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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : In Memoriam Heinrich Heine



von Stollberg
17.02.06, 11:33
Heute ist der 150. Todestag von Heinrich Heine, wohl einem der größten Dichter und Denker Deutschlands.
Aus diesem Anlaß ein paar Zitate:

* Dies war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.
(aus: „Almansor“, 1821, Vers 243f)
* Der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, wie man an sie glaubt.
(aus: „Reisebilder: Italien“)
* Rom wollte herrschen. Als seine Legionen gefallen waren, schickte es Dogmen in die Provinzen.
(aus: „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“)
* Ich glaube an den Fortschritt. Ich glaube, die Menschheit ist zur Glückseligkeit bestimmt.
(aus: "Über Deutschland seit Luther“)
* Ja, man muss seinen Feinden verzeihen, aber nicht eher, als bis sie gehängt worden.
(aus: „Gedanken und Einfälle“)
* Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft
und würzet die Getränke.
(aus dem Gedicht: „An einen politischen Dichter 1841“)
* Das ist schön bei uns Deutschen: Keiner ist so verrückt, daß er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht.
(aus: „Reisebilder: Die Harzreise“)
* Fürsten haben lange Arme, Pfaffen haben lange Zungen, und das Volk hat lange Ohren!
(aus dem Gedicht „Warnung“)
* Wenn es den Kaiser juckt, so müssen die Völker sich kratzen.
(aus dem Gedicht: „Kobes I.“)
* Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern.
(aus: „Reisebilder: Norderney“)
* Hat man viel, so wird man bald
Noch viel mehr dazu bekommen.
Wer nur wenig hat, dem wird
auch das wenige genommen.
Wenn du aber gar nichts hast,
Ach, so lasse dich begraben -
Denn ein Recht zum Leben, Lump,
Haben nur, die etwas haben.
(Gedicht: „Weltlauf“)
* Ausgestoßene Verbrecher tragen oft mehr Menschlichkeit im Herzen als jene kühlen, untadelhaften Staatsbürger der Tugend, in deren bleichen Herzen die Kraft des Bösen erloschen ist, aber auch die Kraft des Guten.
(aus: „Englische Fragmente“)
* Laßt mich nicht ein alter Polterer werden, der aus Neid die jüngeren Geister ankläfft, oder ein matter Jammermensch, der über die gute, alte Zeit beständig flennt!
(aus der Vorrede zum „Buch der Lieder“)
* Paris ist eigentlich Frankreich. Dieses ist nur die umliegende Gegend von Paris.
(aus: Französische Zustände: Das Bürgerkönigtum im Jahre 1832“)
* In dunkeln Zeiten wurden die Völker am besten durch die Religion geleitet, wie in stockfinstrer Nacht ein Blinder unser bester Wegweiser ist; er kennt dann Wege und Stege besser als ein Sehender - Es ist aber töricht, sobald es Tag ist, noch immer die alten Blinden als Wegweiser zu gebrauchen.
(aus: Heine-WuB Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden, hg. von Hans Kaufmann, 2. Auflage, Berlin und Weimar: Aufbau, 1972; Band 7, S. 401)
* „Vor seinem Tode“, sagt Solon, „ist niemand glücklich zu schätzen.“ Wir dürfen auch sagen: Vor seinem Tode ist niemand als Charakter zu preisen.
(aus: „Gedanken und Einfälle VI“)
* Alle kräftigen Menschen lieben das Leben.
(aus: „Die Reformbill in England“)
* So ein paar grundgelehrte Citate zieren den ganzen Menschen.
(aus: „Ideen. Das Buch Le Grand“)
* In uns selbst liegen die Sterne unseres Glücks.
(aus: „Memoiren“, 1854)
* Die deutschen Zensoren -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Dummköpfe -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
(aus: „Ideen. Das Buch Le Grand“)

Pain
17.02.06, 12:30
Wunderbare Zitate, in der Tat. Besonders dieses gefällt mir: "Ja, man muss seinen Feinden verzeihen, aber nicht eher, als bis sie gehängt worden."

Joachim Murat
17.02.06, 13:12
Heinrich Heine

Die schlesischen Weber
Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
"Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Götzen, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!



Hier das vielleicht bekannteste Gedicht Heines nochmal. Ich begrüße es ausgesprochen, das endlich auch hier mal jemand eine Lanze für Heine bricht, danke Stolli, schließlich ist ja Heinejahr:D

"Die Weber" ist immer gerne für die Kommentierung des politischen Tagesgeschäfts herangezogen worden, ich finde es ausgesprochen amüsant, das "2006 - das Jahr der großen Reformen" auch Heinejahr ist. In diesem Sinne: Deutschland, wir weben dein Leichentuch";)

Hesse
17.02.06, 14:41
Heine wird eindeutig überschätzt :D.

Canaris
17.02.06, 19:14
Aber sicherlich besser als Hesse, der alte Ausreißer ;)

Gandalf der Ro
16.04.06, 20:32
1843 schrieb Heine sein Gedicht Nachtgedanken, das mit den oft zitierten Worten beginnt:


Denk’ ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht.

Das kann heute auch noch gelten :(

Heinrich Heine
17.04.06, 19:28
Heinrich Heine, erst heute bin ich auf diesen "Hommage-Thread" wohlwollend gestoßen.

Ich staune, daß hier Heine vor allem als politischer Dichter wahrgenommen wird. Gewiß, er ging im Hause Marx ein und aus, keiner konnte ihn bei Depressionen so gut trösten wie die gute Jenny, Karlchen Marxchens Frau.

