Amon
18.05.09, 19:58
The Black Cat
„Sie, bereits im hohen Alter, aber in gutem Zustand, sucht erfahrenen Piloten für eine feste Beziehung. Du solltest die Bereitschaft zum Reisen mitbringen und nicht wasserscheu sein, kontaktiere mich in Mariensiel/Wilhelmshafen. Deine Catalina.“
Man sollte nicht auf jede Kontaktanzeige antworten, die sich irgendwie von all den anderen unterscheidet. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass sich dahinter wirklich ein Flugzeug verbirgt? Überhaupt darauf zu antworten war eine im Suff geborene Idee, jetzt nach Wilhelmshafen zu fahren um aufzuklären dass es alles nur ein dummer Scherz war ist noch bescheuerter. Aber so ist das als netter Mensch, man kann nicht ewig mit einer Lüge leben. Und ich machte mir noch im Zug Gedanken, wie ich es der armen, alten Dame am besten beibringe.
Wenigstens das Problem hat sich gelöst, Catalina interessiert sich kaum für das was ich sage. Und das Flughafenpersonal hatte etwas zu lachen als ich verdutzt vor der Dame stand welche nun mir gehören soll.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/001%20Catalina.jpg
Was für ein dummer Scherz. Irgendwie muss ich die Sache doch retten können, kann ja nicht angehen das mir als erfahrener Pilot nicht klar war was eine Catalina ist! Nach Jahren (Monaten) auf der MD-11F und Monaten (Wochen) auf der DHC-6 sollte man sich doch halbwegs auch im historischen Fuhrpark auskennen, und die Catalina ist mit über 4000 produzierten Maschinen zumindest vor 60 Jahren keine Seltenheit gewesen.
Also, gute Miene zum bösen Spiel, in aller Selbstherrlichkeit frage ich was das gute Stück denn nun kosten sollte. Sie fliegt ja angeblich noch, und ist sogar vollgetankt! Nur der Lack ist etwas ab, natürlich. Schwimmen tut sie auch noch ... ich muss ehrlich sagen, das Angebot das sie mir machen ist wirklich verlockend! Auch ohne Suff kann man Dummheiten begehen und so unterschreibe ich den Kaufvertrag, schätzungsweise machte der Tankinhalt einen Großteil des Preises aus. Vor zehn Minuten wusste ich noch nicht einmal wie sie aussieht, jetzt besitze ich eine Catalina!
Das seltene Stück ist natürlich eine Attraktion, das kann man gar nicht abstreiten. Ich besehe sie mir mal von allen Seiten, einmal gehe ich rundherum während auch andere Flugbegeisterte sich die Maschine ansehen, sogar mal drinnen Platz nehmen dürfen in MEINER Catalina.
Ich hätte vielleicht meine Freundin fragen sollen ...
Ach was.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/002%20Rost.jpg
Dort ein wenig Farbe, hier das Blech erneuern und sie wird wie zu ihrer besten Zeit aussehen. Der Vorbesitzer erzählt mir noch ein wenig von ihrer Vorgeschichte, bereits im Pazifikkrieg war sie im Einsatz und später dann in den Händen verschiedener Privatpersonen. Aha, sehr spannend.
Mit nicht einmal einem halben Ohr höre ich ihm zu während er wohl die ganze Einsatzgeschichte der PBY-6 Catalina vor mir runterrattert und mir schließlich die Papiere und das Manual in die Hand drückt. Sehr schön, ein paar Seiten Einleitung und das Original-Handbuch von 1943. Erschreckend ist dabei die Erkenntnis, dass es in Bezug auf meine neue Errungenschaft noch aktuell ist. Ein Blick ins Cockpit verrät schnell: Hier ist alles Original.
GPS? Was für Anfänger, ich hab einen Kompass! Und einen Haufen Uhren, bereits jetzt vermisse ich meine drei MFDs aus der MD-11F.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/003%20Cockpit.jpg
Aber ich setze erst meine Außenbegehung fort und tue so als wüsste ich was ich da tue. Propeller, zwei: Vorhanden.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/004%20Propeller.jpg
Dazugehörer Motor: Vorhanden. Flügel, einer links, einer rechts: Vorhanden. Geschützkanzeln, drei mit MG (funktionsuntüchtig, nur Deko): Vorhanden. Räder, drei: Vorhanden.
Sieht doch gar nicht mal schlecht aus. Alles dran, was drangehört. Auch die Ausstattung innen ist vollzählig, inklusive der Sicherheitsausrüstung aus dem zweiten Weltkrieg. Spätestens da wünscht man sich aber eigentlich doch einen GPS-Sender, nur für den Fall der Fälle. Was ich bieten kann ist die wundervolle Funkausstattung, etwas antik, aber ... wie sollte es anders sein ... funktioniert. Zumindest soweit ich das beurteilen kann, ich bin ein Kind der modernen Zeit und ohne Display ziemlich aufgeschmissen. Aber zumindest schaffe ich es die umstehenden Laien von meinem 'Fachwissen' zu beeindrucken.
