Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : wichtigste Erkenntnisse der Geschichte
hiho
Zufällig habe ich etwas über "wichtige" Entdeckungen der Geschichte nachgedacht...
Bevor ich meine Gedanken ausführe und zur hoffentlich entstehenden Diskussion stelle würde ich darum bitten das ein paar Leser die ihrer Meinung nach wichtigsten Erfindungen/Entdeckungen/Ideen der Weltgeschichte kurz nennen und begründen.
vielen Dank schonmal,
Therlun
Opthalamia
14.11.06, 19:29
M.E. ist das eindeutig die Domestizierung der Tiere. Vor allem da ich überzeugt bin, das die Entdeckung der Kornkammer alleine nie ausgereicht hätte, um die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln in allen Jahreszeiten sicherzustellen. Der größte Schritt der Menschheit war eindeutig der vom Jäger&Sammler zum Bauen und Hirten. Erst ab dort konnte er seine Intelligenz auch gegenüber der Welt ausspielen und die manipulieren.
Da wäre bei mir die Entdeckung des Privateigentums an erster Stelle. Wobei sich die Frage stellt, ob es das nicht schon immer gegeben hat.
Ich sage das Rad. Denn ohne Rad ginge heute garnichts mehr.
Überlegts euch mal, wie wollt ihr ne Kornkammer bauen ohne Räder ???
Keine Kräne, Keine Schubkarren, keine Wagen. Keine Mühlen.
Ohne Rad ist alles sinnlos.
Naja und was auch noch wichtig war, ist ja wohl das Geld.
Denn ohne Geld würde auch nichts gehen. Ne Naturwirtschaft würds net bringen. Stellt euch vor, da geht einer innen Hardwareshop und sagt. Eine Graka hier sind 2 Rinder oder so. :D Tzz.
Das Rad vereinfachte sicherlich viele Dinge, war aber nicht unbedingt notwendig. Ein Kran funktoniert auch ohne Räder, schwere Sachen können auhc auf Bolzen gerollt/geschoben werden, aber es ist unzweifelbar sehr viel schwerer.
In Indien kannte man lange Zeit kein Rad, es wurde erst durch die Engländer verbreitet, trotzdem stellten sie eine der höchstentwickleten Kulturen dar.
Al. I. Cuza
29.11.06, 15:18
Ich wuerde meinen, man solte uns mitteilen welchen Teil der Geschichte wir betrachten. Ich tendiere naehmlich fuer die Elektrizitaet als wichtigste Errungenschaft, muss aber mit dem was bis jetzt gesagt wurde zustimmen. Das Rad, die Viehzucht, diese haben die echte Entwicklung des Menschen erst moeglich gemacht.
[B@W] Abominus
29.11.06, 15:24
Die Arbeitsteilung und die Landnahme sind meiner Meinung nach die wichtigsten Erungenschaften der Menschheit.
Montesquieu
29.11.06, 15:34
Ich würde als erstes die Landwirtschaft und damit einhergehend die Domestizierung von Tieren setzen, da sich daraus alles entwickelt hat, inklusive Arbeitsteilung und Landnahme.
[B@W] Abominus
29.11.06, 15:38
Was war zuerst da, die Landnahme oder die Landwirtschaft? :D
Montesquieu
29.11.06, 15:42
Abominus']Was war zuerst da, die Landnahme oder die Landwirtschaft? :D
Die Idee von der Landwirtschaft! :D
You have been philosophied! :tongue:
[B@W] Abominus
29.11.06, 15:46
Ich sehe den Übergang vom Normadensein zum Bauer als Landnahme, daher bin ich für die Landnahme als Voraussetzung für die Landwirtschaft. Die Idee der Landwirtschaft kann doch erst aufkommen, wenn man weiß, dass man an einem festen Ort verharren muss.
You have been philosophied! :tongue:
Genau :D
Preussenhusar
29.11.06, 15:53
@ Abo & Montesquieu:
Alte Spammer :tongue:
Der werte Therlun fragte in drei Teilen:
Erfindungen/Entdeckungen/Ideen der Weltgeschichte
Erfindungen :
Ich erachte als folgenschwerste und damit wohl wichtigste Erfindung des Menschen die Religion.
Seit es den Glauben an Übernatürliches gibt, wird es herangezogen zu allen möglichen Erklärungen, Taten, Unterlassungen, Doktrinen, Dogmen und selbst den schlimmsten Verbrechen, ja noch heute ziehen als vernunftbegabte Wesen definierte Homo Sapiens Sapiens unter diesem Vorzeichen um die Welt.
------------------------
Entdeckungen:
Die Überwindung der Schwerkraft, so alt wohl wie der Freie Gedanke.
Damit erst erschlossen sich die großen technischen Herausforderungen und Ergebnisse bis heute und wohl noch auf hunderte Jahre - so der Mensch es noch erlebt.
------------------------
Ideen :
Für mich ist die bedeutenste Idee der Gedanke, man könne eines Tages die Zeit als 4. Dimension nutzen, um sie zu beeinflussen.
PH
Montesquieu
29.11.06, 15:57
Abominus']Ich sehe den Übergang vom Normadensein zum Bauer als Landnahme, daher bin ich für die Landnahme als Voraussetzung für die Landwirtschaft. Die Idee der Landwirtschaft kann doch erst aufkommen, wenn man weiß, dass man an einem festen Ort verharren muss.
Warum sollte man an einem festen Ort verharren, wenn man keinen Grund hätte es zu tun, nämlich den Grund Landwirtschaft zu betreiben.
Nomade 1: "Joa, ich bleibe jetzt hier und reisse dieses Land an mich!"
Nomade 2: "Warum das denn??"
Nomade 1: "Ach, keine Ahnung! Ich find´s einfach geil!"
Nomade 2: "Aber das ist ja total sinnlos!"
Nomade 1: "Ich überleg mir schon noch was!"
Ein paar Monate später...
Nomade 1: "Yeah, ich pflanze jetzt hier mal was an! Geilomat!"
[B@W] Abominus
29.11.06, 16:01
Warum sollte man an einem festen Ort verharren, wenn man keinen Grund hätte es zu tun, nämlich den Grund Landwirtschaft zu betreiben.
Nomade 1: "Joa, ich bleibe jetzt hier und reisse dieses Land an mich!"
Nomade 2: "Warum das denn??"
Nomade 1: "Ach, keine Ahnung! Ich find´s einfach geil!"
Nomade 2: "Aber das ist ja total sinnlos!"
Nomade 1: "Ich überleg mir schon noch was!"
Ein paar Monate später...
Nomade 1: "Yeah, ich pflanze jetzt hier mal was an! Geilomat!"
Ich denke die Ausdrucksweise war anders, trifft es aber im Kern.
