen Pufferstaaten. Kriegen glaube ich per Event innere Unruhen, weil der eigentliche König nicht die Macht im Staat hat.
http://editthis.info/kaiserreich/White_Ruthenia
E) Polen – Armes Polen. Die kommen nie gut weg. 6 Provinzen und 18 IK, die haben`s auch echt nicht leicht.
http://editthis.info/kaiserreich/Poland
F) Galizien-Lodomerien – Da isses.
http://editthis.info/kaiserreich/Galicia-Lodomiera
G) Ukraine – Ursprünglich österreichisches, jetzt deutsches Protektorat. Zweitstärkstes Militär im ganzen mitteleuropäischen Bündnissystem. Mit etwas Glück putscht Nikita Khrushtchov sich an die Macht, wahrscheinlich aber nicht.
http://editthis.info/kaiserreich/Ukraine
H) Don-Kuban-Union: Ein alter russischer General hat sich hier während des Bürgerkrieges unabhängig gemacht und führt jetzt einen Kossacken-Staat. In Moskau betrachten wir die genauso wie die USA den Irak: Die haben unser Öl!
http://editthis.info/kaiserreich/Don-Kuban_Union
I) Azerbaidschan – Öl und Berge.
http://editthis.info/kaiserreich/Azerbaijan
J) Georgien – Sozis und Berge.
http://editthis.info/kaiserreich/Georgia
K) Alash-Orda – Ein ziemlich großer Kasachenstaat. Pushover.
http://editthis.info/kaiserreich/Alash_Orda
L) Turkistan – Noch so ein ethnischer Zwergstaat, diesmal für die Turkmenen. Könnten sich etwa 1937 mit Alash-Orda in die Haare kriegen, wer auch immer der Sieger ist, könnte relativ stark werden.
http://editthis.info/kaiserreich/Turkestan

Ergo: Meine Westgrenze wird von Kleinstaaten dominiert, die sich unter deutschem Schutz befinden. Im Süden sind weitläufige Staaten mit kleinen Armeen, wenig Wirtschaft und vielen Rohstoffen. Blöd nur, dass sie alle im Schnitt 30% Infrastruktur haben, das macht die Eroberungen nicht leicht.

TheOtherGuy
31.07.09, 18:28
Kann mir jemand verraten, wieso das Bild so klein ist?

sheep-dodger
31.07.09, 19:09
Ihr müsst in dem Link das "th_" entfernen.

Carl the Great
31.07.09, 19:37
Ihr müsst in dem Link das "th_" entfernen. Habe ich mal gemacht. ;)

Vielen Dank für die Screenshots, werter Other Guy. :D

Stupor Mundi
01.08.09, 11:42
Vielen Dank auch von meiner Seite. Der AAR gefällt mir, und die Prosaform finde ich auch besser als langweilige Details über die Wirtschaft.
Könnte es sein, dass Ihr im Eurasien.Screenshot Georgien und Aserbaidshan verwechselt habt?

TheOtherGuy
02.08.09, 13:50
Ja, natürlich. Warum fragt Ihr?

General Adrian
24.08.09, 19:01
Gefällt mir sehr gut.
Muss ich auch mal ausprobieren.

Zauberfloete
04.09.09, 13:43
Werter TheOtherGuy! Als General-Sekretär des Kaiserreich Mods muss Ich euch für die Verbreitung des Mods in den deutschen Forum danken! :top:

Als ein wiederauferstehendes UDSSR zu spielen ist immer intressant! Das deutsche Kaiserreich läuft jetzt Gefahr zwischen zwei sozialistischen Kräften zermalmt zu werden. Doch solltet ihr eure Gebiete im Osten nicht vernachlässigen - die Japaner und Kolchak können eure Wiederauferstehung sehr missbilligen!

Oh, und achtet auf die Mongolischen Reiterhorden und dem verrrückten Baron!!!:eek:

TheOtherGuy
06.09.09, 13:26
20.03.1936
Revolution!