Als mich jemand fragt, was ich denn jetzt mit der Catalina machen wollte, hier stehen lassen geht ja schlecht, nimmt Platz weg und kostet Geld, behaupte ich großspurig das ich sie heute noch wegfliegen werde, ein wenig über die Nordsee um auch ihre Fähigkeiten zur Wasserlandung zu überprüfen. Ich habe keine Ahnung, wie man die Kiste anschmeißt, geschweige denn wie man im Wasser landet, aber der Mann zeigt sich sichtlich beeindruckt. Ein tolles Gefühl ...
Dummheit Nummer Drei.
Zwei geschlagene Stunden schleiche ich um die Maschine herum, mittlerweile ist es 13 Uhr und die Zuschauern wollen sie endlich abheben sehen. Ein paar Minuten kann ich noch herausschinden in dem ich vorgebe noch kurz ins Handbuch sehen zu wollen ob auch alles da ist. Im Cockpit Platz genommen suche ich nach der To-Do-Liste für einen astreinen Start der Maschine.
Und siehe da, sogar 1943 gab es eine solche. Es gibt doch einen Gott! Und dieser fliegt gleich Catalina.
Erster Punkt eine ellenlange Checkliste, jaja ... alles ist aus, Parkbremse setzen. Machen wir das doch glatt, auch wenn der Hebel recht unförmig ist.
Parkbremse
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/005%20Parkbremse.jpg
So, Parkbremse gesetzt wie ein Profi, so schwer ist das gar nicht. Als nächstes sollte man wohl die hoffentlich geladene Batterie anschalten, der Schalter findet sich wie auch die Treibstoffkontroll-Dinger an der Rückwand des Cockpits zwischen Pilot und Autopilot.Umgelegt, mit dem Drehschalter noch das Voltmeter auf Batterie gestellt, 26 Volt haben wir ... laut Handbuch ausreichend.
Batterie eingeschaltet
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/006%20Batterie.jpg
Jetzt wird es komplizierter, wie ich befürchtete. Zwischen den Steuerknüppeln befinden sich ein Haufen Schalter, die meisten wichtig für das Anlassen der Motoren. Ganz links die Full Booster, was auch immer das ist, ist aber wichtig, dann der Startschalter um die Rotoren überhaupt erst anlaufen zu lassen, betrieben von der Batterie, und ein Schalter für die Einspritzvorrichtung der am Anfang manuell betätigt werden muss um überhaupt Benzin in die Motoren zu bekommen, oder so ähnlich.
Etwas tiefer die eigentliche Zündung.
Und an der Rückwand die Einstellungen für die Treibstoffpumpen, wie stark er angereichert werden soll, und überhaupt das sie erst einmal offen sind. Geschlossene Treibstoffpumpen sind meines Wissens nach ganz schlecht. Kenn ich aus der MD-11F.
Zu guter Letzt haben wir noch die beiden Schubhebel für beide Triebwerke, die auch noch betätigt werden wollen. Warum sollte die Prozedur auch leichter sein als in einem modernen Jet. Also, los gehts unter den Blicken zu vieler Schaulustiger. Ich gebe zu, diesen Teil hätte ich sehr gerne alleine erst einmal ausprobiert.
Beginnen muss ich mit der Treibstoffzufuhr, für beide Motoren auf Both gestellt und die Mischung auf Full Rich für maximale Leistung. Sonst nur im Notfall einzusetzen laut Beschriftung
Treibstoffzufuhr geöffnet
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/007%20Zufuhr.jpg
Alles andere spielt sich bei den kleinen Schaltern und dem Gashebel ab.
Kleine Knöpfe und kleine Uhren
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/008%20Knoepfe.jpg
Fuel Booster und Cow Flaps jeweils erst einmal für den rechten Motor auf On.
Dann einmal Start gedrückt und der Rotor bewegt sich hörbar, die Anzeige für Rounds per Minute schlägt auch schon einmal leicht aus. Nach einigen Sekunden Prime für den rechten Motor gesetzt, und sofort auch die Zündung eingeschaltet! Sofort springt der Motor an und röhrt über den ganzen Platz, als er aber bereits wieder droht auszugehen drücke ich den Schubhebel vor und das Röhren wird lauter, ohrenbetäubend als er schließlich bei 2800 RPM (Rounds per Minute) die volle Leistung erreicht und ich zurückfahre. Rechts läuft!
War ganz einfach!
Ein Motor läuft
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/009%20Rechter%20Motor.jpg
Dasselbe Spiel jetzt auch noch einmal mit dem linken Motor, Prime, Start und Fuel Booster kann ich wieder ausmachen, Treibstoffzufuhr wird handbuchgemäß auf Auto Rich zurückgefahren. Zusätzlich kann ich jetzt den rechten Generator anschalten um die Batterie zu entlasten.
Mit dem linken Motor geht es noch leichter, die Übung machts! Schnell springt auch dieser an, zwischendurch muss ich nur kurz die Einspritzvorrichtung für den rechten Motor wieder aktivieren als er mir beinahe abnippelt, sobald sie unter 1000 RPM fallen wirds gefährlich. Noch läuft er also nicht rund ...