Edit: Noch gebe ich nicht auf!
Zwei Nomaden beim Jagen - damit man nicht immer die zedernde Alte bei sich hat...
Nomade 1: "Ey, Alta, schau mal da, Pflanzen mit lecker Früchten!"
Nomade 2: "Was sind Früchte?"
Nomade 1: "Hab ich mir grad ausgedacht. Komm, ich probier die mal."
Nomade 2: "Und, schon tot?"
Nomade 1: "Ne, sind lecker. Komisch, warum rennen unsere Weibchen immer rum und sammeln Sachen ein, wenn sie hier rumstehen? Komm, wir lassen uns hier nieder."
Nomade 2: "Geilomat! Und dann bauen wir uns Hütten aus Lehm und Tiermist."
Ein paar Monate später...
Nomade 1: "Yeah, ich pflanze jetzt hier mal was an! Geilomat!"
Montesquieu
29.11.06, 16:05
Abominus']Ich denke die Ausdrucksweise war anders, trifft es aber im Kern.
Was? Du denkst, dass aus einer sinnlosen Handlung, welche den Fortbestand des Stammes gefährdet hätte, die Landwirtschaft hervorgegangen ist?? Ne, das kann doch nicht sein.
Oder habe ich dich Falsch verstanden und meinst du es jetzt so wie ich:
1. Landwirtschaft in der Theorie (Idee)
2. Landnahme als Grundvoraussetzung
3. Landwirtschaft in der Praxis
Preussenhusar
29.11.06, 16:09
Gut .- nächster Regent, neue Antwort bitte ?
PH
[B@W] Abominus
29.11.06, 16:10
Ich glaube es ist schwierig zu definieren, ob Zufall oder Idee.
Montesquieu
29.11.06, 16:11
Bevor ich meine Gedanken ausführe und zur hoffentlich entstehenden Diskussion stelle würde ich darum bitten das ein paar Leser die ihrer Meinung nach wichtigsten Erfindungen/Entdeckungen/Ideen der Weltgeschichte kurz nennen und begründen.
Na, PH, das ist dann aber nicht im Sinne des Threadstarters, dass du eine Diskussion über die wichtigsten Meilensteine der Menschheit unterbindest...
@Abo:
Es war anscheinend eine Notwendigkeit. Um die späte Steinzeit soll es nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Dürre im mesopotamischen Raum gegeben haben, welche die Nomaden zwang an den wenigen fruchtbaren Orten Landwirtschaft zu betreiben, wollten sie nicht zugrunde gehen.
[B@W] Abominus
29.11.06, 16:13
PH ist für die Religion, dass sagt doch einiges... :teufel:
Hattest Du meinen Edit oben gesehen?
Ich werde eventuell morgen auf der Arbeit, wenn ich mal wieder zu viel zu tun habe, darüber nachdenken, was ich genau meinte. :)
Als kleiner Einwurf: Sesshaftigkeit hat nicht unbedingt etwas mit Landwirtschaft zu tun, denn es gab damals auch genug Gegenden auf der Erde, die ausreichend Nahrung in Form von Wildtieren boten, dass die dortigen Menschen nicht auf Nomadentum angewiesen waren und deswegen Sesshaft wurden.
Montesquieu
29.11.06, 16:17
Touché, Abo und Phyrrhus, touché!
Da habt ihr recht, obwohl ich diese Form des Lebens eher als Halbnomadentum charakterisieren würde. Waren die Tiere nämlich weg, die Beeren aufgegessen, wurde nämlich weitergezogen, da keine Notwendigkeit bestand auf Dauer seßhaft zu werden. Die Entwicklung zur Zivilisation musste also erst durch eine Krise vorangetrieben werden.
Um mal in neuerer Zeit zu bleiben:
I. Erfindungen
Die Dampfmaschine!
Domestizierung und Landwirtschaft gut und schön, die sind sozusagen die Bedingung ohne die alles weitere nicht erfolgt wäre, aber nach Erklimmen dieser Stufe war man noch Jahrtausende vom heutigen Stand entfernt und hätte theoretisch auch auf Steinzeitniveau verharren können.
Die Dampfmaschine hat die Welt aber in vielfältigster Weise beeinflußt:
1. Nicht allein Auslöser, aber im wahrsten Sinne des Wortes Motor der Industrialisierung
2. Grundlage der Revolutioierung des Verkehrswesens mit all seinen Auswirkungen: schnellere Güterverteilung, schnellere Kommunikation etc.
II. Entdeckungen
Die Entdeckung und Besiedelung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer
III. Ideen
Hier ist es schwierig wo man anfangen soll. Ich wähle die sog. Aufklärung, die ihre Wurzeln freilich im England des 17. Jh. findet.
Insbesondere die negativen Folgen der Aufklärung sind nicht zu vernachlässigen, nämlich die dann darauf folgenden Versuche, aus der Weltgeschichte Gesetzmäßigkeiten ableiten zu wollen, woraus "Handlungsanweisungen" für die Zukunft gefolgert wurden, m.a.W. das Entstehen der Ideologien ist m.E. unmittelbare Folge der Aufklärung, auch wenn einer der Chefideologen meinte, die Aufklärung (bzw. einen ihrer Vertreter) erst vom Kopf auf die Füße stellen zu müssen ...
Die Beispiele sind alle sehr eurozentrisch, aber die letzten 500 Jahre des Weltgeschehens waren nun mal von Europa dominiert und davor gab es nicht so viele kulturübergreifende Entdeckungen etc Zudem werden sich natürlich auch noch zahllose andere eminent wichtige Sachen finden, Civilisation-Spieler sind klar im Vorteil :D
Halt - eins fällt mir natürlich noch ein:
Die Schrift - Grundlage jeder Zivilisation!
Erfindungen :
Ich erachte als folgenschwerste und damit wohl wichtigste Erfindung des Menschen die Religion.
Seit es den Glauben an Übernatürliches gibt, wird es herangezogen zu allen möglichen Erklärungen, Taten, Unterlassungen, Doktrinen, Dogmen und selbst den schlimmsten Verbrechen, ja noch heute ziehen als vernunftbegabte Wesen definierte Homo Sapiens Sapiens unter diesem Vorzeichen um die Welt.
Hier könnte man natürlich die Frage stellen, ist die Religion die Ursache dafür oder wird sie zur Durchsetzung anderer Interessen benutzt - wahrscheinlich beides.
Ich glaube aber nicht, daß es ohne Religionen auf der Welt besser zu ginge, auch dann würden die verschiedensten Interessen aufeinanderprallen und auf die verschiedenste Art und Weise gelöst werden ...