Nikolai Bukharin kotzte. Das war nicht weiter verwunderlich, denn er war so blau, wie seit seiner Studentenzeit in Paris nicht mehr. Wie konnte das nur passieren, er war immerhin ein Staatsoberhaupt, verdammt! Das er sich so gehen ließ!
Dschugaschvili und Trotsky saßen immer noch in seinem Arbeitszimmer und unterhielten sich über die alten Zeiten, die Zeiten des Kampfes, des Exils, des langsamen und beschwerlichen Wiederaufstiegs. Über die Zeiten, als sie drei zusammen am Don am Lagerfeuer gesessen hatten, als die Welt noch einfacher war. Sie waren schon damals, während des Bürgerkrieges, keine Jünglinge mehr gewesen. Beileibe nicht! Aber das Leben, der Kampf, hatte sie frisch gehalten. Keiner von ihnen war damals wirklich Frontkämpfer gewesen, aber auch die Kommandeure hatten in so einer Guerilla-Truppe immer mit dem Tod zu rechnen, so was schärfte die Sinne, löste das Temperament von der Leine und verleitete zu Handlungen, die sie sogar in ihrer Pubertät hätte erröten lassen. Dazu kamen das lockere Lagerleben und die Tatsache, dass die Bolsheviki im Gegensatz zu den Reaktionären auch Frauen unter Waffen hielten. Herrje, was waren das für Zeiten gewesen. Er, der Frauenheld mit dem verschmitzten Lächeln, Trotsky, der Intellektuelle mit der Drahtbrille und dem bröseltrockenen Humor, und Dschugaschvili, der „Stählerne“, wie man den passionierten Trinker und Raufbold damals nannte.
Die meisten Leute wussten nichts mehr von diesen Zeiten, sie waren auch lange vorbei. Wenn jetzt ein Reporter hereinkäme und sie so sähe: Trotsky ohne Brille, dafür mit einer mexikanischen Zigarre im Mund, die sein feines aber ohnehin bekleckertes Hemd bereits mit Brandlöchern versehen hatte, wie er dem bis aufs Unterhemd entkleideten „Stalin“ mit schwerer Zunge erklärte, warum vor dem Huhn und dem Ei ein durch Zellteilung sich vermehrendes Proto-Huhn dagewesen sei. Stalin, dessen von jahrzehntelangem Rauchen und Trinken zu einem tiefen basso profundo geformte Stimme Trotsky erklärte, er sei ein Idiot, wobei ihm seine Zigarre in den Wodka fiel. Und er, Präsident Nikolai Ivanovich Bukharin, auf allen Vieren vor seinem Dienstklo. Wenn er schon auf den Knien war, konnte er Marx gleich dafür danken, dass die Presse in Russland nie so aufdringlich war, wie in Amerika, wo er die Jahre 1924/25 verbracht hatte.
Nicht, dass er die amerikantsy jetzt gerade um ihre Situation beneiden würde. Das große Land des Kapitalismus stand derzeit seiner größten Zerreißprobe gegenüber, und Bukharin hoffte bei Engels, dass es reißen würde. Nachdem das Land beinahe ebenso lange wie Russland unter seiner miserablen Wirtschaft gelitten hatte, war es nun endgültig auseinandergebrochen. Herbert Hoover, der scheidende Präsident hatte nicht die Nervenstärke besessen, sich den sozialen Problemen seines Landes zu stellen und hatte den einfachsten Ausweg genommen: Er hatte den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Douglas McArthur, zum neuen Diktator bestimmt um mithilfe des Militärs die Ordnung wiederherzustellen. Stalin hatte gelacht, als er die Morgendepeschen gelesen hatte. „Erste Regel wenn du die Verfassung brichst“, hatte er gesagt, „brich sie so, dass es danach keinen Richter mehr über dich gibt! Wenn Du schon einen Militärputsch veranstaltest und dich damit als Diktator zu erkennen gibst, stell wenigstens sicher, dass das Militär auch groß genug ist.“ Und tatsächlich hatte Stalin recht behalten, wie immer. Mit gerade einmal drei Infanteriedivisionen konnte das Land wohl kaum beherrscht werden und die Bewaffnung der Nationalgarde war der wohl folgenschwerste Fehlgriff, seitdem Phillip von Spanien die Armada in Bewegung gesetzt hatte. Mit einem einzigen Schlag hatte McArthur das staatliche Gewaltmonopol, das zu retten er angetreten war, aus der Hand gegeben. In den nördlichen Industriegebieten hatten sich gewerkschaftlich organisierte Arbeiter bewaffnet, im Süden die Faschisten um Charles Lindbergh, die das spätfeudalistische Wirtschaftssystem der Südstaaten mit aller Macht verteidigen wollten. Im Westen hatte sich das Großkapital, vor allem die Ölindustrie, organisiert, um sich und ihre Lebensweise zu schützen. McArthur war immerhin clever genug, sie nicht in einen Krieg zu verwickeln, sondern stattdessen ein Bündnis mit ihnen einzugehen. Zu allem Überfluss hatte auch noch das syndikalistische Mexiko in den Krieg eingegriffen. Alles in allem herrschte in Nordamerika derzeit ein „free-for-all“. Einzig das revanchistische Kanada hatte sich damit begnügt, Neu-England und Alaska in „Verwahrung“ zu nehmen. Doch da sowohl die Combined Syndicates wie auch General Arango inzwischen Fortschritte machten, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Ottawa jemand auf dumme Gedanken kam. Er wischte sich den Mund ab. Die Lage in Nordamerika würde man im Auge behalten müssen.