Linker Motor gewinnt an Leistung, Rechter mittlerweile konstant bei 1900 RPM
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/010%20RPM.jpg
Nach kurzer Zeit haben sich die Umdrehungen dann eingependelt und ich habe zumindest das Gefühl als würden sie rund laufen. Um ehrlich zu sein habe ich schlicht keine Ahnung und hoffe einfach das Beste als ich einmal aus dem Cockpit winke und die Parkbremse löse um mich mit minimaler Geschwindigkeit zur Startbahn zu begeben.
Sie bewegt sich!
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/012%20Taxi.jpg
Gaaaaanz langsam geht es zur Startbahn, sicherlich schaut jeder in mehreren Kilometern Umkreis jetzt zu, und man kann die Spannung in der Luft förmlich spüren. Neben dem Vibrieren des Flugzeugrumpfs versteht sich. Die Catalina ist am Boden erwartungsgemäß träge, selbst ein großer Jet lässt sich da präziser steuern, wenn auch nicht unbedingt schneller. Aber da ich es nicht eilig habe gelange ich ohne große Schwierigkeiten zur Startbahn und stelle dort erst einmal die Motoren wieder auf Leerlauf. Jetzt müssten sie trotzdem weiterlaufen, und sollten sie doch versagen passiert das besser jetzt noch am Boden als später in der Luft. Nebenbei wird auch die Treibstoffzufuhr für den linken Motor auf Auto Rich gestellt, ganz vergessen in der Aufregung!
Etwas irritiert bin ich über ein gelbes Licht an der Oberseite des Cockpits, welches immer angeht wenn ich den Fuelbooster für den linken Motor abschalte. Aber da scheinbar nichts passiert, lass ich es einfach mal brennen.
Gelbes Lichtlein. Was macht es? Es leuchtet gelb.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/013%20Abflug.jpg
So, ich will starten.
Beziehungsweise, ich muss ... hätte ich einfach einmal am Tag meine Klappe gehalten. Jetzt ist alles zu spät, gekniffen wird nicht und ich will nur etwas über die Nordsee, dort wo Schiff an Schiff aneinander vorbeifahren und eigentlich nichts passieren kann. Das Wetter ist auch schön! Also, warum nicht? Wer den Atlantik überqueren kann (zugegeben, es war der Autopilot, ich habe ein Buch gelesen), der kann auch einen Catalina über der Nordsee fliegen.
Es gibt sicher eine Verfahrensanweisung für diesen Moment im Handbuch, aber ich pfeife darauf und geb Vollgas, die Parkbremse wird gelöst und ab geht die Post!
Oh mein Gott!!!
Als ich sie das erste Mal hochziehen möchte gibt sie etwas nach links, das Abfangen quittiert der rechte Hinterreifen mit einem erneuten Aufsetzen, der nächste Satz geht immerhin ein paar Meter weiter ehe ich erneut wieder auf dem Boden lande und zugleich versuche sie gerade zu halten. Irgendwie war das in allen anderen Maschinen leichter!
Erst mit dem dritten Anlauf dann erhebt sie sich stabil in die Luft und ich habe so etwas wie eine Steigrate.
Aller guten Dinge sind drei
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/015%20Abflug.jpg
Das sah jetzt sicher nicht sehr ruhmreich aus vom Boden, aber ich darf zu meiner Entschuldigung sagen das ich zum ersten Mal überhaupt ein Wasserflugzeug bewege, vom einzelnen Flugzeugtyp einmal ganz zu schweigen.
Langsam gewinnt sie an Höhe, Geschwindigkeit bleibt bei 2700 RPM bei 90kn konstant und ich leite die 180°-Kurve ein um Richtung Norden und damit Nordsee zu fliegen. Gerade als ich die 1000 Fuß-Marke überquere kann ich links von mir den Flugplatz von Wilhelmshafen sehen, ein letztes Mal winken zum Abschied, Catalina has left the Building.
Ein letzter Blick zurück.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/016%20Wilhelmshafen.jpg
Ich werde mich umgewöhnen müssen. Das die Geschwindigkeitsanzeige nur bis 200kn geht lässt schon Böses erahnen, aber eigentlich ist bereits bei 120kn Schluss und das auch als Cruisespeed im Handbuch angegeben. Auf 4000 Fuß gehe ich in die Horizontale und stell die Treibstoffzufuhr auf Auto Lean, sowie den Schubhebel etwas zurück um die Motoren zu schonen und schön im Horizontalflug zu gleiten. Es dauert einige Minuten ehe wir, die Catalina und ich, die Wilhelmshafener Bucht verlassen können und die offene Nordsee vor uns haben. Probiers mal mit Gemütlichkeit ...