Preussenhusar
29.11.06, 17:44
Die Schrift - Grundlage jeder Zivilisation!
und seit Generationen Quell unendlichen Leides in Form unergründlicher grammatikalischer Höllenqualen sowie bis heute Ursache sogenannter legasthenischer Inkompetenzen und Lächerlichmachungen.
Die Schrift als Basis der nachhaltigen Kommunikation und erster Massenspeicher des Wissens !
PH
Der Zarewitsch
29.11.06, 18:22
Man möge auch nicht den Erfindungsgeist des Menschen in puncto Kriegsführung außer Acht lassen. Das Ziel den Feind zu besiegen war auch immer schon eine enorme Triebfeder.
Pfeile mittels eines Bogens zu schießen, ist sicher eine geniale Erfindung gewesen. Das Schießpulver respektive später das Dynamit hatte auf die Kriegsführung kolossalen Einfluß. Die Atombombe, so schrecklich sie ist, brauchte für ihre Entwicklung große Köpfe. Gerade beim Thema Krieg hat der Mensch besondere "Leistungen" hervorgebracht.
Erfindung, Entdeckung, Erkenntnis... alles Begriffe, die auf einen bewußten Akt hinweisen. Also streiche ich die Domestizierung von Tieren und die Landwirtschaft heraus, denn das waren Koevolutionen zwischen Menschen und Tieren bzw. Pflanzen, Prozesse über Generationen hinweg... Die Landnahme ist Teil dieses Prozesses gewesen. Und was Religion ist, ist noch eine ganz andere Sache, aber sicherlich ist es keine Erfindung.
LettowVorbeck
29.11.06, 20:56
Man möge auch nicht den Erfindungsgeist des Menschen in puncto Kriegsführung außer Acht lassen. Das Ziel den Feind zu besiegen war auch immer schon eine enorme Triebfeder.
Traurig aber wahr. Der Mensch wird im Kriegsfalle sehr kreativ. Ich bin auch einer der Pessimisten die meinen das es niemals soetwas wie Weltfrieden geben wird. Aber wenn es ihn geben wird, wird er die Kollosalste Entdeckung von allen sein.
(Ich weiß das ich kollosalste falsch geschrieben habe :rolleyes: :D )
Die Möglichkeit, durch Mittel/Dinge usw... , Krankheiten bzw. deren Vorläufer zu verhindern...
Der werte Zarewitsch ist mir zuvorgekommen, aber ich erachte auch einige militärische Erfindungen als extrem wichtig, v.a. die beiden Folgenden:
1. Die Atombombe
Immerhin hat sie unserer Welt schon ca. 60 Jahre relativen Frieden gebracht. Ich hege die Theorie dass sie klassische Weltkriege für noch ziemlich lange beendet, wenigstens bis wir den Weltraum kolonialisieren.
Betrachtet man die vorhergehenden Jahrhunderte waren 60 Jahre Frieden schon etwas fast unerhört Langes. Wenn wir z.B. Europa hernehmen:
30-Jähriger Krieg, Kriege Ludwigs XIV, Siebenjähriger Krieg, Napoleonische Kriege, Krimkrieg, Einigungskriege, 1. WK, 2. WK, und dazwischen noch etliche kleinere Kriege. Eigentlich so gut wie keine Generation die keinen Krieg miterlebte.
2. Verschiedene Erfindungen der Renessaince
Das Schiesspulver, den starken zentralisierten Staat und die Wiederfindung der modernen Armee mit Disziplin und taktischer Ordnung.
Langsam aber sicher bekam so die Technik ein Übergewicht und damit wurde unmöglich gemacht was früher in der Geschichte sehr oft passierte:
"Barbarische" Elitekrieger besiegten periodisch die zivilisierte Welt.
Denn durch Technik konnten diese nun endgültig bezwungen werden.
Davor haben relativ kleine noch sehr kriegerische nomadische oder halbnomadische Völker oft Großreiche zerstört, so z.b. die Araber, die Hunnen, die Mongolen und die Germanen.
Teilweise haben sie das eroberte Wissen übernommen, aber alles in allem haben sie in der Regel die weltweite Entwicklung trotzdem extrem zurückgeworfen und verlangsamt.
Der hohe Entwicklungsstand der alten Griechen/Römer wurde etwas verallgemeinernd forumliert erst über 1000 Jahre später wieder erreicht.
Damit kommen wir zum 3. Punkt, der meiner Meinung nach allerwichtigsten Entdeckung:
3.Der Entdeckung der Vernunft/des logischen Denkens
Denn ohne die Fähigkeit logischen und analytischen Denkens und des Gebrauchs der Vernunft wären alle Folgeerfindungen/-entdeckungen ja nie gemacht worden.
Wobei dies eher eine Fähigkeit ist. Aber wenn die Evolution den Mensch nicht mit dieser Fähigkeit gesegnet hätte, wäre keine einzige Erfindung usw. möglich.
Die Vernunft und die Logik sind meiner Meinung nach das Wichtigste. Dies hat schon Platon erkannt.
Bei den Erfindungen würde ich für das Telefon, bzw. auch schon das Telegrafenwesen votieren.
Beides hat für eine Verknüpfung gesorgt welches für ein fortschrittliches Gemeinwesen unerlässlich ist.
Die Entdeckung schlechthin: Die Erde ist eine Kugel und keine Scheibe, hat schließlich der Welt ein neues Antlitz gegeben.
Ideen?
Hm, schwer da etwas besonderes hervorzuheben, die Reformation und die Trennung zwischen Staat und Kirche haben sicherlich einen enormen Schwung an neuen Denkern hervorgebracht.
Augustus Rex
11.12.06, 18:41
Erfindung, Entdeckung, Idee.
Alle drei Begriffe lassen sich in gewisser Weise mit "Gott" oder seinen Äquivalenten abdecken. Selbst wenn wir es nur "Gewissen" nennen, wird das Wissen um eine vorhandene moralische Überinstanz die Welt der Menschen mit am meisten in ihren Veränderungen beeinflusst haben.
Ob die Welt ohne diesen Dialog zwischen dem Menschen und seinem Glauben besser oder schlechter wäre, kann von den Menschen nicht beantwortet werden, da sie sich die Welt zu diesem Zwecke ohne ihre eigene Gattung vorstellen müssten.
Der hohe Entwicklungsstand der alten Griechen/Römer wurde etwas verallgemeinernd forumliert erst über 1000 Jahre später wieder erreicht.
Das halte ich für nun über 500 Jahre alte Propaganda der Renaissancezeit. In einigen Punkten stimmt der Satz, in anderen wieder nicht. Im Mittelalter wurden die Städte, die Universitäten und der moderne Kapitalismus entwickelt, das halte ich für nicht unwesentlich.