Politisch erwähnenswert finde ich dann aber unbedingt sein berühmtestes Gedicht, was ich aber nur "anschreiben" möchte.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus den Sinn.

...
...
...

Die berühmte Lorelei schoß so schnell in die deutschen Charts und hielt sich dort über Jahrzehnte, daß die dunklen Gesellen von 1933-1945 natürlich das jüdische Gedicht nicht negieren konnten.
Es wurde in den Bänden gedruckt, allerdings mit dem Zusatz "Verfasser unbekannt"

Heini Heine, der romantische Träumer oder träumende Romantiker, er schreibt viel verständlicher und moderner als Goethe. Von Schiller ganz zu schweigen.
Vielen von euch dürfte aber folgendes Kapitel eher unbekannt sein. Eine Anekdote, besser Kurzgeschichte - Memo, aus seinen Leben.

Das Ende

Bericht der Krankenschwester

Herr Heine mußte ganze Nächte im Bette sitzend zubringen, ich konnte ihn keinen Augenblick verlassen, zumal ich ihm den vorgeschriebenen Heiltrank nur Tropfen für Tropfen einzuflößen vermochte. Mittwoch, den 13.Februar, arbeitete mein armer Herr volle sechs Stunden, was er bereits eine ganze Woche aus Schwäche unterlassen hatte. Ich bat ihn flehentlich,sich Ruhe zu gönnen. Er wies mich mit den Worten ab: "Ich habe nur mehr vier Tage Arbeit, dann ist mein Werk vollendet". Nie hatte er mit mir über literarische Dinge gesprochen. Am Donnerstag quälten ihn heftige Kopfschmerzen. Wir hielten es für seine gewöhnliche Migräne. Herr Heine machte sich Vorwürfe, daß er nicht an seine Mutter geschrieben: " Ich werde der teueren Mutter nicht mehr schreiben können", lautete seine Klage. Freitag, den 15.Februar, beschlich mich ein banges Vorgefühl, und um neun Uhr morgens sendete ich nach dem Arzte. Herr Dr. Gruby war nicht zu Hause, und nachmttags wurde ein alter Arzt gerufen, der in der Nachbarschaft wohnte. Dieser befahl, dem Kranken jede halbe Stunde eine halbe Tasse Tee von Orangeblüten^und Wasser von Vichy zu reichen, auch jedesmal einen Tropfen Laudanum beizufügen. Er bat mich, ich solle, um Dr. Gruby nicht zu beleidigen, geradezu sagen, ich hätte den Tee nach eigenem Gutdünken verabreicht. Gegen Abend kam Dr. Gruby, ließ den Tee beiseite stellen und verordnete andere Medikamente sowie Eisumschläge auf den Magen.

(Einige Stunden vor seinem Ende stürzte ein Bekannter in sein Zimmer, um ihn noch zu sehen. Gleich nach seinem Eintreten richtete er an Heine die Frage, wie er mit Gott stehe. Heine erwiderte lächelnd auf Latein " Sein sie ruhig, Gott wird mir vergeben, das ist sein Handwerk!" So kam die letzte Nacht heran, dieNacht vom 16.02. - Alfred Meißner )

Als Heine sich dem Tode nahe fühlte, wünschte er mit seinem Arzt Dr. Gruby allein gelassen zu werden.
"Doktor", sagte er zu ihm, " sie waren doch mein Freund. Ich verlange von ihnen einen letzten Liebesdienst. Sagen sie mir die reine Wahrheit; es geht zu Ende, nicht wahr?"
Der Arzt schwieg.
"Ich danke ihnen" , sagte Heine.
"Haben sie eine letzte Bitte an mich?" fragte der Arzt tief bewegt.
"Ja", antwortete der Dichter, " meine Frau schläft. Wecken sie sie nicht auf. Aber nehmen sie dort auf dem Tisch die Blumen, die sie diesen Morgen gekauft hat. Ich liebe Blumen über alles. So, legen sie sie mir auf die Brust. Danke, nochmals danke!"
Und indem er zum letztenmal den Duft entzückt in sich einsog, murmelte er: "Blumen! Blumen! Wie schön ist doch die Natur!"
Das waren seine letzten Worte. - Albert Wolf

Ich erkannte nunmehr, daß alle Hoffnung verschwunden sei. Erleichterung stellte sich freilich, doch nur vorübergehend ein. Zu wiederholten Male äußerte Herr Heine: " Ich fühle mich glücklich, daß ich meine gute Schwester noch einmal gesehen habe, denn ach, Katherine, ich bin ein toter Mann!" Am Sonnabend verschlimmerte sich sein Übel noch mehr, nachmittags zwischen vier und fünf Uhr flüsterte er dreimal das Wort "Schreiben". Ich verstand ihn nicht mehr, antwortete aber: "Ja". Dann rief er "Papier - Bleistift..." Dies waren seine letzten Worte. Die Schwäche nahm zu und der Bleistift entfiel seiner Hand... Ich richtete ihn auf. Krämpfe stellten sich ein. Qualvolle Pein malte sich in seinen Zügen, und der Todeskampf ging zu Ende. Herr Heine behielt bis zum letzten Augenblick sein volles Bewußtsein. - Katherine Bourlois

Jorrig
18.04.06, 12:41
Ich empfehle diese Seite hier:
http://www.heinrich-heine.net/
Die Liebesgedichte sind auch nicht schlecht.