Catalina über ihrem Element
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/018%20Nordsee.jpg
Langsam geht es weiter in Richtung Norden und ich habe alle Hände voll damit zu tun, Höhe und Kurs zu halten. Etwas windig ist es hier draußen schon, und vor allem sind auch wieder ein paar mehr Wolken zu sehen als noch über Wilhelmshafen und in eine fliege ich direkt rein. Gute zwei Minuten ist die Sicht bei Null und ich fliege mit den Instrumenten weiter.
Blick aus dem Cockpit
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/019%20Wolke.jpg
Helgoland in Sicht! Nach nur zehn Minuten über dem Meer kann ich die Insel mit den roten Felsen deutlich vor mir erkennen, natürlich. Ein Blick auf die Karte (die ich nicht dabei habe) hätte mir auch sagen können das ich bei Nordkurs genau auf Helgoland und die kleine Insel Düne zusteuere.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/020%20Helgoland.jpg
Und schnell gedeiht der Plan für Aufsehen zu sorgen. Der Flugplatz Düne ist zu klein für ein Flugzeug wie die Catalina, die Bahn nur wenige hundert Meter lang, aber wozu kann das schöne Stück denn wassern? Ich brauche keinen Hangar, sondern einen Bootsliegeplatz!
Das hat Helgoland sicher noch nie gesehen, eine alte Catalina am Pier. Bereits mit Sicht auf die Insel gehe ich in den Sinkflug über, drossel die Maschinenleistung und lassen mich langsam dem Wasser entgegengleiten. Zeitgleich nutze ich den Moment noch um mich überhaupt erst einmal mit der nötigen Prozedur vertraut zu machen.
Aha, alles wie gehabt. Auf Seegang achten: Haben wir nicht. Auf Wind achten: Siehe Seegang, fast keiner direkt über der Wasseroberfläche. Schwimmer ausfahren! Okay, das ist wichtig, muss ich dran denken wenn ich erst einmal tief genug bin.
Sinken ist definitiv leichter als steigen, wenn die Leistung erst einmal genug gedrosselt ist geht die Catalina von selbst ganz langsam tiefer. Ich bin fast versucht sie gänzlich stumm zu schalten, aber die Gleitfähigkeit beim Erstflug zu testen ist dann doch zuviel des Guten.
Helgoland kommt immer näher, auf 1000 Fuß fahre ich dann auch die Schwimmer aus um mich für die Wasserlandung vorzubereiten. Landeklappen und anderes Spielzeug für Babys gibt es in dieser Maschine nicht. Der Klumpen Blech fliegt oder er fliegt nicht, keine Tricks.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/021%20Sinkflug.jpg
Etwas zu früh war der Sinkflug aber doch, ab 500 Fuß gebe ich wieder langsam Gas um den Abstieg zu bremsen und dann bei 100 Fuß gänzlich aufzuhalten. Ich will immer noch per Flugzeug anreisen und nicht per Schiff, so das eine Landung einen Kilometer vor Helgoland nicht in Frage kommt. Im Tiefstflug geht es also der Insel weiter entgegen.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/022%20Tiefflug.jpg
Das man sich auch in die andere Richtung leicht verschätzen kann merke ich, als die Hafenmole immer näherkommt und mich das dumpfe Gefühl beschleicht, das ich auf dem Wasser nicht mehr rechtzeitig bremsen kann ohne in die Steinwand zu knallen. Vollgas und drüber weg! Mögen die Helgoländer es mir verzeihen, ich fürchte aber ich bin hier nicht unbedingt willkommen.
Das war knapp
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/023%20Mole.jpg
Direkt dahinter schalte ich die Motoren aber in den Leerlauf und wenige Meter weiter setzt der Rumpf der Catalina geschmeidig auf der Wasseroberfläche auf. Mit 70kn düsen wir darüber hinweg und werden schnell langsamer, mittels des Ruders lässt sich die Maschine hier fast so gut steuern wie auf dem Land. Irgendwie muss sich das ja auch ausgleichen. Ich bring uns nahe an einen Pier heran um die Insel vielleicht zu Fuß zu erkunden, ich war hier noch nie.
Gelandet
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/024%20Gelandet.jpg
Schaulustige finden sich schnell, allein der knappe Überflug bei der Mole war doch ein Ereignis, nur vielleicht nicht für die, die gerade dort drauf waren. Die Motoren schalte ich wieder aus, es ist genug für heute geflogen und das Hotel Adlon freut sich bestimmt über einen Gast für diese Nacht. Ich muss Zeit gewinnen um weiter das Handbuch zu studieren.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/025%20Ankunft.jpg
Bisher bin ich doch alles per Hand geflogen, aber zumindest den Kurs kann die Catalina von selbst halten, fragt sich nur wie. Ein wenig Wissen über Navigation/Funk während des zweiten Weltkrieges wäre auch nicht schlecht, das GPS vermisste ich bereits auf dem kurzen Flug nach Helgoland wo dank guter Sicht eigentlich nichts schief gehen konnte.
Viel zu tun, und ich fürchte lange bleiben kann ich hier nicht bis irgendeine Aufsichtsbehörde wegen dem Überflug, der nicht angekündigten Landung und dem Verursachen von Wellen mir auf den Senkel geht ...