Das halte ich für nun über 500 Jahre alte Propaganda der Renaissancezeit. In einigen Punkten stimmt der Satz, in anderen wieder nicht. Im Mittelalter wurden die Städte, die Universitäten und der moderne Kapitalismus entwickelt, das halte ich für nicht unwesentlich.
Waren Großstädte wie Rom keine Städte?
Rom war zur Römerzeit zeitweise eine Millionenstadt wenn wir uns richtig entsinnen. Im Mittelalter waren die Städte kleiner, ausserdem hatten sie mehr hygienische Probleme.
Eine funktionierende Geldwirtschaft gab es auch lange Zeit im römischen Reich, bei Delbrück steht dass es in der Spätphase des römischen Reiches zu einer Edelmetallknappheit kam und dann wurde auf Naturalwirtschaft umgebaut die dann auch einige Jahrhunderte anhielt bzw. sich weiterentwickelte zum mittelalterlichen Feudalsystem.
Kann mir schlecht vorstellen dass römische Patrizier mit Handelsunternehmen schlechtere Kaufleute waren als die Händler im Mittelalter.
Die reichen Römer hatten sogar etwas noch Besseres als Universitäten, sie hatten Privatlehrer ganz für sich allein.
Und die großen Bibliotheken gab es schon in der Antike.
Denke daher immer noch dass von 300-1400 ca. in weiten Teilen der Welt der Entwicklungsstand prinzipiell unter dem im römischen Reich zu seiner Blütezeit war.
Was ist die wichtigste Erfindung...
Landwirtschaft war eher ein Notbehelf, in einigen Gebieten ist sie auch eher die Katastrophe für die Menschen, wie in Afrika in der Sahelzone oder für Ureinwohner in Südamerika, da sie eine funktionierende Lebensweise zerstört hat und durch Desertifikation und Verwüstung der Regenwälder letztlich ein reiner Raubbau ist.
Ich wär für die Sprache, den Urquell der Komunikation, welcher auch letztlich heute noch für den Fortschritt steht, da wir ja einigen unserer Werken eine Sprache gegeben haben, damit sie besser funktionieren können. Ohne Sprache würde keine Schrift einen Sinn machen, Telefone blieben stumm, Computer würden nicht arbeiten können und das Internet wär nichtmal denkbar.
Hallo zusammen,
wenn ich so drüber nachdenke, würde ich sagen, die wichtigste Erfindung der Menschheit ist, weniger in ihrer Auswirkung bishe,r als mehr in ihrer potentiellen Auswirkung für die Zukunft, die Pille.
Die klingt sicher auf den ersten Blick ein wenig provokant, daher möchte ich meine Einschätzung kurz erklären :
Wenn man so will, ist der Mensch eine Fehlentwicklung der Evolution. Anders als alle Tiere sind wir aufgrund vieler vorher genannten Entwicklungen unserem usprünglichen evolutionären Nischenplatz entwachsen und haben begonnen, unsere Umwelt derart zu verändern, dass uns eine geradezu parasitäre Vermehrung möglich wurde.
Das Ergebnis hieraus sind die Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts und die Verschleuderung der natürlichen Resourcen unseres Planeten. Die Bevölkerung nimmt global immer weiter zu und somit steht zu erwarten, dass sich diese Tendenz verstärken und beschleunigen wird.
Bei allem wissenschaftlichen Optimismus steht nicht zu erwarten, dass ein größerer Teil der Bevölkerung auf absehbare Zeit (und damit sind mehrere hundert Jahre gemeint) auf andere Planeten, die Meeresoberfläche oder wohin auch immer ausgelagert werden können.
Um also der Bevölerungsexplosion Herr zu werden und eine Welle von globalen Konflikten um Lebensraum und Resourcen zu vermeiden, gegen die der 2. Weltkrieg wahrscheinlich wie ein Kindergartenspiel wirken würde, ist es erforderlich, der gesamten Weltbevölkerung den lebenserhaltenden Sinn von Familienplanung klar zu machen, bei der die Pille nach heutigem wissenschaftlichem Stand eine überragende Bedeutung zukommt.
Grüssle,
Hasardeur
[...]
Bei allem wissenschaftlichen Optimismus steht nicht zu erwarten, dass ein größerer Teil der Bevölkerung auf absehbare Zeit (und damit sind mehrere hundert Jahre gemeint) auf andere Planeten, die Meeresoberfläche oder wohin auch immer ausgelagert werden können.
[...]
Ich finde es immer wieder erstaunlich wie so mit Zeitangaben gespielt wird :D
Vor 30 Jahren hätte sich niemand vorstellen können das heute ein Computer zum arbeiten zwingend notwendig ist, geschweige denn das die wenigsten normalsterblichen wußten was das überhaupt ist, ein Computer ;)
Das Wissen der Menschheit in seiner Gesamtheit wächst mir zu schnell als das ich ausschließen würde das wir die Meere besiedeln oder aber unser Heil auf fremden Planeten suchen könnten.
Gerade auch die Rohstoffknappheit hat z.B. immer wieder zu Erfindungen und Alternativen geführt.
Von daher würde ich die absehbare Zeit eher auf 20-30 Jahre beziehen aber sicherlich nicht auf 100 Jahre oder mehr.
Ich finde es immer wieder erstaunlich wie so mit Zeitangaben gespielt wird :D
Vor 30 Jahren hätte sich niemand vorstellen können das heute ein Computer zum arbeiten zwingend notwendig ist, geschweige denn das die wenigsten normalsterblichen wußten was das überhaupt ist, ein Computer ;)
Das Wissen der Menschheit in seiner Gesamtheit wächst mir zu schnell als das ich ausschließen würde das wir die Meere besiedeln oder aber unser Heil auf fremden Planeten suchen könnten.
Gerade auch die Rohstoffknappheit hat z.B. immer wieder zu Erfindungen und Alternativen geführt.
Von daher würde ich die absehbare Zeit eher auf 20-30 Jahre beziehen aber sicherlich nicht auf 100 Jahre oder mehr.
Nun, wie ich schon einschränkend sagte, weiss ich nicht, ob es grundsätzlich unmöglich ist, auf dem Meeresboden oder auf anderen Planeten zu siedeln, ich bin aber so frech zu behaupten, dass es in den sagen wir nächsten 100 Jahren nicht gelingt, Millionen oder gar Milliarden von Menschen auf diese Weise eine neue Lebensgrundlage zu schaffen.
Auch wenn es sehr zynisch klingt, die Atombombe wäre für die Leute, die über die nötigen Resourcen verfügen, ein solches Projekt zu bewerkstelligen, die preiswertere Alternative, das Bevölkerungsproblem zu lösen.
Nein, wenn überhaupt, so löst sich das Problem auf unterer Ebene in den Familien - daher bleibe ich bei der Pille ! :)
Grüssle !