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Die USA lösen sich auf.

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Die PSA verbünden sich mit der Washingtoner Regierung, Mexiko steigt mit in den Ring.

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Der derzeitige Stand der Kämpfe (blau: USA, rot: CSA, hellblau: AUS, so eine Art grasgün: PSA, chemiegrün: der kanadische Marionettenstaat New England, auch so eine Art grün (vielleicht eher dschungelgrün?): Mexiko

Doch der Zerfall der USA war nicht das, was heute im Kreml gefeiert wurde. Der Anlass war eine einzige, für sich genommen nicht einmal besonders aufregend klingende Zahl: 62,8. In Worten: Zweiundsechzig Komma Acht. Das war das Wahlergebnis der ersten allgemeinen Duma-Wahlen seit dem Tod Kerenskys, die Wahlen, die Bukharin seit einem Jahr gefürchtet und herbeigesehnt hatte. 62,8% aller Bezirkssovyets aus allen Bezirken der Russischen Republik hatten ihre Stimmen dem Bolschewistischen Block gegeben, zusammen mit der Unabhängigen Sozialrevolutionären Partei Russlands und dem syndikalistischen Flügel der Kadettenfraktion ergab das ein erdrutschartiges Mandat von satten 72,4% der Stimmen des Parlaments für die neue Regierung Bukharin.

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Niemand hätte noch vor wenigen Wochen damit gerechnet. Das letzte Jahr war erfolgreich gewesen, erfolgreicher vielleicht, als das der meisten anderen Staatschefs der Erde, aber es war auch geprägt gewesen von vielen Konflikten, nicht zuletzt um das Industrialisierungsprogramm.

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Bukharin wischte sich den Mund ab und versuchte, seiner Erscheinung wieder etwas Würde zu verleihen. Nach 30 Sekunden gab er es auf.
Wo war er gewesen? Genau, das Industrialisierungsprogramm. Der Bau neuer Fabrikkomplexe und die Einführung von Fortbildungskursen in den Fabriken war ein großer Erfolg gewesen, sicher nicht zuletzt, weil damit ein Gutteil der Arbeitslosigkeit aufgefangen werden konnte, der auf dem Lande herrschte. Aber dass trotz der klerikalen Propaganda das Programm auch bei den Bauern so gut angekommen war, hatte ihn dann doch überrascht. In den Städten war die Zustimmung zu den Bolschewisten klar, hier waren 80-90% keine Seltenheit, aber Russland bestand zum größten Teil aus Gegend, unterbrochen von etwas Landschaft. Hier wohnten die Bauern: Analphabeten, abergläubisch, gesellschaftlich noch im Mittelalter verhaftet, stur und unberechenbar. Die meisten Herrscher Russlands waren bis jetzt am besten gefahren, sie entweder in eine Uniform zu stecken oder einfach zu ignorieren. Wenn sich die Weltlage so entwickelte, wie „El Pessimismo Grande“ Stalin das vorhersah, würde ihnen gar nichts anderes übrig bleiben, als die Uniformvariante zu wählen. Das konnte sich auf die Bauern nur positiv auswirken. Einige der russischen Soldaten hatten 1915 beim kurzen Einmarsch in Ostpreussen Wasserhähne abmontiert und sie zuhause an die Wand genagelt, nur um dann verwundert dreinzuschauen, weil kein Wasser herauskam. Andere hatten zu den horrenden Verlusten der kleinen russischen Fliegertruppe beigetragen, weil sie grundsätzlich auf alle Flugzeuge schossen. Sie mochten eben nicht glauben, dass so etwas Komplexes wie ein Flugzeug in Russland gebaut worden sein könnte. Man würde sehen, wie sich die Soldaten diesmal verhielten. Ein Treffen des designierten Geheimdienstchefs Yan Berzin mit seinen Kollegen in Paris hatte beunruhigendes zutage gefördert. Die Freie Arbeiter-Union, die letzte noch im Kaiserreich verbliebene Arbeiterpartei war im Vorjahr verboten worden und ihre führenden Mitglieder saßen nun in Paris, London und Moskau und trugen Berichte in die Welt, die so schwer eigentlich nicht zu fassen waren: Alles deutete darauf hin, dass sich die Weltlage verschärfte. Deutschland rüstete auf, Frankreich ebenso. Der Bürgerkrieg in den USA und in Spanien waren Startschüsse für eine erneute Konfrontation der Reaktion mit den progressiven Kräften.