„Sie, bereits im hohen Alter, aber in gutem Zustand, sucht erfahrenen Piloten für eine feste Beziehung. Du solltest die Bereitschaft zum Reisen mitbringen und nicht wasserscheu sein, kontaktiere mich in Mariensiel/Wilhelmshafen. Deine Catalina.“
Man sollte nicht auf jede Kontaktanzeige antworten, die sich irgendwie von all den anderen unterscheidet. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass sich dahinter wirklich ein Flugzeug verbirgt? Überhaupt darauf zu antworten war eine im Suff geborene Idee, jetzt nach Wilhelmshafen zu fahren um aufzuklären dass es alles nur ein dummer Scherz war ist noch bescheuerter. Aber so ist das als netter Mensch, man kann nicht ewig mit einer Lüge leben. Und ich machte mir noch im Zug Gedanken, wie ich es der armen, alten Dame am besten beibringe.
Wenigstens das Problem hat sich gelöst, Catalina interessiert sich kaum für das was ich sage. Und das Flughafenpersonal hatte etwas zu lachen als ich verdutzt vor der Dame stand welche nun mir gehören soll.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/001%20Catalina.jpg
Was für ein dummer Scherz. Irgendwie muss ich die Sache doch retten können, kann ja nicht angehen das mir als erfahrener Pilot nicht klar war was eine Catalina ist! Nach Jahren (Monaten) auf der MD-11F und Monaten (Wochen) auf der DHC-6 sollte man sich doch halbwegs auch im historischen Fuhrpark auskennen, und die Catalina ist mit über 4000 produzierten Maschinen zumindest vor 60 Jahren keine Seltenheit gewesen.
Also, gute Miene zum bösen Spiel, in aller Selbstherrlichkeit frage ich was das gute Stück denn nun kosten sollte. Sie fliegt ja angeblich noch, und ist sogar vollgetankt! Nur der Lack ist etwas ab, natürlich. Schwimmen tut sie auch noch ... ich muss ehrlich sagen, das Angebot das sie mir machen ist wirklich verlockend! Auch ohne Suff kann man Dummheiten begehen und so unterschreibe ich den Kaufvertrag, schätzungsweise machte der Tankinhalt einen Großteil des Preises aus. Vor zehn Minuten wusste ich noch nicht einmal wie sie aussieht, jetzt besitze ich eine Catalina!
Das seltene Stück ist natürlich eine Attraktion, das kann man gar nicht abstreiten. Ich besehe sie mir mal von allen Seiten, einmal gehe ich rundherum während auch andere Flugbegeisterte sich die Maschine ansehen, sogar mal drinnen Platz nehmen dürfen in MEINER Catalina.
Ich hätte vielleicht meine Freundin fragen sollen ...
Ach was.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/002%20Rost.jpg
Dort ein wenig Farbe, hier das Blech erneuern und sie wird wie zu ihrer besten Zeit aussehen. Der Vorbesitzer erzählt mir noch ein wenig von ihrer Vorgeschichte, bereits im Pazifikkrieg war sie im Einsatz und später dann in den Händen verschiedener Privatpersonen. Aha, sehr spannend.
Mit nicht einmal einem halben Ohr höre ich ihm zu während er wohl die ganze Einsatzgeschichte der PBY-6 Catalina vor mir runterrattert und mir schließlich die Papiere und das Manual in die Hand drückt. Sehr schön, ein paar Seiten Einleitung und das Original-Handbuch von 1943. Erschreckend ist dabei die Erkenntnis, dass es in Bezug auf meine neue Errungenschaft noch aktuell ist. Ein Blick ins Cockpit verrät schnell: Hier ist alles Original.
GPS? Was für Anfänger, ich hab einen Kompass! Und einen Haufen Uhren, bereits jetzt vermisse ich meine drei MFDs aus der MD-11F.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/003%20Cockpit.jpg
Aber ich setze erst meine Außenbegehung fort und tue so als wüsste ich was ich da tue. Propeller, zwei: Vorhanden.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/004%20Propeller.jpg
Dazugehörer Motor: Vorhanden. Flügel, einer links, einer rechts: Vorhanden. Geschützkanzeln, drei mit MG (funktionsuntüchtig, nur Deko): Vorhanden. Räder, drei: Vorhanden.
Sieht doch gar nicht mal schlecht aus. Alles dran, was drangehört. Auch die Ausstattung innen ist vollzählig, inklusive der Sicherheitsausrüstung aus dem zweiten Weltkrieg. Spätestens da wünscht man sich aber eigentlich doch einen GPS-Sender, nur für den Fall der Fälle. Was ich bieten kann ist die wundervolle Funkausstattung, etwas antik, aber ... wie sollte es anders sein ... funktioniert. Zumindest soweit ich das beurteilen kann, ich bin ein Kind der modernen Zeit und ohne Display ziemlich aufgeschmissen. Aber zumindest schaffe ich es die umstehenden Laien von meinem 'Fachwissen' zu beeindrucken.