Heinrich Heine
15.12.06, 12:13
Erfindung, Entdeckung, Idee:
Ich habe lange darüber nachgedacht und gestaunt das, trotz schwieriger Fragestellung der Thread nicht so recht in Gange gekommen ist.
Zu Beginn habe ich noch gesucht und unterteilt, aber eine andere Frage beschäftigte mich vorher, die der von Therlun ähnlich ist. Was sind die zwei charakteristischen Eigenschaften, welche ihr einem Außerirdischen sagen würdet, die die Menschheit ausmachen?
Ich denke es ist zum einen die Neugier und es ist der Neid. Mit "Liebe" würden wir nicht den heutigen Stand der Entwicklung besitzen, sondern mit Eva die Schlange adoptiert haben.
Die Entdeckung der Zahl "Null" durch die alten Sumerer ist neben der Erfindung der Schrift vielleicht die größte Leistung gewesen. Das muß man aber wirken lassen um es zu verstehen.
Idee? Hmmh, ich denke alle Ideen, die das Zusammenleben in größeren Gruppen/ Gemeinden möglich machen sind wichtig gewesen. Wir sehen es heute, daß die Familie als kleinstes Gemeinwesen noch demokratisch funktionieren kann, aber spätestens auf Fürsten - pardon Landesebene stirbt der Einklang zwischen Regierung und Volk. ( siehe Demokratie-Thread, wo dies von anderen sehr gut beschrieben, angedeutet, diskutiert und widersprochen wird.
...Was sind die zwei charakteristischen Eigenschaften, welche ihr einem Außerirdischen sagen würdet, die die Menschheit ausmachen? ...
Ist der beste und sicherste Beleg dafür, daß es im Weltall intelligentes Leben gibt, nicht, daß sie sich bei uns noch nicht gemeldet haben?
Um noch etwas zum eigentlichen Thema beizutragen: Ich halte das Gewissen, das selbstgewisse Gewissen für eine sehr folgenschwerde "Entdeckung", die man mit der Aufklärung, der Reformation und dem dicken Mönch in enge Verbindung bringen kann (ja, ich bin evangelisch getauft, kein Papist). Denn es stellte eine nachhaltige Veränderung menschlicher Gemeinwesen dar, daß jeder - also nicht nur der Kaiser oder so - eine eigene Meinung zu haben können glaubte und glaubt und dann sein Handeln danach ausrichten mag. Eine Veränderung, welche die westlich-abendländliche Zivilisation prägt und welche in anderen Gesellschaften m. E. bis heute nicht angekommen ist.
Die Bedeutung dieser "Entdeckung" spiegelt sich in diesem Thread: Statt zu fragen, "Was ist denn ganz toll und wichtig gewesen", und auf die Antwort einer höheren Autorität, dem Papst, dem ZK, der Kanzlerin oder eines Schriftgelehrten göttlicher Einsicht, zu warten, trägt hier jeder seine eigene Ansicht vor, für welche er Geltung beansprucht und auch beanspruchen kann.
Die Zugkraft dieser Entdeckung zeigt sich darin, daß sie aus dem Abendland in die ganze Welt exportiert wird, und mittlerweile ebenso islamisch-schriftgläubige wie asiatisch-konfuzianische Bevölkerungen infiltriert und beeinflußt. Hoffen wir (ich hoffe), daß sie durch die aus Amerika stammende Gegenbewegung der political correctness nicht zurückgedrängt wird.
Waren Großstädte wie Rom keine Städte?
Nein, Rom hatte kein Stadtrecht, die Bewohner waren keine Bürger im heutigen Sinne. "Stadtluft macht frei" ist ein Spruch aus dem Mittelalter und hat einen großen Schritt zur dynamischen Entwicklung der Moderne gemacht. In den alten Feudalstrukturen der Antike wäre das nicht möglich gewesen. Rom war Zentralmacht, im Mittelalter gab es viele dezentrale, freie Städte, die untereinander konkurrierten, im Wettbewerb standen. Das geht nur mit einer freien und unabhängigen Bürgerschaft.
Kann mir schlecht vorstellen dass römische Patrizier mit Handelsunternehmen schlechtere Kaufleute waren als die Händler im Mittelalter.
Die Römer hatten aber keine Banken, kein Papiergeld, keine Wechsel. All dies machte Handel und Geschäft flexibel und rentabel. Bis zur Erfindung der Bank in Italien waren Schulden immer persönlich einzutreiben, Geld gab es nur als Gold oder Silber - Naturalien. Die richtige Geldwirtschaft mit Wechseln auf Papier wurde im Mittelalter erfunden, in Italien.
Die reichen Römer hatten sogar etwas noch Besseres als Universitäten, sie hatten Privatlehrer ganz für sich allein.
Und die großen Bibliotheken gab es schon in der Antike.
...womit die Bildung unter einigen wenigen blieb und exklusiv von dem Gönner abhing, der zahlte. Im Mittelalter wurde ein System erfunden, mit dem sich das System Bildung selbst trug (Studenten zahlten Gebühren an eine unabhängige Instanz, die "universitas"), unabhängig war (auf alten Campus gilt noch immer Hausrecht des Rektors, die Polizei darf nur mit dessen Erlaubnis das Gelände betreten) und somit die Forschung vorantrieb und ermöglichte.
Denke daher immer noch dass von 300-1400 ca. in weiten Teilen der Welt der Entwicklungsstand prinzipiell unter dem im römischen Reich zu seiner Blütezeit war.
Wie gesagt, reine Verklärung der goldenen Antike aus den Zeiten der Renaissance und der Aufklärung. Die Menschen lebten im "Mittelalter" in sozial gerechteren Verhältnissen, die Stellung der Frau war besser (für Aristoteles waren männliche Sklaven höhergestellt als freie Frauen) und es war alles in allem längst nicht so düster wie seit ehedem gern dargestellt.
(Falls wir die Diskussion fortführen vielleicht besser per PM oder in einem anderen Thread, um das Thema nicht zu stören.)
Lieber Jorrig,
es ist, wie Ihr schon treffend bemerkt habt, eigentlich OT, aber trotzdem eine Diskussion wert :
Eure These ist u.a., dass das geistige Leben des Mittelalters nicht gegenüber der Antike abfällt.
Auch wenn diese Einteilung schon geraume Zeit stark umstritten ist, bezeichnen wir in der Regel immer noch die Zeit zwischen 476 und 1492 als das Mittelalter.
Wenn wir diese Einteilung nicht ganz so ernst nehmen und bei beiden Jahreszahlen Toleranz- und Übergangszahlen zulassen, würde ich Euch gerne folgende Frage stellen :
Abgesehen von dem, was man langläufug als landwirtschaftlche Revolution bezeichnet, hat das europäische Mittelalter an eigenständigen Ideen hervorgebracht, die nichts mit Theologie zu tun haben ?