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Bürgerkrieg in Spanien! Anarcho-Syndikalisten (naheliegenderweise rot) einerseits und Monarchisten (gelb) andererseits kämpfen gegen die spanische Zentralregierung (der Rest).


Auch in Asien tobte der Krieg. Die Warlords im Westen hatten dem von Deutschland ausgehaltenen Quing-Reich den Krieg erklärt und der deutsche Kaiser war mit eingestiegen und war nun offiziell mit dem hochfeudalistischen Pu Yi und seiner Klique räuberischen Satrapen verbündet.
In Zentralasien sah es nicht besser aus: Die Unterdrückung der Turkmenen durch die Kosacken in Alash-Orda hatte Turkestan mit einer formellen Kriegserklärung beantwortet. Zum Schock für alle wurde die Tatsache, dass auch die Mongolen unter dem Blutigen Baron Roman Ungern von Sternberg in dieses Gemetzel eingestiegen waren. Die Teilnahme Tibets an diesem Krieg rief in den Salons eher ein Schmunzeln hervor.

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Nochmal zur Erinnerung. Man hat ja nicht immer parat, wo denn nun diese ganzen Mickerstaaten liegen.

Alles in allem, war die Lage der Welt so geartet, dass nach diesem Sieg an der Heimatfront eine umgehende Aufrüstung unausweichlich war. Der spanische und der amerikanische Bürgerkrieg konnten Moskau kurzfristig nicht stören, doch dass die Landkarten in Fernost und Zentralasien neu gemischt wurden, schon. Wer auch immer aus diesen Kriegen als Sieger hervorgehen würde, wäre dann ein formidabler Gegner für die neue Sowjetrepublik. Und Russland war derzeit alles andere als vorbereitet, einen Krieg zu führen, geschweige denn mehrere.
Bukharin ging schwankenden Schrittes wieder ins Arbeitszimmer. „Trinkt aus, Jungs!“ rief er den beiden Gestalten in den dicken Ohrensesseln zu. „Morgen müssen wir wieder an die Arbeit.“ Während Stalin und Trotsky sich unter unwilligem Gemurmel erhoben und sich zu ihren eigenen Zimmern begaben, öffnete Bukharin die breiten Fenster seines Arbeitszimmers, um den Mief von Vodka und Zigarren herauszulassen. Es war nicht so kalt draussen, wie er befürchtet hatte. Vielleicht wurde es Frühling.

TheOtherGuy
06.09.09, 13:31
Ich bitte, die lange Durststrecke zu entschuldigen. Mein neuer "Job" lässt mir nicht mehr sonderlich viel Gelegenheit zum Schreiben(Gänsefüßchen deshalb, weil Job ohne Gänsefüßchen unterstellen würde, dass ich dafür richtiges Geld bekomme). Als kleine Entschuldigung ist dieser Beitrag aber auch besonders dick geraten und die nächsten habe ich auch schon im Kopf. Ich muss nur noch ein paar Stunden Muße finden, um sie aufzuschreiben. Wieso sehen meine Bilder eigentlich immer so scheiße aus? Ich verstehe das nicht...

Von Retterling
15.09.09, 10:15
Weiter so werter TheOtherGuy! Liest sich sehr kurzweilig!
Hoffe auf baldige Fortführung dieses wirklich sehr gelungenen AAr`s.