Als mich jemand fragt, was ich denn jetzt mit der Catalina machen wollte, hier stehen lassen geht ja schlecht, nimmt Platz weg und kostet Geld, behaupte ich großspurig das ich sie heute noch wegfliegen werde, ein wenig über die Nordsee um auch ihre Fähigkeiten zur Wasserlandung zu überprüfen. Ich habe keine Ahnung, wie man die Kiste anschmeißt, geschweige denn wie man im Wasser landet, aber der Mann zeigt sich sichtlich beeindruckt. Ein tolles Gefühl ...
Dummheit Nummer Drei.
Zwei geschlagene Stunden schleiche ich um die Maschine herum, mittlerweile ist es 13 Uhr und die Zuschauern wollen sie endlich abheben sehen. Ein paar Minuten kann ich noch herausschinden in dem ich vorgebe noch kurz ins Handbuch sehen zu wollen ob auch alles da ist. Im Cockpit Platz genommen suche ich nach der To-Do-Liste für einen astreinen Start der Maschine.
Und siehe da, sogar 1943 gab es eine solche. Es gibt doch einen Gott! Und dieser fliegt gleich Catalina.
Erster Punkt eine ellenlange Checkliste, jaja ... alles ist aus, Parkbremse setzen. Machen wir das doch glatt, auch wenn der Hebel recht unförmig ist.
Parkbremse
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/005%20Parkbremse.jpg
So, Parkbremse gesetzt wie ein Profi, so schwer ist das gar nicht. Als nächstes sollte man wohl die hoffentlich geladene Batterie anschalten, der Schalter findet sich wie auch die Treibstoffkontroll-Dinger an der Rückwand des Cockpits zwischen Pilot und Autopilot.Umgelegt, mit dem Drehschalter noch das Voltmeter auf Batterie gestellt, 26 Volt haben wir ... laut Handbuch ausreichend.
Batterie eingeschaltet
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/006%20Batterie.jpg
Jetzt wird es komplizierter, wie ich befürchtete. Zwischen den Steuerknüppeln befinden sich ein Haufen Schalter, die meisten wichtig für das Anlassen der Motoren. Ganz links die Full Booster, was auch immer das ist, ist aber wichtig, dann der Startschalter um die Rotoren überhaupt erst anlaufen zu lassen, betrieben von der Batterie, und ein Schalter für die Einspritzvorrichtung der am Anfang manuell betätigt werden muss um überhaupt Benzin in die Motoren zu bekommen, oder so ähnlich.
Etwas tiefer die eigentliche Zündung.
Und an der Rückwand die Einstellungen für die Treibstoffpumpen, wie stark er angereichert werden soll, und überhaupt das sie erst einmal offen sind. Geschlossene Treibstoffpumpen sind meines Wissens nach ganz schlecht. Kenn ich aus der MD-11F.
Zu guter Letzt haben wir noch die beiden Schubhebel für beide Triebwerke, die auch noch betätigt werden wollen. Warum sollte die Prozedur auch leichter sein als in einem modernen Jet. Also, los gehts unter den Blicken zu vieler Schaulustiger. Ich gebe zu, diesen Teil hätte ich sehr gerne alleine erst einmal ausprobiert.
Beginnen muss ich mit der Treibstoffzufuhr, für beide Motoren auf Both gestellt und die Mischung auf Full Rich für maximale Leistung. Sonst nur im Notfall einzusetzen laut Beschriftung
Treibstoffzufuhr geöffnet
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/007%20Zufuhr.jpg
Alles andere spielt sich bei den kleinen Schaltern und dem Gashebel ab.
Kleine Knöpfe und kleine Uhren
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/008%20Knoepfe.jpg
Fuel Booster und Cow Flaps jeweils erst einmal für den rechten Motor auf On.
Dann einmal Start gedrückt und der Rotor bewegt sich hörbar, die Anzeige für Rounds per Minute schlägt auch schon einmal leicht aus. Nach einigen Sekunden Prime für den rechten Motor gesetzt, und sofort auch die Zündung eingeschaltet! Sofort springt der Motor an und röhrt über den ganzen Platz, als er aber bereits wieder droht auszugehen drücke ich den Schubhebel vor und das Röhren wird lauter, ohrenbetäubend als er schließlich bei 2800 RPM (Rounds per Minute) die volle Leistung erreicht und ich zurückfahre. Rechts läuft!
War ganz einfach!
Ein Motor läuft
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/009%20Rechter%20Motor.jpg
Dasselbe Spiel jetzt auch noch einmal mit dem linken Motor, Prime, Start und Fuel Booster kann ich wieder ausmachen, Treibstoffzufuhr wird handbuchgemäß auf Auto Rich zurückgefahren. Zusätzlich kann ich jetzt den rechten Generator anschalten um die Batterie zu entlasten.