Ist es nicht so, dass sich die von Euch gerühmten mittelalterlichen Universitäten in erster Linie mit theologischen Fragen bzw. Themen beschäftigte, die nicht dem Mittelalter entstammten ?
Ist es nicht weiterhin so, dass selbst dieser Stoff mühsam von außerhalb exportiert werden musste, weil über Jahrhunderte das Wissen der Antike verschüttet worden ist.
Einige Beispiele : Die Lateinische Sprache war zur Zeit Karls des Großen dermassen verhunzt, dass kein klassischer Römer mehr verstanden hätte. Man bediente sich dann irischer Mönche, um Regelungen für ein "neues altes" Latein als eine art klerikales Lingua Franca zu entwickeln.
Das Wissen über klassische Werke ist uns nur dadurch erhalten geblieben, weil sich die arabische Welt dazu erbarmt hat, diese zu erhalten und später an die Europäer weiterzugeben.
Ihr habt Recht, das in Italien entwickelte Bankensystem stammt aus der Zeit, die wie oben beschrieben, langläufig Mittelalter genannt wird, allerdings kam es auch erst zu einer Zeit in allgemeineren Gebrauch, die man auch als eine Übergangszeit zur Renaissance bezeichnen kann, die dann wieder zur Neuzeit zählen würde ! :)
Als sich Karl der Große Weihnachten 800 die Kaiserkrone bei Papst Leo III. abholte (btw. ein ziemlich vermessener Vorgang) hausste der Papst in einer Stadt, die weitestgehend ein Trümmerfeld war und in der lediglich ein paar tausend Menschen wohnten bzw. sich häufig gegenseitig die Köpfe einschlugen. Ich mag daran keine qualitative Verbesserung gegenüber der klassischen Zeit erkennen.
Nein, die Entwicklung zum heutigen Europa konnte erst dann wieder in Fahrt kommen, als die Menschen begannen, sich wieder auf antikes Erbe zu erinnern !
Grüssle,
Hasardeur
Weil ich darum gebeten wurde:
Die Europäer haben den eigentlichen Handel entwickelt und profitabel gemacht. Der römische Handel war eher Binnen- und Luxushandel, auch die Araber haben eher Binnenhandel getrieben. Die Hanse und die italienischen Kaufleute begannen mit dem Handel von Massengütern. Das begünstigte die Arbeitsteilung der Regionen in Europa, Spezialisierung und Konkurrenz. All dies begann im Mittelalter.
In der Landwirtschaft wären die obligatorische Dreifelderwirtschaft, der Pferdepflug und die horizontale Wassermühle zu nennen (die Mühle war schon in der Antike bekannt, allerdings vertikal). Der gotische Kathedralenbau kann sich durchaus mit den Leistungen der Römer messen. Viel Wissen ist auch verlorengegangen, z.B. das Wissen über die Glasfenster der Kathedralen. Der Burgenbau war besser als in der Antike. Die Algebra wurde von den Arabern übernommen und weiterentwickelt (Fibonacci, Nikolaus von Kues, Roger Bacon u.a. lebten im Mittelalter). Malerei war in Rom eigentlich unwichtig, erst im Mittelalter wurde viel gemalt. In der Bildhauerei und in der Schrift gab es antike Vorbilder, die Malerei konnte aber ohne Vorbilder experimentieren.
Allein die Tatsache, dass Mönche aus einer ganz anderen Kultur (der keltischen Stammeskultur Irlands) sich mit dem Rest Europas verständigen konnten und akzeptiert wurden, sagt doch schon seinen Teil aus. Trotz Streitigkeiten verstand sich die Christianitas als große Einheit, die so nie wieder hergestellt werden konnte. Mit der Spracheinigkeit war es in Rom übrigens auch nicht weit her. Die Griechen sind sehr schnell alle wieder zum Griechisch zurückgekehrt, Latein war seit eh und je sowieso nur wenig mehr als Sprache des Rechts und des Militärs. Es gibt von Anfang an eine griechische, eine syrische und eine ägyptische Liturgie, beispielsweise.
Die römischen Städte (wovon die meisten eh im östlichen Teil angesiedelt waren, also eher hellenistisch oder dem Orient zugehörig waren) besaßen keine "Zivilbevölkerung", alle waren Untertanen des Königs. Im Mittelalter verwalteten sich die Gilden und Zünfte selbst, hatten die Städte Rechte vor dem König. Das ist ein Fortschritt!
Zuletzt die Entdeckungsreisen der Spanier, Italiener und Portugiesen, die sicher noch nichts mit Rückbesinnung der Antike zu tun hatten, sondern eher mit der Rechtschaffenheit und dem Kreuzzugsgedanken der Christen des Mittelalters verbunden sind (die Templer in Portugal, die Kreuzzügler aus Spanien).
Ich könnte noch weitermachen, aber Fakt ist für mich, dass viele Leute sich bei der Antike eben nur die rosarote Brille aufsetzen. Sicher war die Antike auf einigen Gebieten weiter, auf anderen aber auch wieder nicht. Sklaverei und Diktatur gab es im Mittelalter (praktisch) nicht, in der Antike war das normal. Einen Staat, wo ein Irrer seine Hauptstadt niederbrennen oder sein Lieblingspferd zum Konsuln machen kann, wo zeitweise vier Kaiser in einem Jahr ermordet wurden, würde ich nicht unbedingt zu einem Vorbild ernennen, wo alles besser war als später.
(Das ist eine Thread-Entführung, oder?)
Dem werten Hasadeur stimme ich mit ein paar kleinen Gedanken zu: Rom hatte Stadtrecht. Und zwar ursprünglich nur Stadtrecht, daß dann auf Nebengemeinden, Italien und andere Provinzen ausgedehnt wurde. Stadtluft machte zwar nicht frei, Bürgerrecht aber schon (weswegen der Übergang vom Bündnis- zur Untergemeinde für die Kommunalverwaltung die Aufgabe von Freiheiten bedeutete, für den einzelnen aber ein Plus an persönlichen Betätigungsmöglichkeiten. Die schiere Größe von Städten wie Antiochia, Rom selbst, Mailand und dergleichen, wurde im wetseuropäischen Mittelalter lange Zeit nicht mehr erreicht. Rom war ein Dorf, Paris ein Inselchen, London ein Kaff und Konstantinopel die erste Stadt nach der Abfahrt nach links.