Mit dem linken Motor geht es noch leichter, die Übung machts! Schnell springt auch dieser an, zwischendurch muss ich nur kurz die Einspritzvorrichtung für den rechten Motor wieder aktivieren als er mir beinahe abnippelt, sobald sie unter 1000 RPM fallen wirds gefährlich. Noch läuft er also nicht rund ...
Linker Motor gewinnt an Leistung, Rechter mittlerweile konstant bei 1900 RPM
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/010%20RPM.jpg
Nach kurzer Zeit haben sich die Umdrehungen dann eingependelt und ich habe zumindest das Gefühl als würden sie rund laufen. Um ehrlich zu sein habe ich schlicht keine Ahnung und hoffe einfach das Beste als ich einmal aus dem Cockpit winke und die Parkbremse löse um mich mit minimaler Geschwindigkeit zur Startbahn zu begeben.
Sie bewegt sich!
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/012%20Taxi.jpg
Gaaaaanz langsam geht es zur Startbahn, sicherlich schaut jeder in mehreren Kilometern Umkreis jetzt zu, und man kann die Spannung in der Luft förmlich spüren. Neben dem Vibrieren des Flugzeugrumpfs versteht sich. Die Catalina ist am Boden erwartungsgemäß träge, selbst ein großer Jet lässt sich da präziser steuern, wenn auch nicht unbedingt schneller. Aber da ich es nicht eilig habe gelange ich ohne große Schwierigkeiten zur Startbahn und stelle dort erst einmal die Motoren wieder auf Leerlauf. Jetzt müssten sie trotzdem weiterlaufen, und sollten sie doch versagen passiert das besser jetzt noch am Boden als später in der Luft. Nebenbei wird auch die Treibstoffzufuhr für den linken Motor auf Auto Rich gestellt, ganz vergessen in der Aufregung!
Etwas irritiert bin ich über ein gelbes Licht an der Oberseite des Cockpits, welches immer angeht wenn ich den Fuelbooster für den linken Motor abschalte. Aber da scheinbar nichts passiert, lass ich es einfach mal brennen.
Gelbes Lichtlein. Was macht es? Es leuchtet gelb.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/013%20Abflug.jpg
So, ich will starten.
Beziehungsweise, ich muss ... hätte ich einfach einmal am Tag meine Klappe gehalten. Jetzt ist alles zu spät, gekniffen wird nicht und ich will nur etwas über die Nordsee, dort wo Schiff an Schiff aneinander vorbeifahren und eigentlich nichts passieren kann. Das Wetter ist auch schön! Also, warum nicht? Wer den Atlantik überqueren kann (zugegeben, es war der Autopilot, ich habe ein Buch gelesen), der kann auch einen Catalina über der Nordsee fliegen.
Es gibt sicher eine Verfahrensanweisung für diesen Moment im Handbuch, aber ich pfeife darauf und geb Vollgas, die Parkbremse wird gelöst und ab geht die Post!
Oh mein Gott!!!
Als ich sie das erste Mal hochziehen möchte gibt sie etwas nach links, das Abfangen quittiert der rechte Hinterreifen mit einem erneuten Aufsetzen, der nächste Satz geht immerhin ein paar Meter weiter ehe ich erneut wieder auf dem Boden lande und zugleich versuche sie gerade zu halten. Irgendwie war das in allen anderen Maschinen leichter!
Erst mit dem dritten Anlauf dann erhebt sie sich stabil in die Luft und ich habe so etwas wie eine Steigrate.
Aller guten Dinge sind drei
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/015%20Abflug.jpg
Das sah jetzt sicher nicht sehr ruhmreich aus vom Boden, aber ich darf zu meiner Entschuldigung sagen das ich zum ersten Mal überhaupt ein Wasserflugzeug bewege, vom einzelnen Flugzeugtyp einmal ganz zu schweigen.
Langsam gewinnt sie an Höhe, Geschwindigkeit bleibt bei 2700 RPM bei 90kn konstant und ich leite die 180°-Kurve ein um Richtung Norden und damit Nordsee zu fliegen. Gerade als ich die 1000 Fuß-Marke überquere kann ich links von mir den Flugplatz von Wilhelmshafen sehen, ein letztes Mal winken zum Abschied, Catalina has left the Building.
Ein letzter Blick zurück.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/016%20Wilhelmshafen.jpg
Ich werde mich umgewöhnen müssen. Das die Geschwindigkeitsanzeige nur bis 200kn geht lässt schon Böses erahnen, aber eigentlich ist bereits bei 120kn Schluss und das auch als Cruisespeed im Handbuch angegeben. Auf 4000 Fuß gehe ich in die Horizontale und stell die Treibstoffzufuhr auf Auto Lean, sowie den Schubhebel etwas zurück um die Motoren zu schonen und schön im Horizontalflug zu gleiten. Es dauert einige Minuten ehe wir, die Catalina und ich, die Wilhelmshafener Bucht verlassen können und die offene Nordsee vor uns haben. Probiers mal mit Gemütlichkeit ...