Die freimachende Wirkung verdankte ihre wohltuende Wirkung wohl dem Umstand, daß nicht "nur" eine breite Schicht von Arbeitssklaven unfrei war, sondern m. E. ein Gutteil der Landbevölkerung (wo die Landesherrschaften dies durchsetzen konnten).
Einen gewissen Rückschritt von (römischer) Antike zu (europäischem) Mittelalter mag man darin sehen, daß Herrschaft im Mittelalter wieder personalisiert, privatisiert wurde. Es dauerte einige Zeit, bis in der Neuzeit die Trennung zwischen privatem Eigen des Herrschers und dem "Gemeinwesen" wieder aufgerichtet wurde. Währen die Römer (die uns die öffentliche Ordnung gebracht haben und den Aquädukt) ein verhältnismäßig ausgefeiltes Rechtssystem mußte man im Mittelalter erst einmal den Inquisitionsprozeß entdecken (ja, ursprünglich wirklich ein Fortschritt).
Das Geistesleben sank im Laufe des Kaiserreiches sicherlich ab, so daß der gute Julian abgesehen von "christliche Lehrer doof" finden, für dieselbigen keinen adäquaten Ersatz aus der Gruppe der philophischen Heiden mehr auftun konnte (bereits sein Latein war sicherlich nicht mehr so stilsicher wie das des großen Caesar). Die mittelalterliche UNiversität war im Ursprung aber auch mehr ein privates Fachkolleg für Verwaltungskräfte - welche im römischen Reich zahlreich vorhanden waren.
Die Antike war für breite Schichten der Bevölkerung sicherlich "hartes Brot". Im Mittelalter war es aber nicht rosiger (dafür waren die Kreuzzüge - die Erfindung der Incentivereise - natürlich eine gute Idee :D )
Werter Jorrig,
vielen Dank zunächst für die ausführliche Antwort auf meinen Beitrag, auf die ich noch das ein oder andere erwiedern möchte :
* Handel von Massengütern gab es durchaus auch schon in der Antike - einfallen tun mir hierzu spontan der Handel von Getreide, Wein und Olivenöl, der im großen Rahmen über große Entfernungen betrieben wurde.
* Die Entwicklungen in der Landwirtschaft hatte ich ja in meinem Beitrag ganz klar ausgeschlossen - siehe landwirtschaftliche Revolution.
* Was den Kathedralenbau angeht - touché - hier habt Ihr mich mit heruntergelassenen Hosen erwischt ! :) Leider habe ich hier nicht das nötige Wissen, würde aber mehr aus dem Bauch heraus denken, dass die Kuppelbauten der Antike zumindest nicht architektonisch gegen die mittelalterlichen Bauten abfallen.
* Malerei spielte auch in der Antike eine gewisse Rolle - ich verweise da auf die Ikonenmalerei der Byzantiner, die durchaus noch antik beeinflusst war. Auch waren Wandmalereien in byzantinischen Kirchen durchaus nichts Ungewöhnliches.
* Es ist richtig, dass es im mittelalter eine gesamteuropäische christliche Identität gab, allerdings ist diese eher spiritueller Natur - ohne dies jetzt beweisen zu können würde ich behaupten, dass die Bindung eines römischen Bürgers an seinen Staat bzw. die dazu gehörende Staatsidee durchaus auch vorhanden und ausgeprägt war.
* Selbstbestimmung der Städte - nun, hier verweise ich mal auf die griechischen Stadtstaaten, die sich ebenfalls als kleine politische Einheiten selbst verwaltet haben, übrigens meines Wissens auch noch zu Zeiten des römischen Reiches.
* Sklaverei und Diktatur - zur Zeit Karls des Großen z.B. gab es im Frankenreich noch Sklaverei, wenn sie sicher auch eine rückläufige Tendenz hatte. Halbfreie, die an ihre Scholle und ihren Grundherren gebunden waren, gab es noch lange nach Ende des Mittelalters.
Diktatoren gab es dem Namen nach im Mittelalter sicherlich nicht, allerdings hat der antike Diktator den Charme, sich die Macht erkämpft zu haben, wärend ein mittelalterlicher Feudalfürst seine Macht ererbt hatte. Erstes setzt gewisse Talente voraus, zweiteres eher nicht. In jedem Fall war das Endergebnis das gleiche : Die Menschen waren auf Gedeih und Verderb den Launen ihres Herrschers ausgeliefert.
* Die Entdeckungsreisen würde ich eher als ein Phänomen der Neuzeit betrachten - in wieweit sie religiös motiviert waren und in wieweit der schieren Gier dienten, wäre einen eigenen Thread wert.
* Zum Schluss sprecht ihr noch "lustige" Herrscher mit eigenwilligen Machenschaften in der Antike an. Nun, die hat es sicher gegeben, aber ich verweise hier mal auf die Papstgeschichte in der Zeit von ca. 850 bis 950 - da gibt es auch einiges zu lachen ! :)
Um das ganze nicht ausarten zu lassen schlage ich vor, dass wir uns darauf einigen, dass als ganzes gesehen das Mittelalter eine Zeit der Stagnation war.
Grüssle,
Hasardeur
Letztendlich wird keiner hier den anderen überzeugen können, aber ein paar Punkte möchte ich noch mitliefern:
* Handel von Massengütern gab es durchaus auch schon in der Antike - einfallen tun mir hierzu spontan der Handel von Getreide, Wein und Olivenöl, der im großen Rahmen über große Entfernungen betrieben wurde.
Wie gesagt, Binnenhandel, keinen Handel mit anderen Staaten wie die Hanse.
* Malerei spielte auch in der Antike eine gewisse Rolle - ich verweise da auf die Ikonenmalerei der Byzantiner, die durchaus noch antik beeinflusst war. Auch waren Wandmalereien in byzantinischen Kirchen durchaus nichts Ungewöhnliches.
Byzanz gehört aber schon zum Mittelalter, antik sind die Gemälde also nicht. Dazu sind sie recht primitiv, dort war das Mittelalter der Antike voraus. Man denke auch an die Buchkunst.
* Es ist richtig, dass es im mittelalter eine gesamteuropäische christliche Identität gab, allerdings ist diese eher spiritueller Natur
Ich glaube, die Reisetätigkeit im Mittelalter wird stark unterschätzt. Es gab ständig fahrendes Volk, Ärzte und vor allem viele Pilger, die im Namen Gottes überall eine Unterkunft fanden. Gesellen gingen auf die Wanderschaft, um ihr Handwerk zu erlernen. Sicher konnten davon die wenigsten Latein, aber der gemeinsame Glaube hat doch stark geholfen, eine Einheit zu formen, die nicht nur spiritueller Natur war. Ich denke sogar, sie hilft uns heute sehr in der Gegenwart, um unsere Nachbarn als "Verwandte" zu erkennen, während wir da mit den Türken oder auch Russen und Ukrainern so unsere Probleme haben.
* Selbstbestimmung der Städte - nun, hier verweise ich mal auf die griechischen Stadtstaaten, die sich ebenfalls als kleine politische Einheiten selbst verwaltet haben, übrigens meines Wissens auch noch zu Zeiten des römischen Reiches.
Was jetzt? Griechenland oder Rom? In Griechenland gab es das, das ist richtig, in Rom aber nicht. Das Modell ist mit den Römern verschwunden, nicht im Mittelalter. Im römischen Reich war Griechenland Provinz, d.h., es gab einen Statthalter dort, die Autonomie war weitgehend dahin.
* Sklaverei und Diktatur - zur Zeit Karls des Großen z.B. gab es im Frankenreich noch Sklaverei, wenn sie sicher auch eine rückläufige Tendenz hatte. Halbfreie, die an ihre Scholle und ihren Grundherren gebunden waren, gab es noch lange nach Ende des Mittelalters.
Halbfreie sind keine Sklaven. Die Sklaverei passte nicht ins Modell des Mittelalters. Der Grundherr musste immer befürchten, dass der Halbfreie einfach abhaute in die Stadt oder sonstwohin. Er konnte ihn nicht einsperren und machen mit ihm, was er wollte. Er konnte ihn auch nur mit seinem Land verkaufen, nicht auf einem Sklavenmarkt wie in der Antike.
Diktatoren gab es dem Namen nach im Mittelalter sicherlich nicht, allerdings hat der antike Diktator den Charme, sich die Macht erkämpft zu haben, ...
In Rom gab es keine Nachfolgeregelung der Herrschaft. Mord wurde zum normalen Mittel der Thronbesteigung, solcher Zufall regierte die Politik. Auch Unfähige können einem Herrscher einen Dolch in den Rücken stoßen. Im Mittelalter hörte der politische Mord auf ein Mittel der Nachfolgeregelung zu werden, das hat auch seine Vorteile. Ein nicht ständig vom Mord bedrohter Herrscher kann weitaus freier regieren als einer, der ständig Angst haben muss, von seinen Vertrauten verraten zu werden.
Weite Strecken des fränkischen Rechts wurden übrigens von den Römern übernommen, angepasst an die älteren Stammesrechte.
* Die Entdeckungsreisen würde ich eher als ein Phänomen der Neuzeit betrachten - in wieweit sie religiös motiviert waren und in wieweit der schieren Gier dienten, wäre einen eigenen Thread wert.
Man sagt, die Rückeroberung Spaniens wäre der einzige bleibende Erfolg der Kreuzritter gewesen. Tatsächlich hat der Papst Ende des 11. Jhdts. die ersten Kreuzzüge (Vor-Kreuzzüge) gegen die Ungläubigen in Spanien ausgerufen, später gegen Tunis, dann erst ins Morgenland. Isabella und Ferdinand gewährten Kolumbus Vorhaben erst, als die Mauren aus Granada vertrieben waren. Spanien war ein Militärstaat, und die Kreuzzügler mussten beschäftigt werden. Da kam eine Neue Welt mit vielen Heiden gerade recht.
In Portugal regierte eine Dynastie, die sich auf die Werte und Normen der Templer berief und durch diese Tüchtigkeit Grenzen überwand, die vorher unüberwindlich schienen. Und warum? Man wollte den sagenhaften christlichen König Johannes finden, der irgendwo bedrängt gegen die Heiden kämpfte, man wollte die Ungläubigen in Afrika bekehren. Portugal stellte als einziger Staat ein Heer zur Rettung Byzanz 1453 auf, kein anderer christlicher Staat antwortete auf den Appell des Papstes. Schließlich wollte Portugal durch den Handel so reich werden, dass es einen weiteren Kreuzzug ins Morgenland finanzieren und gewinnen konnte. Die Entdeckungen sind also eher ein Schlusspunkt des Mittelalters als der Beginn der Renaissance, mit der sie wirklich gar nichts zu tun haben.
* Zum Schluss sprecht ihr noch "lustige" Herrscher mit eigenwilligen Machenschaften in der Antike an. Nun, die hat es sicher gegeben, aber ich verweise hier mal auf die Papstgeschichte in der Zeit von ca. 850 bis 950 - da gibt es auch einiges zu lachen ! :)
Wobei der Papst nur über ein Dorf Rom regiert hat, die römischen Kaiser über ein Imperium. Solche Kapriolen hätte sich z.B. ein deutscher Kaiser nie erlauben können, da wären ihm gleich sämtliche Fürsten wegrevoltiert.
Anfügen wollte ich noch, dass vieles, was wir wissen, sich ziemlich ausschließlich auf die Region Rom bezieht. Aus den Provinzen sind kaum Dokumente erhalten, vielleicht die Gouverneursnamen, bedeutende Ereignisse und Kriege, nicht aber Literatur, Dichtung. Nichts deutet darauf hin, dass die berühmte römische Rechtsprechung überall gleich war. Die Provinzen hatten durchaus eigene Rechtsprechungen, die leider kaum überliefert sind. Der Kontakt der Regionen war eher locker, er bestant im Prinzip nur aus der Senatorenschicht, die ein paar Jahre in ihrer Provinz lebten, dann ein paar Jahre in Rom etc. Als der Senat schließlich im 4. Jhdt. entmachtet wurde, verloren die Provinzen den Kontakt völlig und entwickelten sich unabhängig.
Zusätzlich lebten viele der späteren "Germanenstaaten" eine geraume Zeit auf römischen Boden, hatten also genug Zeit, die römische Art kennenzulernen. Sie sickerten langsam über die Grenze ein und fanden dort ihren Platz als Soldaten oder als Bauern. "Tabula rasa" gab es mit Sicherheit nicht, ein "Völkersturm", bei dem Rom hinweggefegt wurde, sicher auch nicht.
Ich würde bei der Entwicklung Antike-Mittelalter eher betonen, dass es sehr viel mehr Kontinuitäten als Brüche gab. Ob die Entwicklung dann als Fortschritt oder Rückschritt gedeutet wird, liegt in den Augen der Betrachter und dessen, was sie als Fortschritt ansehen.
Wo ich ja Jorrig in fast allem zustimme:
1. Schau dir mal den arabischen Handel vor der europäischen Expansion an, der findet nur im indischen Ozean und nicht im Mittelmeer statt, weil Europa uninteressant ist, da gibt es einfach nichts, was sich zu kaufen lohnt.
2. Die chinesischen Großhändler waren bis ins 19.Jahrhundert die reichsten Männer der Welt.
wieder zum Thema zurück: Ich halte es für eine sehr wichtige Entdeckung festzustellen, dass Holz schwimmt.
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