Catalina über ihrem Element
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/018%20Nordsee.jpg
Langsam geht es weiter in Richtung Norden und ich habe alle Hände voll damit zu tun, Höhe und Kurs zu halten. Etwas windig ist es hier draußen schon, und vor allem sind auch wieder ein paar mehr Wolken zu sehen als noch über Wilhelmshafen und in eine fliege ich direkt rein. Gute zwei Minuten ist die Sicht bei Null und ich fliege mit den Instrumenten weiter.
Blick aus dem Cockpit
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/019%20Wolke.jpg
Helgoland in Sicht! Nach nur zehn Minuten über dem Meer kann ich die Insel mit den roten Felsen deutlich vor mir erkennen, natürlich. Ein Blick auf die Karte (die ich nicht dabei habe) hätte mir auch sagen können das ich bei Nordkurs genau auf Helgoland und die kleine Insel Düne zusteuere.
http://oldpascas.net/pics/Catalina/Catalina/020%20Helgoland.jpg
Und schnell gedeiht der Plan für Aufsehen zu sorgen. Der Flugplatz Düne ist zu klein für ein Flugzeug wie die Catalina, die Bahn nur wenige hundert Meter lang, aber wozu kann das schöne Stück denn wassern? Ich brauche keinen Hangar, sondern einen Bootsliegeplatz!
Das hat Helgoland sicher noch nie gesehen, eine alte Catalina am Pier. Bereits mit Sicht auf die Insel gehe ich in den Sinkflug über, drossel die Maschinenleistung und lassen mich langsam dem Wasser entgegengleiten. Zeitgleich nutze ich den Moment noch um mich überhaupt erst einmal mit der nötigen Prozedur vertraut zu machen.
Aha, alles wie gehabt. Auf Seegang achten: Haben wir nicht. Auf Wind achten: Siehe Seegang, fast keiner direkt über der Wasseroberfläche. Schwimmer ausfahren! Okay, das ist wichtig, muss ich dran denken wenn ich erst einmal tief genug bin.
Sinken ist definitiv leichter als steigen, wenn die Leistung erst einmal genug gedrosselt ist geht die Catalina von selbst ganz langsam tiefer. Ich bin fast versucht sie gänzlich stumm zu schalten, aber die Gleitfähigkeit beim Erstflug zu testen ist dann doch zuviel des Guten.
Helgoland kommt immer näher, auf 1000 Fuß fahre ich dann auch die Schwimmer aus um mich für die Wasserlandung vorzubereiten. Landeklappen und anderes Spielzeug für Babys gibt es in dieser Maschine nicht. Der Klumpen Blech fliegt oder er fliegt nicht, keine Tricks.
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Etwas zu früh war der Sinkflug aber doch, ab 500 Fuß gebe ich wieder langsam Gas um den Abstieg zu bremsen und dann bei 100 Fuß gänzlich aufzuhalten. Ich will immer noch per Flugzeug anreisen und nicht per Schiff, so das eine Landung einen Kilometer vor Helgoland nicht in Frage kommt. Im Tiefstflug geht es also der Insel weiter entgegen.
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Das man sich auch in die andere Richtung leicht verschätzen kann merke ich, als die Hafenmole immer näherkommt und mich das dumpfe Gefühl beschleicht, das ich auf dem Wasser nicht mehr rechtzeitig bremsen kann ohne in die Steinwand zu knallen. Vollgas und drüber weg! Mögen die Helgoländer es mir verzeihen, ich fürchte aber ich bin hier nicht unbedingt willkommen.
Das war knapp
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Direkt dahinter schalte ich die Motoren aber in den Leerlauf und wenige Meter weiter setzt der Rumpf der Catalina geschmeidig auf der Wasseroberfläche auf. Mit 70kn düsen wir darüber hinweg und werden schnell langsamer, mittels des Ruders lässt sich die Maschine hier fast so gut steuern wie auf dem Land. Irgendwie muss sich das ja auch ausgleichen. Ich bring uns nahe an einen Pier heran um die Insel vielleicht zu Fuß zu erkunden, ich war hier noch nie.
Gelandet
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Schaulustige finden sich schnell, allein der knappe Überflug bei der Mole war doch ein Ereignis, nur vielleicht nicht für die, die gerade dort drauf waren. Die Motoren schalte ich wieder aus, es ist genug für heute geflogen und das Hotel Adlon freut sich bestimmt über einen Gast für diese Nacht. Ich muss Zeit gewinnen um weiter das Handbuch zu studieren.
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Bisher bin ich doch alles per Hand geflogen, aber zumindest den Kurs kann die Catalina von selbst halten, fragt sich nur wie. Ein wenig Wissen über Navigation/Funk während des zweiten Weltkrieges wäre auch nicht schlecht, das GPS vermisste ich bereits auf dem kurzen Flug nach Helgoland wo dank guter Sicht eigentlich nichts schief gehen konnte.
Viel zu tun, und ich fürchte lange bleiben kann ich hier nicht bis irgendeine Aufsichtsbehörde wegen dem Überflug, der nicht angekündigten Landung und dem Verursachen von Wellen mir auf den Senkel geht ...